Beiträge von Hannibal

    An einem der Lager raschelte es leise und das Stroh auf dem ungemütlichen Boden erzitterte ein wenig. Hannibal wandte den Blick von Nortruna ab und ging langsam und bedächtig auf das Heu zu. Schwieg und blieb an der Seite von Anaxandra stehen, sah prüfend auf das junge Mädchen hinab. Sie war ihm zwar während der Saturnalia aufgefallen, er konnte jedoch ihren Namen nicht benennen. „Wie ist Dein Name, Mädchen?“ fragte Hannibal sie leise. „Und dienst Du schon lange den Flaviern?“ Seine dunklen Augen ruhten fest auf ihren Gesichtszügen. Doch der Wirbelwind namens Salambo lenkte die Aufmerksamkeit von dem Mädchen auf sich. Hannibal wandte sich um, warf Nortruna einen warnenden Blick zu, der er noch einer Antwort schuldig war und seine Lippen kräuselten sich zu einem amüsierten Lächeln. „Schwesterherz!“ grüsste er sie mit einem undeutlichen Kopfnicken. Seine Augen richteten sich auf die andere Errungenschaft des Tages, Daphnus, den blonden Eunuchen hinter Salambo.


    Mit einer ausdruckslosen Miene betrachtete Hannibal den blonden Germanen von oben bis unten, seine Augenbraue zuckte lapidar. Dass ihm der neue Sklave von der Ästhetik und dem Aussehen nicht missfiel, das gestand sich Hannibal durchaus ein, selbst wenn er noch wütend wegen Nortruna in diesem Augenblick war. „Einen hübschen Sklaven hat sich Deine Herrin erworben. Sind Eunuchen wieder mit der Zeit? Nun, ihr Vater wäre sicherlich nicht unerfreut über dieses kleine Faktum. Aber er sieht mir doch ganz brav aus. Von ihr kann man das wirklich nicht sagen…“ Hannibal wandte sich nun wieder Nortruna zu. „Sie muss noch ein wenig lernen, wie es hier in der Villa Flavia zugeht.“ Hannibal zog seinen kurzen Dolch aus der kleinen Dolchscheide und spielte mit dem spitzen Metall zwischen seinen Fingern, schritt langsam auf Nortruna, an den Lagern vorbei, zu. Vier Schritt vor ihr verharrte er und sah sie unverwandt an, dann stach er schnell mit dem Dolch ins Strohlager, es quieckte kurz und er zog eine tote Ratte hervor. Mit einer Hand öffnete er einen schmalen Fensterspalt und warf das tote Tier hinaus. „Ratten…!“ murmelte er leise verächtlich.


    Sorgfältig wischte Hannibal seinen Dolch am Strohlager sauber und steckte die Waffe wieder zurück. „In der Tat, ich denke, Du hast meine Worte genau verstanden, Alekto. Du oder Sie, entscheide Dich! Entweder Du bestrafst sie oder Du wirst die Schläge auf Deinem Rücken spüren. Ich bin mir sicher, Lexana würde das mit Freuden sehen. Nicht wahr, Lexana?“ Hannibal warf der Frau einen kalten Blick zu, die diesen mit tödlichem Hass begegnete und schwieg.

    Missmutig sah der Handlanger, von Nerva geschickt, zu dem Miles und gab einen leisen brummenden Ton von sich. „Mal sehen, ob er Zeit hat. Ist ein viel beschäftigter Mann, der Besitzer. Aber ich richte es ihm aus.“ Der Scherge wandte sich schleunigst um und drängte sich wieder zu dem Alten, Rufus, rüber. „Und?“ „Zwei Morde!“ „Das wird Nerva gar nicht gefallen, ganz und gar nicht. Lauf und sag ihm Bescheid. Ich halte hier die Stellung.“


    Derweil im Obergeschoss:
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    Licilla- eine weitere Lupa


    Barfüssig schritt Licilla über dem vom Dämmerschein der Öllampen beleuchten Gang des Obergeschosses. Schon seit einer Weile war sie von dem Radau unten erstaunt und etwas erbost, immerhin war das ihr freier Abend und den wollte sie in Ruhe verbringen. Im Gehen strich sich die rothaarige junge Frau die Haare zurück und die leichte Tunica an ihrem Leib glatt, ging an den leeren Zimmer der anderen Lupae vorbei und erschrak als sie sich plötzlich einigen Soldaten konfrontiert sah. Sie riss ihre blauen Augen auf und starrte auf die Waffen, die Rüstungen und die entschlossenen Gesichter. „Ach bei Venus, was ist denn hier los?“ hauchte sie verblüfft.

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    Dido- die junge Sklavin von Serenus.


    Verstohlen gähnte Dido. Sie war elendsmüde, der ganze Tag war mit der Aufregung gefüllt das Haus zu erkunden, zu versuchen Hannibal auszufragen, sie wusste irgendwie, dass sie verwandt waren, aber nicht genau wie, und herauszufinden, wem sie bald gehören würde. Mittlerweile, sie hatte schon ihr erstes vorsichtiges Urteil gefällt, befand sie: Ihr Herr war gar nicht so übel. Natürlich würde er sich in ihren Augen noch in der nächsten Zeit beweisen müssen, davon machte sie es abhängig, ob sie ihm eine, bis in den Tod, treue Sklavin sein würde, oder versuchen würde wieder von ihm weg zu kommen, wofür sie bestimmt die nötige Fantasie besaß. Langsam drehte sie den Opferdolch zwischen ihren Händen und stellte es sich vor, wie es wohl wäre, es einem Opfertier in den Hals zu stoßen. Sie lächelte leicht und sah von dem faszinierend funkelnden Metall auf. „Ich bin schlau, Dominus. Das werde ich Dir auch noch zeigen. Denn das kommt nicht davon, ob man Platon oder den komischen Hahnenkräher, Cicero, kennt.“


    Sie biss sich schnell auf die Unterlippe und kräuselte ihr Näschen. In Baiae würde sie für solche Worte durchaus eine gescheuert bekommen. Schnell versuchte sie von ihrem Ausrutscher abzulenken. Das mit den neuen Sachen interessierte Dido herzlich wenig, aber wenn ihr junger Herr sie ausstaffieren wollte, dann sollte er ruhig. „Gut, natürlich lerne ich das, was Du willst, Dominus. Wo soll ich denn schlafen? Soll ich sonst noch was tun?“ Doch was auch immer sie tun wollte oder sollte, zu viel an diesem Abend kamen die Beiden dann doch nicht mehr. Denn sobald die junge Dido ein Lager zugewiesen bekam und sie „Probeliegen“ betrieben hatte, war sie schon entschlummert und schlief den ungestörten Schlaf einer Sklavin, die die Sklavenunterkunft mit all ihren Widrigkeiten gewohnt war.



    SKLAVE - LUCIUS FLAVIUS SERENUS

    Münze um Münze zählte ihm Hannibal den Betrag in die Hand, doch mit großen und glänzenden Aurei, die in die Hand des Händlers wandern sollte. Dreißig Stück an der Zahl, funkelnd und mit dem Bildnis des Kaisers, wurden an dem Mann weitergereicht. Als Gegenleistung wartete Hannibal auf die Urkunde, die er einem der Begleiter von Epicharis weiterreichte. „Das dürfte dann wohl stimmen.“ Er neigte den Kopf ein klein Wenig und wandte sich dann ab, besah sich den Inhalt des Beutels. Mit vier Aurei würde er wohl schwerlich noch die nubische Sklavin erwerben können, doch man konnte nie wissen. Manchmal war einem das Glück auf dem Sklavenmarkt hold. So ließ Hannibal seine Schritte weiterlenken und verschwand zwischen den vielen Menschen auf dem Markt, die kamen, um die Unfreien zu begaffen oder zu erwerben.

    Ob sie ihn wirklich kannte? Hannibal, schwer atmend, bezweifelte das. Von seinen Abgründen zu erzählen war bei weitem nicht so schlimm als sie zu erleben und Hannibal kannte all die Untiefen zur Genüge. Und seine Sorge Nadia dort mit hinab zu reißen war immer noch genauso groß wie noch vor wenigen Momenten, doch für den Augenblick wurden alle Bedenken hinweg gerissen. Hannibal wusste um die Schwäche seines Geistes und seines Fleisches, spürte die wachsende Begierde in sich. Sein Atem erzitterte als er Nadias Worte vernahm und er beugte sich vor, um sie brennend zu küssen. Der Stoff raschelte leise unter ihrem Gewicht und warf wilde Falten um ihre beiden Körper, den Windwogen durch eine blühende Mohnwiese gleichend. Hannibal löste sich lächelnd ein Wenig von Nadia und strich ihr durch die lichtblonden Haare, betrachtete ihre zarten Gesichtszüge und den Kontrast ihrer hellen Haare auf dem dunkleren Gespinst. Verzückt setzte Hannibal die Berührungen mit seinem Lippen fort und presste sich fester gegen Nadias Körper, strich mit seiner Hand an ihrer Taille hinab und zog den Stoff ihrer Tunica höher, berührte sie mit seinen Händen an ihrer weichen Haut und wanderte hitzig höher. „Nadia, Du bist so wunderschön.“, murmelte Hannibal leise. Leidenschaftlich wälzte sich Hannibal gänzlich über Nadia, sein stoßweiser Atem verriet eindeutig, wonach er begehrte und er drängte sich mit seinem Verlangen an sie.


    ~~Doch nur die Götter, die kleine Maus, die aus dem Loch hinter den Wandplanken hervorspähte, und die beiden Handlungsträger dieser Geschichte werden mehr von dem nächsten Augenblick erfahren. Der geneigte und aufmerksame Leser wird wohl erahnen können, was in der folgenden Zeit hier geschah. Oder auch nicht. Doch sehen wir erst später wieder in diese kleine Insula, die Sonne war mittlerweile höher gestiegen, das rege Treiben um die Insula nicht abgebrochen.~~


    Auf seinem Ellbogen abgestützt lag Hannibal neben Nadia und lächelte sie an, spielte mit einer Hand durch ihre goldenen Haare und fuhr mit seinem Handrücken zart über ihre Wange, ließ langsam und träge seine Hand an ihrer Haut hinabwandern und liebkoste mit seinen Lippen ihr Gesicht zart. Ob es nicht doch ein Fehler war, wollte Hannibal nicht mehr überdenken. Es war schon sehr, sehr lange her gewesen, dass er dermaßen glücklich war, wie in jenem Moment. In den letzten zehn Jahren hatte sich Hannibal oft zurück gehalten, wenn es um die Menschen ging, die er liebte. Und bei Nadia hatte er sich eigentlich versprochen gehabt, niemals mehr als eine Freund oder so etwas wie ein Bruder zu sein, doch war alles anders gekommen. Dennoch, als er sie so wunderschön vor sich liegen sah, da versprach er sich eines: Niemals würde er ihr etwas antun können, egal was sie tat, egal was vorfallen würde. Niemals. Doch ein kleiner Teil von ihm selbst wusste, wenn der Moment kam, dann würde er nicht mehr denken können. Es war wie ein Ungeheuer in ihm verborgen, das die Kontrolle übernehmen konnte. Seine lächelnden Lippen zuckten kurz bei dieser Überlegung und er küsste Nadia am Mundwinkel. „Ich liebe Dich, Nadia, tue es doch schon so lange. Aber…“ Es fiel ihm schwer das zu zugeben, was er schon lange wusste und stets hinter seinen hären Reden verbarg. „Ich bin doch ein schlechter Mensch, Nadia. Eine Gefahr für Dich…“

    Abermals neigte Hannibal seinen Kopf auf die Dankesworte von Epicharis hin. „Aber natürlich, werte Herrin, werde ich ihm das ausrichten.“ Hannibal hatte jetzt schon fest vor, alles auf die Anweisungen von Aristides’ Mutter zu schieben, das war ein Argument, was immer bei seinem Herrn wirkte. „Mein Name ist Hannibal, werte Dame.“, fügte er mit einer geflissentlich demütigen Betonung aus, seine ganze Haltung zeigte Unterwürfigkeit und die Art eines Servus, die nur ein unfrei Geborener so derart beherrschen konnte, oder viel mehr ein Sklave, der bereits von seinem Vater diesen Status geerbt hatte, es war ihm gewissermaßen schon in die Wiege gelegt worden. Wenn auch Hannibal es immer mehr zu Hassen begann, aber so war die Welt nun mal. „Ich werde mich, wenn Du es erlaubst, hochgeschätzte Dame, um die kleinlichen Formalitäten kümmern, Du kannst die Sklavin sicherlich schon sofortig mitnehmen. Viel Vergnügen mit dem Geschenk, werte Dame und Vale.“ Er verbeugte sich noch mal tief und drängte sich dann zum Sklavenhändler.


    Vage nickte er dem Sklavenhändler zu und griff nach dem nötigen „Kleingeld“, bezahlte damit für Dhara. „Die Sklavin wird der werten Claudia Epicharis gehören. Wenn Du bitte die Urkunden auf die edle Patrizierin übertragen würdest?“





    Sim-Off:

    Ich denke mal, ihr könnt sicherlich schon eure Sklaveneinführung beginnen, nach all dem langen Warten, ich kümmere mich um alles, was sonst noch anfällt.

    Hannibals Lippen kräuselten sich zu einem feinen Lächeln, während er immer noch in demütiger Haltung verharrt war und sich erst langsam erhob. Natürlich wusste sein Herr Aristides noch nichts von seinen so generösen Absichten, die er gegenüber der Claudia an den Tag legte. Doch Hannibal war von der Mutter von Aristides persönlich auf die Angelegenheit angesetzt worden und er kannte ihren Zorn, der die Macht seines Herren übertreffen würde, wenn er versagt und nicht zumindest alle Möglichkeiten ausschöpfte. „Aber natürlich sind das ernst gemeinte Worte, werte Dame. So Du wünschst, wird die Sklavin Dich schon in wenigen Momenten begleiten können.“


    Hannibal kam nicht umhin, sich wieder dem jungen Herrn zuzuwenden, der doch, als er ein kleiner Säugling war, wesentlich einfach zu handhaben war. Jetzt, und Hannibal kannte die Flavier schließlich zu gut, konnte es selbst für ihn sehr ungemütlich enden, wenn der junge Herr verstimmt wurde. Aber das mit dem Ersetzen traf Hannibal wie ein Peitschenhieb über dem Rücken. Denn das mit Nortruna hatte er in Mantua nicht vergessen. „Verzeih, Dominus, aber ich denke, eine solche Sklavin benötigt Dein Vater nicht. Er hat schließlich über 80 Mann, die bei ihm aufräumen können, wenn er es ihnen befiehlt.“ Hannibal lächelte kurz, konnte sich lebhaft vorstellen, dass sich Aristides nicht davor scheuen würde. „Außerdem kennst Du doch Deinen Vater was seinen Geschmack bezüglich Frauen angeht! Ich glaube, sie würde ihm überhaupt nicht gefallen.“ flüsterte er leise, denn unter den Flaviern war Aristides Vorliebe für die dunkelhäutigen Frauen kein Geheimnis. „Dann viel Glück mit dem Löwen, Dominus!“ erwiderte Hannibal noch und sah dem jungen Flavius hinter her. Hoffentlich überbot noch jemand anders ihn auch bei dem Raubtier.


    Kopfschüttelnd seufzte er und verbeugte sich noch mal andeutungsweise vor der jungen Claudia. „Verzeih, werte Dame. Die jungen Herren sind oft sehr ungestüm.“ Dass er nicht ganz nach seinem Vater kam, konnte Hannibal nicht behaupten. Denn als Kind war Aristides genauso lebhaft und umtriebig gewesen.

    Überrascht als Hannibal die Stimme hinter sich vernahm, drehte sich der Sklave um und hob mit gespielter Empörung die Augenbraue, drängte sich zu dem jungen Serenus vor. „Salve, verehrter Dominus. Mir scheint, Du bist ein Augenblick zu spät gekommen, aber ich glaube nicht, daß Du doch Deinen eigenen Vater überbieten möchtest, zumal er auch Dein Gebot bezahlen müsste!“ Hannibal grinste breit, verbeugte sich vor dem jungen Herren und wollte sich nach vorne drängen, um die Formalitäten zu erledigen. Als er sich umwandte, bemerkte er jedoch die hochgeborene Dame auf ihn zutreten. Höflich und mit dem nötigen Respekt verbeugte sich Hannibal tief vor der Claudierin. „Aber nein, eine Entschuldigung ist nicht notwendig, werte Dame. Im Gegenteil, natürlich ist es nicht meinem Herren daran gelegen, Dir die junge Sklavin, so sie Dir gefällt, weg zu kaufen. Sie gehört Dir, wenn es Dir beliebt. Ein Geschenk meines Herren an Dich.“

    So einfach war es natürlich mal wieder nicht. Wenn es um Frauen ging, war die Bereitwilligkeit höher zu bieten, meistens eher vorhanden als bei einem Mann, was Hannibal natürlich nur schwer nachvollziehen konnte. Mit verschränkten Armen betrachtete er die Sklavin, Epicharis und wieder die Sklavin und zuckte mit der Schulter. Das Geld würde sein Herr schon verkraften können. Aber das kleine Vergnügen wollte er doch haben.


    „ 750 Sesterzen!“

    Eigentlich wollte Hannibal für seinen Herren abermals eine Sklavin erstehen, nach dem letzten Versuch auf dem Sklavenmarkt, wenn auch Hannibal die Sklavin als doch eine interessante Herausforderung betrachtete, war nicht gerade für seinen Herren erquicklich gewesen. So war er auf der Suche nach einer tiefschwarzen Nubierin, die er seinem Herren als Entschädigung und kleinen Trost bringen konnte. Zuerst kam er nur leider am Markt mit den Kelten vorbei, dann einigen germanischen Gefangenen, auch Frauen, doch von denen nahm er schnell Abstand, die Rebellion schien in ihrem Blut zu liegen und kam schließlich auch zu dem Sklavenhändler, dem er schon das letzte Mal die Sklavin abkaufen konnte. Interessiert betrachtete Hannibal die junge Frau, zu hellhäutig, wenn auch nicht ohne Reiz. Aber ob für seinen Herren, Hannibal war da eher skeptisch. Doch eine andere Person auf dem Markt stach ihm ins Auge, die junge Claudierin, die ebenfalls den Anschein machte, die Sklavin kaufen zu wollen. Ein Lächeln huschte über Hannibals Gesicht, vielleicht…ja, vielleicht wäre das doch etwas für eine bedeutungsvolle Geste. Ein Versuch war es wert.


    „600 Sesterzen!“

    Auf die zögerlichen Taten der Stadtwache hatte der junge Mann nicht mehr reagiert als zuvor, sprich er kreischte wie am Spieß als ob ihm die Wache etwas Böses antun wollte. „Die Feuerwesen…hol die Lemuren, Lucius, hol die Furien. Lass sie SIE holen.“ Wild schlug der Mann um sich und kratzte und biß die Männer, die ihn schließlich dann doch packten. Seine Zähne gruben sich in ihre Fleisch hinein, so dass feine Blutströpfchen an ihrer Haut entlang perlten. Und dann war er aus dem Raum. Seine Schreie hallten noch weiter im Gang des Lupanars als er abgeführt wurde. Der Fensterladen in dem Raum klapperte leise im Wind, die junge Frau starrte zur Decke, unberührt von all dem Geschehen um sie herum. Ihre Gesicht sah blass wie eine marmorne Statue aus, doch ein zarter Hauch von Rot bedeckte ihre Wangen auch ihre Lippen wiesen die Farbe des Lebens auf, stammte es von einigen Tropfen Blut, den ihr jemand auf die Haut aufgetragen haben musste. Erst wenn man näher trat, erkannte man die feinen und zarten Blüten von weißen Lilien, die, seltsamerweise zu dieser Zeit, um die tote Frau gestreut waren und sie in ein florales Bett hüllte. Auf jenen wenigen Blüten waren auch einige Blutstropfen zu erkennen.


    Draußen erschauderten die Schaulustigen wohlig als sie das Geschrei des Mannes hörten, der dann schließlich auch aus dem Ausgang gebracht wurde. „Ist das nicht der Sohn des Senators Bulius?“ Nein, der ist der Sohn des Schusters am Ende der Gasse.“ „Ob der die Lupaes ausrauben wollte?“ „Verdammt, wohl doch kein weißes Krokodil.“ fluchte ein anderer. Rufus sah grimmig zu dem jungen Mann und tauschte sich leise flüsternd mit seinem Kumpan aus. Schließlich ging der Kumpan auf einer der Soldaten zu. „Salve, der Besitzer des Lupanars schickt mit. Er möchte wissen, was hier los ist!“

    Hannibals Nasenflügel erbebte, obwohl in ihm eine eisige Kühle herrschte. Es war nicht das erste Mal, dass er mit einem schwierigen Sklaven zu tun hatte, es erinnerte ihn an den Nubier in Baiae, aber bei einer Frau hatte auch Hannibal noch etwas mehr Hemmungen. Langsam ging er in der Sklavenunterkunft auf und ab, ließ den Ledergriff durch seine Hand streichen und spürte die weichen Lederschlingen am Handrücken, die doch so grausam rote Spuren auf der Haut hinterlassen konnten. ‚Ich sein aber kein Sklave…’, tönte ihm noch in den Ohren. Hannibal sah einen Moment aus dem Fenster und betrachtete die sanft schwingenden Zweige einer nahen Pinie. Erst als einer der Zweig gegen den Fensterladen schlug, drehte sich Hannibal um und betrachtete Notruna. „Du schwörst nicht mir Gehorsam, sondern meinem Herren. Ich bin ebenfalls ein Sklave, wie Du. Selbst wenn Du noch so lange das Gegenteil behauptest, Du wurdest nach Rom gebracht und verkauft. Das macht Dich faktisch zu einer Sklavin.“


    Mit zwei Schritten war er Nortruna heran und sah auf sie herunter, legte scheinbar sanft den Griff der Peitsche unter ihr Kinn. „Es ist traurig, dass Menschen immer sich wieder gegen ihr Schicksal auflehnen müssen. Du bist Sklavin in der Villa Flavia. Wenn Du nicht gehorchst, wirst Du mit den Konsequenzen leben müssen. Ich werde Dir beweisen, dass dies in dieser Villa keine leere Drohungen sind, meine Liebe.“ Hannibal zog die Peitsche wieder zurück. Hannibal sah zu Lexana und taxierte sie mit einem kalten Blick. „Ich habe Dir doch gesagt, Du sollst mich rufen, wenn sie sich sträubt oder eine Dummheit begeht. Du hast Dir reichlich Zeit gelassen, Lexana.“ Er wusste dass Lexana auf der Seite von Sciurus und Sica stand und sie alles, was hier vorgehen würde, ihnen melden würde.


    Just als er noch etwas anfügen wollte, betrat ein junges Mädchen die Sklavenunterkunft. Ihre langen blonden Haare waren nach hinten geflochten, sie trug eine zart- laubgrüne Tunica und ihre Augen musterten schnell die Szene in der Sklavenunterkunft. „Was ist los?“ fragte das Mädchen. Hannibal ließ die Peitsche sinken und sah mit zusammengepressten Lippen zu dem Mädchen. „Geh wieder, Dido, und komm erst in einer Stunde wieder.“ Das Mädchen öffnete den Mund, um etwas anzufügen. „Keinen Widerspruch, Dido. Geh!“ Dido nickte und wandte sich um, lief flink erneut aus den Räumen, natürlich würde sie, als kleine Spionin für ihren Herren, ihm auch davon erzählen. Hannibal wandte sich wieder Nortruna zu und reichte die Peitsche an sie weiter. „Lexana war auch ungehorsam. Fünf Peitschenhiebe auf den Rücken und Du wirst sie bestrafen. Es sei denn, Du willst an ihrer Stelle ausgepeitscht werden, Alekto.“

    Sim-Off:

    Willkommen in der Villa Flavia, leider bist Du prompt falsch reingestolpert. Wir haben einen Eingang, wie jedes Haus. Siehe Porta. Vielleicht postest Du erst mal dort noch und dann sehen wir mal, ob Du überhaupt in die Villa hinein darfst. Also Threadmäßig meine ich damit. Vielen Dank :)

    Wer ist es in Rom, der schon im Morgengrauen wach ist, wer die ersten Arbeiten verrichtet, während die Herrschaften noch in ihren flauschigen Betten selig schlummern? Es sind die vielen fleißigen Sklaven. Und so auch in der Villa Flavia. Früh morgens, die ersten Vöglein zwitscherten munter und verkündeten ihre Freude am Leben, schlurfte die alte Lexana auf den Eingang zu, spähte hinaus in den morgendlichen Himmel und griff nach dem Kasten für die Briefe. Ein Blick und sie sah einiges an Papyri, die wieder eingeworfen waren, so ergriff sie alle Briefe- offizielle Post für den frisch gebackenen Senator Furianus oder den Magistrat Gracchus, aber auch geheime Liebesbotschaften, die doch so unsubtil zwischen der anderen Post steckte- und ging mit all jenen Briefen, leise ein Ammenlied summend, wieder hinein in die Villa Flavia. Doch wem würde sie die Briefe bringen, wer würde den Liebesbrief als Erstes zu Gesicht bekommen? Ist es die junge Minervina oder vielleicht ein ganz anderer Flavier?

    Resümieren wir doch auf einen kurzen Blick das bisherige Geschehen, der geneigte Leser mag schon aus der Geschichte wieder herausgekommen sein, so wollen wir ihm kurz auf die Sprünge helfen.


    Die Mission: Töte das Opfer oder erschrecke ihn zumindest gewaltig
    Der Auftraggeber: Unbekannt, ein geheimnisvoller Mann mit viel Geld
    Das Opfer: Der Ex, Ex- Aedil Helvetius Tacitus
    Die Zeit: Ein Tag vor vielen Monaten
    Die Personen:


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    Felicia Scintilla- Lebefrau und hoch begnadete Schauspielerin auf Abwegen.


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    Hannibal- Sklave und in dieser Geschichte der Auftragsmörder


    [Blockierte Grafik: http://img239.imageshack.us/img239/9021/deciusax4.jpg][Blockierte Grafik: http://img239.imageshack.us/img239/9707/fabusay7.jpg]
    Decius und Fabus- die Helfershelfer


    Doch wo ist das Opfer? Entschwunden mit knappen Vorsprung.


    Was bisher geschah: Der Auftraggeber kam in das Lupanar in der Nähe des Venustempel, heuerte mit mysteriösen Worten um Gerechtigkeit und Zorn der Germanen gegen den frevlerischen Aedil (Ist der Ex, Ex- Aedil vielleicht ein Aufrührer oder doch nur ein Opfer der Umstände?) den Sklaven Hannibal für den Mord an. Hannibal konnte drei seiner Freunde überzeugen, an dem Auftrag teilzunehmen und danach brachen sie, getarnt als Actaschreiber (Hannibal als Schreiberin in Kleid und Schminke und Scintilla als die Subauctrix), nach Ostia auf, um in das Haus des Opfers einzudringen. Doch sie kamen zu spät…das Opfer war schon längst nach Hispania geflohen…und nun geht es weiter.


    ~Ostia- ehemaliges Hauptquartier des Demagogen Helvetius Tacius, Zeit: Gegen Nachmittag!~


    „Hispania??? Bei den Furien, was für ein Desaster und dafür habe ich mich in dieses Kleid gezwängt?“
    Hannibal warf dem Ianitor einen finsteren Blick zu, gerade als ob er für dieses Dilemma verantwortlich wäre. „Gut, dann schlagen wir alles kurz und klein, dieser vermaledeite Aedil soll von seinem Haus nichts mehr wieder erkennen!“ grollte Hannibal und zog sein zwickendes Kleid zurecht und stöckelte (unbewusst) hüftschwingend durch das Atrium davon, griff nach einer attischen Vase, hob sie hoch und schmetterte sie mit Genuss auf den marmornen Boden. „Hoffentlich war das teuer…“ murmelte Hannibal.


    Die Peitsche schon auf seinem Rücken spürend, schien der Ianitor beim lauten Zerschmettern der Vase seine letzten Kräfte zu mobilisieren. Seine Gestalt erhob sich, er griff nach seinem Dolch (den Hannibal nicht gesehen hatte) und stürzte sich von hinten auf Scintilla.
    “NEEEEEIIIIIN!“ ertönte der laute Ruf von Fabus. Heroisch, selbstlos und mit seinem ganzen Körper warf sich Fabus zwischen diese schrecklichen Gefahr und seine Angebeteten. In einem Geknäuel aus Menschenteilen rollten der Ianitor und Fabus über den Boden. Ein Ächzen und ein Stöhnen kam von dort, dann erschlafften Beide. Einige Momente verstrichen, dann hob Fabus langsam die Hand, stieß den Ianitor von sich. „Ich…lebe noch…“ Wankend erhob sich Fabus, an seiner Wange tropfte Blut entlang und er hielt sich stöhnend die Seite. „Geht’s Dir gut, Feli?“ fragte er und sah Scintilla treuäugig, ein bisschen wie ein junger Hund, an.


    „Wo bleibt ihr denn?“ Hannibals Stimme drang vom nächsten Raum ins Atrium, gefolgt von lautem Scheppern und ein lautes gut gelauntes (mit einer Tendenz zum Irren) Lachen von Hannibal. Und so begann die ‚Orgie der Zerstörung’. Der Wirbelwind der Verwüstung zog durch das Haus, in Gestalt von Hannibal, Scintilla und Fabus, keine Vase überlebte den Sturm, kein Kissen wurde nicht aufgeschlitzt. Die Möbel zerschlagen und die Fenster zertrümmert. Nur eine einzelne Statue, eine griechische marmorne Muse mit feinem Blattgold belegt, im Atrium blieb verschont. Sie war einfach zu schön, um zerschlagen zu werden. In der Abenddämmerung und nach getaner Arbeit verschwanden die Drei wieder aus der Casa Helvetia. Die Tür schwang im abendlichen Wind quietschend hin und her und im Atrium stand in großen Lettern und aus Blut geschrieben (Die Hühner im Hinterhof mussten aus dem Grund daran glauben):


    Zu früh gefreut, so könnte man das ausdrücken als doch noch die Gegenwehr von Nortruna kam. Drei Striemen brannten auf Hannibals Wange, seine Haut war aufgeritzt und feine Bluttröpfchen quollen hervor und perlten an seiner Wange herab. Einen Augenblick erstarrte Hannibal, nicht, weil ihn der Schmerz die Bewegung raubte, sondern weil er einfach verblüfft war. Aktion, Reaktion…Hannibal hob seine Hand und schlug Nortruna abermals ins Gesicht, mit dem Handrücken und ohne ihr größere Verletzungen auf ihrem Antlitz beizubringen. „Tu das nie wieder…“ grollte Hannibal leise und drohend. Seine Augen richteten sich kalt auf Nortruna. „Ich weiß nicht, wo Du bisher gedient hast, aber mir scheint es, Du hast nicht wirklich kennen gelernt, was es heißt eine ungehorsame Sklavin zu sein.“ Seine Finger schlossen sich noch fester um Nortrunas Oberarm und er zerrte sie hinter sich her durch den Garten. Laut knirschten seine Schritte über den Kiesweg, seine Wangenknochen mahlten unaufhörlich aufeinander und düster warf er immer wieder Blicke auf die Germanin. Als er Nortruna durch die Gänge zur Sklavenunterkunft zurück zehrte, überlegte Hannibal bereits, welche Maßnahmen er ergreifen sollte.


    In der Sklavenunterkunft stieß Hannibal Nortruna grob auf den kalten und harten Boden herunter und stand mit verschränkten Armen drohend über ihr. Vielleicht sollte er sie mal einen Blick in den Keller auf einen bestimmten Raum werfen und sehen lassen, welche Maßnahmen in der Villa Flavia noch getroffen werden könnten? Möglicherweise würde sie der Anblick des Brenneisens doch abschrecken und sie zur Vernunft bringen? Düster sah Hannibal zu der alten Lexana, die mit einem feinen Lächeln auf die Sklavin sah. „Gaff nicht, hol eine der Riemenpeitschen.“ Einige Wolken schoben sich vor die Sonne, das wenige Licht, dass in die Sklavenunterkunft fiel wurde blasser und der Raum dämmrig.


    Hannibal ging zu seinem Lager und griff nach seinen Beuteln, woran auch sein Dolch hing, gürtete sich alles um seine Tunica und sah an Nortruna vorbei, schien sie in jenem Moment nicht mehr wahrzunehmen. „Alekto, es ist eigentlich ganz einfach hier in der Villa. Ein Sklave hat zu gehorchen, tut er das nicht oder versucht zu fliehen, folgt die Bestrafung. Das sind bei uns keine leeren Drohungen, keine hohlen Worte, sondern eine Tatsache.“ Hannibal wandte sich zu Nortruna um, musterte sie eindringlich. „Das, was hier passiert, ist alleine Deine Schuld, Germanin. Was du tust, führt zu Antworten auf Dein Handeln. Benimmst Du Dich, wie es Dir aufgetragen wird, dann wirst Du keine Probleme hier haben. Doch Du musst schon am ersten Tag damit anfangen, Ärger und Unannehmlichkeiten zu bereiten.“ Eine Hand streckte sich nach der weichen Lederpeitsche aus als Lexana mit ihr in den Raum zurück kehrte. „Willst Du das wirklich?“ fragte er und umgriff die Peitsche, die auch er so oft schon in seinem Leben spüren musste. „Oder schwörst Du mir, dass Du so etwas nicht noch einmal versuchen wirst. Dass Du gehorsamer bist?“

    Starr sah der junge Mann vor sich auf die Frau hinab, seine Finger streckten sich nach ihrer Schulter aus, an der auch ein schmales Blutrinnsal hinab geflossen war. „Seelchen, ach armes Seelchen…“ Beim zweiten Anstoßen riss er die Augen auf. „Ah…“ gab er von sich. „Ahhhh“ schrie er jäh aus und wieder schrie er, schlug wild mit den Händen um sich. „Zu Hilfe…zu Hilfeeee!“ rief er laut und mit einem hysterischen Unterton. „Ah…sie kommen. Sie kommen. Adinus, hol die Vigilen, sie sind wieder da.“ Immer wieder versuchte er nach der Hasta zu schlagen und sie von sich wegzustoßen. Sein Blick irrte unbändig im Raum hin und her, glitt über die Männer hinweg als ob sie geisterhafte Gestalten wären.


    Draußen hatte sich derweil beinahe eine kleine Jahrmarktsstimmung gebildet. Ein Händler mit einem Bauchladen ging durch die Menschenmenge. Ein pfiffiger Suburageldmacher lief mit einer kleinen Libertikappe durch die Reihen und schloss Wetten ab, was denn der Grund des Cohorteseinsatzes wäre. „Quoten stehen im Moment: 5 zu 1, dass es eine normale Durchsuchung ist. 3 zu 1, dass ein Senator erpresst werden soll. 100 zu 1, dass ein weißes Krokodil dort eingebrochen ist und 2 zu 1, dass dort alle tot sind. 2 Sesterzen auf die Krokodile…ja, gute Wahl der Herr, da kann man ordentlich was gewinnen.“ Mit einem ruhigen Lächeln reichte ein dunkelhaariger Mann, mit einer Narbe am Kinn, die Sesterzen an den findigen Kerl, seine blauen Augen richteten sich auf das Lupanar. „Weiß denn niemand, was dort vor sich geht?“ fragte er mit sanfter Stimme, leise. Der Wettanbieter schüttelte den Kopf. „Nein, noch nicht.“ Schon war er vorbei, ein anderer Mann drängte nach vorne, stieß gegen den Mann mit der Narbe und drängte sich zu dem Älteren vor. „Nerva schickt mich, gib’s was neues, Rufus?“ Der ältere Mann, Rufus, schüttelte den Kopf. Der Mann mit den blauen Augen sah auf die Tür des Lupanar, ein Lächeln huschte über sein Gesicht und er drehte sich ab und verschwand in der Menge.

    Eine Amsel ließ sich in den Zweigen einer Silberpappel nieder, plusterte ihr schwarzes Federkleid auf und kratzte ihren orangegoldenen Schnabel an der bröckeligen Rinde des Baumes. Hannibal musterte die grünlich, braune bis helle gescheckte Borke des Baumes, die großen Rindenstücke, die herab gefallen waren und eine zartere Haut darunter offenbarte. Die kahlen Äste schwangen gemächlich im lauen und doch sehr kühlen Wind, ließen ihre kugeligen Früchte, die braun und wie vergessen am Baum hin und her schwangen, leicht erzittern. Wo die Germanin wohl hin fliehen wollte? Hannibal fragte sich einen Moment, was ihr kopfloser Fluchtversuch bringen sollte, wollte sie gar versuchen die mit eisernen Dornen besetzte Mauer zu erklimmen? „Quintus…Sextus…“ Bis zu Decimus kam Hannibal schon nicht mehr, hörte er doch eine leise Bewegung hinter sich. Eigentlich hatte er schon damit gerechnet, dass sich die Germanin mit Händen und Zähnen auf ihn stürzen würde, doch als er herumwirbelte sah er ihre Gestalt einer Wildkatze gleichend davon stoben.


    Wütend aufkeifend stob die Amsel gen Himmel als Hannibal der Sklavin hinter her sprang. Mit drei Schritten war er an Nortruna dran und packte ihren Arm, holte aus und schlug sie mit der flachen Hand ins Gesicht, schmerzhaft, aber noch nicht sehr brutal. Doch eisern schlossen sich seine Finger um ihren Oberarm. „Bleib stehen!“ gab er zornig von sich. Die schwache Wintersonne durchdrang eine weiße Schlierenwolke und brach in viele goldene Strahlen auf den Garten hinab, leuchtete den blassgrünen Garten zauberhaft an und versetzte die Vögel um sie herum in fröhliche Stimmung, das Zwitschern wurde lauter, eine Maus raschelte in der Ferne und floh vor den beiden Menschen in ihr kleines Versteck hinein. Kalte Wut glomm in Hannibals Augen. Wie unnötig das Ganze doch war, so befand zumindest Hannibal. Dass er schon am ersten Tag die Peitsche wohl zücken musste, missfiel ihm selber gehörig. „Ich sagte Dir doch, Alekto, mach es nicht schlimmer. Was bist Du doch für ein bockiges kleines Biest. Aber wir werden Dir das noch austreiben, Mädchen.“ Jetzt, wo er sie am Arm gepackt hielt, rechnete Hannibal nicht mehr mit großem Widerstand. „Komm!“

    Es hatte ihn schon große Selbstbeherrschung gekostet, die Lüge auszusprechen. Und dieser lang geübter Stoizismus bröckelte immer mehr. Er wollet Nadia nicht schaden, wollte nicht in den alten Teufelskreis geraten. Der Kreis seiner wirren und verhängnisvollen Gedanken, wenn es um den Menschen ging, den er liebte. Langsam hob Hannibal seine Hände und legte sie auf Nadias Wangen, sah sie lange und schweigend an. Er beugte sich nach vorne und küsste sie sanft auf die Stirn, schloss die Augen und ließ sich von ihrem Duft verzaubern. Unwillkürlich wanderten seine Lippen weiter, streiften behutsam ihre Augenbrauen, strichen an ihrer sanft geschwungenen Nase entlang. Sein Atem ging gepresst. Hör auf!, schoss ihm als Gedanke durch den Kopf. Sein Gesicht schwebte dicht vor Nadias und sein Atem streifte warm über Nadias Haut.


    Er schien sich nicht bewegt zu haben, doch mit einem Mal küsste Hannibal Nadia auf den Mund, seine Arme schlangen sich fest um Nadia und er zog sie an sich. Eine Hand legte sich an ihren Nacken und kraulte ihr durch die Haare, während sein Kuss forscher und leidenschaftlicher wurde. Nein, Schluss! Doch seine innere Stimme wurde immer leise, von den Fluten des Begehrens hinweggespült und sie verstummte schließlich. Und im selben Moment hob Hannibal Nadia hoch und trug sie auf seinen Armen, weiter küssend, zu ihrem neuen Bett. Dort angekommen ließ er sie ganz sanft und behutsam auf die weichen Decken hinunter sinken, beugte sich über sie und strich ihr gefühlvoll eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Schwer atmend küsste er sie nochmalig auf die Lippen, dann auf ihre Wangen und fuhr voll des Verlangens über ihren weichen Hals entlang.


    Erst als er aufsah und in Nadias wunderschönen blauen Augen sah, konnte die drängende Stimme in ihm wieder Gehör zu finden. Nadias Gesichtszüge schienen vor seinen Augen zu verschwimmen, wieder sah er Romanas Antlitz und schließlich abermals Nadias Angesicht. Mit seinen Fingerspitzen fuhr Hannibal über Nadias Kinn und sah sie ernst an. „Nadia, Du kennst mich doch…“ murmelte er verhalten und gepresst. „Willst Du das wirklich? Ich bin kein guter Mensch, nicht gut genug für Dich…“ Kaum jemand wusste so viel von seiner Vergangenheit und seinen Taten wie Nadia, aus einem unerfindlichen Grunde hatte er ihr alles schon vor vielen, vielen Monaten erzählt. Am Fluss.