Beiträge von Marcus Flavius Aristides

    Heilloses Durcheinander herrschte in der Ausrüstungskammer. Kisten und Körbe standen übereinander gestapelt, dazwischen waren Rollen mit Stoffen, die den Umhängen der Legionäre glichen. Einige Soldaten marschierten aus der Ausrüstungskammer, dann wieder hinein und trugen noch mehr Kisten in die kleine Kammer. Verwirrt trat Marcus, den Probatus im Schlepptau, an einigen Kisten vorbei und in die Ausrüstungskammer hinein. Mit dem Fuß stieß er gegen die Wollrolle, sah verdutzt herunter und sah sich suchend um. An Soldaten, die sich mit den Kisten beschäftigten fehlte es nicht. Ein älterer und sehr dicker Mann kam aus dem hinteren Raum gestapft. Sich am Doppelkinn kratzend trat er an einer offenen Kiste vorbei.


    “Optio, mitten in die Winteraufrüstung gestolpert? Was gibt’s? Ein neuer Rekrut, fein, fein!“


    Der Mann nickte Ahala väterlich lächelnd zu und musterte ihn dabei unverhohlen neugierig.


    “Ich bin Miles Titus Crassus, Junge. Das ist mein Reich hier! Also, was kann ich für Dich tun? Eine Standardausrüstung für Probati oder biste schon weiter auf der Karriereleiter?“

    Finsterer Miene ging Marcus durch die Gänge der Villa. In seiner Hand hielt er ein Papyrus. Marcus war nicht nur wütend. Er war so zornig, daß er in seinem Gästezimmer gleich eine Karaffe Wein gegen die Wand geschleudert hatte. Mit ein wenig Wein darin und dabei war Marcus selten so verschwenderisch. Er kochte vor Wut wegen seiner kleinen Tochter. Denn heute, am letzten Tag, wo er in Rom weilen würde, erreichte ihn der Brief seiner Mutter, Agrippina. Natürlich hatte sie erst mal lange nach der Audienz beim Kaiser gefragt, aber auch von dem Verschwinden von Arrecina berichtet. Sie hat einiges in Bewegung gesetzt, um Marcus Tochter wieder zu finden. Natürlich nicht mit Erfolg, war seine Tochter doch in die Arme der römischen Flavia geflüchtet. Knurrend zerknüllte Marcus das Papyrus in seiner Hand und stapfte, nur eine rostrote Tunika bekleidet und sich schnell die Sandalen umgebunden, auf Arrecinas Zimmer zu. Ohne zu klopfen, riß er die Tür auf und scheuchte zwei junge Mädchen- Sklavinnen- auf, die gerade dabei waren, Arrecinas Gewänder auszuprobieren. Ängstlich sahen sie zum finsteren Marcus und warfen sich vor ihm auf die Knie.


    „Wo ist meine Tochter?“


    Marcus herrschte die beiden Sklavinnen an und funkelte ärgerlich auf sie herunter. Die jüngste von den Beiden, sie war höchstens 12 Lenze alt, fing leise an zu schluchzen. Die Andere sah, einigermaßen tapfer, zu Marcus hoch. Grenzenloses Entsetzen zeigte sich in ihren Rehaugen, die das Licht der Öllampe wiederspiegelten.


    “Ich weiß es nicht, Dominus! Sie war schon den ganzen Tag...nicht mehr hier, Dominus!“


    Kaum ein Flüstern war ihre Stimme. Marcus musterte sie voller Ingrimm, fuhr jedoch herum und stapfte aus dem Zimmer wieder hinaus. Den ganzen Tag nicht dort gewesen? Wo trieb sie sich denn nun schon wieder herum? Im Garten fand Marcus sie nicht, da war nur die idyllische Trautheit mit einem zwitschernden Vogel. Marcus verscheuchte den und wandte sich suchend um. Seine Schritte lenkten ihn dann schließlich auf das Atrium zu. Den Ianitor wollte er befragen, ob seine Tochter die Villa verlassen hatte. Den Ianitor konnte Marcus auf Anhieb nicht ausmachen, dafür jedoch seinen Vetter. Mit dem zerknüllten Papyrus in der Hand schritt Marcus, finster schauend wie der personifizierte Iuppiter, auf ihn zu. Erst kurz vorher glättete sich Marcus Miene wieder.


    „Grüß Dich, Caius. Du hast nicht zufällig meine Tochter gesehen?“

    Zitat

    Original von Maximus Decimus Meridius
    Mmm, in dem Fall viel Spaß beim Reiern, wenn das kleine Flussschiffchen den rauen Ärmelkanal durchschippert ;)


    Du meinst also, der Ärmelkanal wäre rauer als der indische Ozean? Das bezweifel ich doch arg..;)


    Im Übrigen ist vor einem Jahr ein Ehepaar auch mit je einem Kanu durch den Ärmelkanal und den Atlantik gefahren. Ist alles möglich :]

    Zitat

    Original von Secundus Flavius Felix
    "Du warst beim Kaiser? Das wusste ich nicht."


    Hoffentlich war ihm dort kein Imbiss vorgesetzt worden.


    Grummelnd zog Marcus den Kürzeren. Zwar ärgerte er sich durchaus, doch das verflog so schnell wie der Rauch einer Kerze. Marcus widmete sich wieder dem Essen und musterte die nächsten Gänge. Zufrieden betrachtete Marcus das viele Garum drum herum. Die Eier waren schon etwas fad gewesen. Schön, daß das Fleisch wenigstens gut gewürzt schien. So ließ sich Marcus etwas davon reichen und fing nun an, langsamer zu essen. Der gröbste Hunger war schließlich schon gestillt und sein Bauchgrimmen vergangen. Bei Felix Frage hob Marcus kurz den Kopf und sah ihn wieder mit einem recht gutmütigen Ausdruck an.


    "Ja, das war ich!"


    Dann widmete er sich wieder dem Fleisch. Solch eine subtile Frage, die Felix somit in den Raum geworfen hatte, war einfach zu subtil für Marcus. Während er das Fleischstück aß, sah er immer mal wieder zu den Anderen und nickte verstehend bei den Worten von seinem Vetter. Nach dem halben Fleischstück lehnte sich Marcus zurück. Er würde sicherlich noch eine gute Portion vertragen, aber jetzt wollte er erst mal ein wenig das Andere sacken laßen. Marcus nippte an dem Wein und sah in die Runde. Dabei grübelte er über seine Verwandschaft nach. Irgendwie erstaunte ihn die Mischung schon. Der wortkarge, etwas bissige Felix, der seinem Sohn Milo doch kaum glich. Dabei musterte er Milo und Marcus blieb nicht verborgen, daß jener wohl nicht sehr gut gelaunt war. Marcus nahm sich vor, noch ein paar Worte später mit ihm zu wechseln. Dann der eloquente und geniale Gracchus, sein lebenslustiger und doch gebildeter Vetter Aquilius und schließlich der etwas sonderbare Luculus, den Marcus am wenigsten einzuschätzen vermochte. Hatte der nicht ein Faible für Fischteiche? So ein Gerücht hatte Marcus mal gehört.

    Mühsam kritzelte Marcus die Antworten des neuen Probatus auf seine Tabula als die Tür aufgerissen wurde. So kam Marcus gar nicht mehr dazu, irgendetwas zu antworten. Stattdessen kam sein vorgesetzter Offizier herein. Blitzschnell bewies Marcus dann doch Geistesgegenwart. Schließlich mußte man den neuen Probati ein Vorbild sein. Marcus stand schnell auf, legte die Tabula zur Seite und salutierte- Faust auf Herzhöhe gegen die Brust geschlagen und dann den Arm zum Gruße ausgestreckt, dabei eine aufrechte Haltung. Wie ein Wirbelwind stürmte der Centurio durch Marcus Officium und durch seine notdürftigen Notizen. Genauso mühsam wie bei den Schreibarbeiten unterdrückte Marcus ein Seufzen, mußte dann jedoch grinsen, spätestens nach dem der Centurio wieder draußen war. Doch nur kurz, denn es gehörte sich nicht seinen Vorgesetzten vor dem Probatus zu belächeln. Marcus setzte sich wieder und nahm die Tabula heran.


    “Ja, das war unser Primus Pilus, der erste Centurio Matinius Plautius. Du wirst ihn und seine Art in den nächsten Jahren bestimmt noch genauer kennen lernen. Er scheint immer und überall präsent zu sein, gewöhne Dich schon mal daran. Gut, wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, Handwerk und so weiter....hmmhmmm!“


    Marcus kritzelte weiter auf die Tabula und nickte schließlich. Das mit dem Waffenverbot quittierte Marcus nur mit einer Augenbraue zucken. Das war ihm durchaus bekannt. Welchem Römer auch nicht?


    „Nun, Du hättest private Stunden gehabt haben können. Insbesondere da Du doch aus einer sehr bekannten Familie kommst. Aber waffenloser Kampf? Besser als nichts! Gut, das macht nichts mit dem Handwerk. Ich kann auch keins! So, Du kannst also reiten? Hast Du schon drüber nachgedacht, Dich bei der Reiterei zu bewerben? Oder möchtest Du lieber später Fußsoldat werden?“

    Sim-Off:

    Puh, Lucullus, ich glaub, Du hast recht. Sicher kann ich es nicht bestätigen, aber meine Googleergebnisse haben so einen vagen Hinweis gegeben, dass Soldaten ihre Vorgesetzten auch mit Dominus angeredet haben. Aber mein vorliegender Fall war ein Brief, weiß nicht ob es in der Praxis auch so war.


    „Ja, Dominus ist schon nicht falsch, Probatus, aber wir sind meistens hier die Anrede mit dem Rang gewöhnt! Deswegen mein Einwand. Ich wollte Dich nicht verwirren!“


    Mit wachsendem Lächeln beobachtete Marcus Lucullus als er sein Gepäck verstaute. Hessa, der machte das aber geschickt. Wenn sich Marcus an seine ersten Trageversuche zurück erinnerte. Er kam sich damals schon wie ein Packesel vor. Auf die Idee, sich die Sandalen umzuhängen und das Schild so als Tragefläche zu benutzen, war Marcus nicht gekommen. Marcus pfiff leise und anerkennend durch seine Zähne. Gut gelaunt, schließlich mußte Marcus nun nichts mehr tragen, legte er ihm die Wurfspeere über das Schild.


    “Hervorragend, Probatus, ich sehe schon, aus Dir wird ein vorbildlicher Soldat. Gut, dann bring ich Dich nun mal in Deine Unterkunft! Danach wirst Du Deinen Fahneneid ableisten. Schließlich will der Kaiser schon wissen, ob Du mit dem heiligen Eid ihm ewige Treue schwörst!“


    Marcus schmunzelte und führte den neuen Probatus aus der Ausrüstungskammer und zu seiner neuen Unterkunft.

    In der Unterkunft angekommen, sah sich Marcus nach anderen Soldaten oder Probati um, denen er gleich den Neuen vorstellen konnte. Natürlich waren immer ein paar Soldaten in der Unterkunft. Marcus klopfte Lucullus auf die Schulter und rief kräftiger Stimme in den Raum.


    „Soldaten, wir haben einen Neuen in der Stube. Das ist Iunius Lucullus und er wird morgen mit seiner Grundausbildung anfangen!“


    Marcus wandte sich an Lucullus und deutete auf einige der Pritschen, die recht weit vorne am Eingang waren. Die Hintersten sahen fast alle besetzt aus und nur die Unliebsamen weiter vorne waren noch leer.


    “Such Dir dort ein Lager aus, dann zieh Dir Deine Paradeuniform an und den Paradehelm. Wenn Du fertig bist, wirst Du Dein erstes Salutieren und Antreten bei mir üben, verstanden? Danach gehen wir zum Fahnenplatz!“

    Man merkte Marcus richtig an, wie er wie ein Schneeball in der Sonne auftaute. Die Verspannung in seinen Schultern löste sich und er fing an, sich über das (für ihn) offensichtliche Interesse des Kaisers zu freuen. Marcus legte einen Arm auf den Rücken, mit dem Anderen hielt er noch den oberen Zipfel seiner Toga fest. Die Toga hatte immer die Angewohnheit zu verrutschen und so hielt er die Falten in Form.


    „Ich danke Dir sehr für das Angebot, Imperator. Und ich werde mit Freuden darauf zurückkommen. Ich bin im Übrigen sehr stolz darauf in der Prima und somit Deiner treuesten Legion dienen zu dürfen. Sicherlich ist es nicht immer einfach, aber wo ist das Leben schon ohne Schwierigkeiten?“


    Jetzt fing Marcus das an, was seine Mutter befürchtet hatte. Marcus, völlig ohne Vorgaben was er dem Kaiser sagen sollte, sprach nun frei heraus. So wie es eigentlich auch in seiner Natur lag. Einfach seinem Wesen des Ehrlichen und etwas Gutmütigen heraus entsprungen.


    „Eingelebt? Ja, Imperator, von Tag zu Tag wird es immer besser. Anfangs war es für die Meisten von uns doch immens schwierig. Wir waren die Kameradschaft aus der Legio IX gewohnt, doch in der Prima schlug uns von Seiten der Offiziere eine unerklärliche Kühle entgegen, wenn nicht sogar offenkundige Beleidigungen!“


    Marcus sah etwas bedauernd dabei aus. Dabei dachte er an diese unsägliche erste Besprechung. Was für schlimme Beleidigungen gefallen waren, hatte Marcus lange verdauen müssen. Doch inzwischen war das vergessen und Marcus nicht sonderlich nachtragend.


    „Aber ich denke, daß es für die Offiziere der Legio I nicht sehr einfach war. Es sind ja auch viele sehr gute Offiziere dabei. Aber die Geringschätzigkeit mancher gegenüber den anderen Legionen verwundert mich dann doch. Aber ich glaube einfach, daß die Legio I, wenn ich das anmerken darf, werter Caesar, einfach wieder etwas Kampferfahrung und Feldeinsätze braucht! Das würde sicherlich auch den Zusammenhalt unter den Offizieren stärken.“


    Jetzt würde sich Marcus Mutter gegen die Stirn schlagen und verzweifelt die Augen rollen. Marcus dachte sich jedoch nichts dabei. Denn der Kaiser erschien ihm keineswegs wie einer, der bei einem offenen Wort gleich den Henker rief.


    „Aber ansonsten wachsen wir schon mehr zusammen. Ich bin auch sehr froh, daß Centurio Matinius Plautius unser Primus Pilus geworden ist. Er ist ein sehr fähiger Mann. Und Rekruten strömen auch immer mehr in die Legio I. Ich halte das alles für gute Zeichen, Augustus!“


    Sollte er sich beklagen, daß er in der Verwaltung gelandet war? Ach nein, gerade war Marcus in einer viel zu freudigen Stimmung. Ein freundlicher Kaiser und die Tatsache in Rom zu sein, konnte seine Laune nur heben. So lächelte er freundlich und hoffte, nicht allzu viel geschwätzt zu haben.

    Hmm...also ganz überzeugt bin ich nicht. Denn arabische Dhows (mal abgesehen davon, dass die kleinen Dhow Flußschiffe waren) konnten sowohl das rote Meer und sogar den indischen Ozean befahren, kamen jedoch auch bis Baghdad. Somit auch über Flüße hinweg. Man müsste halt genau schauen, wo die Schiffe dann noch landen können und wo es einfach zu flach ist. Noch meine 5 Cents dazu ;)

    Sim-Off:

    8):]


    Kaum eine Handbreit stand Marcus von dem Anwärter entfernt. Marcus dunkle Augen durchbohrten den Caecilia forschend und prüfend. Schweigend hörte sich Marcus an, was der Römer sagte. Marcus wollte schließlich auch nur sicher gehen, daß sich der Mann wirklich der Konsequenzen bewußt war, was es bedeutet in die Legio einzutreten. Dabei glaubte Marcus kaum, daß die Secunda einen Deut schlechter war als die Prima. Im Gegenteil, die Secunda hatte durchaus mehr Kampferfahrung. Nach den letzten Worten des Caecilia schwieg Marcus. Er ließ den Anwärter ein wenig zappeln und setzte noch immer keinen freundlicheren Ausdruck auf.


    „Du kannst noch nicht versetzt werden, ehe Du nicht aufgenommen wurdest. Und das liegt an mir zu entscheiden, Caecilius!“


    Marcus schwieg erneut und starrte den jungen Mann an. Sehr gut! Er zuckte weder zurück, noch schien er groß eingeschüchtert zu sein. Aus dem würde man durchaus einen guten Soldaten machen können. Marcus mußte sich arg abmühen nicht zu lächeln, aber ein Funkeln trat in seine Augen, die seinen Gedanken durchaus Ausdruck verlieh.


    „Optio, Caecilius! Du sprichst mich in Zukunft so oder mit Optio Flavius an! Gut, dann sehen wir mal, wie weit Du in Deiner Ausbildung kommst! Willkommen in der Prima!“


    Marcus klopfte ihm auf die Schulter, lächelte plötzlich und die Kälte, die er gerade noch ausgestrahlt hatte, war mit einem Schlag verschwunden. Wieder mit seinem einigermaßen gutmütigen Gesichtsausdruck ging er zu der Tabula zurück und setzte sich.


    “Also, dann machen wir mal weiter! Welche Fähigkeiten hast Du, die Du der Legio besteuern kannst, Probatus? Reiten, Handwerk, Kämpfen, Lesen und/oder Schreiben oder Anderes?“

    Gracchus war tatsächlich schlau. Das klang nach einer sehr guten Lösung. Zufrieden darüber setzte sich Marcus wieder etwas bequemer hin. Armilustrium? Marcus kratzte sich am Nacken und grübelte darüber nach, wann das denn noch mal war! Irgendwann im October, wenn Marcus sich nicht täuschte. Marcus nickte zu Gracchus als ihm doch noch was einfiel.


    “Gibt es denn in der Prima jemanden, der sich mit den Tänzen auskennt? Ich tue es auf jeden Fall, leider, nicht!“


    Marcus zuckte mit der Schulter und sah zu seinem vorgesetzten Offizier. Vielleicht war dieser ja schon länger bei den Saliern oder wußte einen bei der Prima, der sie bei den Proben anleiten konnte.

    „...deswegen bin ich auch zur Prima und nicht zur Secunda gekommen...“ Die Worte hallten in Marcus nach. Verblüfft sah der Optio auf und sah den Anwärter sprachlos an. Der war ja gnadenlos ehrlich oder nahm er ihn auf den Arm? Prüfend musterte Marcus den jungen Mann. Ein Bastardsohn auch noch? Herrje! Das würde den Patriziern gar nicht gefallen. Behaupteten sie doch, daß nur die besten Söhne hier hin geschickt wurden. Das gefiel Marcus glatt wieder an dem Mann. Außerdem glaubte Marcus durchaus, daß solche Männer auch noch was aus sich machen können. Marcus kannte seinen Vater, abgesehen vom Namen, schließlich auch nicht. Die Überlegungen ließ Marcus sich nicht anmerken, stand auf und legte die Tafel zur Seite. Die Arme hinter dem Rücken verschränkend trat er auf seinen Namensvetter zu.


    „Deswegen zur Prima und nicht zur Secunda? Mann, wir sind eine Einheit, die überall in die Welt geschickt wird. Wir begleiten den Kaiser auf Feldzüge, ob in Numidia, Parthien oder das rauhe und kalte Germania. Bei Mars, gemütliches Lagerleben wirst Du hier nicht haben! Und das warme und milde Klima Italias nicht immer genießen können. Sind wir gar hier in einem Urlaubslager? Nein, geschunden wirst Du hier mindestens, und ich betone, MINDESTENS wie in der Secunda. Du wirst den harten Drill eines Centurio erdulden müssen, der germanische Sitten gewohnt ist.“


    Marcus Augen waren schmal, er funkelte ihn an und deutet aus dem Fenster hinaus.


    “Sieh mal, dort hinten ist der Exerzierplatz! Siehst Du, wie die Männer über den Platz taumeln, mehrere Schilde in den Armen? Siehst Du wie der Hinterste zusammen bricht? Siehst Du, daß ihm keiner hilft? Das könntest Du sein! Das wird Dir blühen! Hier in der Prima werden keine zweitklassigen Soldaten aufgenommen. Wir schützen den Kaiser und das römische Volk. Wir müssen die Besten sein. Willst Du nicht lieber doch zur Secunda?“


    Marcus Augen durchbohrten den Mann, sein Gesicht war eiskalt. Marcus mochte es zwar nicht, den Mann einzuschüchtern oder ihn in seinem Entschluß wanken zu lassen. Aber der Caecilia sollte sich ganz sicher sein, warum er in die Prima wollte. Nicht weil in Italia es wärmer war!

    Völlig verdattert sah Marcus seinen gegenüberstehenden und ehemaligen Mitsoldaten aus der Legio IX an. Marcus würde sich zwar nicht vor einer Prügelei scheuen, aber war er auch kein sehr jähzorniger Mann, der gleich bei der ersten Beleidigung zu schlug oder sich kopfüber in eine Straßenprügelei warf. Außerdem hatte Titus auch seine Achillesferse noch nicht getroffen. Mal davon abgesehen, daß er schließlich seine Tochter dabei hatte und ihr in gewisser Weise auch Vorbild sein sollte. So presste Marcus seine Lippen fest aufeinander, seine Augen verschmälerten sich. Mühsam atmete Marcus ein und aus.


    “Nein, danke, Titus!“


    Marcs legte seine Hand kurz auf Arrecinas Schulter, nur kurz jedoch. Marcus richtete sich etwas auf und seine Wangenknochen mahlten. Einziges Zugeständnis für seinen Ärger über Titus. Aber was sollte man vom Gehilfen des Tribuns anderes erwarten?, dachte sich Marcus insgeheim.


    „Arrecina, das ist ein ehemaliger Soldat aus der IX Hispana. Titus, dies ist meine Tochter, Flavia Arrecina. Es war mir eine Freude Dich wieder getroffen zu haben. Aber jetzt haben wir was anderes vor. Vale!“


    Marcus sah sich um, der Appetit war ihm erstaunlicherweise vergangen. Einige Gaukler am Ende der Via machten recht farbenfroh auf sich aufmerksam. Marcus deutete auf die Gaukler.


    „Magst Du Dir die anschauen, Cinilla, Sonneschein?“

    „Ein Wolf?“


    Marcus sah seine Tochter erstaunt an. Auf was für Gedanken kam das Mädchen bloß immer! Ein Wolf? Herrje! Marcus atmete, resigniert seufzend, aus. So ein Ungeheuer wollte Marcus eigentlich nicht in ihrer Nähe wissen. Und wenn er jetzt ja sagte, so schwante ihm, würde die nächsten Tiere auch auf Arrecinas Wunschliste stehen, Löwen und Tiger eingeschloßen. Er überlegte noch, was er sagen könnte. Die Werbewägen boten ihm einen Moment darüber nachzudenken. Wie ein Blitz kam ein Einfall. Marcus deutete auf die Papageien.


    „Sag, Liebchen, Cinilla, willst Du nicht lieber so einen bunten Vogel haben?“


    Wum, wum...die Trommelschläge setzten ein! Marcus Atem stockte, als er die Wilden in die Arena kommen sah. Seine Aufmerksamkeit war mit einem Schlag gefesselt. Zwar hatte Marcus nie solche in Africa gesehen, aber die Arena war wie verschwunden um ihn herum. Fast spürte er die afrikanische Sonne auf seiner Haut und roch den Sand der Arena...obwohl, eigentlich war das eher ein unangenehm riechender Zeitgenosse an seiner Seite. Ahhh...Löwen! Marcus Lieblingstiere bei Tierhatzen. Nun beugte sich Marcus nach vorne.


    „Schau mal, Cinilla. Ich glaub, die häßlichen Wilden da wollen den Mann da fressen!“

    Leider hatte Marcus schon selber vergessen, was er zuvor gesagt hatte. Somit kam der Vorschlag von Plautius nur bei einem verwirrten Optio Flavius Aristides an und er nickte ihm zerstreut zu und sah sich nach einer Kissenverkäuferin um. Denn Marcus Frage umkreiste noch Arrecinas Anliegen. Himmel und Götter! Warum verblüffte Arrecina mit ihren Wünschen ihn immer so? Aber auch Wärme stieg in Marcus auf. Er lehnte sich lächelnd zurück und schüttelte amüsiert den Kopf. Dabei musterte er seine zierliche Tochter und sah zu der Amazone auf dem Arenasand herunter.


    „Kämpfen, mein Goldstück? Doch nicht mit dem Schwert und dem Pilum, oder?“


    Marcus lachte leise und fand die Vorstellung allzu drollig, wie sich seine Tochter damit abmühte ein Pilum zu schleudern. Marcus war doch schon arg ins Schwitzen gekommen als er mit dem Training anfing und er war doch ein gutes Stück größer und kräftiger als seine kleine Tochter. Dementsprechend belustigt lächelte Marcus immer noch und unterdrückte den Impuls seiner Tochter durch die Haare zu wuscheln.


    „Du willst doch keine muskulöse Amazone werden oder Dich gar wie die echten Amazonen verstümmeln? Cinilla, das ist nichts für eine Frau, glaub mir das!“


    Somit war das Thema für Marcus erledigt und er spähte in die Arena, denn es ging schon weiter. Der Kampf der Gladiatoren begann, Marcus spähte, wirkte verblüfft über des Wagenmanövers dieses "Helden der Frauen" und dann mit einem triumphierenden Lächeln nahm er den Wagenunfall hin. Marcus lachte gut gelaunt, griff in seine Verpflegungstüte und mampfte. Gespannt, wie es weiter gehen würde, sah er runter. Ah! Sie wollten Daumen sehen! Marcus streckte seinen Daumen nach unten. Seiner Tochter hatte dieser Fulmineus ja besser gefallen, also war er für ihn und etwas Blut wollte Marcus schon noch sehen.


    :dagegen:

    Afrika? Bestätigend nickte Marcus und fast schon sehnsüchtig wirkte er dabei. Ja, und wie er Afrika vermißte. Seine Gedanken schweiften zu der großen Reise zurück, die er vor einigen Jahren gemacht hatte. Wie fern das doch schien, leider! Wenn er daran dachte, so erschienen ihm die Jahre unterwegs zu sein als die Besten seines Lebens. Doch Marcus schob das schnell zur Seite, denn er wollte nicht wehmütig über alte Dinge sinnieren. So widmete er sich nun auch ein wenig dem Essen, erstaunlich dezent für seine Verhältnisse, aber Frauen vermochten es schon immer in Marcus die besten Seiten hervorzuholen. Zwar sah er immer wieder pflichtbewußt zur Bühne und registrierte, daß jene Künstler auch sehr gut ihre Vorführung zeigten, doch das Gespräch schien ihn gerade durchaus mehr zu fesseln. Er schmunzelte bei Lucillas Vergnügen. Bei dem ‚Wir’, dachte sich Marcus jedoch nicht allzu viel bei.


    “Ägypten, Numidia und Africa Proconsularis? Bei Mercurius flinken Sandalen, es scheint mir, daß Du ziemlich viel von Afrika gesehen hast. Hmh, ja, ich war dort auch. Es ist jedoch schon ein paar Jahre her. Ich bin damals über Achaia, Thracia, Lycia, Judaea nach Ägypten und noch ein gutes Stück weiter gereist. Es war wirklich eine unvergessliche Reise. Ich glaube, wer einmal den Duft von Afrika eingeatmet hat, wird dieses Land nicht mehr aus dem Herzen bannen können, findest Du nicht auch?“


    Marcus blinzelte leicht verschwörerisch und schelmisch. Ein weiteres Leuchten breitete sich in Marcus aus und dann auch auf seinem Gesicht. Er lächelte breit und griff nach einer Eihälfte. Vorsichtig aß er es und trank einen Schluck Wein. Wenn er so weitermachte, würde sein Becher durchaus noch leerer, um die kleine Austauschaktion zu machen. Sehr gut die Mischung, befand Marcus, wobei es ihn auch erstaunte, daß mehr Wein als Wasser darin enthalten war. Doch nachdenken tat er nicht darüber. Denn er hatte nur Augen für Lucilla und freute sich gerade sehr über ihre Antwort. Das war doch eine Frau ganz nach seinem Geschmack!


    „Du hast Recht, Decima Lucilla! Es gibt nichts Spannenderes. Ehrlich gesagt, wollte ich als Kind selber Gladiator werden. Am liebsten hätte ich dann gegen Löwen gekämpft. Hast Du auch die Gladiatorenspiele in Afrika besuchen können? Sie sind da ja auch besonders packend!“

    Sim-Off:

    ;) War mein Amüsement, daß wir beide Marcus schreiben --> Optio Marcus zur Unterscheidung ;)



    Marcus schrieb mit. Das war doch mal ein Anwärter nach seinem Geschmack, buchstabierte ihm den Namen. A...h...a......l...a! Notiert! Marcus probierte noch mal das Essigwasser und nach dem zweiten Schluck schien es tatsächlich nicht mehr allzu schlimm zu sein. Die Caecilier waren wirklich eine große Familie. Schulterzuckend wandte er sich wieder die Tafel zu um zu sehen, was er noch fragen sollte. Grübelnd kratzte er sich am Nacken. Ah ja! Er sah auf und legte lässig einen Fuß auf einen freien Hocker.


    „Gut, dann kommen wir mal zu Deinem Hintergrund. Wer waren Deine Eltern, wo bist Du geboren worden? Hast Du irgendwelche Krankheiten? Verrücktheiten in Deiner Familie? Etwas, was wir wissen sollten?“


    Marcus musterte ihn durchdringend und unterdrückte dabei ein amüsiertes Grinsen. Ob der Anwärter ehrlich sein würde? Marcus war es selber ja auch nicht gewesen, aber nach Verrücktheiten wurde er auch nie gefragt.

    Schwungvoll goß sich der Optio Marcus (:]) aus dem Krug in einen tönernen Becher und sah auf als der Anwärter eintrat. Schwupps, schon stellte sich der Neue schon vor. Ja, wie sollte man denn da den vollen Namen mitkommen? Schnell griff Marcus nach einer Tabula. Mist, schon beschrieben! Nächste, auch schon voll...Dritte, ah ein paar Notizen von ihm. Schnell wischte Marcus das weg.


    "Salve, wir war der Name? Marcus Caecilus...Alaha?...Alla? Alus? Caecilus, aus der römischen Gens Caecilius...hm, bist Du mit Caecilus Macro verwandt?"


    Marcus kritzelte die ersten beiden Namen schon auf, der Cognomen war ihm einfach entgangen. Da fiel ihm noch ein anderer prominenter Name aus dieser großen und alten Gens ein. Geistesabwesend griff er nach dem Essigwasser, trank einen Schluck und verzog angewidert das Gesicht. Was für eine Brühe! Leise schmatzend, um den Geschmack zu übertönen, sah er zu Ahala.


    "Caecilius Crassus? Auch mit dem verwandt?"

    Marcus winkte einen der Flaviersklaven heran. Schließlich lief Marcus nicht mit 400 Sesterzen herum, Marcus war nicht lebensmüde. In manchen Gegenden wurde man schon für einen Bruchteil dieser Summe überfallen und halb tot geprügelt. Erinnerte sich Marcus doch gut an das Unglück seines Vetters, der nur seiner Toga wegen überfallen wurde.


    "Lauf in die Villa und hole meine kleine Kiste. Da müsste noch soviel vorhanden sein, sonst kratze es bei den Anderen zusammen. Und beeil Dich!"


    Zum Händler gewandt nickte Marcus zufrieden. Denn Marcus war mit seinem Feilschen in der Tat äußerst zufrieden. Hatte er doch damit gerechnet, noch auf 800 Sesterzen hoch zu gehen. Aber so war es umso besser. Schließlich war er nur ein armer Unteroffizier.


    "Gut, Du hast wohl getan, Händler. Mein Sklave läuft für das Geld und wird den Sklaven dann bei Dir abholen. Wir gehen derweil noch ein wenig weiter. Wenn was passiert, mein Name ist Marcus Flavius Aristides!"


    Marcus nickte ihm huldvoll zu und sah lächelnd zu seiner Tochter.


    "Du kriegst den Sklaven später, Cinilla, Mäuschen. Gehen wir doch erst mal ein wenig zu den abnormen Sklaven. Die Spiele haben mich da auf die Idee gebracht."


    Marcus lächelte in freudiger und etwas kindlicher Erwartung, sich über diese seltsamen Sklaven amüsieren zu können und schritt, ohne den Händler eines Blickes zu würdigen, in Richtung jenes Sklavenmarktes. Die alte Vettel, die Marcus kaufen wollte, hatte er schon längst vergessen. Es würde ihm wahrscheinlich erst am nächsten Tag wieder einfallen. So verschwanden Tochter und Vater. Erst eine Weile später kam der Sklave eilends herbei gerannt. Schwer atmend reichte er dem Händler den Sack mit dem Geld.


    "Hier ist es. 400! Genau abgezählt. Dann gib mir mal den Schlüssel!"


    Sich vom schnellen Laufen beruhigend, atmete der Sklave ein und aus und musterte seinen "Kollegen". Ihn von den Ketten befreien, würde der Sklave bestimmt erst mal nicht ehe er nicht in der Villa Flavia war. Schließlich war der junge Mann nicht lebensmüde. Denn daß der Sklave abhanden kam, war wohl das Schlimmste. Seine Domina, Flavia Arrecina, würde darüber wirklich nicht sehr erfreut sein. Der Mann ließ sich den Sklaven reichen.


    "Komm, es geht in Dein Neues Heim!"


    Und so führte der Sklave Kadmos vom Sklavenmarkt weg und zu der Villa Flavia.

    Über einen Hintereingang hatte der Sklave der Villa Flavia die Neuerwerbung für Aristides Tochter hinein gebracht. Was er mit dem Sklaven machen sollte, hatte ihm der Herr nicht gesagt. So brachte er den Sklaven erst mal einfach in die Sklavenunterkunft. Dort machte er ihm endlich die Ketten ab und löste das Eisen von den Handgelenken des neuen Sklaven. Die Ketten polternden auf den Boden.


    "Ich bin Scytus! Ich gehöre schon mein ganzes Leben lang den Flavia. Also, wenn Du Fragen hast, frag ruhig. Besser als wenn Du schon am Anfang was falsch machst!"


    Er sah sich um und ging zu einer Truhe. Dort holte er eine Sklaventunika hervor. Diese war von der Qualität durchaus besser als so manch eine Tunika von einem freien Plebejer. Mit dem Stoff in der Hand ging Scytus wieder zu Kadmos zurück. Naserümpfend roch er kurz an ihm.


    "Wir müssen Dich noch baden. Na, hoffentlich wollen Dich die Domini nicht vorher sprechen. Hmm....also, wie ich das richtig verstanden habe, wirst Du in Zukunft der jungen Domina, Flavia Arrecina, gehören. Bei ihr wäre ich sehr vorsichtig. Ich hab schon üble Geschichten über sie gehört. Wie ist eigentlich Dein Name?"


    Scytus sah sich sicherheitshalber in der Unterkunft um. Keiner zu sehen. Das war auch gut so. Wäre nicht auszudenken, wenn Sica erfuhr, wie er von der jungen Herrin sprach.