Schauplatz 1: Celeste (immer noch in der Rolle der Callista) und Flora
Flora lachte nicht, irgendwann musste man, mehr frau, in dieser Hinsicht anfangen, wenn man in Not geriet oder sonst keine Möglichkeit hatte sein Leben zu bestreiten. Sie warf Celeste einen halbmitleidigen, aber auch einen mehr gleichgültigen Blick zu. „Na, macht nichts. So schwer ist das nicht. Wir haben hier keine Kundschaft, die höchste Raffinesse erwartet. Rüber und Fertig ist!“ So einfach war es bei den meisten Männern nun mal und darüber war Flora auch nicht unfroh. Die fordernden Kunden, die auch nicht unbedingt mehr Geld einbrachten, waren in dieser Hinsicht lästig. Und je jünger ihre Freier waren, desto schneller war es meist auch wieder vorbei. „Wirst schon sehen, so schlimm ist es auch wieder nicht. Und was hat Dich hierher verschlagen? Ich meine, verdienst Du das Geld für Deine jüngeren Geschwister, für Deine Eltern oder einfach nur für Dich?“
Floras Augen verschmälerten sich einen Deut für einen noch winzigeren Moment. „Angst? Pah!“ Sie winkte ab und marschierte weiter durch den Gang. „Aber dann ist alles im Lot, Liebchen. Da sind wir schon.“ Sie blieb vor einer dunklen Holztür stehen, eine Nymphe räkelte sich nackt auf dem Wandbild daneben, nur war ihr Kopf vom Putz abgeblättert und nur noch ihre nackte Gestalt zu erkennen. „Ist schon in Ordnung, Süße. Wenn ich später noch Zeit habe, zeige ich Dir auch die Räume vom Lupanar. Dann verläufst Du Dich bestimmt nicht noch einmal.“
Und schon klopfte Flora an der Tür. Die Tür öffnete sich einen Spalt und ein Glatzköpfiger, mit auffällig knubbeliger Nase, starrte hinaus und misstrauisch Flora an. „Waf ift?“ raunzte er unfreundlich. Flora verzog ihren Mund und verschränkte die Arme vor der leicht bekleideten Brust. „Die Neue!“ Der Mann starrte Celeste entgegen. An seinem linken Auge wand sich eine breite Narbe entlang und zog das Oberlied etwas tiefer, durch seine dicke Nase stob leise den Atem aus. „Moment!“ Er wandte sein Gesicht halb um. „Die Neue!“ Eine Stimme von innen drang heraus. „Später! Du und Flora, weist sie ein. Ich komme gleich hinzu.“ Genervt rollte der Glatzköpfige mit den Augen. „Fehr wohl.“ Er trat hinaus und schloss die Tür hinter sich. Der Mann steckte seine Daumen in seinen Ledergürtel und musterte Celeste wie ein Stück Ware von oben bis unten. „Ein biffchen dürr...hmm...wie heift Du? Wo haft Du schon gearbeitet?“
Schauplatz 2: Hannibal, Flosculus und eine alte Statue
Behutsam tastete Hannibal mit seinen Fingerspitzen hinter die Statue und langsam, der Schwere des Steines wegen, zog er einen Steinblock nach vorne. Immer wieder schabte der Stein über den Boden, knirschte leise und ein wenig Steinstaub wurde in die Luft gewirbelt und in die Nase von Hannibal, der nur kurz die Luft anhielt und anschließend leise niesen musste. Schnell hielt er seinen Ärmel davor, um nicht allzu laut zu sein, wenn es auch nicht notwendig war. Die Feier am Ende des Ganges war laut genug, um sein Tun zu verbergen. Schließlich war der Stein heraus, Hannibal rückte ihn von dem Versteck dahinter weg, beugte sich vor und griff hinein. Seine Hand ertasteten die Holzkiste, die er hervor zog und erleichtert aufatmete. Sie war also doch nicht entdeckt worden.
Gerade wollte er die Kiste aus schwarzbemalter Buche öffnen, vergaß dabei völlig seine Umgebung, als er seinen Namen vernahm. Hannibal spannte sich an, eine Hand wanderte zu dem Dolch, sein Caestum trug er nicht bei sich, und richtete sich ein wenig auf. Nur schemenhaft nahm er den anderen Mann wahr und erkannte erst als sich die Gestalt an ihn heran warf die Stimme und Flosculus wieder. Der Dolch, der schon nach oben schnellen wollte, sank wieder hinab. „Flosculus?“ fragte Hannibal verwirrt, legte ihm eine Hand auf den Rücken und erwiderte im ersten Moment den Kuss. Doch dann löste er sich schnell, denn schließlich war er Nadia wegen in das Lupanar gekommen und nicht, um alten Affären nach zu hängen. „Nein, ich konnte mich noch aus dem Staub machen im Tempel. Aber was ist mit Dir? Hast Du Dein Schuldenproblem gelöst?“ Hannibal griff unauffällig nach der Kiste und sah sich mißtrauisch im Gang um, hoffte dabei, dass sonst niemand mit Serapio dort entlang gekommen war. „Aber was machst Du hier, Flosculus?“