Beiträge von Iulia Helena

    Nach Wochen ohne eine rechte Bewohnung scheint der Haushalt der Iulier wieder zu erwachen - auch die Nachbarn bemerken, dass hier so einiges vor sich gehen zu scheint. Eifrige Hände der Dienerschaft putzen, lüften und jagen die Spinnen samt Spinnenweben aus dem Haus, selbst eine listige römische, rabenschwarze Straßenkatze mit einem Riß im Ohr wird ins Haus gebracht, um der Mäuse Herr zu werden, die sich während der Abwesenheit rechter Besorgung mit Vergnügen über die Speisekammer hergemacht haben. Es scheint ein neuer Wind im Haus zu wehen, und die Nachbarn tuscheln so manches über die Bewohner.


    "Hast Du diesen Constantius gesehen? Stattlicher Bursche, mit der Statur könnte er zu den Legionen gehen, aber ich habe gehört, er strebt den cursus honorum an!" - "Wirklich? Dann sollte er aber schnellstens heiraten, denn was ist ein Mann schon ohne eine Familie in der heutigen Zeit?" - "Er hat doch seine Schwester bei sich, die ihm den Haushalt führt, hast du sie schon gesehen? Ich glaube manchmal wirklich, dass es stimmt." - "Was denn?" - "Dass die Iulier von Venus abstammen!"
    Und so geht das Getratsche eifriger römischer Matronen mit zu vielen Kindern und eigentlich zu wenig Zeit munter weiter, bis man meinen könnte, die beiden neuen Herrschaften im Haus seien geradewegs vom Olymp oder Hades zurückgekehrt, wobei sich das eine dem anderen nicht wirklich viel gibt und letztlich dazu führt, dass die Nachbarn ziemlich neugierig immer wieder nach dem neuen Herrn und der neuen Herrin im Haus ausspähen.


    Als schließlich ein neuer Türsklave die porta übernimmt - ein recht breitschultriger Nubier mit ziemlich vielen Ohrringen namens Wonga - ist für jeden neugierigen Beobachter klar, dass die Iulier in die casa Iulia zurückgekehrt sind.

    Ihrem Bruder ein inniges, warmes Lächeln zugedenkend, erwiederte sie den Druck seiner Hand mit der ihren kurz, bevor sie wieder nach vorn blickte und darauf wartete, wie die anderen Menschen in der Menge von den Weihrauchschwaden eingehüllt zu werden - bei jedem Opfer eine Beherrschungsprobe, kitzelte der Rauch doch empfindlich in ihrer Nase. Die ersten Momente, in denen sie die würzige Essenz roch, musste sie immer gegen einen Niesreiz ankämpfen, und sie konnte nur hoffen, ihn irgendwann einmal zu überwinden.
    Doch auch Iulia Helena ließ sich schließlich von der feierlichen Stimmung der kultischen Handlung anstecken - selbst die stets zu Gemurmel bereite Menschenmenge um sie alle herum schien für die Zeit des aufsteigenden Weihrauchs ein wenig stiller zu werden.

    Mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen trat die Iulierin ein und schien für einen Moment lang zu stutzen, als sie erkannte, dass sich eine Frau im Inneren des Raums befand - sie grüßte jedoch freundlich, die kurze Überraschung überspielend.
    "Salve! Ich hoffe, Du kannst einige Augenblicke für mein Anliegen erübrigen? Denn ich würde mich gern für den Cursus Rei Vulgarium einschreiben und erfragen, wann der nächste beginnt."

    Viel zu beobachten gab es im Augenblick freilich nicht, denn zumindest Iulia Helena folgte der Zeremonie nun mit ungeteilter Aufmerksamkeit, wohl auch, um die Göttin des Festes nicht durch zuviel Gerede zu verärgern, immerhin sollte das Opfer ihr zu Ehren gelten. Ausser, der Sklave folgte freilich seinen männlichen Interessen und würde die Römerin ob ihrer Gestalt willens genauer betrachten - von selbst erhebt sie jedenfalls nicht mehr die Stimme und bleibt bei ihrem Bruder untergehakt.

    Am hellen Nachmittag wandert eine junge Römerin durch die Schola Atheniensis, um vor dem Officium des Rectors stehen zu bleiben - dann hob sie die Hand und klopfte vorsichtig an, wohl vermutend, dass hinter der Türe wichtige Dinge vor sich gehen mochten.

    "Aber nein!" Das klang nun wirklich empört, fast entsetzt. "Mit dieser irrsinnigen Sekte von Verrückten will ich nichts zu tun haben. Mit göttlichem Gericht meinte ich, dass wir alle unsere Taten vor den Göttern zu verantworten haben, früher oder später. Wozu gäbe es denn sonst den Kult der Fortuna?"


    Sim-Off:

    oki, bis später ;)

    "Menschen tun vieles, wenn der Tag lang und die Sonne heiß ist," meinte sie sinnierend. "Vor allem hier in Rom. Vor das göttliche Gericht müssen wir doch letztendlich alle, oder etwa nicht?"

    "Den Unterschied zwischen Mann und Frau kenne ich sehr genau, das darfst Du mir glauben," gab sie trocken zurück und schmunzelte. "Aber wer spricht davon, dass Dinge, die eine Zeit lang so waren, immer so sein müssen? Was spricht denn gegen ernstzunehmende Priesterinnen? Heutzutage gibt es gar Senatorinnen und Frauen, die den cursus honorum durchwandern, genau wie Männer. Wäre dies so ungehörig, würde der Kaiser dies sicherlich verbieten lassen."

    "Das passt dann doch aber auch nicht zu deinem Bild der Venuspriesterschaft als willfährtige Metzen, meinst Du nicht? Und über Sitten und die Religion zu wachen, geht wohl kaum, ohne denjenigen ihre Fragen zu beantworten, die unwissend sind oder die etwas falsch gemacht haben zu belehren," warf sie ein und nahm abermals einen Schluck aus ihrem Weinbecher.

    Ein schneller, sich vergewissernder Seitenblick zu Constantius' Gesicht offenbarte ihr die 'und das ist mein letztes wort!' Miene, der man wohlweislich nicht wiedersprach - auch wenn es sie sehr reizte, ihm für seine Erklärung ihrer vorgeblichen Schwäche Paroli zu bieten. Nein, es würde andere Gelegenheiten geben, entschied sie für sich und hakte sich sachte bei ihm unter, um dann die Zeremonie weiter zu verfolgen.

    "Braucht es dann für die anderen Götter Priester? Ich denke, jeder wirklich Glaubende braucht bisweilen jemand, mit dem er über die Götter sprechen und eine andere Sichtweise kennenlernen kann. Man mag sich selbst vieles denken, aber im Gespräch entfalten sich die meisten Gedanken und Ideen erst richtig. Und da braucht es sehr wohl einen Priester - eine Person, die sich mit den Göttern, aber auch mit dem Leben ein wenig mehr beschäftigt hat." Nun erschien wieder ein sachtes Lächeln auf den Lippen der Iulierin. "Wir diskutieren unsere Ansichten doch auch gerade, und werden durch die Verschiedenartigkeit unserer Meinungen bereichert."

    "Ist nicht die Venus genetrix eine Göttin aller Römer? Wenn ich nicht irre, stehen Ihre Tempel schon seit vielen hundert Jahren inmitten Roms, und Du kannst mir nicht sagen, dass zur Zeit der Republik ein unsittlicher Kult geduldet worden wäre! Als Mutter des Aeneas ist sie eine Mutter aller Römer, denn stammen wir nicht alle von ihm ab, verdanken wir nicht seiner Reise das Wachsen und Werden Roms? Und ich glaube kaum, dass die ehrwürdigen Matronen Roms Dir darin zustimmen werden, wenn Du davon sprichst, sie seien alle de Wollust verfallen, sind doch Kinder in allen Familien ein Beweis für Fruchtbarkeit und Glück und damit sehr willkommen. Diese Frauen beten die Venus Verticordia nicht umsonst mit Inbrunst an," erwiederte sie und schien keinesfalls bereit, von ihrem Standpunkt abzurücken.

    Der Ärger, den ihr Bruder empfinden mochte, war deutlich zu spüren, zumindest für Iulia Helena, die ihn wohl von allen Menschen mit am besten kannte - es war definitiv nicht der richtige Moment, Einspruch zu erheben. Und wie sie es bereits gesagt hatte, mit ein wenig Zeit würden sich viele Dinge ausgesprochen leichter gestalten. So lächelte sie sanft, den Schleier nun wieder etwas weiter vor ihr Gesicht ziehend, wie es sich für eine hochgeborene Frau geziehmte - Seneca ein leichtes Neigen des Kopfes zugedenkend. "Ich glaube, die Opferzeremonie hat nun bald ihren Höhepunkt erreicht," warf sie leise ein und versuchte die Aufmerksamkeit der beiden Männer wieder nach vorn zu lenken.

    Es war von allen möglichen Gesprächswendungen die falscheste. "Caesar, der Vergöttlichte! Hat er nicht die Ahnenreihe der Iulier bis hin zu Venus zurückgeführt, die als Mutter des Aeneas gilt? Aeneas ist der Vater des Iulus, dem Stammvater unseres Geschlechts, und hat nicht auch der göttliche Caesar der Venus genetrix einen prächtigen Tempel, hier gleich auf dem Forum, errichtet? Ist es nicht die Venus Verticordia, die das Herz der römischen Frauen zu Zucht und Sitte hinführt? Ist nicht der Kult der Venus Libitina der Wahrer der Totenlisten? Wenn Du alles, was der Lieblichen als Verehrung gilt, in die Richtung der fleischlichen Lust schiebst, so irrst Du, werter Philosoph, die Venus Erycina ist nicht Ihr einziges Gesicht. Haben nicht auch die Menschen mehr als eine Facette - und dennoch verdammt niemand den Menschen vollkommen an sich."

    "Sind wir nicht Römer und damit ein wenig ... sagen wir, zurückhaltender im Ausdruck unserer Verehrung für die Götter? Was den Glauben nicht geringer macht. Ich kann mir zumindest nicht vorstellen, dass hier in Rom ein Kultritual praktiziert wird, das dem der Aphrodite in Griechenland gleicht," erwiederte sie recht ernst nun. Oder war es hier doch ähnlich? Ein vager, leiser Zweifel mochte sich nun doch einschleichen.

    "Natürlich ist das Leben vergänglich, aber bedenke, wie viel man nicht sieht, wenn man sich nicht etwas Zeit lässt. Wir haben die Freiheit, uns Zeit lassen zu dürfen, nicht einen jeden Tag neu um unsere Existenz ringen zu müssen - und doch willst Du hetzen und eilen wie ein einfacher Arbeiter? Manche Dinge sind im Stillen, in der Ruhe doch viel besser gekostet und genossen," erwiederte sie nicht unfreundlich, doch die Frage der Reise nach Misenum überließ sie ihrem Bruder zu beantworten.

    Langsam hoben sich ihre Brauen an, bevor sie leicht den Kopf schüttelte. "Das sei den Frauen in den lunapars überlassen, und ich kann die Liebliche auch nicht als eine Metze sehen, die sich einem jeden bereitwillig an den Hals wirft! Die Liebe hat so viele Facetten, und eine körperliche Leidenschaft ist nur eine davon. Was hast Du denn für ein seltsames Bild von der schönen Göttin?"

    "Die Zeit hat wohl vieles gewandelt, seit der Gründung der Republik vor bald sechshundert Jahren. Doch Du sagst, ihr beide hättet den Göttern gedient - warum tut ihr es nicht mehr? Ich hoffe, hier in Rom bald dem Venuskult dienen zu dürfen, wenn mir die Liebliche gnädig ist ... solch traurige Worte zu hören ist selten." Wieder nahm sie einen kleinen Schluck aus ihrem Weinbecher und blickte den Philosophen und seinen Besucher interessiert an.