Beiträge von Lucius Aelius Claudianus Marcellus

    Marcellus klatschte und deutete dann mit der Hand auf die Türe, die im nächsten Moment von zwei Sklaven geöffnet wurde. Dort wartete auch schon Sabinas Sklavin, um mit ihr gemeinsam den Heimweg anzutreten. Marcellus warf ihr einen kurzen musternden Blick zu und wandte sich dann wieder lächelnd zu Sabina.


    "Dann darf ich nun mich von dir Verabschieden. Meine Sklaven werden euch nach draußen begleiten."

    Zuerst glaubte Marcellus sich verhört zu haben, merkte jedoch recht schnell, dass die Sklavin plötzlich inne hielt und andächtig seine Toga anstarrte. Sein Blick schweifte langsam ihre Arme entlang zu ihren Händen, die ein Stück Toga hielten. Wutentbrannt und mit hochrotem Kopf sah er den Riss, den diese nichtsnutzige Sklavin in das Kleidungsstück gemacht hatte. Dann traf sein wütender Blick auf sie und mit einem heftigen Ruck stieß er das Mädchen von sich weg, so dass es zu Boden viel.


    "Du ungeschickte Idiotin! Das darf doch alles nicht war sein!"


    Mit heftigen und unkontrollierten Bewegungen riss er die Toga von sich und warf sie der Sklavin entgegen.


    "Bist du dir bewusst was eine solche Toga kostet? Vermutlich mehr als du selbst Wert bist!"

    Als die Sklavin den Anschein machte fertig zu sein, sah Marcellus an sich hinunter und riss erneut entsetzt die Augen auf. Es war unglaublich, unbeschreiblich – was hatte sie nur aufgeführt?! Er sah aus wie eine schlecht aufgerollte Stoffbahn, aber nicht wie ein römischer Bürger in Toga.


    "Bei den Göttern! Du dummes unfähiges Ding! Kannst du denn gar nichts? Ich habe dir doch gerade erklärt wie das geht."


    Nervös und wütend fing er selbst an bei seiner Toga herumzuzupfen und zu zerren, um sie halbwegs in Ordnung zu bringen. Die Sklavin hatte Glück das er so sehr mit sich selbst beschäftigt war, dass er in diesem Moment nicht an eine Bestrafung dachte. Im Normalfall hätte er sie vermutlich bereits geschlagen. Doch nun dachte er nur an seine Toga und seinen Termin.

    Als Marcellus seinem Gast auf half trafen sich ein weiteres Mal ihre Blicke. Diesmal sogar aus nächster Nähe, da die beiden dicht beieinander standen. Der Aelier war so angetan, dass er im ersten Moment nicht einmal daran dachte, ihre zarte Hand wieder loszulassen. Erst nach einigen Sekunden ließ er sie aus und trat wieder einen Schritt zurück.


    "Deine Sklavin wird dich beim Ausgang erwarten. Ich hoffe wir sehen uns bald wieder Tiberia Sabina."

    "Sehr gerne! Es war auch mir eine besondere Freude."


    Marcellus war im ersten Moment sehr überrascht über den plötzlichen Aufbruch seines Gastes, merkte dann jedoch, wie viel Zeit bereits seit dem Beginn des Essens vergangen war. Daher hatte er auch vollstes Verständnis dafür, dass Sabina nicht all zu lange beim ersten Treffen mit einem bis vor kurzem noch Fremden bleiben wollte. Langsam erhob er sich aus seiner Kline und ging zu ihr hinüber, um ihr seine Hand entgegenzustrecken und ihr beim aufstehen zu helfen.

    Marcellus ließ die Traube nicht mehr aus den Augen und folgte ihren Weg, bis sie letzten Endes in Sabinas Mund landete. Er ließ sich zwar nichts anmerken, aber dennoch hatte diese kurze Vorstellung etwas anregendes und er bekam langsam bestätigte sich sein Gefühl, dass Sabina nicht ganz so jung und unschuldig war, wie sie auf den ersten Blick wirkte.


    "Mit zu alt habe ich mich vielleicht falsch Ausgedrückt. Sagen wir ich bin zu reich an Erfahrung für eine solche Vorgehensweisen. Sich zu Arrangieren ist zwar eine Möglichkeit, jedoch sicher nicht immer der beste Weg. Ich weiß man wird als Frau sehr selten gefragt, aber fühlst du dich denn überhaupt schon bereit für eine Heirat?"

    "Hier beginnst du..... dann wickelst du sie hier herum..... dann da hinunter.... da hinüber..... hier herum.... dort wieder rauf.....und hier hinüber."


    Während Marcellus sprach zeigte er mit seiner Hand endlang des erklärten Wegs. Beruhigt hatte er sich jedoch immer noch nicht ganz. Hoffentlich wusste diese dumme Sklavin nun endlich was zu tun war. Beim nächsten Mal brauchte sie ihm gar nicht erst unter die Augen treten. Heut zu Tage war es nicht einfach brauchbare Sklaven zu bekommen. Vor allem Sklavinnen waren meistens zwar hübsch anzusehen oder auch als Bettgespielin zu gebrauchen, aber für mehr reichte es nicht.


    "Und nun schau nicht lange und fang an! Und schau das die Falten ordentlich fallen."

    Marcellus hatte das Gefühl, dass er ihr tatsächlich eine ehrliche Antwort schuldete und gab sie ihr daher auch.

    "Sagen wir so, sollte mir die Richtige über den Weg laufen, dann wäre ich bestimmt nicht abgeneigt mich neu zu binden. Für eine Zweckehe aus familiären oder politischen Gründen bin ich ohnehin bereits zu alt und denke auch nicht, dass ich so etwas noch nötig habe."


    Im selben Moment kehrte auch einer der Sklaven mit der Nachspeise zurück. Die Wünsche des Gastes konnten dabei vollkommen erfüllt werden. Der Sklave platzierte das Tablett auf dem Tisch und verließ wieder den Raum.

    Da der Sklave den Wunsch des Gastes selbst hörte, winkte ihn Marcellus nur weg, statt es erneut zu wiederholen. Danach sah er wieder zu Sabina. Das was sie sagte, ließ ihn im ersten Moment stocken. Mit einer solch direkten und persönlichen Frage hatte er nicht gerechnet und er konnte daher auch nicht sofort darauf antworten. Lächelnd sah er Sabina an und versuchte seine Antwort möglichst neutral zu formulieren.


    "Wie du heute schon sagtest – man kann nie wissen, was Fortuna für einen bereithält."

    Marcellus atmete tief durch und versuchte sich wieder zu beruhigen – es hatte ohnehin keinen Zweck sich aufzuregen. Vermutlich hatte sie ohnehin nur die hälfte von dem Verstanden, was er eben von sich gegeben hatte. Zumindest wenn man nach ihrem dummen Blick urteilte. Um sie nun los zu schicken, jemand anderen zu organisieren, war keine Zeit. Er hatte sich ohnehin schon damit abgefunden zu Spät zu kommen. Nun ging es nur noch darum, wie lange er zu seinem Termin zu spät kam. Er winkte sie her.


    "Los! Nimm die Toga und komm damit her!"

    Marcellus nahm diese Information mit großem Interesse auf zeigte aber nach außen hin keinerlei Gefühlsregung. Nach dem sein Gast schon länger nicht mehr zugegriffen hatte, rief er die beiden Sklaven herbei, um die bisher aufgetischten Speisen wieder abräumen zu lassen. Es dauerte eine Weile und solange die Sklaven um den kleinen Tisch herumschwirrten, beobachtete er sie nur und unterbrach das Gespräch mit Sabina. Kurz bevor die Sklaven aus den Raum gingen fragte er jedoch.


    "Möchtest du noch eine Nachspeise oder hast du andere Wünsche?"

    Marcellus der bereits sehr ungeduldig darauf gewartet hatte das die Sklavin endlich anfangen würde, riss entsetzt die Augen auf als er hörte, was sie in ihrem gebrochenen Latein von sich gab. Man konnte ihn regelrecht ansehen wie Wut in ihm hochstieg und sein Gesicht rot anlief, bevor er losbrüllte und wild gestikulierend mit seinen Armen herumfuchtelte.


    "Das darf doch nicht war sein! Wer bist du? Die Köchin? Wie kann es sein das hier Haussklaven durch die Gegend laufen, die ihrem Herrn nicht einmal eine Toga anlegen können?"


    Er hatte ohnehin schon Stress genug fertig zu werden, mit dem er sichtlich nicht umgehen konnte. Aber das nun eine Sklavin hier im Raum war, die ihm nicht einmal beim Ankleiden helfen konnte, brachte das Fass nun zum überlaufen.

    Die Sklavin hatte bereits alles hergerichtet und sorgfältig auf das Bett gelegt. Marcellus nickte zufrieden und kam zum Bett. Zuerst nahm er die Tunika auf und streifte sie über. Danach ging er wieder weg und stellte sich mit von sich gestreckten Armen in die Mitte des Raumes. Eine Toga konnte man nicht alleine anlegen und so war es für ihn selbstverständlich, dass jeder Sklave wusste, wie er seinem Herrn dabei zu helfen hatte – vor allem in einem Haushalt, der von Würdenträgern nur so strotzte.


    "Du kannst beginnen!"

    Marcellus schmunzelte, als ihm Sabina ihre Ansichten mitteilte. Er hatte bestimmt nicht vor mit einer Frau über Politik oder die Ämtervergabe durch den Kaiser zu diskutieren, schon gar nicht, wenn sie so jung an Lebenserfahrung war wie seine derzeitige Gesprächspartnerin. Er ließ sich jedoch nichts anmerken, nickte nur und versuchte das Gesprächthema wieder in eine neue Richtung zu lenken. Ein Thema, dass ihn wesentlich mehr interessierte.


    "Ich nehme an du wurdest bisher noch keinen Mann versprochen, nachdem dich dein Vater nach Rom gehen ließ?"

    "Richte eine weiße Tunika und eine Toga her – die mit den Ritterstreifen!"


    Während er mit der Sklavin sprach und ihr weitere Anweisungen erteilte, steuerte er bereits auf die Wasserschüssel zu und tauchte schließlich seine Hände in das warme und wohlige Nass. Vermutlich wäre es besser gewesen sich kaltes Wasser bringen zu lassen, um wirklich wach zu werden, doch er wollte nicht riskieren krank zu werden, wo vielleicht eine baldige Abreise nach Aegyptus bevorstand. Außerdem war um diese Jahreszeit warmes Wasser wesentlich angenehmer. Er verbrachte einige Zeit an der Waschschüssel und erledigte seine Morgenpflege. Als er fertig war, wandte er sich um und sah nach, ob die Sklavin bereits alles vorbereitet hatte.

    "Es ist nicht immer leicht einer patrizischen Herkunft Gerecht zu werden. Wie du aus meinem Namen bestimmt heraushören konntest, bin ich selbst ein gebürtiger Claudier. Mein Wechsel in die plebejische Gens Aelia liegt noch nicht all zu lange zurück und war eher politisch motiviert. Uns Patriziern bleiben derzeit leider viele Ämter und Posten verschlossen und so habe ich nach reiflichen Überlegungen diesen Entschluss gefasst. Und wie du siehst kann ich mich bisher nicht beschweren, auch wenn mein Vorgehen bestimmt nicht bei jedem Patrizier Verständnis hervorruft."


    Das erneute erwähnen des Vormunds machte Marcellus zum ersten Mal so richtig Bewusst, dass Sabinas Auftreten nicht ihrem Alter entsprach. Bisher war er aus unerfindlichen Gründen davon ausgegangen, dass sie bereits Volljährig war. Vielleicht hatte er die Tatsache ihres Alters bisher auch einfach nur verdrängt. Doch nun traf es ihm wie eine Faust ins Gesicht. Bei diesen Gedanken ließ er seinen Blick unbewusst über ihren edel gewandeten Körper gleiten, der vor ihm, in eleganter Haltung auf der Kline lag.

    Es dauerte zwar, aber schließlich kam endlich jemand. Marcellus sah die Sklavin im ersten Moment ein wenig überrascht an, da er sie vorher noch nie gesehen hatte. Vermutlich eine neue Haussklavin, aber es war ihm egal. Auch das sie anscheinend noch wenig Latein sprach war nun vollkommen egal. Wichtig war nur, dass er so rasch wie möglich fertig wurde. Er deutete auf die leere Waschschüssel in der Ecke seines Zimmers. Seine Stimme klang nicht gerade freundlich – seine Laune war es auch nicht.


    "Besorg sofort warmes Wasser. Aber beeil dich! Ich habe wenig Zeit! Danach musst du mir beim ankleiden helfen. Los los!"

    Am heutigen Vormittag stand ein wichtiger Termin auf Marcellus Liste, den er keinesfalls verpassen durfte. Wie das Schicksal es jedoch wollte, hatte er verschlafen und dementsprechend aufgebracht und gestresst rannte er gleich nach dem Aufstehen im Zimmer auf und ab. Hätte er doch nur gestern Abend noch einen Sklaven damit beauftragt, ihn rechtzeitig zu wecken. Doch er war bis spät in die Nacht an dringenden Dokumenten und Briefen gesessen und hatte schließlich darauf vergessen, als er völlig erschöpft zu Bett gegangen war. Nun war jedoch Eile angesagt und so rief er lautstark nach dem nächst besten Sklaven der zur Verfügung stand.

    Marcellus nickte nur zum letzten Satz der jungen Patrizierin, die damit auch seine Ansichten über die Erziehung und Behandlung von Sklaven widerspiegelte. Wäre es einem seiner Sklaven passiert, so wäre die Strafe dafür bestimmt außerordentlich hart ausgefallen. Doch was Sabina mit ihren Sklaven machte, war keine Frage wert, so wie auch ein gewöhnlicher Sklave keinen Wert in seinen Augen hatte. Er ließ es sich daher wieder schmecken und versuchte das Gespräch durch ein neues Thema wieder in Schwung zu bringen.


    "Wie sehen deine Zukunftspläne oder -wünsche aus, nun wo du in Rom bist? Oder hat deine Familie bereits einen Weg für dich vorbestimmt?"

    Es war nicht zu glauben. Erwartete sich der Praetor tatsächlich noch ein Kommentar von Marcellus, dass auch nur annähernd zur Verteidigung dieses Barbaren betragen würde? Wenn das ehrenwerte Gericht unbedingt noch etwas von der Verteidigung hören wollte, dann sollten den Herren dieser Wunsch selbstverständlich erfüllt werden. Marcellus sah noch für einen kurzen Moment hinüber zu dieser Missgeburt, wandte sich dann an den Vorsitzenden des Gerichtes und deutete auf Finn Kylian.


    "Ich überlasse das letzte Wort dem Angeklagten."


    Vielleicht spuckte er dieses Mal ja auf einen der Vorsitzenden.