Beiträge von Hannibal

    Zitat

    Original von Gaius Caecilius Crassus
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    Nein, danke. Ich denke ich kann den Salzverbrauch in meinem Haushalt sehr gut alleine einschätzen, da immerhin einer das Salz bezahlen muss. Und dieser einer bin ich......


    Soso, du kommst also an Informationen, an die ich niee kommen würde. Was sind das für Informationen? Die vorraussichtliche Salzpreisentwicklung? fragte er etwas spöttisch. Geb mir einige Beispiele für deine Information! Wenn du mit Leichtigkeit an solche Informationen kommst, dann sollte es dir ja auch nicht schwer fallen, einige Beispiele zu nennen.
    ....



    Unterwürfig verbeugte sich Decius. Was für ein harter Brocken, dachte sich der Hochstapler dabei. Wann hatte er das letzte Mal so ein schwieriges Opfer gehabt? Das war schon bestimmt einige Jahre her. Die kleine Patrizierkröte von der Via Sacra. Hatte tatsächlich ihm seine falsche Sklavin für nur 100 Sesterzen abkaufen wollen und ihm mit den Praetorianern gedroht. Und nun stand er dieser Drohung leibhaftig gegenüber. Nichts von den Überlegungen spiegelte sich auf Decius Gesicht wieder. „Werter Praefect, nichts liegt mir ferne, von Dingen zu sprechen, von denen ich keine Ahnung habe. Verzeih meinem schnellen Mundwerk!“ meinte Decius auf die Lapalie mit dem Salzverbrauch bezogen.


    Betont griff er sich an sein Kinn und schien über Crassus Frage nachzudenken. Der wäre ein genialer Trickbetrüger, so war sich Decius sicher. Mit was für eine Kunst der Praefect bluffte, da war sich Decius sicher. Niemand konnte alles wissen und überall seine Finger haben. Oder doch? Decius dachte kurz an seine übellaunige Livilla. Schrieb die nicht öfters so seltsame Dinge auf? War sie eine Informantin der Praetorianer? Er hätte wohl besser lesen lernen sollen als nur die paar Brocken, die er beherrschte. Den Kopf hin und her wiegend, seufzte Decius theatralisch. „Nun, werter Praefect, wir haben Kontakte in die Geschäftswelt, die auf dem Handel beruhen. Das sind völlig andere Vertraulichkeiten, oder zumindest nehme ich das an. Außerdem gehen unsere Kontakte durchaus bis Griechenland, das Land der Dacer und auch bis zu den Parthern, die uns immer mal wieder mit Salz aus der Salzwüste beliefern. Über Mittelsmänner natürlich. Aber wenn Dir das nicht nützlich sein kann? Dann bin ich ratlos...Wir könnten Dir nur unsere treue Verbundenheit und unsere Freundschaft versichern. Mehr leider nicht!“


    Schwermütig und seinen tränensackbetonten Augen sah Decius zu Crassus auf, der ja durchaus etwas größer als Decius war. "Ein Beispiel? Nun, uns war durchaus schon einige Wochen vor dessen Ankunft bekannt, dass Prinz Akuma von Dacien nach Rom gebracht werden würde. Aber ich muss zugeben, ins Blaue hinein, ist es schwierig, Dir zu beweisen, was wir herausfinden können. Ich schlage Dir folgendes vor. Du stellst uns auf die Probe. Irgendetwas, was Du schon länger wissen wolltest. Und ich finde es bis, sagen wir in drei Tagen, für Dich heraus?"

    Hannibal lehnte sich weiter zurück. Der Stuhl kippte etwas nach hinten und der Schatten seines Arbeitsraumes hatte ihn entgültig verschluckt. So sah sein potentieller Auftraggeber natürlich nicht das schmale Lächeln, den kalten Ausdruck in Hannibals Augen. Natürlich hatte Hannibal von dem Edikt gehört und er ahnte schon, auf wen es abgesehen wurde. Reizvoll, höchst reizvoll. Gerade weil es schwierig war. Doch dann zuckte es durch Hannibal hindurch. Was waren das nur für Gedanken? So würde er selber zum gemeinen Mörder werden. Aber das war nicht der Weg, welche die Götter für ihn bestimmt hatten. Stumm starrte Hannibal den Mann an, durchbohrte ihn und versuchte zu sehen ob er log. Die Schwester hatte also ihr Kind verloren. Hmm! Das war in der Tat schlimm. Zwar berührte es Hannibal nicht, aber er verstand den Zorn jenes Mannes durchaus. Aber da stellte sich die Frage nach Ursache und Wirkung, Verursacher und Opfer? Wer war schuld? Die, die die Frau verletzt hatten oder der, der das Edikt aufgehängt hat? Immer noch ein Dilemma. Wahrscheinlich beide!


    Hannibal verglich das mit der jetzigen Situation. Er würde den Dolch führen, doch jener Mann gab den Auftrag. Wer wäre schuld, wenn es ein gemeiner Anschlag wäre? Doch wohl auch der, der den Auftrag erteilt hat. „Setz Dich!“ Hannibal deutete auf einen Stuhl vor dem Tisch und griff nach einem zweiten Pokal. „Etwas Wein?“ fragte er rethorisch, goss den Becher gluckernd voll und schob ihn seinem möglichen Auftrageber zu. „Also gut. Ich nehme mal an, Du redest von dem Aedil. Ist das richtig?“ Hannibal füllte sich sein leeres Glas wieder auf und trank einen tiefen Schluck. „Gut, nehmen wir mal an, ich tue es. Möchtest Du ihn tot sehen? Willst Du ihn leiden sehen? Erschrecken oder willst Du seine gesamte Familie in den Dreck stoßen?“ Ruhig, als ob sie über den Kauf eines Pferdes sich austauschten, stellte Hannibal diese Fragen.

    Hannibal lächelte dünn und lehnte sich gegen die Wand des Kanals. Seltsamerweise kam ihm der irrsinnige Gedanke, dass jene Mauern schon in der Königszeit gebaut wurden. Trotzdem hielten sie den vielen Jahrhunderten und dem Zahn der Zeit felsenfest stand. Die Wand war etwas feucht und moosig, aber auch rau und kantig unter seinen Handflächen. Ein Zubrot verdienen? Dafür war Hannibal immer zu haben. Eigentlich hasste Hannibal auch die Faulheit und den Müßíggang. Etwas, was er mit seinen Herren früher schon nicht geteilt hatte. Hannibal starrte in die Kloake und ignorierte die anderen Männer. Er schaute auch nicht auf, als Sica mit den Männern sprach. Es war als ob es gar nicht ihn betraf. Aber vielleicht lag es auch den unglaublichen Schmerzen, die durch seinen Schädel pochten? Das Wasserrauschen, das Fipsen der Ratten in der Ferne war wie in Watte gepackt. Erst als Sica ihn ansprach, wurde Hannibal aus seiner Lethargie herausgerissen.


    Flüchtig nickte Hannibal zustimmend. Auf die Frage schüttelte Hannibal nur den Kopf, was wieder Schmerzen in seinem Nacken verursachte. „Nein, keine!“ Hannibal stieß sich von der Mauer ab. „Dann bis irgendwann!“ murmelte Hannibal. Hannibal zögerte. Eigentlich tat er sowas äußerst selten, aber dieses Mal war es angebracht. "Danke!" Ohne auf eine Antwort zu warten, ging er zu den Gestalten der Kanäle und bedeutete, dass er bereit war zu gehen. Benommen und etwas unsicheren Schrittes folgte Hannibal ihnen in die Kanalisation. Für Monate sollte er im Untergrund verschwinden und erst später wieder in der Subura auftauchen.

    Beherrscht lief Hannibal an Nadias Seite entlang. Er war wohl weit weniger nervös als Nadia. Doch ein Hauch von Unwohlsein verspürte er durchaus. Aber es war eine belebende Angst, die einen wachsam machte und nicht in der Konzentration nachlassen ließ. Das wäre auch wirklich fatal hier im Hause des Praetorianerpraefekten. Immer wieder nickte Hannibal Nadia beruhigend zu. Die Schritte entgingen ihm natürlich nicht. Doch er zögerte nicht, suchte nach keinem Versteck und dachte auch nicht daran, den Weg abzuändern. Stattdessen berührte er Nadia kurz am Kinn, deutete ihr, ihn nach zu ahmen und senkte leicht den Blick. So sah er nur auf Soldatenstiefel, als die Person, deren Schritte sie hörten, herankam. Hannibal ging, demütig nach unten sehend an ihm vorbei. Doch dann kam es. "Halt!" Hannibal verharrte. Nervös fuhr er sich mit seiner Zunge über die Lippen. Langsam drehte er sich um, hob kurz den Blick. "Ja, Herr?"


    Der Soldat musterte Hannibal scharf und auch Nadia. "Bist Du neu hier?" Nadia schien er zu erkennen, aber Hannibal durchbohrte er mit den Augen. Hannibal neigte den Kopf. "Ja, Herr. Seit gestern bin ich hier im Haus, Herr!" Der Soldat sah Hannibal prüfend an. Mißtrauisch trat er an Hannibal heran, bis er nur wenige Zoll von ihm entfernt war. Hannibal konnte den Geruch seines Atems riechen, den Schweiß unter seiner Rüstung. "Wie ist Dein Name?" Hannibal hob seinen Blick für einen Moment und sah dann wieder voll des Demuts auf den Boden. "Bulbius, Herr! Ich soll die Latrinen reinigen, Herr!" Hannibals Stimme klang ein wenig winselnd, wie bei einem Hund. Angewiderter Miene trat der Soldat einen Schritt zurück. "Die Latrinen? Hmm..." Ohne ein weiteres Wort zu sagen, drehte sich der Soldat um und marschierte weiter. "Die Latrinen...oh, den Göttern sei Dank bin ich kein Sklave?" lachte er und verschwand hinter der nächsten Gangabzweigung. Hannibal atmete tief durch und sah zu Nadia. "Wo geht es weiter?"

    Ruhig legte Hannibal seine verschränkten Finger gegen sein Kinn und sah seinen Besucher stumm an. Aufmerksam verfolgte er dessen Worte, ließ sich jedoch keine Regung anmerken. Nur ab und an zuckte Hannibals linke Augenbraue ein wenig. Ansonsten blieb er kühl und unnahbar von außen. Hannibal dachte über die Worte von seinem Besucher nach. Dass mit dem Beleidigen der Ahnen war für Hannibal wohl das Schlimmste. Innerlich seufzte Hannibal. Warum waren die Menschen nur so? Mißgunst, Neid und gekränkter Stolz trieb die Meisten zu schlimmen Taten. Einer provozierte den Anderen. Doch wer war mehr Schuld an dem Streit, dem Krieg oder der Fehde? Schwer zu beantworten. Nach einer Weile des Schweigens lächelte Hannibal schmal. "Das ist alles? Du wurdest beleidigt und willst deswegen ein Menschenleben auslöschen? Meinst Du, dass die Götter, Iustitia oder die Furien...oder woran Du immer auch glauben magst, das billigen würden?"


    Hannibal ließ seine Hände sinken und sah den fremden Mann streng, fast sogar maßregelnd an. "Wenn Du von mir gehört hast und wohl auch Erkundigungen eingezogen hast, müßtest Du wissen, daß ich nicht ein gemeiner Mörder bin. Der Gerechtigkeit will ich gerne dienen, sofern die CU oder die Praetorianer diese nicht erfüllen können oder mögen." Hannibal griff gelassen nach seinem Weinglas, benetzte seine Kehle mit dem guten Tropfen und lehnte sich etwas zurück. "Aber dafür mußt Du mir schon bessere Gründe geben, damit ich als Dein Rächer erscheine. Eine triviale Beleidigung, so schlimm sie auch in Deinen Augen sein mag, ist es für mich nicht! Ist der Mann ein Knabenschänder? Hat er Deiner Tochter Gewalt angetan? Hat er einen Mord begangen? War er schuld an dem Tod von unschuldigen Menschen?"



    Edit: Weil Namen genannt, was ja falsch war...

    Geduldig sah Hannibal Nadia bei ihrem Enscheidungsprozess zu. Schließlich lächelete er sanft und froh darüber, dass sie sich für eine Flucht entschied. Nicht, dass er es bereuen würde das ganze Dinge geplant und ausgeführt zu haben. Auch nicht, dass er sich direkt in die Höhle des Löwens begeben hatte. Nein, er war einfach froh, dass sich Nadia aus der Reichweite des Praetorianers, die doch immer unberechenbar waren, begab. "Das ist gut, Nadia! Aber wie gesagt, es wird nicht ganz angenehm. Mir ist jedoch kein anderer guter Plan eingefallen, Dich aus dieser gut bewachten Casa zu bringen." Hannibal sah sich erneut suchend um und sah fragend zu Nadia. "Wir brauchen einen Eimer und einen Stab. Als Tarnung für die Arbeit, die wir machen wollen."


    Hannibal zögerte, doch er kam nicht umhin, Nadia in seinen Plan einzuweihen. Schließlich musste sie ihn auch dort hin führen. Wie Hannibal schon gemerkt hatte, war mit seinem Casaplan rein gar nichts anzufangen. Hannibal schürtze die Lippen. "Wir werden durch die Latrinen flüchtigen. Laut meinen Informationen hat die Casa einen Abluß in einen Nebengang der Cloaca Maxima hinein. Von dort wäre es ein leichtes zu flüchten. Ich hätte ja auch den Weg dort hinein gewählt, aber es war nicht heraus zu finden, welcher Kanal diesem Haus angehört. Aber den umgekehrten Weg können wir wohl nehmen." Hannibal hoffte inständig, dass der Abfluss gerade weit genug war, dass auch Hannibal durchkam. Hannibal griff wieder nach Nadias Hand und zog sie hinter dem Vorhang hervor. "Komm, wir haben keine Zeit zu verlieren. Du kennst den Weg zu den Latrinen?"

    Stille! Draußen polterte ein Wagen vorbei und dann wieder die Stille. Der Stuhl von Hannibal kratzte etwas als sich Hanibal fast unmerklich bewegte. Schweigend griff er nach dem Glas und trank einen Schluck. Mit einem süffisanten Lächeln stellte er das Glas zurück und bot seinem "Gast" immer noch nicht etwas Wein an. "Hmm...!" murmelte Hannibal und hob seine Hand. Langsam und wie über die Worte nachdenkend, strich sich Hannibal über das Kinn. Es war doch erstaunlich, wie schnell sich manches in der Subura herumsprach. Woher jener Fremde wohl seinen Namen erfahren hatte? Vielleicht gab es noch Gelegenheit das zu klären.


    Hannibal beugte sich wieder vor und verschränkte die Hände ineinander. Dabei stützte er sich auf seinen Ellbogen ab und ließ langsam seine Finger knacksen. Es schien wie eine Ewigkeit bis Hannibal wieder antwortete. "Ja, das mag sein. Doch kommt es darauf an. Ob jener Mann es auch verdient hat zu sterben. Ich bin kein gemeiner Mörder!" erwiderte Hannibal schließlich kühl und er starrte den Fremden durchdringend an. "Somit wirst Du mir schon sagen müssen, warum er oder sie sterben muss!" Hannibal veharrte. Hinter ihm raschelte es leise, doch Hannibal schenkte dem keine Beachtung.

    "Aber natürlich habe ich die Liste auch schon dabei. Ich wollte Dich jedoch nicht gleich damit überfallen. Aber wenn Du sie wünschst?" Decius verbeugte sich katzbuckelnd, zog dabei vorsichtig, er wollte ja den Praefekten nicht mißtrauisch werden lassen, eine Schriftrolle heraus. Wie ein kostbares Juwel reichte er die Rolle seinem Gegenpart in diesem Gaunerstück. Dann richtete er sich auf und lächelte verschmitzt, ein wenig listig, und rieb sich dabei die Hände. "Salz? Oh, Du wirst den Konsum von Salz in Deinem Haus ein wenig unterschätzen, werter Praefectus. Und von nun an müsstest Du Dir nie wieder darum Sorgen machen. Aber das ist wahrlich nur ein kleiner Vorteil, den es Dir bieten würde, solltest Du Klienten wie mich oder meine Kollegen oder gar die Peregrini haben, so sehr sie nicht ins Gewicht fallen mögen. Wenn ich diese kurz erläutern darf?"


    Decius begann ein wenig auf und ab zu gehen. Die Toga war hinten ein wenig herunter gerutscht, so daß sie über den marmornen Boden schleifte und auch ein wenig von dem verschütteten Wasser aufnahm. Decius bemerkte es nicht. "Es ist ja nicht nur das Gewerbe, welches wir betreiben, oh werter Praefectus. Nein, es ist der Einfluß den wir damit erreichen. Händler, Kunden, Geschäftspartner, unsere Kontakte sind mannigfaltig und reichlich. Unser Netz an Informationen und an Verbindungen somit immens. Selbst die Peregrini können da wichtige Elemente einstreuen. Wie Du siehst, können wir Dir bei Deiner Arbeit mehr als nützlich sein. Dort wo, verzeih wenn ich das so sage, Deine Männer niemals hinkommen könnten, da erreichen wir die Menschen mit Leichtigkeit. Geld, Geld ist der Schlüssel zum Herzen und besonders zu den tratschenden Mündern der Menschen. Aber wie dem auch sei. Unsere moralische und unsere körperliche Unterstützung soll Dir gewiss sein, sowohl in den strahlenden Tagen als auch an den Tagen, wo bedrohliche Gewitter aufziehen. Sind da Freunde nicht immer von Nutzen?" Decius seufzte auf und lächelte schmierig. Ja, einen solchen Freund wollte man nicht wirklich haben. So wie er lächelte, wirkte er wie ein Mann, der kalt lächelnd den Dolch seinem besten Freund in den Rücken stoßen würde. Wenn es um Geld ging! Doch dabei sah er durchaus unterwürfig aus, was den Eindruck nur versträrkte. Ja, den skrupellosen, geldgierigen Händler hatte Decius durchaus drauf. Eine oft gespielte Rolle.

    Bier war einfach nicht sein Getränk. Mochte das Sabberwasser, das Kanalwasser, wie Hannibal es bezeichnen würde, den Meisten schmecken, bei ihm war es nicht der Fall. Angewidert schob er schließlich das Bier zur Seite. Flüchtig nickte Hannibal Scintilla zu. Dabei bemerkte er gar nicht, dass er Gesellschaft bekommen hatte. Erst der Hund riss Hannibal aus seinen lethargischen Gedanken. Schnell zog Hannibal seinen Fuß weg und verzog nur ein wenig das Gesicht. An diese Gepflogenheiten hatte sich Hannibal derweil schon gewöhnt.


    Die Tür der guten Stube schwang auf. Eine Windböe fegte hinein und trieb Regentropfen über die Schwelle. Mit der Windböe stolperte ein Mann hinein. Nicht sonderlich groß und mit schwarzen Haaren, die er sich sorgfältig über seine wachsende Glatze gekämmt hatte. Der Mann trug einen breiten höchst unrömischen Schnurrbart, sorgfältig gekämmt. Doch der Wind hatte einige seiner Haare von der Glatze zur Seite gefegt. Schnell strich er sich die Haare glatt, zog seine Tunika herunter und spähte besorgt in einen kleinen grauen Sack hinein, den er über der Schulter hängen hatte. Ein kleines spitzes Näschen lugte hervor. Stolz lächelnd lief jener Mann auf die Tresen zu und setzte sich dort, nur um ein Bier hingestellt zu bekommen. „Psst...Aranea!" versuchter er die Aufmerksamkeit der Besitzerin auf sich zu ziehen. Aus seinem Sack kroch ein Frettchen mit seinem Kopf hervor und spähte in jede Richtung. Das Näschen schnupperte und man hatte fast das Gefühl als ob das kleine Ding jeden Gast mit wachsamen Auges einschätzte. Flink wie ein Wiesel huschte es aus dem Sack hervor.


    Wechseln wir mal die Perspektive. Die Tische wachsen und wachsen, die Menschen werden gar zu Riesen und gucken wir mal aus den kleinen Äuglein eines Frettchens. Die Füße huschen über den Boden und ein kleines Loch unter den Tresen ist sofort entdeckt. Schummriges Licht umgibt uns, die Menschen sehen etwas verwaschen aus, doch ihr Geruch ist intensiv. Aber Moooment! Da war eine! Eine fette, appetitliche Ratte. Husch, husch! Schnell getrippelt und da war das kleine haarige Wesen. Unsere Zähne vergraben sich im Nacken, das Genick bricht durch die Kraft unseres Kiefers, warmes Blut schießt in unser kleines, aber mörderisches Maul. Lecker, delikat! Nur eine Ratte schmeckte so gut. Noch eine! Ratte fallen gelassen! Schnell, schnell die Nächste und tot. Zufrieden putzen wir uns das kleine Mäulchen und schnuppern wieder herum. Doch lassen wir das kleine Frettchen, dessen Namen werden wir erst später erfahren, unter dem Tisch und sehen mal nach oben.


    Verwirrt sah Hannibal auf! Hatte ihn jemand angesprochen? Freundlich nickend grüßte Hannibal seinen Tischgenossen und folgte dann dem Quell dessen Aufmerksamkeit. Ein breites Lächeln erschien auf Hannibals Miene. Schnell schlang Hannibal den Arm um die Hüfte jenes Jünglings und zog ihn auf seinen Schoß. Die andere Hand legte Hannibal dem Jungen in den Nacken und küsste ihn forsch. Lächelnd löste Hannibal sich von dem Jungen und strich ihm eine Strähne zurück. „Flosculus, was machst Du denn hier? Du solltest nicht hier nach Kunden suchen. Willst Du etwas Bier?“ Hannibal schob sein vernachlässigtes Bier zu dem Jungen und sah schließlich zu Terentius. Der Jüngling schien Hannibal aus seiner Lethargie vollends heraus gerissen zu haben und er musterte seinen Tischgenossen mit dem Hauch von Neugier. Und wie das nun mal so ist, wenn man sich nicht kennt, es kommen zuerst die Standardfragen. „Du kommst nicht oft hier her, oder?“ Hannibal bemühte sich ein wenig den Suburaslang hinzubekommen, eher schlecht als recht.

    Ganz langsam hob sich Hannibals rechter Mundwinkel. Seine Augen, halb im Schatten verborgen, musterten den Besucher durchdringend. Versuchten ihn einzuschätzen. War er ein Spion der Praetorianer? Eigentlich war Hannibal der Meinung, dass sein Name bei den Schwarzröcken noch nicht bekannt war, nur seine Tat. Schweigend griff er nach einem Krug und hob ihn über das Glas, was auf dem Tisch stand. Gluckernd ergoß sich der rote Wein in das Glas, tiefrot wie Blut. Leicht lächelnd nahm Hannibal das Glas und trank einen Schluck von dem Wein. Dabei ließ er seinen Besucher warten und bot ihm auch keinen Tropfen an. Wie nach einer Endlosigkeit von Herzschlägen, die von jenem etwas unheilvollen Schweigen belastet waren, seufzte Hannibal genüßlich und stellte das Weinglas zurück.


    Aufmerksamen Blickes lehnte sich Hannibal nach vorne. Ein Lichtstreifen streifte ihn für einen Moment, doch nur kurz ehe er sich abstützte und wieder im Zwiellicht verschluckt wurde. "Du hast nach meinem Namen am Eingang gefragt. Du hast den Mann gefunden, den Du suchst. Also sprich, was willst Du von mir?" Jedes Wort war klar betont. Hannibal sprach ein gehobenes Latein, nicht das Suburakauderwelsch. Im Gegenteil, er schien in den rethorischen Künsten geschult zu sein, so wie er die Worte betonte. Es war zu spüren, dass die dunklen Augen Hannibals kühl auf dem fremden Mann blickten.

    Fußgetrappel, was an der Tür vor der Unterkunft vorbei kam, lenkten Hannibal ab. Schweigend verharrte Hannibal, doch die Schritte verklangen. Erst da sah er wieder zu Nadia und strich ihr beruhigend über die Wange. "Wenn Dein Herr tatsächlich so ist, wie Du ihn beschrieben hast, wird er verstehen, warum Du hier weg musstest." Hannibal bezweifelte das jedoch. Er glaubte immer noch, dass Nadia ihren Herren mit naiven Augen ansah. Schließlich war ihr Herr ein Flavier. Selbst Hannibal war sich nicht sicher, wie sein eigener Herr reagieren würde, wenn sie aufeinander traffen. Und das, obwohl er ihn fast wie einen Freund betrachtete. "Dein Cato wird Dich hier nicht sehen können, wenn Du hier raus bist schon." Ein müdes Lächeln huschte über sein Gesicht. "Ob sie uns jagen, werden wir mal sehen. Dort wo wir hingehen, werden sie uns jedoch nicht so leicht finden. Hab keine Sorge, ich kenne mich gut in Roma aus. Aber jetzt brauche ich erst mal eine Tunika!"


    Hannibal sah sich suchend um. Da lag doch eine auf dem Nachbarbett. Hannibal strich den Vorhang zur Seite und ging zu dem Bett, nahm die Tunika und kehrte wieder zu Nadia zurück. Ehe er den Vorhang wieder zuzog, musterte er noch mal die Unterkunft, ob sich nicht jemand hinein geschlichen hatte. Hannibal zwinkerte Nadia freundlich zu und zog sich ungeniert seine Tarntunika vom Leib. Darunter trug er nur einen schmalen Lendenschurz. Über ihren Fluchtplan grübelnd, griff Hannibal nach der anderen Tunika. An seiner Schulter war noch eine recht frische, rosa Narbe zu sehen, die nur wenige Monate alt sein konnte. Ohne zu zögern zog sich Hannibal die Tunika eines Caeciliersklaven an. „Nadia, Du musst entscheiden, ob Du hier weg willst. Ich kann Dir mit Sicherheit sagen, dass ich gute Verstecke hier in Roma weiß und auch wie Du Deinen Cato treffen kannst. Willst Du mit oder willst Du hier ausharren? Unsere Flucht, das solltest Du vorher wissen, wird nicht ganz angenehm sein, aber das ist leider notwendig.“ Hannibal zog die Tunika herunter und gürtete sie mit einem einfachen Hanfseil, fragend und ernsthaft sah er Nadia dann an und wartete auf ihren Entscheidung.

    Ein tiefer Seufzer der Erleichterung liess das schwabelige Kinn des falschen Salzhändlers erbeben. Sein Gesicht strahlte professionell auf und er wirkte so als ob Crassus sie schon allesamt als Klienten angenommen hätten. "Aber natürlich würde es sich nur um eventuelle gerichtliche Vertretung handeln. Der Salzhandel floriert und einige unter uns gehören dem Ordo Equester an. Auch möchten wir Dir nicht viele Umstände bereiten, die Rechtsstreitigkeiten kommen nur zwei oder drei Mal im Monat vor, im Höchstfall!" Decius/Pulcher gestikulierte dabei großzügig mit der Hand, in der er noch sein verschwitztes Taschentuch hielt. Seine Toga verrutschte ein wenig, was er kaum beachtete. Decius liebte es schon immer ein wenig zu übertreiben, aber nicht zu viel. Es war immer ein Balanceakt überzeugend zu wirken.


    Leider hatte er dieses Mal viel zu kurz Zeit gehabt, seine Rolle passend vorzubereiten. Aber den reichen Händler hatte Decius schon mehr als ein dutzend Mal gemimt, seine Lieblingsrolle war jedoch immer noch der schmierige Sklavenhändler. Da fuhr er erst richtig in Hochform auf. Und der Sklavenclou brachte auch immer das meiste Geld ein. Bei den folgenden Worten verbeugte sich Decius und lächelte erneut ölig und dienstbeflissen. "Wenn Du wünscht, werter Praefectus, lass ich Dir gleich heute noch eine Liste mit jenen Männern zuschicken. Solltest Du Dich für alle oder für einige davon positiv entscheiden, wäre ein Bote morgen bereit jene erfreuliche Nachricht entgegen zu nehmen."

    Unbeeindruckt nahm Pullus eine Waffe nach der anderen entgegen. EInen der Dolche hielt Pullus dicht vor seinen Augen und ein Grinsen huschte über sein Gesicht. Oh, die Schneide, sie erinnerte ihn an eine frühere Begebenheit. In Germania als er noch Soldat war. Dort hatte er eine Auseinandersetzung mit einem Germanen um eine Wette gehabt. Eine solche Waffe schlitzte Pullus die Schulter auf, scharf diese kleinen Dinger. Der Germane lag am Schluß mit aufgerissenen Hals und einer tiefen Bauchwunde in der Taberna. Wie gut, daß ihn keiner damals erwischt hatte. Leise schmatzend steckte sich Pullus die Waffen ein und musterte den fremden Mann länger und schweigend. Er konnte sich denken, dass dieser noch irgendwo eine Waffe hatte. Wenn er klug war und so wie der sprach, war er es. Doch Pullus war es egal, vielleicht hatte der Mann auch keine mehr und war so eine ehrliche Haut. "Schad' um was...? Hmmm....egal, komm!"


    Humpelnd, obwohl Pullus das Bein schon einige Jahre hatte, führte er den Mann durch die düsteren Gänge. Zwar versuchten bunte erotische Bilder an den Wänden und die Öllampen diese aufzuhellen, doch mit den Jahren war die Decke von dem Ruß der Lampen geschwärzt und das Lupanar hatte nur kleine Fensterschlitze. Vor einer weit hinten liegenden Tür wandte sich Pullus kurz um, eher flüchtig. "Wart mal kurz..!". Pullus verschwand hinter der Tür. Aus einem der Nachbartüren trat eine rothaarige Frau hervor, die eine grasgrüne Tunika trug, recht schmucklos. Sie blieb stehen und musterte den Fremden prüfend. Sie verschränkte die Arme und starrte ihn unverhohlen an. Die Tür ging gleich wieder auf und Pullus trat heraus, er hielt die Tür dabei offen. "Hey, Licilla, haste nich' was zu tun?" Die Frau lächelte dünn und ihre Augen funkelten kalt. Langsam und ein wenig herausfordernd schritt sie an Pullus vorbei und verschwand hinter dem Gang. "Kannst reingehen. Er erwartet Dich!"


    Er hielt die Tür offen bis er hineingetreten war, hinter ihm wurde sie wieder zugestoßen. Im Raum war es düster und nur durch wenige Fensterlädenschlitze drang von der Sonnen etwas Licht in den Raum. Der Raum zeugte eher von einem stoischen Lebensstil, kahl und leer. Abgesehen von einigen alten Waffen, die an den Wänden hingen. Hinter einem Schreibtisch saß ein Mann, halb im Zwiellicht und halb von dem Schatten verborgen. Sein Gesichtsausdruck war nicht zu erkennen und seine Finger tippten immer wieder leise auf das Holz seines Stuhls. Schweigen hüllte den Raum ein und erst nach einigen Sekunden hob der Mann an zu sprechen. "Du suchst mich?"

    Seine Hände waren an das Holz der Tür gepresst als Hannibal sich suchend nach Nadia umsah. Für einen Moment glaubte er, dass sie nicht in der Unterkunft war. In seinem Kopf überschlug Hannibal schon den Alternativplan, doch dann atmete er erleichtert auf. Nadia war doch hier. Lächelnd trat Hannibal auf Nadia zu. Schnell versichterte Hannibal sich, dass wirklich niemand sonst in der Sklavenunterkunft war. Dann ging er zügigen Schrittes zu Nadia und berührte sie sachte mit seiner rechten Hand an der Wange. Hannibal lächelte sie beruhigend an und schloß sie in die Arme. "Ich hab Dir doch versprochen, ich kümmer mich um Dich, meine Schöne!" meinte Hannibal leise als er sich wieder von Nadia löste, aber immer noch dicht vor ihr stand. Besorgt musterte er ihr Gesicht und nahm Nadias Hände in die Seinen. Hannibals Hände waren warm und umschloßen Nadias kalten Finger sanft.


    Hannibal zog Nadia hinter den Vorhang, damit sie nicht gleich gesehen wurden, falls ein anderer Sklave die Unterkunft betreten würde. Dabei schweifte Hannibals Blick suchend in der Unterkunft umher. Fragend sah Hannibal zu Nadia. "Gibt es hier vielleicht noch eine Sklaventunika des Hauses?" Lächelnd strich Hannibal über Nadias Wange und sah sie mit einer Sicherheit an, die er in keinster Weise verspürte. Aber wenn er die nächsten Worte aussprechen würde, wird Nadia sowieso nervös genug werden. "Ich bin hier, um Dich hier heraus zu holen, Nadia!"

    Die Stimmen seines Lockvogels Decius und des Hausherren, Caecilius Crassus, folgten Hannibal noch in den Gang hinein, in dem er sich leise davonschlich. Nachdem er im hinteren Teil der Casa angelangt war, atmete Hannibal kurz auf. War es doch ein nervenaufreibender Lauf an den Bewohnern der Casa vorbei gewesen. Und Hannibal war durchaus nervös, das gehörte auch dazu. Dies machte ihn aufmerksamer und wachsamer als wenn er glaubte, sein Plan wäre absolut sicher. Das war er wahrlich nicht. Zuviel Variablen, die Hannibal nicht vorher einrechnen konnte, zu viele Unwägbarkeiten. Und die Erste war, dass der Plan der Casa, den er so teuer von einem schmierigen Händler in der Subura erworben hatte, völlig falsch war. So stand er plötzlich vor einer Sackgasse, wo eigentlich die Sklavenunterkunft sein sollte.


    Schritte ertönten und leise Stimmen, Hannibal wirbelte herum und sah sich nach einem Versteck um. Schnell drückte er sich hinter die Büste eines ehemaligen Konsuls, ein Caecilier natürlich. Seine Augen schweiften nur flüchtig über Caecilius Metellus Celer. Zwei Sklaven kamen am Gang vorbei, die Reisigbesen und Eimer trugen. Hannibal spähte ihnen hinter her und folgte ihnen schließlich in einigem Abstand. So konnte er immerhin schon in den Arbeitsbereich der Sklaven folgen. Mit zusammen gepressten Lippen orientierte sich Hannibal erneut. Erst als er sich an die Fersen einer alten Sklavin heftete, fand er zur Sklavenunterkunft. Die Tür beobachtete er einige Minuten und als die alte Sklavin wieder heraus kam, nickte Hannibal zufrieden. Noch einmal wartete er kurz, dann ging er auf die Tür zu, öffnete sie und drückte sich durch den schmalen Spalt. Die Tür schloss Hannibal sofort wieder und sah sich nach Nadia suchend in der Sklavenunterkunft um. „Nadia?“

    Knallrot im Gesicht drehte sich 'Pulcher' um und als er erkannte, daß es der Hausherr war, verlor er schnell seine weinrote Farbe. Erstaunlich flink und wendig trat Pulcher vor Crassus und verbeugte sich katzbuckelnd und etwas kriecherisch. "Oh werter Praefectus Praetorio, ich bin untröstlich, blamiert bis auf die Knochen. Sei versichert, dieser elende Dreckhaufen dort..." Er warf seinen 'Sklaven' einen vernichtenden Blick zu. Dieser zuckte auch brav zusammen, zwar eine Sekunde zu spät, aber dennoch einigermaßen glaubhaft. "...wird das noch bereuen. Oh edler Praefect, so möchte ich versuchen, den schlechten Eindruck ein wenig wett zu machen. Wenn ich mich erst mal vorstellen darf? Publius Plodius Pulcher, Vertreter einiger Salzhändler. Hier eine kleine Probe meines Geschäftes!" Schwatzen war wahrlich Decius Leidenschaft. In der Redeflut reichte er Crassus einen Sack mit kostbaren, grobkörnigen Salz.


    "Vielleicht hast Du schon einmal von mir gehört? Wenn nicht, ist es auch nicht verwunderlich. Aber doch zu wissen nützlich ist meine Vertretung für einige Männer und einige ausländische Peregrini, die einen Patron nicht zu ihrem Schutz vorweisen können! Oh werter Praefectus, wie kann ich es nun noch ausdrücken? Eigentlich wollte ich Dich versuchen als Patron dieser Männer zu gewinnen. Doch bitte ich Dich, nein flehe ich Dich inständig an, laß nicht meinen schrecklichen Fehler...meines Sklaven, dem in Weg stehen!" Decius alias Pulchers Gesicht verzog sich flehentlich, seine Hände hoben sich melodramatisch und seine Augen quollen wegen der Aufregung ein wenig nach vorne. Der Sklave hatte derweil stumm, die Scherben aufgesammelt und mit seinem Tunikaärmel ein wenig aufwischen können. Das gröbste Malheur war beseitigt und der Rest würde wohl durch die Sonnenstrahlen trocknen.

    Der Regen klatschte auf Hannibals dunkelbraunen Umhang. Das Wasser hatte schon längst den Stoff durchdrungen auf dem Weg vom Lupanar zu der Spelunke am Kanal. Hannibal hatte es dabei nicht eilig, denn jedes Mal, wenn er in diese Gasse trat, verschlug es ihm den Atem. Der Gestank war schier nicht zum aushalten. Sinnierend betrachtete er den Kanal und die vielen Abfälle, doch dann betrat er die Absteige. Ohne seine tropfende Kapuze herunter zu ziehen, steuerte Hannibal zielstrebig an den Tischen vorbei. Kaum jemand schenkte er auf seinem Weg Beachtung. Er wollte auch niemanden sehen und niemand sollte so tun, als ob er Hannibal kennen würde. An einem hinteren Tisch, nahe der rußverschmierten Wand, setzte sich Hannibal an einen Tisch, er war noch leer. Brütend saß er an diesem und wartete. In letzter Zeit war er faste jeden Abend hier gewesen, so stand recht schnell ein Krug mit Bier vor ihn. Doch das Gebräu, kaum besser als das Abwasserwasser, wurde von Hannibal mit keinen Blickes beachtet.


    Eine zweite Gestalt, ein alter humpelnder Mann, näherte sich den Tisch und nahm neben Hannibal Platz. Hannibal sah nur kurz unter seiner Kapuze auf. Der Alte schob ihm ein Bündel Papyri zu. "Ägyptischess, ganzzz wie Du wolltesst!" Der Alte sprach hell und mit zischelnden Lauten. Hannibal nickte knapp und steckte die Papyri ein. "Was willst Du?" murmelte Hannibal. Der Alte taxierte Hannibal und beugte sich vor. "Du ssschuldessst mir einige Gefallen, Hannibal! Dasss weißsst Du! Ess gibt da wass, wass Du erledigen sssollsst." Hannibal starrte auf einige Dreckflecken vor sich, zeigte aber keine Reaktion. Nach einigen Sekunden des Schweigens nickte Hannibal langsam. Der Alte grinste zufrieden, er hatte keine Zähne mehr im Mund und stand ächzend auf. "Gut, ich ssschick Dir Gultullus vorbei!" Erneut ein Nicken von Hannibal, aber nicht mehr. Doch dann sah er auf. "Es fehlt noch einiges! Ich möchte die Informationen morgen von ihm bekommen. Waren sie in der Casa?" Der Alte grinste breit und tippte sich gegen seine Nase. "Aber natürlich! Wir haben auch den von der Wache aussfindig gemacht...aber alless wenn Du Deine Schulden bezssahlt hasst!" Der Alte humpelte davon.


    Hannibal starrte ausdruckslos auf die Tischplatte. Gequält schloß er die Augen. Ohne darüber nachzudenken griff er nach dem Bier und trank einen tiefen Schluck, was er sofort bereute und angewidert das Gesicht verzog. Langsam, wie unter Mühe hob er seine Augen und zog seine nasse Kapuze nach hinten. Einige dunkle Haarsträhnen klebten an seiner Wange. Seine dunklen Augen hafteten sich auf Scintilla. Grübelnd musterte er sie. Nicht lüstern sah er dabei aus, sondern nachdenklich.

    Pullus sah unwillig auf. Zwar war es immer gut, neue Kunden ins Lupanar zu locken, aber sein Bein schmerzte gerade. Eigentlich wollte er lieber sitzen bleiben. Aber wenn ihn sein Brotgeber erwischen würde, wie er einen Kunden vertrieb, würde es Ärger geben. Grummelnd stand Pullus auf. Er reckte sich uns seine Knochen knacksten leise als die Gelenke aufeinander rieben. "Ne Rothaarige? Da fällt mir gleich die süße Licilla ein. Rothaarig und ne Wucht. Hab sie selber schon geritten! Kannst sie Dir leisten? Ein Denarius, Sonderwünsche gehen extra!" Pullus schniefte und spuckte gegen die Wand. Auf der gegenüberliegenden Seite öffnete sich ein Fenster und ein junger Mann kletterte nach draußen. Hastig sah er sich nach rechts und nach links um. "Dieb...Dieb!" schrie eine Frau, die ans Fenster eilte. Tatsächlich hielt der junge Mann eine Schatulle in der Hand. Schnell rannte er die Gasse entlang. Pullus sah dem gleichgültig hinter her. "Na, oder willste lieber die dicke Venia? Ist jedoch nur fast rothaarig."

    Faszieniert verfolgte Pullus den Flug der Münze. Hoch und runter, hoch und runter. Wie schön sich das Sonnenlicht auf dem Bild des Kaisers spiegelte. Den Kaiser hatte unser Türsteher auch schon ein paar Mal sehen können. Jedoch nur aus weiter Ferne, wenn er wieder mal frei hatte zu den Ludi oder Wagenrennen. Wenn wir wieder einen kleinen unbedeutenden Ausflug in Pullus Vergangenheit machen dürfen? Früher hatte sich Pullus immer mal wieder vorgestellt, er wäre der Sohn des Kaisers. Immer genug zu Essen haben, jeder hörte auf einen und man hatte alles Spielzeug der Welt. Die Schattenseiten konnte sich KleinPullus kaum vorstellen. Flink griff der erwachsene Pullus nach der Münze und steckte sie ein. "Geschäfte? So, so, ja ich verstehe." Die Münze verschwand in Pullus kleinen Geldbeutel und er nickte dem Mann zu ihm zu folgen. Nach einem Namen fragte Pullus nicht. Zum einen interessierte es ihn nicht und zum anderen würde dieser ihm jenen nicht nennen wollen. Die Münze hatte auch genügt. Hinter den Beiden schloß Pullus die Tür. Am Eingang blieb er jedoch stehen und wandte sich um. "Deine Waffen musst Du mir geben!" Abwartend und prüfend musterte Pullus den Mann. Dabei stand Pullus auf einem dickleibigen Satyr, der sich mit einer Nymphe auf dem Gras unzüchtig vergnügte. Mitten durch das Bild ging jedoch ein scharf gezeichneter Riss.

    Der falsche Händler und natürlich mit nichten der Vorsteher der Salzhändler betrat mit seinem Gefolge das Atrium. Sein dickliches Kinn bebte leicht, einziges Zeichen von Decius Unruhe. Doch wieder trat das ölige Lächeln auf sein Gesicht und er sah sich mit wohlgefälligem Geschtsausdruck um. "Ein schönes Atrium, wahrlich hübsch anzusehen. Oh, was für eine Hitze!" Stöhnend ging Decius auf eine Bank und die Wache zu. "Oh, bist Du so gut, guter Mann, wo kann ich eine kleine Erfrischung bekommen? Viel Wasser mit einem kleinen Schuß Wein würde reichen." Pulcher/Decius zog sein Taschentuch wieder hervor, was er im Ärmel trug und wischte sich seine schweißige Stirn ab. Seine massige Gestalt ragte vor dem Wächter auf.


    Der kleine Wolf im Schafspelz, Hannibal, hob ein wenig seinen Blick. Ein zufriedener Ausdruck huschte über sein Gesicht. Plan 1 und 2 gelungen. Jetzt traten ein anderer Sklaven auf den Plan. "Herr, hier ist etwas Wasser!" Einer der Sklaven trat auf einen Tisch zu, nahm die Kanne mit Wasser und ließ sie ungeschickt fallen. Die Kanne fiel zu Boden und zerschellte in viele Scherben, das Wasser ergoß sich auf den Boden. Decius, wie geplant, drehte sich um und riß die Augen auf. Dabei blieb er genau zwischen Hannibal und dem Wächter stehen. "Du kleine Kröte, Du Nichtsnutz. Was fällt Dir ein mich so zu blamieren? Wisch das mit Deiner Zunge auf und Du wirst das noch bereuen, Du Elender, Du Dreck!" Dabei hob er zornig seine Faust und war nahe dran, dem Sklaven eine runterzuwischen. Sein Gesicht verfärbte sich schnell rot. Den Moment der Unruhe nutzte Hannibal um hinter einer der Säulen zu treten, dort im Schatten zu verharren und auf leisen Sohlen davon zu schleichen.