Mit verschränkten Armen blieb Hannibal vor Nortruna stehen und betrachtete sie eingehend. Nur mit halbem Ohr vernahm er die rüden Worte an den neuen Sklaven. Scheinbar schien Salambo nicht sonderlich auf den Neuen gut zu sprechen zu sein, aus welchen Gründen auch immer. Doch ein Blick auf ihn genügte Hannibal, um sich einzubilden, dass jener Sklave mehr zu der ruhigeren Sorte gehörte. Aber deren Aufsässigkeit kam wahrscheinlich subtiler und war weniger leicht einzuschätzen wie der Widerwille der jungen Frau vor sich. Seine Lippen kräuselten sich zu einem feinen Lächeln, verschwand jedoch sofort als er die Frage von Anaxandra vernahm. Langsam drehte er seinen Kopf zu dem Mädchen, so jung sie ihm erschien, und seine Augenbrauen wanderten hoch. „Kleines, ich bin mir sicher, Du verstehst das hier nicht. Die Sklavin…“ erklärte Hannibal dann doch nach einigen Sekunden. „…hat schon am ersten Tag versucht zu fliehen. Lexana wollte ihr, aus dem einen oder anderen Grund, behilflich sein. Das hier sind Präventionsmaßnahmen. Flieht sie wirklich, muss sie sterben. Da ist die Strafe hier doch vergleichsweise harmlos. Meinst Du nicht, Anaxandra?“, fragte er mit leicht ironischem Unterton.
Sein rechter Mundwinkel hob sich ein wenig, doch dann wandte er seinen Blick wieder der germanischen Sklavin zu und nickte einigermaßen zufrieden, da er für einen Moment getäuscht war, darüber was sie als nächstes vor hatte, glaubte er doch gar, dass sie sich endlich anpassen würde.. „Wie Du gehört hast, Salambo, heißt sie nicht Alekto. Aber ich nenne sie so aus Ermangelung dessen, dass sie mir ihren wahren Namen genannt hat.“ Hannibal schüttelte vage mit dem Kopf. „Schnell mit dem Messer, ich bitte Dich, Salambo. Das wäre doch als ob ich Dich fragen würde, ob Du immer noch kleine Giftschlangen unter Deinem Kleid trägst.“ Hannibal lächelte andeutungsweise. Doch das verging genauso schnell wie zuvor. Die lederne Peitsche klatschte auf die dunkle Haut seiner Halbschwester. Vielleicht hätte Hannibal ein Versehen darin erkennen können, vielleicht, wenn nicht auch noch die geziert betonte Entschuldigung kam. Blitzschnell packte Hannibal die Peitsche und schlug mit der flachen Hand, er wollte sie immer noch nicht verletzen, Nortruna ins Gesicht. „Du treibst es zu weit, Germanin.“ Kalter Zorn stieg in Hannibal auf, in seine Augen trat ein verdächtiges Glitzern. Seine Nasenflügel erbebten unerheblich und er trat einen Schritt auf Nortruna hinzu.
In ihm zuckte der Impuls auf, Nortruna zu packen und in die Kammer zu sperren, sie dort zumindest einige Stunden in der schwarzen Enge zu halten und ihr zu zeigen, was es hieß in der Villa Flavia die bockige Sklavin zu spielen. Doch im selben Moment huschte ihm die Erinnerung durch den Kopf, dass Furianus auch Nadia dort eingesperrt hatte für Tage. Und wie sehr sie darunter gelitten hatte. Das Glitzern, was in seinen wahnhaften Momenten auftrat, verschwand bei dem Gedanken an Nadia völlig. Langsam wandte Hannibal erst sein Gesicht von Notruna ab und drehte sich dann von ihr weg. Seine Wangenknochen mahlten fest und er sah Anaxandra an, glaubte in ihrem Blick noch mehr Vorwurf zu erkennen und abwehrend presste Hannibal die Lippen fester aufeinander. Er wollte kein zweiter Sica oder Sciurus werden, wenn er auch nicht dulden würde, dass die Sklavin mit ihrem Benehmen das Ansehen seines Herren schaden würde. Doch bis dahin…Hannibal zuckte mit der Schulter. „Mach es mit ihr aus, Salambo.“, gab er von sich, wandte den beiden Frauen den Rücken zu, und trat auf Lexana zu. „Ich habe Dir gesagt Du sollst mich rufen…“ grollte er leise. Lexana sah ihn nur verächtlich an und wandte sich ab. „Pah…Schwächling.“, murmelte Lexana und verließ die Sklavenunterkunft. Ärgerlich sah Hannibal der alten Sklavin hinter her und knetete die Lederpeitsche in seiner Hand. Sie würde bestimmt alles brühwarm diesem elenden Sciurus berichten.