Beiträge von Hannibal

    Schulter zuckend nahm Hannibal die Aussage des Sklavenhändlers hin, dann wird es wohl so sein. Schließlich hatte er die Sklavin schon länger als Hannibal beobachten können. Und Frauen, was ihr Vermögen zu fliehen anging, würde Hanibal gewiss nicht unterschätzen. Er band den Beutel mit den reichlich wenigen Sesterzen wieder an seinen Gürtel. Geduldig wartete er weiter unten ab, bis die notwendigen Urkunden angefertigt wurden. Er nahm sie entgegen, faltete sie und steckte sie unter seine Tunica. Dann wandte er sich der Sklavin zu und ging persönlich zu ihr hoch. Mit verschränkten Armen stand er vor ihr, musterte sie. Ihre Nackenmuskeln schienen angespannt zu sein, er würde lieber die Fesseln an ihren Händen belassen. So ließ er sich den Strick zu ihren Fesseln reichen. "Komm mit!" meinte er nicht unforsch, doch mit einem nicht unfreundlichen Ausdruck bedeutete er ihr, ihm zu folgen. Den Sklavenhändler, da nun alle Formalitäten abgeschlossen schienen, beachtete Hannibal nicht mehr. Stattdessen war er schon im Begriff, die junge Germanin fortzuführen. „Wie ist Dein Name?“ fragte er sie, seine dunkelbrauen Augen hefteten sich auf sie.

    Etwas verblüfft blinzelte Hannibal. Seine Hand sank von seinem Kinn, er sah dem schmucken Mann noch hinter her und zuckte mit der Schulter. Es war nicht das erste Mal, dass Hannibal Sklaven für die Villa Flavia erworben hatte, doch waren die Modalitäten in Baiae völlig anders als hier in Rom. Dort kam er zu dem Sklavenhändler, zeigte auf die Kandidaten und nahm sie ohne großes Aufsehen mit. Hannibal betrachtete noch mal genauer die junge Frau, eigentlich kaufte er nicht so risikoreich die Sklaven, man wusste schließlich nie, was man sich in die Villa holte. „Hilfst Du mir, Decius?“ Sein dicklicher Freund, dessen Glatze in den letzten Jahre deutlich an Fläche an seinem Hinterkopf zugenommen hatte, nickte gleichmütig. Beide drängten sich nach vorne und zu dem Sklavenhändler.


    Hannibal griff nach dem Geld, was er für das Tuch nehmen wollte, und jenes, was er eigentlich dem Besitzer des Lupanars als letzte Zahlung bringen wollte, und reichte es an den Händler weiter. Er würde später noch mal das Geld für den unangenehmen Besitzer und seinem Arbeitgeber auftreiben müssen, jetzt brauchte er es für die Sklavin, aber in Rom war es wohl schließlich auch üblich, sofort zu zahlen. „Ist die Sklavin gehorsam und folgt sie auch ohne Fesseln?“ fragte Hannibal den Sklavenhändler, betrachtete dabei aufmerksam die junge Frau vor sich. Irgendwie kam ihm der germanische Sklave in der Villa in den Sinn als er die Sklavin betrachtete. Dieselbe störrische Haltung, derselbe Hochmut und Stolz in der Miene. Hannibal lächelte leicht, sah gleich wieder zum Händler.



    Sim-Off:

    Geld müsste überwiesen sein und Besitzer ist mein Herr!

    Dass es so einfach werden würde, hatte Hannibal auch nicht erwartet. Blond, hübsch und jung- so etwas war in Rom gefragt. Hannibal überlegte und überlegte, sollte er das Geld investieren oder lieber doch eine nubische Sklavin erwerben und sie Aristides schicken. Er wäre mit Sicherheit ganz entzückt. Aber eigentlich war eine Frau, die nicht in Aristides Beuteschema passte, sehr viel hilfreicher. Hannibal fuhr sich an seinem Kinn entlang, warf dem Mitbietendem einen schelmischen Blick zu, zwinkerte ihm flirtend entgegen und wandte sich wieder an den Sklavenhändler. Abwartend sah er hoch...

    Völlig in Gedanken versunken schlenderte Hannibal mit dem treuen Decius über den Markt. Eigentlich wollten die Beiden zu den Tuchhändlern, Hannibal wollte unbedingt etwas erwerben, um Nadia eine Freude zu machen. Sie schien ihm in letzter Zeit so unglücklich zu sein- es war natürlich nicht verwunderlich, dass dem so war. Nichtsdestotrotz wollte er sie aufmuntern und ihr auch noch eine andere Überraschung eröffnen. Dass sie am Sklavenmarkt vorbeikamen, war mehr oder minder nur ein Zufall. Hannibal blieb sinnend vor einer Gruppe Männern stehen, betrachtete sie sich, manche waren noch mit der Ausstrahlung ihres früheren Lebens versehen. Unbeugsam, zornig oder frustriert über ihr Schicksal. Hannibal sah einem dunkelhäutigen Mann ins Gesicht und fragte sich einen Moment lang, wie es wohl war, frei gewesen zu sein. Was mochte man wohl spüren, wenn man dann diesen Schatz entrissen bekommen hat? Hannibal konnte das nicht einschätzen, er war schon als Sklave geboren worden.


    Die tiefe Stimme zog Hannibals Aufmerksamkeit auf sich, er mochte schon immer Männer mit dunklen Stimmen sehr gerne. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, er musterte den, der da bot und sah dann zu der „Ware“ hinauf. Jung, hübsch, blond. Leider würde sie wohl nicht seinem Herren gefallen. Blond, jung und hübsch…und mit einem leicht trotzigen Zug um die Mundwinkel. Das gefiel wiederum Hannibal, in dem eine Idee aufzukeimen schien. Er lächelte noch etwas breiter und mischte sich unter die Menge der Zuschauer. Decius an seiner Seite sah ihn etwas verwundert an, zuckte nur mit der Schulter und folgte. Hannibal schwieg eine Weile nach dem letzten Gebot, wartete noch ein wenig. „1100 Sesterzen!“ rief er laut. Genug Geld hatte er schließlich, um das zu bezahlen. Und er würde es einfach auf seinen Herren eintragen lassen, dem würde das bestimmt nichts ausmachen. Im Gegenteil.

    Seit der Zeit als Hannibal in Rom als sein eigener Herr agieren konnte, war er für den Sklavendienst ruiniert worden. Das merkte Hanibal als er gehorsam seinem Herren in das Triclinum folgte. Früher hätte er nie solche widerwilligen Impulse gehabt, als Anhängsel hinter her zu laufen, wie zu dieser Zeit. Doch so war es nun mal. Verhalten neugierig musterte Hannibal das Innendekor und die bereits anwesenden oder eintrudelnden Gäste. Seufzend raunte er immer mal wieder einen Namen, von jenen Männer, die ihm bekannt erschienen. Den Curator hatte er einige Male auf dem Forum gesehen, der Aedil war genauso stadtbekannt und somit waren ihre Namen leicht zu erkennen. Versunken sah Hannibal auf seine Handballen beim Gespräch zwischen Aristides und dem Tribun seiner Legion. Aus den Augenwinkeln sah er schließlich jemanden herein treten, der ihn fast zum Grinsen gebracht hätte und gleichermaßen in ein tiefes Unbehagen stürzte, Vinicius Hungaricus.


    Natürlich erkannte Hannibal den Mann wieder. Nein, er war ihm nie zuvor begegnet. Aber sein Auftraggeber hatte ihm eine sehr gute Wachsmaske zukommen lassen, damit der Darsteller für den ehemaligen Prätorianerpräfekten auch gut gewählt war. Jetzt, wo er das Original vor sich hatte, konnte Hannibal nur noch zufriedener im Nachhinein mit der Auswahl des Schauspielers sein. Kein Wunder, dass er bei dem Satyrspiel sofort erkannt wurde und die Männer in Schwarz in auffällig-unauffälligen weißen Togen in ihre Aufführung stürzten. Hannibal sah auf und beobachtete die Unterhaltung zwischen Epicharis und Aristides. Unzufrieden seufzte Hannibal in sich hinein, sein Herr hatte heute scheinbar keinen guten Tag.

    Mysteriös vor sich hinlächelnd ritt Hannibal an der Seite seines Herren. Den Grund seines Lächelns konnte er Aristides noch nicht verraten, denn Hannibal hegte aus ganz bestimmten Gründen eindeutig mehr Interesse für das Bankett als sein Herr. Immer mal wieder blinzelte Hannibal müde, er war von der Reise nach Mantua noch recht erschöpft, erst vor einigen Stunden angekommen und gleich bei Aristides erschienen, damit dieser es noch zeitig aus seiner Rüstung und anschließend sauber in eine Toga schaffen konnte. Der Brief von Aristides Mutter steckte sorgfältig gefaltet in einem kleinen Beutel an seinem Tunicagürtel. Darin waren so manch ein Name notiert, bei denen er aufzuhorchen hatte, nebst den Anweisungen, wie in der ganzen delikaten Angelegenheit vorzugehen sei. Nur mit halbem Ohr hörte er dem Maulen seines Herrn zu, schwieg sich aus und lächelte weiter still vor sich hin. Neugierig musterte Hannibal schon von weitem die Villa und die andere Reisegesellschaft. „Wir können noch später ins Lupanar gehen. Mit Sicherheit bin ich auf die Frau gespannt, Du hast schon in Rom ständig von ihr gesprochen. Aber wenn ich das sagen darf, Marcus, erwähne das Haus besser nicht in der Villa der Claudier.“


    Hannibal zügelte sein Pferd und schwang sich vom Rücken, strich seine dunkelblaue Tunika mit der silbernen Borte, ein Fischgrätenmuster, glatt und band das Pferd an einem hölzernen Gestell vor der Villa an. Skeptisch musterte er die Bemühungen seines Herren vom Pferd zu steigen, seufzte leise, da ihn ein nicht gerade unanstrengender Abend erwartete, und marschierte auf den Eingang zu. Davor angekommen hob er seine Hand und klopfte kräftig, wartete bis die Tür aufging und sprach:“ Salve, mein Herr, Marcus Flavius Aristides, erbittet um Einlass für die heutigen Feierlichkeiten.“

    [Blockierte Grafik: http://img81.imageshack.us/img81/1084/floraxx8.jpg]
    Flora- in der Rolle der Lupa Flora


    Mit einem mysteriös und gleichzeitig wissenden Lächeln blieb Flora Nadia eine Antwort auf ihre Verwunderung und ihre Fragen schuldig. Sie zuckte nur mit der Schulter und warf Nadia noch einen bedeutungsvollen Blick zu. „Ich hole Dir derweil etwas anderes zum Anziehen, Liebchen, das ekelhafte Ding da geht auf keinen Fall mehr. Aber keine Sorge, ich denke eine meiner dunkelroten Tuniken wird Dir mit Sicherheit passen und auch gut stehen.“ Und schon verschwand Flora, ließ Nadia in dem mittlerweile gut gewärmten Baderaum und dem dampfenden Becken zurück. Und auch wir, verehrte Leser, können Nadia getrost ihrem warmen Bad überlassen. Verschleppt in das grausame Haus des brutalen Praefectus der Praetorianer, gefangen und entfernt von all jenen, die sie liebten, musste sie ausharren. Doch obwohl sie den Fängen des Löwen entkommen konnte, war auch die Flucht nicht einfach, musste sie sich durch die Kanäle der Cloaca zwängen und sich schließlich einem argen Widersacher, dem Sklaven Sica, stellen. Doch auch dieses Abenteuer hatte noch ein gutes Ende und klingt nun mit einem friedlichen und sicheren Bad in einem gar seltsamen Ort in der Subura aus. Wie es weitergeht? Wir werden es baldigst erfahren, an einem anderen Ort und zu einer anderen Zeit.

    [Blockierte Grafik: http://img116.imageshack.us/img116/1306/didobr5.jpg]
    Dido- die junge Sklavin von Serenus.


    Neugierigen Blickes folgte Dido ihrem neuen Herren durch die Gänge der Villa Flavia. Einige Teile des Hauses hatte sie in den letzten Tagen schon begutachten können, aber nicht die privaten Bereiche, die ihr als verboten benannt worden waren. Jetzt war sie hier, bei den Cubicula der Herrschaften. Die Zimmer in Baiae schienen ihr zwar etwas größer zu sein, doch war Dido durchaus angetan von dem Zimmer ihres Herren und sah sich schon mal nach dem benannten Nebenraum um, wo sie von nun an nächtigen sollte. Stolz schwelgte in ihrer Brust, sie musste jetzt nicht mehr in der großen Sklavenunterkunft mit all den anderen Sklaven nächtigen und das elende Geschnarche des Stallknechts neben ihr ertragen. Vage zuckte Dido mit der Schulter und sah auf ihre kleinen Bündel herunter. Alles was Du hast, hat irgendwann Dich, das meinte einmal ein Sklave zu ihr. Sie sollte sich nicht an Besitztümer hängen, es gehörte letztendlich eh ihrem Herren. Das hatte Dido immer beherzt.


    Sie brauchte auch nur ihre Schleuder und ihre Kreide, schon war sie für allerlei Spaßiges ausgerüstet. Und was man sonst brauchte, das nahm man sich einfach heimlich. Solange man nicht erwischt wurde, war auch nichts Verbotenes daran, befand sie. „Ich hab nicht mehr, Dominus!“ sprach sie unbekümmert und ging an dem Schreibtisch vorbei und musterte neugierig die Papyri auf der Tischplatte. Ein großes Opfermesser war dort sorgfältig abgebildet worden, es erregte Didos Aufmerksamkeit. „Wirst Du Priester werden, Dominus? Oder doch eher ein Soldat wie Dein Vater?“ Sie kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe herum und betrachtete noch eingehender den gemalten Opferdolch. Der sah ganz schön scharf aus.




    SKLAVE - LUCIUS FLAVIUS SERENUS

    Hunger hatte Hannibal mittlerweile durchaus nicht mehr, so trank er immer nur mal wieder einen kleinen Schluck vom edlen Wein. Er war sich jedoch sicher, dass ihn später noch eine längere Trinkstrecke erwarten würde, wie jedes Jahr zu den Saturnalia. Das war etwas, worauf sein Herr Aristides nie verzichtet hatte. Hannibals Augen ruhten jedoch auf Gracchus, er sann über dessen Worte nach, lächelte kurz bei Aristides munteren Gedichten und leerte stumm den Becher, um sich erneut Wein eingießen zu lassen. Seine Gedanken schweiften für einen Moment ganz woanders hin, jedoch rief er sich schnell die Diskussion in Erinnerung. „Der Schönheit bedarf es eindeutig eine genauere Umschreibung. Meine ich das Schöne im Menschen, das Schöne am geliebten Wesen, derer gute Eigenschaften und die Ästhetik im Allgemeinen? Oder ist die Schönheit eine Folge des Guten, wenn wir von allem Irdischen uns entfernen und auf das Seiende, das reine Schöne, besinnen. Ist die Liebe derer nur ein Ausdruck der Seelensuche eines Menschen nach dem Vollkommenen? Ist alles, was uns hier auf der Welt bewegt in reinerer Form vorhanden und unsere Gefühle nur ein Schatten des wahrhaftigen Seienden? Ist es derart, so wird es wohl doch die wahre Liebe geben. Ist sie für uns Sterbliche erreichbar? Oder nur für den Philosophen und die Götter?“


    Hannibal lächelte leicht und ließ sich wieder einige Schlücke vom Wein munden. „Doch beileibe, in unserer Welt ist die Liebe nicht nur der Schönheit gewidmet und die Liebe birgt auch nicht nur das Vortreffliche. Wie gut führen uns indes die Worte des Sokrates über die zwei Rosse der Seele jenes vortrefflich vor Augen. Das Eine von geradem Wuchs, ehrliebend mit Besonnenheit, das andere plump und hartmäulig. Selbst mit all jenen Makeln und den Zweifeln der Echtheit, was ist ein Mensch schon ohne die Liebe? Fürwahr und verflucht all jene, die die Liebe verbieten wollen!“ Hannibal hob den Becher, nickte zu Aristides und trank einen tiefen Schluck Wein. Er wollte nicht ohne die Liebe leben und würde wohl immer wieder die Seelenqual dafür hinnehmen müssen. Prüfend musterte Hannibal die süßen Speisen auf dem Tisch, verspürte jedoch keinen Wunsch davon zu kosten. Ob er sich von der Versammlung entfernen konnte? Hannibal beugte sich zu Aristides hinüber und raunte leise. „Willst Du später noch in die Stadt oder bleibst Du in der Villa?“

    Sim-Off:

    Ein golden Retriever...




    [Blockierte Grafik: http://img116.imageshack.us/img116/1306/didobr5.jpg]
    Dido- die junge Sklavin von Serenus.


    Über Serenus Schulter spähte Dido zu den beiden jungen Frauen, halb neugierig, halb besorgt, ob sie bald Schläge bekommen würde. Aber bis jetzt schien sich das ganze Interesse auf Serenus zu beziehen. Nicht unfroh ließ Dido das lästige Katzenvieh herunter, die mit mehreren Sätzen auf und davon war, zwischen den Sträuchern hinter dem Zierfischteich entschwand. Dido hob ihre Hand in die Höhe und betrachtete den Biss der Katze, es blutete noch leicht. Fasziniert sah sie die roten Bluttropfen an und wischte sie dann an ihrer Tunika ab. Sie folgte ruhig und mit aufmerksamen Blick dem Gespräch. Gelangweilt schließlich spielte Dido an ihrem Gürtel und mit ihrem allerwichtigsten Beutel, den sie am Tag nie ablegte und in der Nacht immer unter ihrem strohgefüllten Kopfkissen legte. Es war der Beutel mit ihrer Schleuder, den passenden Steinen und ihrer Kreide, neben den Sachen, die sie gerade wieder sammelte und irgendwo entwendet hatte. Um Serenus Geschichte zu untermalen, streckte Dido ihre Hände aus, wo zahlreiche Kratzspuren prankten, ebenso an ihrer Wange, wo die Blessuren der Krallen ebenso gut zu sehen waren. Fast schon anklagend sah Dido der Katze hinter her und tat etwas, was sie nie tun würde, wenn ihr tatsächlich danach zu mute war. Ihre Augen glänzten feucht, Tränen sammelten sich in ihnen und einige rannen ihre Wange herunter. Zu weinen, wenn es notwendig war, das konnte Dido auch aus dem Stand heraus. Sie schniefte leise und zog eine sehr leidende und mitleidserweckende Miene. Aber natürlich achtete sie darauf nicht zu sehr zu weinen, mit roten Flecken im Gesicht sah man nicht mehr sonderlich nett aus.





    SKLAVE - LUCIUS FLAVIUS SERENUS

    Im Grunde bereute Hannibal schnell die Sprache und den Diskurs auf das Thema Liebe gebracht zu haben, war der Segen Eros doch zugleich mehr ein Fluch für Hannibal gewesen. Abwesend schien er den Wein in all seinen Facetten ergründen zu wollen, hob nur flüchtig seine Augen von der schillernden Flüssigkeit. Mit nachdenklicher Miene lauschte er jedoch Gracchus, sah ihn dabei unverwandt ab. Erst als sein letztes Wort gesprochen war, widmete er sich dem Wein und dachte über die Aussage des Patriziers nach. Und welch Wunder, sein Herr hatte tatsächlich das Bedürfnis aller Welt zu beweisen, dass er in der Lage war an einer solchen Disputatio teilzunehmen. Und doch freute es Hannibal, dass sich Aristides dessen bemühte. Mit einem Lächeln verfolgte Hannibal auch seine Aussage, wunderte sich nicht im Mindesten über selbige. Grübelnd ließ Hannibal seine Gedanken schweifen. Hatte Aristides jemals eine Frau wahrhaftig geliebt? Hannibal ging die Liebschaften seines Herren durch, mehr als ein paar Monate hatte das bei Aristides nie angehalten. Somit schien es für Hannibal kein Wunder zu sein, dass jener nicht den Sinn für die wahre Liebe hatte. Doch gab es sie auch?


    Gerade wollte Hannibal sprechen, den Gedanken von Gracchus fortführen und auch seinem Herren einige Worte erwidern als er von dem jungen Serenus angesprochen wurde. Hannibal wandte sich ihm zu und hob die Augenbrauen. Ein amüsiertes Lächeln umspielte seine Mundwinkel. „Junger Herr, der Maior Domus sitzt Dir gleich gegenüber. Es handelt sich dabei um den Servus Sica!“ Hannibal sah zu Sica hinüber und neuerlich zurück zu Serenus. „Mit Sicherheit wird das nächste Mal dafür gesorgt werden, dass Du sicher und unbeschadet durch die Stadt flanieren kannst. Doch eins solltest Du bedenken, Dominus, befördern und bestrafen in der Sklavenschaft obliegt alleine dem Domus Maior, der direkt seine Anweisungen von dem Hausherren, Senator Flavius Felix, entgegen nimmt.“ Ob dem Jungen das auch ersichtlich war? Aristides hatte ihm heute noch eröffnet, dass sich Hannibal um die Bildung des jungen Lucius kümmern sollte, wenn er seinem Vater ähnlich war, dann würde es kein Vergnügen werden.


    Wie um Leontias Worte zu bestätigen, nickte Hannibal andeutungsweise und trank einen Schluck Wein, wollte abermals zu einigen Worten ansetzen, doch erneut musste er innehalten aufgrund von Serenus und so widmete Hannibal dem Jungen zum zweiten Mal seine Aufmerksamkeit. Er sah ihn ernst an und hob schon an, ihm etwas über den Sinn und den Hintergrund von den Saturnalia zu erklären. Doch ehe er eine Silbe formulieren konnte, besann er sich eines Besseren. Er winkte einen Diener der Freien heran. „Bring die Sachen des Mädchen Dido aus der Sklavenunterkunft zu den Räumlichkeiten des jungen Herren.“ Der Mann neigte den Kopf und verschwand. Mit einem verblüfften Ausdruck nahm Hannibal das Geschenk von Leontia entgegen. Da die Neugier einer seiner Laster war, spähte er natürlich gleich in den Beutel hinein und er lächelte erfreut. „Danke, Domina. Bona Saturnalia.“ Nur wo sollte er die Lampe hinstellen? In die Sklavenunterkunft? Da wurde sie nur schnell gestohlen werden. Ins Lupanar? Da wäre das Geschenk der jungen Leontia völlig fehl am Platz. Doch darüber konnte er sich noch später Gedanken machen.


    Somit konnte Hannibal wieder den anregenden Angelegenheiten des Abends frönen, einer gepflegten Unterhaltung. Noch einmal ließ sich Hannibal Leontias letzte Worte durch den Kopf gehen. Ein Schmunzeln erschien auf seinem Gesicht als er darüber nachdachte, welche Ironie es doch barg, wenn Platons Werk von einer jungen und unschuldigen Frau zitiert wurde. Doch war die Liebe zur Weisheit nicht die Erstrebenswerteste und somit weit übergreifend über jegliche Vorbehalte einer Herkunft oder eines Geschlechtes wegens? Schließlich war auch er nur ein Sklave. „Der Rausch ist somit das Freilegen der versteckten Gefühle, der Empfindungen, die sonst gefangen sind durch die Fesseln der gesellschaftlichen Zwänge? Ob der Qualität eines Gefühls mag man schwer zu urteilen, scheint doch der Moment einer Empfindung oftmals vage und auch kurzlebig zu sein. Jedennoch konstatieren wir, dass die Liebe das Beständigste aller Gefühle ist. Doch ewig und wahrhaftig?“ Hannibal fuhr sich mit einer pseudonachdenklichen Geste übers Kinn, was er sagen wollte, stand ihm längstens vor Augen. „Geschwister scheinen die Gefühle oftmals zu sein, Vorliebe mag die Schwester der Abneigung zu sein, Trauer von der Freude. Indes wie sieht es mit der Liebe aus? Ist es dort nicht der Hass, der die Heftigkeit ähnlich der Liebe in sich birgt. Ein unversöhnlicher Hass kann genauso währen wie eine tiefe und scheinbar wahre Liebe. Doch kann nicht auch jeder Hass wie ein Wassertropfen im Sand versiegen, wenn der Regenschauer zur Neige geht?“


    Nachdenklich drehte Hannibal den Becher und überlegte, ob er seinem Herren etwas erwidern sollte. Wenn er es nicht tat, dann wäre dieser mit Sicherheit noch auf Tage beleidigt. Also griff er ähnlich zu Leontia zu Platon, doch dieses Mal zu einem anderen Werk, wenngleich natürlich mit einer ähnlichen Aussage. „Der Dame Leontia muss ich durchaus zustimmen. Sollte es die wahre Liebe geben, so muss sie rein von jedem Makel sein. Erfüllt mir der Schönheit des Eros. Sind nicht in diesem Sinne auch die Worte des Sokrates, dass die Liebe nur dem Schönen gelten kann und nicht dem Hässlichen? Und ist das Schöne nicht auch kongruent dem Guten? Somit kann die Liebe auch nur dem Guten gelten. Doch ist Kampf, Krieg und Begehrlichkeit ein schmutziges Abbild unseres Menschentums, mehr ein Zeichen, dass das goldene Zeitalter, dessen Gönner wir heute huldigen, endgültig vorbei ist.“

    An einem Zierteich


    [Blockierte Grafik: http://img116.imageshack.us/img116/1306/didobr5.jpg]
    Dido- die junge Sklavin von Serenus.


    Schon als sie darüber debattierten, was sie mit der Katze anstellen könnet, wurde Dido das schon langsam wieder zu blöde. Aber eher dadurch, weil die Katze wieder anfing Widerstand zu leisen. „Au!“ entfuhr es noch mal Dido als die Katze ihre kleinen Fänge in ihre Hand bohrte. Nur mit Mühe konnte Dido die Schmerzenstränen unterdrücken. Aber sie würde niemals, nie und nimmer vor ihrem neuen Herren oder einen Patrizier weinen, oder überhaupt jemanden. Auch das hatte sie sich in der Villa Flavia in Baiae abgewöhnt. Sie wollte nicht ein dummes kleines Mädchen sein, das flennend vor den Anderen stand und dafür noch geschlagen wurde. So biss sie sich auf die Unterlippe und schluckte heftig. Schnell schüttelte sie die Katze ein weiteres mal, das hatte sie schon einmal erschrocken, vielleicht würde sie dann aufhören Dido zu kratzen und zu beißen. Was hatte ihr Herr über Ratten gesagt? „Ja, auf Ratten kann man auch sehr gut schießen. Gut, aber was binden wir denn um ihren Schwanz? Es muss ja schon richtig brennen, sonst rennt sie los und das Feuer ist wieder aus. Vielleicht holen wir uns etwas Lampenöl?“


    Suchend sah sich Dido um. Bei den Saturnalia waren doch einige Öllampen verschenkt worden, das heißt, dass das Lampenöl nicht allzufern sein sollte. Hatte sie nicht in der Kammer bei der Küche ein Ölfass gesehen? Und was konnte man zum Anzünden nehmen? Einen Lumpen, den man mit einer Kordel am Schwanz befestigte. Doch dann erstarrte Dido, sah direkt die beiden jungen Frauen, die mit einem nicht gerade erfreuten Ausdruck auf die Kinder sahen. „Upsa!“ murmelte Dido. Flucht? Zu spät. Sie sah sich trotzdem schon nach einem taktisch günstigen Rückzugsweg um, dann huschte sie um Serenus herum und stellte sich hinter ihm. Er war der Dominus. Er sollte das klären. „Dominus...“ flüsterte Dido leise. „Guck mal...!“ Sie deutete auf Epicharis und auch Antonia, hätte dabei fast die fauchende Katze verloren, die sich in ihren Armen wand und wieder mit ihrer Tatze nach Dido schlug, dieses Mal verfehlte sie Dido jedoch.





    SKLAVE - LUCIUS FLAVIUS SERENUS

    Unweit der beiden Claudier an einem Zierfischteich ...


    [Blockierte Grafik: http://img116.imageshack.us/img116/1306/didobr5.jpg]
    Dido- die junge Sklavin von Serenus.


    Ein glockenhelles Lachen tönte durch den Garten. Dido lachte und lachte, ihre stiegen die Tränen in die Augen als sie das Theater mit der Katze sah und schließlich die Landung im Teich. Doch schnell besann sie sich und rannte flink hinter der Katze her. Dem bellenden Hund hinter her, sprang Dido über einen der sorgfältig gestutzten Rosenbüsche, setzte an einer hochmütig lächelnden Dianastatue vorbei und landete bäuchlings auf dem Rasen als sie ihre Hände sich um die edle Tempelkatze schloss. „Hah!“ entfuhr es ihr mit einem triumphalen Ausruf und gleich darauf. „Au!“ Die Pfote der Katze hatte ihr einige blutige Striemen an der Wange hinterlassen. Nero umsprang Dido aufgeregt und bellte laut, trotz der beißenden und kratzenden Katze, ließ das junge Sklavenmädchen ihre Beute nicht los. Mit der zappelnden Katze kehrte sie zu dem Zierteich zurück und sah mit einem breiten Grinsen auf den pudelnassen Serenus.


    Die beiden jungen Frauen hatte Dido genauso wenig bemerkt wie Serenus, so plapperte Dido mit einem Grinsen und unbefangen los. „Hier ist das Mistvieh, Dominus!“ Dido schüttelte die Katze, die inzwischen nur noch kläglich maunzte und lachte wieder hell auf. „Ich habe eine Idee, Dominus. Wie wär es, wenn wir ihr was an den Schwanz binden und anzünden? Mal sehen, ob die Katze so schlau ist wie Dein Hund, Dominus!“ Dido schüttelte noch mal die Katze und grinste feist und breit, offenbarte unten ihre kleine Zahnlücke. „Oder wir binden sie an einen Baum und üben mit unserer Schleuder auf sie!“ Dido hatte ja keine Ahnung, wem diese äußerst kostbare Katze gehörte, doch es liefen so viele dieser Tiere in der Villa und auch in Rom herum, da kam es wohl auf eine mehr oder weniger auch nicht mehr an. Mit einem begeisterten Funkeln sah Dido zu ihrem jungen Herren, der Tag hatte schließlich schon öde genug angefangen nachdem sie stundenlang versucht hatten die Fische aus dem Zierteich zu fangen, bislang natürlich ohne Erfolg. „Nun, Dominus?“




    SKLAVE - LUCIUS FLAVIUS SERENUS

    [Blockierte Grafik: http://img116.imageshack.us/img116/1306/didobr5.jpg]
    Dido- die junge Sklavin von Serenus.


    Leise schmatzend kaute Dido auf einem Stück Wachtelfleisch herum, schluckte es runter und musterte die ganzen Erwachsenen um sich herum. Naserümpfend hörte sie sich das ganze Geschwätz an und grübelte einen Moment über etwas ganz anderes nach. Warum wurden die Leute immer so komisch sobald sie groß waren, mussten ständig mit komplizierten Wörtern ganz einfache Sachen erzählen? Wie das mit der Liebe war, das wusste Dido schon seit zwei Jahren ganz genau. Mit den anderen Kindern hatte sie es bei den anderen Sklaven, bei Kaninchen und bei Pferden gesehen. Es war überall gleich, so gut wie. Somit war das Thema damals für sie erledigt gewesen. Kopfschüttelnd rollte sie mit den Augen und widmete sich viel wichtigeren Dingen, das verspeisen all dieser köstlichen Sachen. Mit ihrer Zunge leckte sie etwas Bratensaft von ihren Lippen und spitzte die Ohren. Ziegenrennen? Ai, das würde fein werden.


    Ihre Augen richteten sich fest auf Serenus als dieser sprach, dabei aß sie unermüdlich weiter. Je länger er redete, desto mehr konnte sie schließlich essen. Ab und zu nickte sie, brummte leise oder machte ein „Mhm! oder ein interessierte: „Aha!“ zwischen den einzelnen Schlücken. Erst dann spülte sie alles mit dem Honigwasser runter und sah ihn grüblerisch an. „Ich kann mich gut prügeln. Dann kann ich Dich ja später mal beschützen und auch jetzt schon vor den anderen Kindern. Die sollen mal kommen, den hau’ ich die Zähne raus, wenn die uns blöd anmachen, jawohl! Angeln? Ui, das ist fein.“ An das mit dem Sklaven erinnerte sich Dido nicht, aber da war sie wohl noch viel zu jung gewesen. Und dass jemand ausgepeitscht wurde, kam nicht selten in der Villa Flavia in Baiae vor. Sie zuckte gleichmütig mit der Schulter. Wer so blöd war und erwischt wurde, ohne eine passende Ausrede zu haben, ja der war halt selber Schuld. „Das ganze Zeug da, das muss ich aber nicht lernen, oder? Diese thessabischen Geschichten und die Mathematik? Und warum fragst Du nicht einfach Deinen Papa, ob er Dir Kämpfen beibringt. Schau doch mal, wenn Du schon ein Holzschwert bekommst, dann musst Du das auch können.“ Dido nickte ernsthaft.


    Dido beäugte neidisch das Geschenk von Furianus an Serenus. Natürlich hätte sie gerne gelernt zu kämpfen, sie war zwar nur ein Mädchen, aber sie wusste, dass sie mehr drauf hatte als die meisten anderen Mädchen. Grübelnd starrte sie auf das Gladius und hob ihren Blick, sah direkt zu Rutger, der sich nach der Frucht beugte und Arrecina etwas zu raunte. Ein Runzeln erschien auf Didos Stirn, sie betrachtete den komischen Mann vorsichtig und aß noch ein Stück Fleisch, kaute und wandte sich dann ab. Der Mann hatte etwas vor, was, das ahnte Dido nicht. Aber die Neugier keimte in ihr auf. Vielleicht war es ja eine Saturnaliaüberraschung, die er mit dem Mädchen da plante. Dido spähte zu Arrecina rüber und lehnte sich zurück. „Hast Du mal schon eine Taube vom Dach geschossen mit der Schleuder?“ fragte sie mit dem 'unschuldigen' Lächeln eines 'Engels'.




    SKLAVE - LUCIUS FLAVIUS SERENUS

    ~Und hier stehen wir nun am Eingang. Die Tür steht offen, der Köder wurde ausgeworfen. Hier ist der kritische Moment, werden unsere Halunken schon vom Ianitor abgewiesen, werden sie zu ihrem Opfer vordringen können? Lange genug haben wir euch, werte Zuschauer, darauf warten lassen und nun soll es weiter gehen...~


    Hannibal machte eine erschreckende Erkenntnis. Zum ersten Mal in seinem Leben konnte er sich vorstellen, wie es für eine Frau war von oben bis unten ihres Aussehens wegen abschätzig gemustert zu werden. Etwas unbehaglich zupfte Hannibal an dem Gewand mit dem zarten Blumenmuster. Ob seine Polster an der Brust richtig saßen? War seine Schminke verwischt? Oder warum schaute der Ianitor so seltsam? Die ganzen Gedanken über sein Aussehen versuchte er mit einem erneuten Kopfschütteln zu vertreiben und ließ seinen Blick unauffällig zur Strasse schweifen. Noch war es recht ruhig in dieser Gegend, doch wer weiß, wann der nächste Wagen oder Müßiggänger auftauchte?


    Doch was tat der Ianitor?


    Das Wort 'Acta' blieb natürlich nicht ohne Resonanz bei Philippos. Doch etwas zu seinem Innenleben zu sagen, das werden wir wohl nicht vermögen. Aus diesem Grund sehen wir uns deswegen mal seinen äußeren Gesichtsausdruck an. Verwirrung mischt sich hier mit Empörung, aber auch mit Vorsicht und Sorge. Die Acta konnte schließlich sowohl einen Ruf schaffen als auch zerstören. Doch gewisse Umstände hinderte den Ianitor schnell genug zu reagieren. Außerdem näherten sich die Schritte von genagelten Stiefeln, es konnte nur Soldatenstiefel sein oder jemand, der solche Schuhe besonders gerne trug. Mit einem: „Kein Interesse!“ wollte Philippos schon die Tür vor den Beiden zuschlagen, sie einfach auf der Türmatte stehen lassen.


    Zurück zu den Handlungsträgern dieser Geschichte:
    Auch Hannibal war das nicht entgangen. Blitzschnell, wenn sie nicht noch mal stundenlang warten wollten und sich einen anderen Plan überlegen mussten, trat er auf Philippos zu, packte ihn an der Schulter, presste die Hand vor dessen Mund und drängte ihn hinein in die Casa und das Atrium. Was Hannibal schon nicht mehr sah, um die Ecke der Strasse kam eine Gruppe junger Leute, die große Tonkrüge auf ihren Schultern trugen, die Geräusche der genagelten Stiefel kam von ihnen.

    Ein erstickter Schrei war unter Hannibals Hand zu hören als er Philippos in das Atrium drängte und ihm dabei den Mund zuhielt. Der Ianitor schien überrascht über die Kraft der ‚Frau’ zu sein als diese ihn in den Schwitzkasten nahm. Alles geschah in einem sehr schnellen Moment, deswegen betrachten wir uns das doch kurz etwas genauer:


    Starr und mit aufgerissenen Augen versuchte Philippos Luft zu holen, doch ein Arm von Hannibal hatte sich um seinen Hals geschlungen, die andere Hand hielt seinen Mund zu. In Hannibals Augen glitzerte das in das Atrium einfallende Licht, vor den Augen des Ianitor tanzten schwarze Punkte, doch dann löste sich die Hand von seinem Mund. Mühsam wollte der Ianitor Luft holen, doch Hannibal hatte seinen Dolch unter dem Gewand gezogen, dabei klaffte das Blumenmuster an seinem Bein etwas auf, und mit dem Knauf schlug Hannibal dem Ianitor über den Schädel, kräftig, aber nicht zu kräftig, um den Mann nicht zu töten. Mit sich verdrehenden Augen sackte der Sklave zusammen. Vorsichtig, schon fast behutsam ließ Hannibal den Ianitor auf den Boden sinken. Er gedachte doch nicht einen unschuldigen Menschen zu töten. Wenngleich Hannibal es auf Tacitus abgesehen hatte, so würde er keinem einzigen Sklaven etwas antun wollen. Das wäre schließlich nicht richtig.


    Erst dann drehte sich Hannibal zum Eingang zu. „Hurtig, komm rein und schließ die Tür hinter Dir!“ flüsterte er Scintilla zu. Die Tat hier im Atrium war zwar etwas unelegant gewesen, aber notwendig. Just kam Fabus heran geschlichen und spähte an Scintilla vorbei. „Ja, bei Pluto, was hat das zu bedeuten? Ist er tot? Hannibal rollte mit den Augen. „Still, schnell! Rein oder soll euch jemand am Eingang sehen?“

    Mit einem Lächeln kommentierte Hannibal die Freude von Arrecina. Auch er erfreute sich daran, aber mehr dadurch, dass die Tochter seines Herren ein Lächeln zustande brachte und es auch nicht erzwungen schien. Er musterte sie einen Moment lang aufmerksam und lächelte leicht. „Er ist von Deinem Vater!“ fügte er noch erklärend an. Sein Blick schweifte in seinen Weinbecher als die Flavier sich weiter beschenkten und eine Dankeshymne der Nächsten folgte. Der Wein glitzerte im Licht der vielen Kerzen und zog Hannibals Blick in seinen Bann, langsam leerte er den Becher Schluck für Schluck und ließ auch seine Gedanken dabei schweifen. Was die Flavier sich gegenseitig schenkte interessierte Hannibal nicht sonderlich, früher vielleicht noch mehr, aber mittlerweile fühlte er sich mehr und mehr von dieser Familie distanziert. Als er den Becher geleert hatte, schloss sich Hannibal den schon Essenden an und ließ sich etwas Wachtel reichen, roch an dem würzigen Fleisch und biss ein Stück davon ab. Doch er war nicht ganz bei der Sache, dachte er doch in jenem Moment an Nadia. Er hatte sie ungern an jenem Abend alleine lassen wollen, aber ihm war quasi keine Wahl geblieben.


    In seinem Becher war nicht mehr allzu viel, was er leeren konnte, er nahm den letzten Schluck zu sich und betrachtete den neuen Falerner mit dem gleichen Interesse wie die Geschenke zuvor, er trank nur einen tiefen Schluck von dem vergorenen Traubensaft. Den Worten von Gracchus zollte Hannibal sehr viel mehr Aufmerksamkeit, er lauschte ihm und dachte über die Aussage nach. Seufzend schloss Hannibal die Augen als er die Worte seines Herren vernahm. Er hatte ihm doch von dem Dichter auch einige Zitate aufgeschrieben, aber scheinbar war das nicht bei Aristides angekommen. Hannibals Blick schweifte zur Tür. Vielleicht konnte er sich früher verdrücken, wenn die allgemeine Heiterkeit gestiegen war. Hannibal trank einen tiefen Schluck und beschloss: Er musste etwas gegen seine Langeweile tun, und wenn es darin bestand eine kleine Disputatio zu beginnen, auch wenn die Gefahr bestand, dass Aristides mit daran teilnahm. Doch auch für ihn hatte er mit einem kleinen Gedicht ein paar passende Sätze. „So möchte auch ich ein paar Worte zum guten Tropfen verkünden, wenngleich sie ebenfalls aus fremder Hand und nicht der Meinigen entstammt.“


    „Sagte Horaz an seinen Gönner: Mein trauter Krug, ob Klagen, ob Scherz du birgst, ob Hader oder Liebeswahnsinn oder gefälligen Schlaf du hegest. [...] Du regst die sonst schwerfälligen Geister an durch sanften Zwang, du öffnest der Weisen Herz und zeigst dem heitren Sorgenbrecher ihre Gedanken und tiefe Pläne. Du stärkst mit neuer Hoffnung das bange Herz, leihst Kraft und Mut dem Schwachen in seiner Not, von dir gestärkt, trotz er des Kriegers Schwert und dem Zorne gekrönter Häupter. Dich lasse Bacchus und, wenn sie freundlich naht, auch Venus samt den züchtigen Grazien bei hellem Kerzenscheine fließen, bis vor der Sonne die Sterne bleichen.“ Hannibal hob den Becher mit dem ‚guten Tropfen’ und trank in einem Zug den halben Inhalt leer, wischte sich mit dem Handrücken einige Weinperlen von der Lippe und lächelte leicht. Seine kurze Rezitation war nur der Auftakt gewesen, so sprach er flinker Zunge, noch war der Wein nicht zu schwer für sie, weiter. „Der Wein scheint viel in uns Menschen zu regen, tiefe Gefühle, intensive Momente. Der Wein ist der Rausch der Gefühle. Doch sind Gefühle nicht auch ein Rausch? Sind somit die Gefühle genauso flüchtig wie ein Weindelirium es sein kann? Wie sieht es da mit der Liebe aus? Ist sie, wie manche Dichter behaupten, nur ein Wahn der Gefühle, also mit einem Rausch durch Wein zu vergleichen? Und somit äußerst flüchtig?“ Hannibal lehnte sich zurück und musterte die Runde. Ob wohl Leontia oder Gracchus zuerst eine Antwort dafür parat hatten oder jemand ganz anderes? Einigermassen aufmerksam blickte Hannibal also in die Runde, trank einen Schluck vom Wein.

    [Blockierte Grafik: http://img116.imageshack.us/img116/1306/didobr5.jpg]
    Dido- die junge Sklavin von Serenus.


    Fast hätte Dido Serenus die Zunge rausgestreckt bei der Ermahnung weniger Eier zu essen, aber ihre vollen Backen hinderten sie einfach daran es zu tun, sonst wäre es sehr blamabel geworden. Und so war es auch zu ihrem Glück, denn Saturnalia hin oder her, alles durfte selbst eine junge Sklavin an diesen Tagen nicht machen. Mühsam schluckte sie ein Eibissen nach dem Anderen runter, bekam ein puderrotes Gesicht, weil sie zu wenig Luft bekam und schluckte dann das letzte Stück herunter, holte tief Luft und wischte sich das Eigelb von der Wange. Gelangweilt betrachtete sie die Schriftrollen die ausgetauscht wurde, mit einem verächtlichen Blick musterte sie den Welpen. Schoßhund, ganz klar. Bei dem Papagei weiteten sich für einen Moment ihre Augen, kurz besah sie sich das krakelende Tier von etwas näher, kletterte auf der Kline hoch und stützte sich auf der Lehne ab. In Dido keimte sofort eine Idee auf. Sie hatte mal bei einem Hahnenkampf in Baiae zugesehen, nur, dass jener Hahn nicht immer gegen einen anderen Hahn angetreten ist, sondern auch gegen Katzen oder Hunde. Vielleicht könnte man den Papagei auf eine Katze loslassen? Wäre bestimmt lustig zu sehen, wer zuerst wem den gar ausmachte.


    Sie grinste und blinzelte schuldbewusst. Erstaunt sah Dido zu Serenus. Die Katzen? Hatte er etwa an ihrem Gesicht erkannt, was sie vor hatte? Sie biss sich auf ihrer Unterlippe herum und sah ihn unverwandt an, nickte langsam und beschloss einfach so zu tun als wäre nichts. Das half in den meisten Fällen. „50 Sesterzen?“ Dido sah Serenus an als ob er ihr vorgeschlagen hätte, der Iuppiterstatue im Tempel Roms die Edelsteine aus den Augen zu klauen. „Wenn Du mir die 50 Sesterzen gibst, dann gerne!“ Sie grinste feist und rutschte an der Kline erneut runter, besah mit selbiger Entrüstung die Zwergenportion auf dem Teller. Dido war zwar klein, konnte aber essen wie mindestens zwei große Männer, so befand sie jedes Mal von neuem, wenn sie großen Hunger hatte. „Der wird bestimmt bald sein Auge verlieren...dieser Schosshund...“ murmelte Dido. Das mit der Andeutung und der Toga verstand sie nicht, es interessierte sie auch nicht. Mehr der kleine Teller, den sie mit einer gewissen Enttäuschung betrachtete. „Ich nehm mir noch nach...“ erwiderte sie auf Serenus. Sie sah von der kleinen Portion auf und grinste wieder breit, unten in der Zahnreihe hatte sie schon eine Zahnlücke, wenn man genauer hinsah konnte man sie entdecken und es gab ihr ein etwas ulkiges Aussehen. „Sag mal, hast Du auch Unterricht im Schwertkampf und wie man Leute verprügelt?“




    [URL]http://www.imperium-romanum.info/images/sigs/ir-servus.png[/IMG]
    SKLAVE- LUCIUS FLAVIUS SERENUS

    [Blockierte Grafik: http://img116.imageshack.us/img116/1306/didobr5.jpg]
    Dido- die junge Sklavin von Serenus.


    Mit einer Handbewegung hatte Dido schnell die Kreide wieder in ihrem Beutel verschwinden lassen und spähte zu Serenus. Mist! Er hatte wohl was gemerkt. Hoffentlich war er nicht all zu wütend und würde sie schlagen lassen. Sie hatte ja noch keine Ahnung, wie fies Serenus sein konnte und ob er das überhaupt war. In Baiae hatte sie ihn zwar immer mal wieder in weiter Ferne gesehen und die ein oder anderen Gerüchte aufgeschnappt, aber nie viel drauf gegeben. Schließlich hatte sie damals noch keine Ahnung, dass sie eines Tages ihm gehören würde. ...Neffe des mächtigen Senator Flavius Felix.... Dido seufzte unmerklich auf und rieb ihr kleines Bäuchlein, sie hatte einen Mordshunger. Just erspähten ihre Augen eine Ratte, die am Gang zur heiligen Sibylle wohl laufen wollte. Dido grinste feist und griff schon in den Beutel nach ihrer Schleuder. Ratten waren fast mindestens so gut wie Tauben, sie bewegten sich auch schneller. Ob die Ratte wohl auch wissen wollte, wie sie Herrscherin über die Rattenwelt in der Cloaca werden konnte. Dido grinste noch breiter, beherrschte jedoch ihre Hand, holte nicht die Schleuder hervor und ließ das kleine Nagetier davon ziehen.


    Grübelnd sah sie dann zu Serenus. Wenn der Kaiser werden würde, wäre es vielleicht gar nicht so schlecht für sie. Besonders, wenn sie es nicht mit ihm verscherzen würde. Serenus und Kaiser? Dido versuchte sich Serenus mit Purpurtoga und Efeukranz vorzustellen, über einer Menge von Römer und auf einem Streitwagen mit fünf prachtvollen Schimmeln. Das war genau der Moment, wo Serenus zu ihr sah und sie tatsächlich ziemlich beeindruckt aussehend vorfand. Dido blinzelte und biss auf ihrer Unterlippe herum. Imperator Flavius Serenus und sie seine Sklavin, alle Sklaven im Imperium würden unter ihr stehen. Sie wäre besser als Sica, besser als der Obersklave in Baiae, der sie ausgepeitscht hatte. SIE, die jetzt noch kleine Dido, würde eines Tages die anderen Sklaven auspeitschen lassen können wie sie wollte, denn sie war ja die Leibsklavin des obersten Römers im Imperium. DAS gefiel Dido wahrlich und sie schwor sich in dem Moment heimlich, dass sie alles, wirklich alles, tun würde, um das wahr zu machen. Ein heimtückisches Funkeln trat in ihre Augen, doch die Aufforderung riss sie aus ihren ersten größenwahnsinnigen Plänen heraus. Schnell knotete sie an dem kleinen Bändel herum, dass den Beutel mit Weihrauch an ihrem Gürtel befestigte und trat nach vorne, senkte demütig den Kopf und reichte der Priesterin den Beutel.





    SKLAVE- LUCIUS FLAVIUS SERENUS

    [Blockierte Grafik: http://img81.imageshack.us/img81/1084/floraxx8.jpg]
    Flora- in der Rolle der Lupa Flora


    Ein kleines Fußkettchen um Floras Knöchel klimperte leise als sie neben das Becken trat und sich zu den Ölen herunter bückte, die am leicht hochgewölbten Rand standen, großzügig schüttete sie von den blumig duftenden Essenzen in das Wasser und zerrieb einige Tropfen auf ihren Händen und roch genüsslich daran. Sie musste schließlich schon länger diesen widerlichen Gestank der Tunika ertragen. Sie rümpfte ihr Näschen und betrachtete das hineinsprudelnde Wasser und die ersten Dampfschwaden, die aufstiegen. „Ja, Spätzchen, es ist ja mehr eine Ahnung von mir. Aber ich sage Dir, ich bin eine gute Menschenkennerin. Oh ja, die anderen Frauen kommen alle zu mir, um nach Rat und Ratschlag zu fragen. Jaja, höre auf die gute Flora und es wird Dir viel einbringen. Ich hab ja Hannibal auch gesagt, dass er das mit dem Satyrspiel vielleicht doch...ups...Du weißt sicher nicht, wovon ich rede?!? Jaja, ich hab nichts gesagt. Gar nichts. Ah, schau, Liebchen, das Becken ist schon sehr voll. Aber warte einen Moment...“


    Eiligst sah sich Flora um und griff nach einer Tonschüssel von einem Tisch, worin noch ein Meerschwamm lag. „Komm, vielleicht magst Du Dich erst damit abwachsen? Sonst versaust Du das ganze schön duftende Bad sofort. Danach kannst Du ja ins warme duftige Bad steigen.“ Sie füllte die Schüssel mit etwas von dem Badewasser und reichte sie an Nadia weiter, darauf achtend, Nadia nicht zu berühren. „Wo war ich stehen geblieben? Das Satyrspiel...ja, stell Dir vor, ich hab da auch mitgespielt. Ich habe eine Lupa verkörpert. Und ich war ganz grandios...Moment. Nein, das hatte ich gar nicht vorhin sagen wollen. Ah ja...also, der Hannibal, der scheint doch in Dich verliebt zu sein. Ist doch so, oder? Ich mein, warum betreibt er sonst so ein Aufwand. Ich hab ja die Planung davon schon vorher mitbekommen, Fabus hat mir von allem erzählt. Hach, was waren das noch für Zeiten als mir Fabus hinterhergeschmachtet hat. Jetzt glotzt er nur diese aufgetakelte Schnepfe an. Dieses fast blonde Miststück, gibt wohl viel auf ihre Haarfarbe und ihren Vorbau...pfff. Wo war ich stehen geblieben? Ah ja, Hannibal. Na, Schätzchen, klär mich doch mal auf, was da zwischen euch läuft.“