Beiträge von Hannibal

    Mit einem wissenden Lächeln lehnte sich Hannibal zurück, beobachtete genaustens die Reaktion seines Herren auf die dunkelhäutige Schöne neben ihm. Klappte doch hervorragend. Hannibal griff nach seinem Becher, trank ihn leer und stand auf. „Marcus, ich glaube, ich habe da eine laute Stimme gehört. Ich bin sofort wieder da und bring noch etwas Brot mit.“ Im Vorrübergehen raunte Hannibal der jungen Frau zu. „Kümmere Dich um ihn...“ Die Frau nickte und Hannibal ging aus dem Zimmer hinaus, lief in aller Seelenruhe auf sein kleines Officium zu, um sich noch mal mit den Büchern zu beschäftigen. Wenn Aristides nicht nachgelassen hatte, würde er bestimmt die nächste Stunde beschäftigt sein, mit dem Liebesspiel und damit sich davon wieder zu erholen. Alryma derweil wandte sich strahlend lächelnd Aristides zu. „Herr...“ murmelte sie. Sie hatte seine Blicke auf ihren Körper förmlich gespürt. Geschmeidig ließ sie sich auf seinen Schoß herunter sinken und presste ihren schlecht verhüllten Leib an ihn heran. Forsch küsste sie ihn, erwartete wohl auch nicht großen Widerstand, nachdem jener sie mit einem völlig gefangenen Ausdruck betrachtet hatte. Doch werte Leser, lassen wir die Beiden doch an dieser Stelle sich der Leidenschaft hingeben, ersparen wir ihnen die Taktlosigkeit beim Akt stumme und unverschämte Zeugen zu sein. Denn nicht alles muss in Wort und Schrift niedergefasst werden.


    ~Finis für dieses kleine Intermezzo~

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    Dido- die junge Sklavin von Serenus.


    Eindeutig enttäuscht hatte Dido eine Weile lang ihren jungen Herren verfolgt. Sie hatte an jenem Morgen doch eine Katze in der Villa Flavia ausgemacht, hatte schon die ersten Ideen für die lebende Fackel gehabt, doch da kam ihr Herr just auf sie zu mit dem festen Willen das Orakel aufzusuchen. Und das mit den Katzeninnereien fand Dido immer noch viel spannender als so einen ollen Tempel aufsuchen zu müssen. Schließlich hatten sie bei Baiae einen Haufen von diesen komischen Löchern, den Mundi gehabt, und so ein obskures Orakel. Und von einer Wahrsagerin auf dem Markt hatte sich Dido mal erklären lassen, wie man die Zukunft erkennen kann. Ein bisschen davon hatte Dido sogar behalten. Grummelnd und immer wieder kleine Steine wegkickend folgte sie durch die Strassen und zu dem Tempel. Die kleine Diskussion vor dem Tempel ignorierte Dido und nahm eine handvoll Steine und ließ sie in ihrem Täschchen neben der kleinen Schleuder verschwinden. Prüfend musterte das Mädchen die Dächer Roms. Schön viele Ziel- und Übungsobjekte saßen dort.


    Wieder schlurfte sie hinter Serenus hinter her, sie reckte sich als sie bemerkte, dass Serenus nur sie mit in den Tempel nahm und fühlte sich gleich viel, viel wichtiger. Aber insgeheim glaubte sie, dass Serenus einfach nur Angst hatte, der traute sich noch nicht mal einer Katze den Bauch aufzuschlitzen. Tsts...! Dido lächelte und betrachtete sich das Innere des ollen Tempels, sah auf ihren Herren und musterte die Räucherschalen. Gelangweilt wippte sie hin und her, spielte mit ihrem Tunikagürtel, betrachtete sich ihre Zehen und ging dann langsam auf einer der Räucherschalen zu, schnupperte an dem Zeug, was ihr Tränen in die Augen trieb. „Boä!“ murmelte sie. Und Didos Geduld erschöpfte sich doch eindeutig schneller als die ihres Herren. Sie musterte die Bilder an die Wand und griff nach einem Stück Kreide in ihrer Tasche, die nicht nur Schleuder und Steine enthielt und an ihrem Gürtel baumelte. Ein Graffiti zu hinterlassen war ebenso eine Lieblingsbeschäftigung von ihr, seitdem sie ihren Namen schreiben konnte. Gerade wollte sie ansetzen zu: „Dido war hier!“ als schon die Priesterin eintrat, schnell verbarg Dido die Kreide hinterm Rücken, tat auf unschuldig und ging zu ihrem Herren zurück. Betont kindlich tuend sah sie zur Decke hoch, auf den Boden, nur nicht zu der Priesterin.




    SKLAVE - LUCIUS FLAVIUS SERENUS

    Auch Hannibal hatte angefangen sich dem Essen zu widmen, er hatte mittlerweile völlig das Interesse an dem kleinen Spiel rund um Rutger, Gracchus und Sciurus verloren. Prüfend musterte Hannibal die Auswahl der Speisen und bediente sich dann bei jedem der Speisen mit kleineren Kostproben, er konnte dem Meisten viel abgewinnen. Nur kurz lenkte ihn sein Herr vom guten Essen ab, schnell teilte er ihm den Inhalt des Geschenkes mit und lächelte dünn. Hannibal hatte sich natürlich in der Villa informiert, schließlich gehörten die Geschenke für die Flavier, die er nicht kannte, zu den Schwierigsten. Doch einer der Sklaven konnte ihm von dem Gang von Flavius Felix zum Kaiserpalast berichten, den er kürzlichst begleitet hatte und was wohl der Hintergrund davon war. Nachdenklich knabberte Hannibal an einem Tintenfischstück als sein Herr ihn der jungen Arrecina vorstellte. Eine Mischung aus Mitleid über ihren Zustand, Aristides hatte ihm schon davon berichtet, und aus Zuneigung zu dem Mädchen keimte in Hannibal auf. Er lächelte ihr zu, schluckte den Fisch herunter und beugte sich etwas nach vorne. „Grüss Dich, Arrecina.“ erwiderte Hannibal. Es war schon seltsam, er hatte mehr familiäre Gefühle gegenüber der Tochter seines Herren als bei seiner eigenen Tochter, die ihm äußerst fremd war. „Dir hat Dein Vater noch gar nicht Dein Saturnaliengeschenk überreicht? Dem müssen wir doch abhelfen!“


    Hannibal lächelte und winkte einen der Freien heran, flüsterte ihm leise etwas ins Ohr. Der Mann nickte und verschwand aus dem Raum. Mit einem kleinen Korb aus Bast kam jener Mann zurück, reichte ihn an Hannibal weiter. In dem kleinen Körbchen lag ein kleiner goldweißer Welpe, sein Köpfchen war auf den Pfötchen abgestützt, doch als er die vielen Gesichter über sich sah, hob er seinen Kopf und spähte hechelnd von rechts nach links. Hannibal beugte sich zu Arrecina. "Das ist Argos. Er ist erst drei Wochen alt, Arrecina. Er kennt auch noch niemanden hier in der Villa."


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    Argos- der kleine Welpe von Arrecina


    Um seinen Hals trug der kleine Hund eine goldene Halsbandkette mit Bernsteinen und Rubinen geschmückt, eine lange Hundeleine aus weichen Hanf mit roten Bändern umwickelt lag daneben. Als Hannibal Arrecina den Korb reichte, sprang der Hund sofort heraus und auf Arrecinas Schoß. Neugierig schnüffelte der Welpe an der jungen Frau und leckte ihr mit seiner Zunge über die Wange. Seine dunklen Knopfaugen richteten sich auf sie und erneut roch der Hund mit seinem kalten, feuchten Näschen an ihr.


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    Dido- die junge Sklavin von Serenus.


    Ein Kampfhund? Dido lächelte äußerst zufrieden, ihre Zukunft bei ihrem Herren schien doch nicht allzu öde und blöde zu sein. Prüfend musterte sie Serenus noch mal. In Baiae hatte Dido immerhin eine kleine Bande von Sklavenkinder hinter sich gewusst, aber hier in Rom würde sie das alles nicht haben. Und viele Kinder hatte sie in der Villa bis jetzt noch nicht gesehen. Skeptisch musterte Dido das Essen, das Meiste sah wie ekelhaftes Glibberzeug aus. „Also, ich kann ein wenig Lesen und Schreiben, ich kann schon bis 30 zählen und ich kann Latein und ein paar Brocken Numidisch, Ägyptisch und Gallisch. Auf Gallisch kann ich Fluchen und Schimpfen, auf Numidisch drohen und auf Ägyptisch was zu Essen bestellen.“ Stolz grinste Dido. „Außerdem kann ich schwimmen, sehr gut auf Bäume klettern, mit der Zwille umgehen, ich kann Kirschkerne über 9 Fuß spucken, zwischen meine Zähne hindurch pfeifen und ich kann mich prügeln.“ Auf das mit den Kirschkernen war Dido besonders stolz, sie hatte alle Kinder in Baiae geschlagen und sich somit zur Kirschkernkönigin und Anführerin der Kinderbande hochgeschwungen.


    Dido sah ihrem Herren hinter her und dann wieder auf das Essen herunter. Sie griff nach den grauen Dingern, die halb offen waren und roch daran. Einigermaßen unverdächtig! Sie hatte zwar die Erwachsenen in Baiae das Zeug haufenweise essen sehen, aber es nie selber gekostet. Vorsichtig pulte sie sich das glitschige Ding da raus und nahm ihn in den Mund. Angewidert riss Dido die Augen auf. Suchend sah sie sich um, griff nach einem Becher und spuckte das ekelhafte Teil in das Honigwasser hinein. „Bäh...ieeehh!“ Mist! Das war ja Serenus Becher. Unauffällig ließ Dido den Becher unter der Kline verschwinden und nahm ihren eigenen Becher. „Uähh..“ gab sie noch von sich und spülte schnell den abartigen Geschmack herunter. Sie schauderte und besah sich die Speisen jetzt vorsichtiger. Sah alles ekelhaft aus! Doch die Eier schienen ihr unverdächtig. Schnell nahm sie ein Ei und probierte. Ja, das ging. Schwupps, schon stopfte sie sich ein Ei rein und das nächste und noch eines. Mit vollen und aufgeplusterten Backen mampfte Dido die Eier und sah sich schon nach dem nächsten Essen um. An ihrer Wange klebte schon das erste Eigelb und sie hatte Mühe beim herunterschlucken. Man musste doch vorsorgen für die mageren Zeiten. Ob sie noch was vom Essen stibitzen konnte ehe alles vorbei war? Sie hatte eigens dafür ein kleines Tüchlein mitgebracht.

    Erleichtert wandte sich Hannibal von den beiden Kindern ab, die Beiden sollten sich erst mal selber untereinander bekannt machen und wenn die körperlichen Auseinandersetzungen das übliche Haare ziehen, kratzen und beißen nicht überstieg, musste er hoffentlich an jenem Abend die Beiden nicht mehr beachten. Es war für ihn in der Tat eine recht ungewohnte Situation. Von der Existenz von Dido, wie vom kleinen Hannibal wusste Hannibal schon seit langem. Aber er war Beiden bis zum heutigen Tage nicht begegnet, hatte sich doch die Sklaven in Baiae um die Kinder gekümmert und taten es mit Hannibal Minor noch immer. Trotzdem sah er noch mal zu seiner Tochter und drehte sich dann um. Es gehörte nicht zu den angenehmen Dingen in seinem Leben, wenn er daran zurückdachte. Fast schien seine Schulter an der Stelle zu schmerzen, wo ihn Didos Mutter verletzt hatte. Ausdrucksloser Miene schritt er zu seiner Kline zurück und sank dort herunter, griff wieder nach dem Becher und ließ sich nachschenken. Abwesend schweifte sein Blick über die Männer und Frauen am Tisch, er lächelte in sich gekehrt und ließ die Flavier erst mal weiter sich gegenseitig beschenken.


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    Dido- die junge Sklavin von Serenus.


    Schwupps, schon saß die junge Dido auf der Kline, zog ein Bein an sich und sah Serenus durchdringend mit ihren großen blaugrünen Kinderaugen an. Das war also ihr neuer Herr? Dido befand das für äußerst befremdlich, schließlich hatten ihr nur Leute was zu sagen, die größer als sie waren und Serenus war ja kaum größer als sie. Natürlich wusste Dido darum, dass die Leibsklaven den Flaviern schon von Kindesbeinen an geschenkt wurden. „Ist Dein Hund Nero ein Kampfhund?“ fragte Dido mit funkelnden Augen. Wie sie doch Kampfhunde liebte, sie hatte mal einem dabei zugesehen, wie er einem Huhn den Hals zerfetzt hatte, lustig war das. Ja, Dido kam ganz nach ihrem Vater und den vielen flavischen Sklaven von zuvor. „Oder ist der so ein oller Schoßhund?“


    Als Sica angesprochen wurde, ließ Dido ihren Blick schweifen. Sie war schon seit einigen Tagen in der Villa und wusste natürlich um den Verwalter. Da, da war er ja! Ehrfürchtig und bewundernd sah sie zu ihm rüber. Schnell hatte Dido begriffen, was er für ein Sklave war. Ein starker Sklave, ein gefährlicher und berechnender Mann. Sie wollte auch eines Tages so wie Sica werden. Alle Sklaven sollten Angst haben, wenn sie den Namen Dido hörten und um ihren geschundenen Rücken bangen. Ein fieses Lächeln umspielte ihre Lippen, doch dann sah sie wieder vergnügt zu ihrem jungen Herren und umgriff das Honigwasser. „Hmmm...das ist lecker. Was ist ein Distater oder Dastaster?“ Da fielen ihr Blick auf die schönen Murmeln. „Ohh...!“ murmelte Dido. Damit konnte man bestimmt Tauben von den Dächern holen. Nicht alle ihre kleinen fiesen Gedanken auszusprechen hatte Dido schon vor einiger Zeit gelernt, als die Großmutter von Serenus sie mal dafür auspeitschen ließ. Sie hatte jeden Schlag in sich aufgenommen und gelernt. Eine Sklavin bei den Flavier durfte keine Fehler zwei Mal begehen.

    Zitat

    Original von Marcus Flavius Aristides


    Den Unterschied zwischen einer Lupa und einer Hetäre Aristides erklären zu wollen, Hannibal hatte es wahrlich oft genug schon versucht, befand Hannibal für äußerst müßig. Seufzend schüttelte Hannibal den Kopf. Das war einfach alles schwer zu erklären, aber wer verstand schon, was in seinem Kopf vor sich ging. Manchmal verstand es Hannibal selber nicht und glaubte darin den göttlichen Funken der Furien und Genii zu erkennen. Immer mal wieder schweifte Hannibals Blick zur Tür, schließlich sollte gleich eine Ablenkung für Aristides auftauchen. Verblüfft blinzelte Hannibal, erahnte er durchaus, worauf sein Herr hinaus wollte. „Ich arbeite hier nicht wie eine Lupa, wenn Du darauf abzielst, Marcus.“ Dass Aristides ihm das zutraute, Hannibal schüttelte leicht den Kopf. „Es hat sich so ergeben, als ich hier in der Subura den einen oder anderen Gefallen erledigt habe, um mich über Wasser zu halten. Und der Besitzer von dem Lupanar hat mich gefragt, ob ich es für ihn leiten würde. Deswegen wohne ich hier!“


    Ob Hannibal ihm gleich eröffnen sollte, dass das Ganze auf dem Forum Romanum vor Hunderten Augen, der Cohortes und den Vigiles geschehen war? Dass darauf hin Praetorianer in die Villa Flavia gestürmt waren? Besser nicht und so meinte Hannibal nur: „Ja, ich wurde leider dabei beobachtet. Dieses Miststück gibt sich hier als ehrbare Frau aus und nicht als Hetäre.“ Just ging die Tür auf. Auftritt von Alryma. Ihre dunkle Haut glänzte im Licht der Öllampe und durch das Öl, was sie sich an jenem Abend aufgetragen hatte, ihre schwere Mähnenpracht war sorgfältig geflochten und sie trug eine goldbeige, knappe Tunika an ihrem schlanken Leib. Sie brachte ein Holzbrett mit einer Platte herein, stellte die bestellte Ente auf den Tisch und goss aus dem Krug Wein in zwei Becher, bückte sich dabei, so dass ihre Tunika am Schenkel etwas hoch glitt. Dabei warf sie Aristides einen lächelnden Blick zu. Hannibal lehnte sich zurück, zufrieden, dass just die Ablenkung eingetroffen war. „Hast Du Hunger, Marcus?“ fragte Hannibal breit grinsend. Natürlich kannte Hannibal alle Schwächen und Gelüste seines Herren allzu gut.

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    Flora- in der Rolle der Lupa Flora


    Nächster Moment, nächstes Setting. Wir befinden uns nun in dem Bad des Lupanars. Für ein Lupanar in der Subura war dieses doch erstaunlich groß, es hatte ein Badebecken im Boden eingelassen und einige bunte Fresken an den Wänden, einen hellen Sandsteinboden, der glatt gefegt und geschrubbt war. Auch hier wurde so manches Mal ein Kunde empfangen, wenn auch selten. Die Meisten konnten es sich hier in dem Viertel nicht leisten und es war für jene vorbehalten, die aus gutem Hause kamen und wohl mal auf etwas verrucht machen wollten. Flora führte Nadia dort hinein und holte aus einem Schrank ein Linnentuch hervor. Sie legte es neben das noch leere Becken. „Ich komme gleich wieder, Mäuschen! Ich entzünde nur rasch das Feuer und lass das Wasser dann hinein. Stell Dir vor, der Besitzer hier hat sogar eine Wasserleitung angezapft. Geschickt, oder?“ Sie lachte hell. „Du kannst Dich ja schon mal von dem widerlichen Ding dort befreien!“ Naserümpfend deutete sie auf Nadias verschmutzte Tunika und trippelte geziert aus dem Raum.


    Stille herrschte in dem Raum, wurde dann jedoch durch das Stöhnen von einem Mann nebenan unterbrochen. Holz schlug rhythmisch gegen die Wand und das brünstige Stöhnen wurde lauter. Dann rauschte plötzlich Wasser durch ein Loch in der Wand in das Becken hinein und wenige Momente später kam Flora wieder in den Raum hinein. Sie hatte eine Rußspur an der Wange, lächelte jedoch erfreut, dass es mit dem Wasser dieses Mal geklappt hatte. Schließlich war es nicht immer unproblematisch, wenn man sich heimlich Wasser aus einem Aquädukt abzapfte. Sie musterte Nadia. „Liebchen, Du siehst irgendwie verloren aus. Aber Hannibal hat Dich doch nicht fürs Lupanar geholt, oder? Schließlich sehe ich sofort, wenn Venus ihre Hand im Spiel hatte und das hab ich noch nie bei Hannibal zuvor beobachtet, Kleines!“ Lächelnd beugte sie sich zum Wasser vor und griff hinunter. „Ah, es ist schon lauwarm, dann wird es gleich ganz heiß werden. Das wird Dir sicherlich gut tun, Mäuschen. Ich hol ein wenig gut riechendes Öl und nach dem Bad wirst Du wie neugeboren sein und alle Sorgen und Ängste weggeschwemmt werden.“

    Der Plan war voll aufgegangen. So, werter Leser und geneigter Voyeurist dieser flavischen Runde, hatte es Hannibal in jenem kurzen Moment jedoch tatsächlich geglaubt als Rutger den Raum betreten hatte und Sciurus zu so einer unbeherrschten Handlung brachte, sich selber vor seinem Herren echauffierte und von jenem eine solche Rüge erhielt. Ob Sciurus eifersüchtig war? Weder Hannibal, noch sonst die Meisten am Tisch konnten oder wollten das wohl ergründen. Nichtsdestotrotz war Hannibal zufrieden mit der Wirkung. Vielleicht gefiel der Germane Gracchus doch derart, dass ihm sein altbekannter Sklave etwas schal in der nächsten Zeit wurde. Ein kleiner und wohl dosierter Seitenhieb für Sciurus war das, doch bei seinem kleinen Triumph und süffisant lächelnd bemerkte Hannibal den zornigen Blick seines Herren nicht, war er doch schwer damit beschäftigt aus den Augenwinkeln Sciurus, Rutger und Gracchus zu beobachten. Das Weggehen von Aristides irritierte Hannibal nur kurz, erst da fiel ihm auch auf, dass Arrecina ebenso fort war. Just ging Hannibal, leider etwas zu spät, das Dilemma seiner kleinen Intrige auf. Denn manchmal war Hannibal in seine eigenen Gedankenkonstrukte und Überlegungen so vertieft, dass ihm das Naheliegenste völlig entging. Schnell ließ sich Hannibal einen Becher Wein reichen und trank ihn in einem Zug leer. Immerhin hatte das erste Geschenk schon Anklang gefunden bei Aristides Verwandtschaft und vielleicht hatte Aristides auch nicht bemerkt, dass eben Hannibal seine Finger im Spiel mit Rutger hatte. Somit war Hannibal vielleicht auch noch nicht in Schwierigkeiten, möglicherweise.

    „Pss! Darf ich jetzt reinkommen?“
    Das leise Flüstern war kaum zu hören, nur ein wenig lauter als die Tibiaspielerin am Rande. Hannibal drehte sich um, eine Mischung aus gequältem Lächeln und Unschlüssigkeit zuckte über sein Gesicht. Schließlich nickte Hannibal. „Ja, komm schon rein, mein Kind!“ Wie ein Mäuschen huschte das junge Mädchen in den Raum. Ihre honigblonden Haare waren sorgfältig nach hinten gesteckt, ihre rote Tunika flatterte bei jedem Schritt und sie hatte etwas vom Honiggebäck an ihrem Kinn. Hannibal stand auf, trat zu ihr und wischte ihr unauffällig die Krümel vom Kinn. Ruhig wartete er ab, bis Leontia ihr Geschenk überreicht hatte, wartete auch die Reaktion von Serenus ab und wollte da wohl nicht hineinplatzen. Erst dann führte er das junge Mädchen zu Serenus und legte dem Mädchen, sie war wohl so zwischen 7 und 10 Jahren alt, die Hände auf die Schultern. „Dein Vater ist noch nicht da, aber mir scheint, Dein Geschenk wird etwas ungeduldig. Das ist Dido! Sie gehört von nun an Dir, junger Mann. Wie so manch ein Sklave hier im Haushalt entstammt sie einer alten Sklavenlinie der Flavier und sie wird bis zum Ende ihres Lebens Dir treu dienen. In diesen Tagen wird sie noch Deine Gefährtin sein und nach den Saturnalien Deine Sklavin. Dido, das ist Lucius Flavius Serenus, Dein künftiger Herr!“


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    Dido- die junge Sklavin von Serenus.


    Prüfend musterte das junge Mädchen, die vielleicht ein wenig dürr war und klein, aber sie war nur eine Handbreit kleiner als ihr zukünftiger Herr, Serenus. Sie legte den Kopf schief und musterte ihn aus ihren blaugrünen Augen heraus. „Du hast da was an Deiner Wange, Lucius Flavius Serenus. Ich glaub, das ist Ei! Das sieht ziemlich blöd für einen Patrizier aus. Hannibal wandte seinen Blick Richtung Decke, unterdrückte dabei einen tiefen Seufzer. Das fing schon mal gut an.

    War es ein perfider Scherz von Hannibal? Wollte er mit dem jungen Germanen spielen und ihn dann höhnisch auslachen? Nein, Hannibal tat es nicht. Statt des vielleicht zu erwartenden Spottes nickte er andeutungsweise und ging auf die Tür zu, öffnete sie wieder. "Gut, ich vertraue Deinem Wort, Rutger!" Denn es war auch besser für Rutger, wenn er es hielt, befand Hannibal. So zaudernd vor dem letzten Schritt, den Germanen zu töten, war Hannibal nicht, im Gegensatz zu seinem Herren. Stumm und ernst entließ Hannibal Rutger aus der Zelle, schloß die Tür wieder und nickte Rutger ihm zu folgen. Mit hinter den Rücken verschränkten Armen ging Hannibal voraus und über Treppen erklomm er den Weg an die Oberfläche der Welt, direkt in einen der abgelegeneren Gänge der Villa Flavia. Nur kurz warf er Rutger einen prüfenden Blick zu. Eine Idee entwuchs in Hannibal, noch ungereift und unausgegoren. Diese Idee sollte sich gegen Sciurus richten, doch vergaß Hannibal, der doch sonst oft so umsichtig war, dabei völlig, dass es sich wohl auch gegen seinen Herren richten würde. Trotzdem erschien ein feines Lächeln auf Hannibals Lippen und er schlug den Weg zu den Sklavenquartieren ein. "Du kannst erst mal essen, dann solltest Du ein Bad nehmen. Du stinkst wie ein Suburahund. Und ich besorge Dir eine neue Tunica!"


    Schon waren sie in der Sklavenunterkunft, Hannibal stieß die Tür auf, sondierte ob Sica oder Sciurus Spur oder gar ihre Anwesenheit zu erkennen war. Als dem nicht so war, ließ er Rutger hinein und folgte ihm in den Raum. Herrisch, als ob er einer der Hausherren oder oberen Sklaven war, hielt er ein junges Mädchen am Arm. "Hol eine der roten Tunicen für heute Abend. Und mach Wasser warm!" Mit der anderen Hand deutete Hannibal auf einen der einfachen Tische dort, ließ das Mädchen davon ziehen und sprach: "Setze Dich ruhig!"Hannibal nahm ebenfalls am Tisch Platz, verschränkte die Hände ineinander und musterte Rutger. Das Mädchen kam kurze Zeit später wieder und legte eine hübsche rote Tunica aus weichem, feinen Stoff, den sich so manch ein Plebeier nicht leisten konnte, auf eines der Lagerstätten. Schnell, um dem Blick der beiden Männer zu entkommen, verschwand sie jedoch wieder. Hannibal stand auf und ging zu einer kleinen Truhe. Diese, er hatte sie gestern Nacht aus dem Lupanar herüber geschafft, öffnete er und holte einen schweren, vergoldeten Gürtel hervor. Nachlässig warf er diesen auf die rote Tunica, dazu ein paar gute Schuhe, die auch nicht einem Sklaven gehören würden, an normalen Tagen, in normalen Haushalten. "Das kannst Du später anziehen, Rutger!" Hannibal nahm ihm gegenüber wieder Platz. "Du glaubst mir nicht, was die Saturnalien angeht? Also wirst Du es heute Abend beim Mahl mit den Flaviern erleben. Es beginnt zur späten Nachmittagsstunde."

    Der geneigte Leser kann sicherlich nachvollziehen, wie erleichtert Hannibal in jenem Moment doch war, aber wer bezog schon gerne Prügel? Hannibal indes hatte kein Faible dafür, auch im Liebesakt nicht, wie so manch einer. Mit einer Handbewegung schickte Hannibal Dacius davon und wischte sich über die Lippe, Schmerz zuckte durch diese und er hatte eine rote Spur an seiner Hand. „Vielleicht reden wir woanders darüber, Marcus?“ Zerknirscht und entschuldigend seinen Herren anschauend deutet er auf den Gang, ging dann auch gleich voraus. In sein Officium? Nein, da war es zu kahl und mit den ganzen Papyri zu unwirtlich, stattdessen steuerte Hannibal auf eine andere Tür zu und öffnete sie. Es war eines der wenigen gemütlichen Zimmer, die für die etwas betuchteren Kunden angelegt waren. Dementsprechend wohnlich war es eingerichtet, es stand sogar ein Bett darin, einige bunte Tücher hangen vor den Fensteröffnungen, damit nicht jeder von der Strasse, wie in den anderen Zimmern, zuschauen konnte. Die Fresken an der Wand waren einmal in einem dilettantischen Versuch ausgebessert worden, man hatte sie teilweise mit noch erotischeren Bildern bemalt und die alten Stilvollen einfach ausgelöscht.


    Hannibal bot seinen Herren den Platz auf der einzigen Kline in dem Raum an, die mit dicken und weichen Kissen gepolstert waren. Dann ging er noch mal zu Tür und streckte den Kopf raus. „Ah Flora, gut, schick doch bitte nach Alryma. Sie soll uns Wein und ein gutes Mahl bringen, Ente am Besten!“ raunte er Flora zu, die ihn nur mit einem genervten Blick bedachte. Eigentlich hatte sie nach ihrem letzten Kunden ein wenig Pause machen wollen. Hannibal schloss die Tür und wandte sich wieder Aristides zu, nahm ihm gegenüber Platz. Wie sollte er es Aristides erklären? Womit anfangen? „Marcus, erinnerst Du Dich noch an die Frau in Griechenland, von der ich Dir erzählt habe? Die Hetäre, in die ich mich verliebt und die mich so hintergangen hatte? Für die ich...Du weißt schon...warum wir dann aus Athen weg mussten!“ Hannibal war das alles mehr als peinlich, immer wieder hatte er seinen Herren in arge Bedrängnis gebracht, wollte Hannibal doch nie Aristides mit seinen Morden schaden. „Ich bin ihr hier in Rom begegnet und ich...“ Jetzt musste es wohl raus! „...habe versucht sie umzubringen. Leider ohne Erfolg, aber ich musste aus jenem Grunde abtauchen und deswegen bin ich nicht gekommen...es tut mir leid, sehr!“

    Unbewegt sah Hannibal Rutger in die Augen. Seine Blick verfolgte Rutger als dieser nach dem Krug griff, in dem Moment auch dessen Statur, seines ganze Erscheinung musternd. Gut gebaut, groß, blond und hübsch, dazu noch mit einem Eigensinn und Stolz der Seinesgleichen suchte. Das war genau die Art von Mann, in die sich Hannibal früher Hals über Kopf verliebt hätte, die ihm jedoch stets Unglück und Liebeskummer einbrachten. Einen solcher seiner Liebhaber hatte Hannibal leider töten müssen, aber das war alles schon lange, lange her und Hannibals Gefühlsschwankungen weniger hitzig. „Du bist hier, weil Du geflohen bist. Gefesselt warst Du, da Du die Tochter von Flavius Aristides entführt hast. Und was in Germanien passiert ist, weiß ich auch. Doch, ich könnte Dich hier herauslassen. Das hängt jedoch auch von Dir ab!“ Hannibal verschränkte die Arme vor der Brust. „Mir wurde erzählt, Germanen wären ehrenhaft Männer!“ Das war glatt gelogen, Hannibal hatte noch nie das Bedürfnis gehabt, sich mehr mit den Germanen zu beschäftigen als in den Schriften großer Männer stand. Außerdem hatte er genauso die Vorurteile im Kopf wie viele Römer. „Gibst Du mir Dein Wort, dass Du nicht fliehen wirst, solange Du während den Saturnalien von mir rausgelassen wirst? Oder jemanden hier in der Villa angreifen oder als Geisel nehmen wirst?“

    Dem flackernden Schatten einer Fackel folgend, wandte Hannibal kurz seinen Blick ab, musterte das Schattenspiel auf dem Boden. Fast erschien es ihm wie ein geflügeltes Pferd, was mit seinen breiten Schwingen schlug oder dann doch der Cerberus, der mit seinen vielen Köpfen nach den Lebenden greifen wollte. Ein feines Lächeln umspielte Hannibals Lippen. „Kriegsgefangener. Natürlich.“ Hannibal riss seine Augen von dem faszinierenden Schattenspiel und sah Rutger direkt an und ging auf ihn zu, vielleicht unvorsichtig, vielleicht auch nur unerschrocken vor jenem ‚Kriegsgefangenen’. „Mein Name ist Hannibal!“ fügte Hannibal an und trat an Rutger heran. Für einen Augenblick blieb Hannibal vor Rutger stehen, sah ihm in die Augen, fast schon prüfend. Dann trat er um ihn herum. Mit beiden Händen löste er die Fesseln an Rutger. „Kriegsgefangener? Das ist natürlich schade, denn sonst hätte ich Dich für einige Zeit von der Enge des Carcers befreien können.“


    Da Hannibal hinter Rutgers Rücken stand, konnte dieser das listige und amüsierte Lächeln auf dessen Gesicht natürlich nicht sehen. Denn als Hannibal wieder um Rutger herumging, war das Lächeln nicht mehr zu sehen. „Es sind Saturnalien. Die Tage des goldenen Zeitalters als alle Menschen noch frei und gleich waren. An jenen Tagen speisen die Sklaven mit ihren Herren und die zu Tode geweihten, werden für jene Zeit verschont. Wärst Du ein Sklave, hättest Du heute draußen speisen können, aber so...darf ich Dich wohl nicht herausholen. Oder was meinst Du?“ Hannibal sah ihm wieder direkt in die Augen.

    Wie ein getriebener Tiger lief der Germane unstet in seinem Käfig, seinem Gefängnis auf und ab. Doch hatte dieser nicht wie ein Tiger im Circus einen Zuschauer. Oder etwa doch? Wer genauer hinsah, würde doch eine leichte Bewegung an dem Lichtspalt der Tür wahrnehmen. Denn es stand tatsächlich jemand vor dem Carcer. Hannibal, der in der Hand ein Tablett hielt, überlegt kurz, ob er vielleicht doch mit Tablett, Schüsseln und Becher in den Armen die Tür aufgeschlossen bekam. Etwas genervt, der Tag hatte ihn wegen all der Vorbereitungen genug in Beschlag genommen, stellte er das hölzerne Brett herunter und griff nach dem Schlüsselbund, dem er diesem suspekten Subjekt namens Mico und seinem noch viel abscheulicheren Hund, Maia, abgenommen hatte. Hannibal fand Hunde schon immer etwas abstoßend, mit ihren hängenden Zungen und dem ständigen Bestreben an einem Herumzulecken. Aber da er Tieren wenig Bedeutung zumaß, hatte er seine Abscheu schnell überwunden. Nur wurmte es Hannibal an manchen Tagen, dass ein Pferd mehr wert war als es ein Sklave war, ein Mensch war bedeutungsloser als ein Tier.


    Mit dem Gedanken im Kopf schloss Hannibal die Tür auf, das Fackellicht vom Gang fiel flackernd in den Raum hinein. Hannibal bügte sich, hob das Brett mit den Schüsseln und dem Becher wieder auf und trat hinein, durchaus wachsam. Aristides hatte ihm von der Heimtücke jenes Sklaven Rutger berichtet. Abrupt blieb Hannibal am Eingang stehen und sah Rutger an, wie er seinen Weg hin und her nahm. „Salve!“ grüßte Hannibal ihn weder freundlich, noch feindselig. Eine gewisse Aversion gegen Rutger verspürte Hannibal durchaus in sich, er hatte doch gehört, dass dieser die kleine Arrecina entführt hatte. Und Hannibal hatte das Mädchen in sein Herz geschlossen, hatte sie früher sogar unterrichtet und auf sie aufgepasst als sie auf Reisen waren. An der Sache mit dem Fluch glaubte Hannibal jedoch weniger, ganz sicher war da zwar auch nicht, aber er wollte sich erst mal selber ein Bild machen. Er kannte seinen Herren schließlich gut genug, um zu wissen, wie vorschnell Aristides doch sein Urteil fällte. „Ich habe Dir etwas zu Essen mitgebracht.“ Ratlos sah sich Hannibal in der Zelle um. Kein Tisch? Noch nicht mal eine anständige Decke lag da. Seine Stirn runzelte sich missmutig. Hierfür waren mit Sicherheit Sica oder Sciurus verantwortlich, die beiden kleinen Ratten.


    Kopfschüttelnd und leise seufzend ging Hannibal ein paar Schritte hinein und bügte sich um das Tablett abzustellen. „Es hat keinen Sinn, wenn Du mich angreifst. Ich bin auch nur ein Sklave wie Du!“ beugte Hannibal jeglichen Attacken vor. In einem der Schüssel war ein dicker Eintopf, daneben lag Brot und Käse, mit einigen weiteren Oliven in einer zweiten Schüssel. Außerdem waren dabei ein kleiner Krug mit verdünntem Wein und ein leerer Tonbecher. Hannibal richtete sich wieder auf und musterte Rutger. „Rutger ist Dein Name, stimmt das? Du warst schwer verletzt habe ich gehört? Trägst Du noch Verbände?“ Hannibal musterte Rutger, ganz ausgeglichen in seinen Säften schien dieser nicht zu sein. Hannibal war zwar bei weitem kein Medicus, aber ein paar wenige Wissensbrocken hatte sich Hannibal schon angeeignet. Hannibal sah sich in dem düsteren Loch um und schüttelte noch mal den Kopf. Es war zwar immerhin nicht die Kammer, aber auch nicht sehr viel besser.

    ~Die Nachahmenden ahmen handelnde Menschen nach. Diese sind notwendigerweise entweder gut oder schlecht. Denn die Charaktere fallen fast stets unter eine dieser beiden Kategorien; alle Menschen unterscheiden sich nämlich, was ihren Charakter betrifft, durch Schlechtigkeit und Güte. Demzufolge werden Handelnde nachgeahmt, die entweder besser oder schlechter sind, als wir zu sein pflegen, oder auch ebenso wie wir.~


    Aus einem unerfindlichen Grunde fielen Hannibal jene Worte des Aristoteles ein als er im Schatten einer Säule stand. Aus dem Dunkeln heraus konnte er gut Sciurus beobachten, verfolgte seine Regungen im Gesicht und lauschte jedem seiner Worte sehr aufmerksam. ~Warnung vor den Priestern... ~ mit einem Blick auf dessen Herren Flavius Gracchus konnte sich Hannibal ein Schmunzeln nicht verkneifen. Ob jener die Worte seines Sklaven gelassen und im Sinne der Saturnalien hinnehmen würde? Da Hannibal eine neugierige Seele war, hätte er zu gerne in den nächsten Tagen an der Tür von Gracchus’ Cubiculum gelauscht. Irgendwie war Hannibal unwohl in der Runde hier, doch eigentlich wussten nur zwei, vielleicht drei von seinem desaströsen Auftritt auf dem Forum Romanum vor langer Zeit. So gab sich Hannibal einen Ruck, überprüfte noch mal, ob alle Geschenke da waren. Er kannte Aristides ja allzu gut. Außerdem hatte Hannibal sicherheitshalber noch mal Aristides Korrespondenz mit dessen Mutter überprüft und eine detaillierte Anweisung für die Saturnaliengeschenke dort gefunden. Den Tag hatte Hannibal dafür opfern müssen, aber er hatte noch einiges wieder gut zu machen.


    Hannibal löste sich aus dem Schatten der Säule, gemessenen Schrittes ging er auf die Klinengruppe zu als die fünf Frauen aufzuspielen begannen. Hinter seinem Rücken trug er das Behältnis für ‚Aristides’ Geschenke. Trotzdem vermochte er würdevoller, erhobeneren Hauptes als sein Herr zu laufen und er versuchte jene Würde auszustrahlen, die man ihm nur an jenem Tag gewähren mochte oder musste. Denn sonst war es schließlich an ihm, den Sklaven zu mimen. Oftmals war ihm das übel in der Vergangenheit aufgestoßen, sah er sich doch in der Lage ein besserer Patrizier zu sein als es Aristides jemals sein würde. Doch so war das Los der Schicksalsgötter, die Parzen hatten ihn zum Sklaven gemacht, Aristides zum Herren. Aber es hatte alles seinen Grund, diese feste Meinung hegte Hannibal tief in sich drin, sonst hätte er vielleicht früher angefangen Aristides zu hassen. Dezent stellte Hannibal den Korb neben eine freie Kline. Lächelnd und in die Runde nickend, dabei bedachte er Sciurus mit einem fast herausfordernden Blick, grüßte er die Anwesenden: „Bona Saturnalia!“ Dann ließ er sich heruntersinken, nahm auf einer Kline Platz und strich seine blutrote Tunika glatt, fuhr sich über seinen frisch nach gewachsenen und sorgfältig gestutzten Bart.

    Seien wir ehrlich, Hannibal hätte sicherlich nicht mit so einer Begrüßung gerechnet. Oder etwa doch? Vielleicht Zorn, Hader und einige wüste Worte, die ihm von Aristides entgegen geschleudert werden würden, aber ohne die Möglichkeit zu haben, sich zu rechtfertigen? Doch es kam, wie es kommen musste. Hannibal blieb stehen, sah Aristides entgegen und schon spürte er Aristides Faust in seinem Gesicht, stärker als es früher der Fall gewesen war. Ein kleiner Teil seines Geistes, der nicht mit der Schmerzbewältigung beschäftigt war, registrierte, dass Aristides Faustschlag durchaus kräftiger geworden war. Sehr zu seinem Leidwesen. Sollen wir Mitleid mit Hannibal haben? Eigentlich hat er es selber zu verschulden, dass alles so gekommen ist. Trotzdem war der Schmerz nicht minder schlimm.


    Abwehrend hob er seinen Arm, um diesen zwischen sein Gesicht und der bedrohlichen Faust von Aristides zu bekommen. Zwischen seinen Zähnen sog Hannibal scharf die Luft ein, unterdrückte nur mühsam ein Stöhnen. „Warte, Marcus. Bitte, ich kann es erklären. Bitte!“ Seine Stimme klang drängend, weniger flehend. Aristides würde es doch verstehen müssen, er hatte keine Wahl damals gehabt. Es war doch alles wenige darum gewesen, ihn zu enttäuschen oder zu fliehen. Sondern mehr, um Aristides zu schützen. Schritte näherten sich, Dacius hatte natürlich gleich reagiert als der erste Fausthieb kam und wollte sich auf Aristides stürzen. Hannibal hob die einzig freie Hand und hielt damit Dacius zurück, der verwirrt von Aristides zu Hannibal sah. „Bitte!“ fügte Hannibal an und sah Aristides eindringlich an, spürte dabei den kupfernen Blutgeschmack im Mund. Aristides, der Gerechte, so war sein Beiname und Hannibal hoffte jetzt darauf.

    Ein Drama, eine Komödie oder eine Tragödie? Was wird sich heute hier abspielen? Mord und Todschlag, werden sich alte Freunde in die Arme fallen oder doch eher die neunköpfige Katze hervorgeholt, um einen weiteren Sklavenrücken zu malträtieren? Wir sehen es, in der ersten Folge von...


    Aristides und Hannibal- Zwei Freunde oder Herr und Sklave?


    Die Handlungsträger:


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    Aristides- in der Rolle des Patriziers Marcus Flavius Aristides


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    Hannibal- in der Rolle des Sklaven Hannibal


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    Alryma- in der Rolle der Lupa Alryma


    Die Vorgeschichte:
    Schon über Generationen diente die Sklavenfamilie von Hannibal, der VII., den Flavier und wie schon sein Vater und dessen Vater und dessen Vater trug Hannibal den Namen des berühmten Feldherren. Ja, manchmal waren die Flavier nicht gerade originell in der Wahl der Sklavennamen. Seite an Seite wuchs Hannibal mit Aristides auf, lernte mit ihm zusammen bei dem griechischen Lehrer, machte die Hausaufgaben seines Dominus und Beide waren recht unzertrennlich. Bis vor einiger Zeit als Hannibal fatalerweise einer Frau aus seiner Vergangenheit begegnete und versuchen musste sie umzubringen, leider ohne Erfolg. Doch so tauchte er unter und seitdem war von Hannibal bei den Flavier nichts mehr gehört. Bis zu jenem Abend, denn die Götter spielten gerne ihre Streiche mit den Lebenden und den kleinen Menschen, verwoben die Schicksal zu gar seltsamen Teppichen. Wahrscheinlich freuten sich die Parzen über ihr kleines Werk oder Mercurius lachte still und heimlich über seine kleine Idee mit den beiden Männern. Doch wir wissen es nicht, die Gedanken der Götter werden uns normalen Lesern und Sterblichen weiterhin verborgen bleiben.


    Und nun, liebe Leser, zu der Handlung, die euch nicht verwehrt bleiben soll:


    Den ganzen Nachmittag hatte Hannibal über diversen Schriften und Abrechnungen gesessen. Zwar war das hier ein Lupanar und das Ende des Jahres noch nicht allzu nahe, ein paar Monate waren noch bis dahin, aber auch an diesem Lupanar waren die Steuereintreiber interessiert. Außerdem hatte Hannibal gehört, dass der Aedil wieder umging und da wollte er noch schnell ein wenig die Bücher fälschen und einige Dinge ins Reine bringen. Man wollte ja als völlig unbescholten gelten, wenn der Aedil hinein schneite. Als der Abend hereinbrach und Hannibals Augen irgendwann bei dem flackernden Öllicht schmerzten, hatte er auch diese Arbeit ad acta gelegt. So stand er auf und streckte sich, seine Knochen knacksten leise und er ließ seinen Atem stosshaft entweichen. Seine Arme noch kreisend trat er auf die Tür zu und aus seinem kleinen Officium heraus und in den Gang. Leises Kichern, das Klimpern einer Lyra und ein brünstiges Stöhnen drang durch den Gang- es war wieder Geschäftszeit und das Lupanar gut gefüllt.


    Also war es auch Zeit für einen kleinen Kontrollgang von ihm. Als er an der ersten Tür vorbeiging, der in einen der großen Räume führte, die nur durch brusthohe Mauern getrennt wurden, war ein quiekendes Geräusch zu hören. Hannibal lauschte kurz, verzog keine Miene, da er durchaus schon abnormere Laute gehört hatte und ging weiter. Ein Zimmer nach dem Anderen schritt er ab bis er in das Atrium kam. Draußen wehte ein kühles Lüftchen, die Tür stand halb auf und Dacius saß auf seinem kleinen Hocker und goss sich aus einem Lederschlauch etwas Wein ein. „Alles in Ordnung?“ Dacius blickte auf und schlurfte aus dem Becher den Wein. „Ja, klar!“ Hannibal nickte und wandte sich um. Sollte er sich doch noch mal der Steuer widmen? Die meisten Leute hatten völlig falsche Vorstellungen, was man als Lupanarleiter alles so machen musste. Gerade als er wieder in den Gang treten wollte, wurde die Tür aufgestoßen. Hannibal wandte sich um und erstarrte...

    „Boah! Das böscht ja Du, Hannibal! Und ich dacht’ dat wäre von draußen. Boah!“ Dacius verzog angewidert das Gesicht und schloss die Tür zum Lupanar. Mit gerümpfter Nase sah er an Hannibal hoch und runter, ebenso dann an Nadia. „Na, da frag ich wohl lieber nicht...Mann, Mann, Mann, auf was für perverse Gedanken die Leute heute immer kommen! Dacius wandte sich um und spähte durch eine schmale Öffnung in der Tür nach draußen. Falls sich ein Kunde näherte, riss er die Tür natürlich gleich auf um ihn herein zu lassen. Nur eben hatte er nicht wirklich aufgepasst, weil er mit Licilla geschäkert hatte. Hannibal bedachte ihn nur mit einem kurzen Blick und lächelte Nadia etwas schief an. Schließlich war dies nicht gerade ein Haus, wo sich eine Frau wie Nadia aufhalten sollte. „Ich...ich weiß, das ist nicht so was besonderes hier. Aber Du wirst hier sicher sein, Nadia. Das verspreche ich Dir. Ich werde alles dafür tun, dass Dir niemand mehr wehtun wird. Ja?“ Er lächelte Nadia treu und warm an. Gerade da stolzierte eine junge Frau hinein. Sie trug eine sehr, sehr und noch sehr viel kürzere Tunika in dunklem Rot, die an der Seite noch mal geschlitzt war. Ihre braunen Locken hatte sie sich hochgebunden.


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    Flora- in der Rolle der Lupa Flora


    Verdutzt blieb sie stehen und sog die Luft ein. „Iiiieh, wie ekelhaft. Bist das Du, Hannibal, Maus? Das ist ja widerlich, ekelhaft, grauenhaft...einfach...ja, bist Du in die Cloaca gefallen oder was? Huch...wer ist denn das?“ Hannibal wandte sich zu der Frau um und lächelte vage. „Das ist Nadia! Nadia, wenn ich Dir vorstellen darf- Flora! Flora, kannst Du Dich vielleicht ein wenig um Nadia kümmern, sie zum Bad bringen und ihr etwas zum Anziehen geben? Und ein eigenes Zimmer?“ Hannibal drückt noch mal Nadias Hand sanft. „Geh ruhig mit Flora. Man kann ihr trauen!“ Lachend näherte sich Flora Nadia und Hannibal, sah Hannibal noch mal pikiert an. „Du badest aber auch gleich, Mäuschen. Komm, Nadialein, ich kümmere mich um Dich.“ Flora wollte erst Nadias Hand greifen, besann sich dann jedoch und drehte sich um, trippelte in den nächsten Gang hinein. Hannibal nickte Nadia noch mal zu und verschwand dann in einem anderen Gang. „Kommst Du, liebste Nadia?“ flötete Flora gut gelaunt.

    „Von den Furien gesandt, von den Rachegeistern geschickt, machte er sich gar bereit für den folgenschweren Schritt!“ geschlossenen Auges murmelte Hannibal die Worte vor sich hin, ignorierte Decius an seiner Seite, der schon seine kleinen Verrücktheiten gewohnt war, als er das Klacken von Scintilla Sandalen wahrnahm. Und wie immer stellte er sich auf eine wortreiche Begrüßung ein, auf viele unnütze Sätze. So blinzelte er dementsprechend überrascht als sie erstaunlich schnell zur ‚Sache’ kam. Abwesend nickte er auf ihre Selbstpräsentation und besah sich lieber genauer das Federset. Vorsichtig schob er das geheime Fach auf, lockerte das hauchdünne und händelange Messer. Das Mordwerkzeug war schließlich das Wichtigste in diesem Plan. Decius war jedoch nicht so kurz angebunden wie Hannibal. Ein breites Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Oho, was für eine Weib! Wenn ich nicht schon verheiratet wäre und Du, liebste Scintilla, noch um die 20 Pfund mehr wiegen würdest, dann würde ich jetzt glatt in Versuchung kommen, Dich auf meinen Armen zu entführen!“ Decius lachte gut gelaunt. „Ansonsten, ja, Fabus hat die Fluchttiere gut in Verwahrung.“ Als Hannibal endlich fertig war, hob er den Kopf und nickte zustimmend. „Gut, gehen wir.“ Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, zog er den Umhang von sich, warf Decius für den Plan noch einmal einen vernichtenden Blick zu und marschierte auf die Casa Helvetia zu. Leise murmelnd raunte er einige Verse, die ihm in den Geist kamen:


    Doch nun geht zum Mahle, damit wir rüsten den Angriff.
    Wohl bereite sich jeder den Schild, wohl schärf' er die Lanze;
    Wohl auch reich' er die Kost den leichtgeschenkelten Rossen;
    Wohl auch späh' er den Wagen umher, und gedenke der Feldschlacht:


    Dass wir den ganzen Tag im schrecklichen Kampf uns versuchen.
    Denn nicht wenden wir uns zum Ausruhn, auch nicht ein kleines,
    Ehe die Nacht herkommend den Mut der Männer gesondert.
    Triefen vom Schweiß wird manchem das Riemengehenk um den Busen
    Am ringsdeckenden Schild, und starren die Hand an der Lanze....

    Die Porta, der Weg darauf hin. Auftritt eines Mannes oder eher der Schatten eines Mannes.
    Der HAUSGEIST tritt auf und spricht:
    Ihr fragt mich, wer ich bin? So hört denn kurz:
    Der Hausgeist bin ich dieses Hauses hier,
    Aus dem ihr eben mich habt kommen seh’n.
    Der Jahre viele sind’s, dass ich dies Haus
    Bewohn’ und wahre, für den Vater, ja
    Den Vatersvater schon des jetzigen Herrn.
    Besagter Ahn hat einen goldenen Schatz
    Mir angstvoll...


    Halt! Moment, falsche Komödie! Denn nicht der Hausgeist, nicht der alte Geizhals und seine verführte Tochter sind die Figuren jenes Stückes hier. Nein, es ist die schöne Scintilla und der verkleidete Hannibal. Sehen wir uns genau ihr Herannahen an.


    Die Sonne strahlt auf den Weg vor der Casa Helvetia. Die beiden Hauptfiguren nähern sich, Scintilla voran marschiert Hannibal. Marschiert? Das wäre wohl der falsche Ausdruck. In den zierlichen Schühchen an seinen Füßen trippelte er den Weg entlang, sein langes Gewand, mit zarten Blumenmustern, schmiegte sich an den richtigen Stellen um seinen Körper, seiner schlanken Taille. Und dort wo Bedarf war, wurde das Kleid von Polstern für den Schein der Weiblichkeit unterstützt. Seine braunen Locken, von der adretten Frauenperücke, wippte bei jedem Schritt, die rote Schminke auf seinen vollen Lippen glänzte verführerisch und auch der zarte Teint, die sorgfältige Ummalung seiner dunklen Augen betonten mit jedem Strich die dargestellte Frau. Selbst die Schritte, Hannibal hatte lange genug üben müssen, waren die einer Frau doch würdig. Sinnlich, vielleicht einen Hauch übertrieben, schwang Hannibals Hüfte hin und her als er die Porta erreichte.


    Vor der Tür angelangt, sah er sich noch mal nach Scintilla um, lächelte kokett und wandte sich ganz wieder der Tür zu. Ein kleiner Teil von ihm bemerkte mit völligem Entsetzen: es fing an ihm ein klein wenig Spaß zu machen, die Frauenkleider zwickten nicht allzu sehr und irgendwie...schnell verscheuchen den Gedanken. So klopfte Hannibal und trat zurück, denn das Reden müsste Scintilla übernehmen.

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    Wie schwer doch Liebeskummer sein kann, besonders für Paris


    Aber wie des Sternes Pracht, ist es nur ein Schein der Nacht! Die Liebe kann alles verlangen, doch auch vergänglich kann sie sein! Was dahin ist und vergangen - kann es denn die Liebe sein? Wenn das Liebesglück auch flieht, der Liebesschmerz wird nie vergehen!


    Ein letzter Blick wurde auf die holde Dame geworfen, ein letztes Mal geseufzt. Gut, Paris hatte auch einfach einen Drang zur Theatralik. Schließlich verliebte er sich ständig in Frauen, die für ihn völlig unerreichbar waren. Frauen, die er still und heimlich anschmachten konnte. Denn schließlich wäre jede Avance völlig aussichtslos, darum musste er auch nicht seinen ganzen Mut zusammenraffen und sie ansprechen. Aber er war Poet! Und nur im Liebesschmerz konnte die wahre Kunst entstehen. Ehe die Amme wieder seinen Blick bemerkte, machte er sich schnell aus dem Atrium davon, suchend im Haus, ob er nicht irgendeinen Flavius oder eine Flavia ausfindig machen konnte, der er von der Ankunft der jungen Leontia brav und gehorsam, ja demütig berichten konnte. Was er dann auch tat!

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    Der in allen Wolken schwebende Paris


    Zu einer anderen Zeit und mit einer anderen poetischen Seele hätte Paris seine schnell aufkommenden Verzweiflung in Tinte und Feder mit den folgenden Worten ausgedrückt: Weit in nebelgrauer Ferne, liegt mir das vergangene Glück. Nur an einem schönen Sterne, hängt mit Liebe noch der Blick. Doch diese Worte sollten einem anderen Genius einfallen und nicht dem jungen Paris, dem die Götter das Schicksal eines unbedeutenden Sklavenleben angedacht haben. Doch wer vermag zu sagen, ob nicht doch aus dem jungen Paris noch ein Vergil oder Ovid wird? Nur die Götter, die Schicksalsgötter... Sein entrückter Blick folgte dem schönen Stern in das Atrium hinein, erschrocken machte er dann jedoch einen Satz zurück als ihn die Amme schier ansprang. Schnell wich er jeder Augenauskratzandeutung aus und nickte. Natürlich hatte er nicht vor, sich daran zu halten. Wie ein Schweif würde er jenem Stern, jener Sternschnuppe folgen, die grade vom Himmel gefallen war. Wenn ihn der oberste Obersklave die Zeit für lassen würde.


    Verdutzt wandte er sich um, als ihn noch eine der Frauen ansprach. Er atmete erleichtert aus, als es nicht auch noch eine Schelte war. „Hannibal?“ Grübelnd musterte Paris die Wand neben dem Eingang. Irgendwas ging da doch rum an Gerüchten. Wirklich kennen tat er jenen Sklaven nicht, welcher nur kurz im Haus anwesend und schnell wieder entschwunden war. Schließlich schüttelte er den Kopf. „Ich glaube nicht! Er war vor einiger Zeit mal hier, aber das ist schon etwas her. Wahrscheinlich ist er bei seinem Herren in...“ Paris hatte keine Ahnung, wer sein Herr war. Entweder Aquilius, Aristides, Milo oder Lucullus, wo erstere Beiden waren, hatte er nicht den blassesten Schimmer. „Ich weiß es nicht. Vielleicht weiß es der Verwalter des Hausherren, Sica heißt der Sklave. Wende Dich am Besten an ihn.“ Als alles Gepäck langsam mal drin war, ebenso Sklaven, Katzen und sonstiger Anhang, schloss Paris schnell wieder die Tür. Bettler schlichen sich gerne bei solchen Gelegenheiten hinein.