Beiträge von Iulia Helena

    Gehalten von nun drei Paar Armen, mochte Manias Sturz abgefangen sein - und so blieb Helena die Zeit, Arvinia dankend anzublicken, während sie sichtlich erleichtert wirkte, ihren Verlobten erscheinen zu sehen. Die Kraft eines Mannes würde Mania sicherlich am ehesten helfen können, und sie wusste nur zu gut, wie stark Vitamalacus sein konnte.
    "Sie ist ohnmächtig geworden, Quintus - bringen wir sie doch am besten auf eine Liege, damit sie sich erholen kann, in diesem Alter ist das nicht ohne Gefahren." Einige Sklaven, die Arvinia angewiesen hatte, Wasser zu holen, stoben los, unter ihnen auch der nicht unweit lauernde Xamander, der natürlich auch neugierig auf den Rest des Haushalts gewesen war. Besorgt dann blickte sie wieder zu Mania herab, innerlich hoffend, es möge wirklich nur ein Schwächeanfall gewesen sein und nichts Schlimmeres. Welche Ironie des Schicksals wäre es, würde Cato seine Mutter nun verlieren, weil ihr Herz den Schock der Zurückweisung nicht mitmachen konnte ...

    "Ja, das ist richtig," sagte die Iulierin freundlich und lächelte die Cousine ihres Verlobten offen an. Leises Vogelzwitschern mischte sich in ihre Worte, ein Paar eifrig umherschwirrender Piepmätze schien gerade Nistmaterial an einer nahen Hecke zusammenzutragen und unterhielt sich eifrig über die Vorzüge dieses oder jenen Ästchens - zumindest war das der Eindruck der Iulierin, auch wenn sie die Vögel natürlich nicht verstehen konnte. Letztlich war es schon amüsant, wie nahe dieses Naturschauspiel dem kam, worüber sie mit Albina sprechen wollte. "Es ist schön, dass Du etwas Zeit gefunden hast, die Vorbereitungen für Deine Vermählungen sind sicherlich zeitaufwendig genug." Sanft blickte sie ihre Gesprächspartnerin ab, achtete aber auch recht genau auf deren Reaktion zum Thema bevorstehende Heirat. Ob sie glücklich war, einen einflussreichen Mann zu heiraten, der aus einer der Patrizierfamilien kam? Bisher erschien ihr Albina eher etwas gedrückt, nachdenklicher ...


    "Nun, wir haben uns seit der Rückkehr der Legion noch nicht wirklich unterhalten können, und das möchte ich gerne nachholen. Gerade jetzt, da Du noch hier weilst und es leider absehbar ist, dass wir Dich in die Arme Deines künftigen Gemahls entlassen müssen, scheint mir die verbliebene Zeit kostbar und wichtig - nicht zuletzt, weil es keine andere Frau gibt, die Dir mit Erfahrung bei diesem Thema beistehen könnte." Sklavinnen kamen dabei einfach nicht in Frage. Selbst eine verdiente Sklavin wie Mania, die viele Jahre erlebt hatte, war doch keine römische matrona, und es würde immer entscheidende Unterschiede geben. Einen gleichwertigen Ersatz konnte also eine Sklavin niemals bieten, nicht zuletzt, weil die Glaubensriten einer Hochzeit und der folgenden Ehe Sache der Römer waren, nicht der Sklaven. "Als ich mit fünfzehn in die Ehe gegeben wurde, gab es vieles, das mich verunsichert hat, und nur meiner Mutter verdanke ich, dass ich nicht vollkommen verängstigt zu meinem Gemahl ging. Da Deine Mutter nicht hier sein kann, möchte ich Dir anbieten, Dir zur Seite zu stehen, wenn Du es möchtest."

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    Xamander war nicht glücklich. Ganz und gar nicht glücklich. Früher, in der casa Iulia, hatte er sich um die Schreibarbeiten seiner Herrin und seine Herrin selbst gekümmert. Etwas, was er stets gerne und mit Freude getan hatte (wenn sie nicht gerade wieder einen Anfall von höchst undamenhaftem Aktionismus gehabt hatte) und nachdem sie ihn gezwungen hatte, mit ihr und einer gesamten Legion nach Parthia zu reisen, erinnerte er sich umso lieber daran, was er eigentlich als bevorzugte Arbeit verrichtet hatte. Selbst inmitten des Sandes, der Trockenheit und des Mangels an den wichtigsten Alltagsgegenständen hatte er sich noch irgendwie zumindest gedanklich seine Würde bewahrt. Aber nun, nachdem er wochenlang der Herr über den Haushalt eines Zeltes gewesen war, wurde er einfach abgeschoben und hatte gar nichts sinnvolles zu tun.
    Stattdessen galt es, die ein oder andere Vase abzustauben, Schriftrollen zurecht zu rücken und die Decke über dem Bett seiner Herrin glattzustreichen. Sie hatte immerhin drei Zimmer für sich alleine, und jene waren zudem recht luxuriös möbliert, aber es gab nichts zu schreiben, nichts zu organisieren und überhaupt langweilte er sich zusehends. Nach den Wochen der Anspannung und Gefahr in Parthia schlich der achaische Sklave eher vor sich hin und vertändelte den Tag mit Leichenbittermiene. Und seine Herrin? Sie las. Ruhte. Der ganze Schwung der letzten Wochen schien ihr verloren gegangen, sie wirkte bisweilen sehr erschöpft und elend. Nein, Xamander war nicht zufrieden, weder mit ihr noch mit sich.

    Die Luft roch anders, als sie diese in Erinnerung gehabt hatte, und so war jeder Schritt durch den kleinen Garten, der zum praetorium gehörte, eine Reise in die Vergangenheit, und gleichzeitig auch eine Neuentdeckung. Letztlich hatte sie sich in Italia nie wirklich heimisch gefühlt, sodass sie Hispania mehr als Italia vermisst hatte, wenn sie gereist war - aber es war auch nichts, was der Iulierin allzu sehr das Herz hätte schwer werden lassen. Sie hatte in ihrem Leben genügend Veränderungen erlebt und mitgemacht, sodass grundlegende Wehmut nie allzu lange andauerte, denn die Erfahrung, dass eine Veränderung nichts schlechtes sein musste, war ein stetiger Begleiter geworden. Manchmal mussten sich Dinge auch erst verändern, dass man Neues erkennen und lernen konnte.


    Lächelnd nahm sie schließlich auf einer kleinen Bank Platz, die in Rufweite des Hauses stand und blickte in den klaren, blauen Himmel. Das Wetter war schön, wenngleich noch nicht so warm, wie es zu dieser Jahreszeit hätte sein sollen, aber zumindest regnete es nicht ... die Finger gelinde ineinander verschränkend, wartete sie ab. Bevor sie in den Garten hinausgetreten war, hatte sie Xamander gebeten, Tiberia Albina zu suchen und sie zu bitten, sie im Garten zu einem Gespräch zu treffen - und nun wartete sie entweder auf die selbige, oder aber auf ihren Sklaven, der ihr berichten sollte, dass die junge Tiberierin verhindert wäre, aus welchem Grunde auch immer. Sie mochte die junge Frau, und der Gedanke, sie bald an einen der Flavier und nach Hispania zu verlieren, sollte er dort weiterhin procurator sein und bleiben, gefiel ihr nicht unbedingt.


    Nach ihrem Geschmack war diese Ehe keine glückliche Idee, aber ... sie war beschlossen, und es würde beiden Familien schaden, die Verlobung aufzulösen, auch wenn sie selbst kein gutes Gefühl dabei hatte. Sie hätte den Grund nicht einmal erklären können, wieso sie einen anderen Gemahl für Albina vorgezogen hätte, es war nur eine Ahnung, und auf Ahnungen ließ sich schlecht aufbauen, vor allem nicht, wenn Begründungen gefragt waren. Hoffentlich würde Albina dennoch glücklich werden, und darin wollte sie die junge Frau gern unterstützen. Sinnierend strich sie sich eine Haarsträhne hinter das Ohr zurück und ließ die Gedanken wandern ...

    Die Iulierin hatte sich bei der erhofft freudigen Zusammenkunft von Mutter und Sohn bewusst zurückgehalten, um die beiden nicht zu stören - aber irgendwie entwickelte sich das Wiedersehen ganz und gar nicht so, wie es sich hätte entwickeln sollen. Cato, von dem sie fast erwartet hatte, dass er überglücklich seine Mutter begrüßen würde, schien eher entgeistert und schockiert, und Mania - der Gedankenfaden riss ab, und Helena machte einige Schritte voran, um die alte Frau aufzufangen. In solchen Momenten war es für sie weniger von Bedeutung, ob sie nun Sklavin war oder Freie, Patrizierin oder Plebejerin, es gehörte sich einfach, eine alte Frau nicht auf den Boden fallen zu lassen, schon gar nicht, wenn ihr eigener Sohn sie so schändlich im Stich gelassen hatte wie es Cato mit seiner Flucht soeben getan hatte. Albina, die sich eben verabschiedet hatte, war wohl schon zu weit entfernt, und so blieb es ihr überlassen, den schlimmsten aller Fälle durch kräftiges Zupacken zu verhindern. Sie würgte noch ein eher hilfloses "Xamander!" heraus, bevor sie mit Mania langsam zu Boden sackte, der leblosen alten Frau ihr eigenes Gewicht und einen eisernen Willen entgegensetzend, auf dass sie sich nicht verletzen würde.

    Als Albina das atrium betrat, war Helena die ehrliche Freude anzusehen, die sie beim Anblick von Quintus' Mündel empfand - sie trat mit ausgebreiteten Armen auf die junge Frau zu und umarmte sie sanft, ohne sie indes zu fest zu drücken (so etwas war unter Frauen weit weniger üblich als unter Männern, die eine solche Geste dann gern auch mit launigem Schulterklopfen garnierten). "Albina! Du siehst so blühend aus, es ist schön, Dich bei guter Gesundheit zu wissen und anscheinend zufrieden mit dazu. Hast Du Tiberia Arvinia schon kennengelernt, Quintus' Schwester? Und dies ist Mania, die einstige Amme von Quintus und Catos Mutter. Du wirst sicher noch die abenteuerliche Geschichte vernehmen, wie einige milites auf sie trafen und sie herausfanden, wer sie ist ..." Sie machte eine einladende Geste zu den beiden anderen Frauen hin und wandte sich diesen zu, um nun auch Albina vorzustellen. "Dies ist Tiberia Albina, die Cousine des Vitamalacus, und auch Deine Cousine, Arvinia." Wenigstens war Iulia Helena von ihrer eigenen Familie her schon sich überschneidende Verwandtschaftsbeziehungen und allerlei Verwicklungen gewöhnt, sodass es ihr nicht übermäßig schwer gefallen war, sich auch den tiberischen Stammbaum halbwegs einzuprägen - zweifelsohne ein Vorteil, wenn man Verwandte einander vorstellte.

    Wann immer ein größerer Haushalt sich bewegte, so gab es einiges zu tun. Wenn sich ein Haushalt eines bedeutenden Mannes bewegte, gab es noch sehr viel mehr zu tun - und Iulia Helena hatte in jenen Tagen zwischen ihrer eigenen Ankunft in Mantua und der ihres Verlobten feststellen müssen, dass der Lebensstil eines Legionslegaten deutlich aufwendiger abzulaufen hatte als der eines einfachen Tribuns. Die wenigen Reisekisten, die sie aus Parthia mitgebracht hatten, schienen sich auf einen riesigen Berg summiert zu haben, und diese galt es auspacken zu lassen und zu bestimmen, was wohin gehörte, was man aufstellte, was wieder eingepackt wurde, weil es nicht repräsentativ genug wirkte, um in den Räumen aufgestellt zu werden, die von der Öffentlichkeit gesehen werden würden - und dergleichen mehr. Mehr als einmal war die Iulierin froh gewesen, dass ihr in Mania eine Frau zur Seite stand, die wusste, was in einem großen Haushalt alles zu tun war und ihr hilfreich bei der Organisation zur Seite stand - es war nie die Art der Iulierin gewesen, die wirklich wichtigen Details allein den Sklaven zu überlassen, und so war auch sie von früh bis spät auf den Beinen gewesen, um alles so zu fügen, wie sie sich das für die Zukunft für den Haushalt ihres Verlobten vorstellte.


    Und jetzt war der Tag endlich gekommen, an dem er aus Rom zurückkehrte - dass sie selbst noch würde nach Rom reisen müssen und dann nach Ostia, um ihren Pflichten als Decurio der Hafenstadt nachzukommen, hatte sie vorerst aufgeschoben, bis in Mantua alles gefügt war, wie es sein sollte - und die Plackerei hatte vorerst ein Ende gefunden. Inzwischen wusste sie auch, welcher von den Haussklaven verlässlich arbeitete und welcher ein Drückeberger war - solche gab es immer, und wenn man wusste, wo man sie finden konnte, dann half das sehr, um Probleme zu vermeiden. Angetan in einer tiefblauen stola, über dem Haar eine durchscheinend gewebte palla, in welche Silberfäden eingewirkt waren, erwartete sie gemeinsam mit Vitamalacus' Schwester und Mania (und natürlich dem restlichen Haushalt) die Rückkehr ihres Verlobten - als sie ins atrium schritt, das Kinn erhoben, sie selbst aufrecht gehend, war ihr nicht anzumerken, wie müde sie sich fühlte - und gegen das müde Aussehen hatte dezent aufgetragene Schminke Wunder gewirkt. Warum nur fühlte sie sich seit Wochen so zerschlagen und unwohl? Wenn nur das elende Fieber nicht zurückgekehrt wäre .. um sich abzulenken, atmete sie tief ein und sah zur Türe.

    Leise lachte die Iulierin auf und nickte dann. "Ja, es ist Gewöhnungssache, aber mit der Zeit wirst Du feststellen, dass nicht alle der Soldaten sich derartig benehmen und die meisten es auch nur tun, um vor ihren Kameraden gut dazustehen. Letztendlich werden sie Dir nach einem Lächeln aus der Hand fressen und so gut wie alles für Dich tun, wenn Du nur freundlich darum bittest," stellte sie trocken fest und schmunzelte dabei schelmisch, dass sie hierbei aus eigener Erfahrung sprach, war kaum zu übersehen. Bestimmt würde sich Arvinia im Klima der vielen Soldaten irgendwann an deren Verhalten gewöhnen und es gelassener sehen, wenn sie sich daran erinnerte, wie es ihr einstmals ergangen war, als sie in Arvinias Alter ihrem damaligen Gemahl gefolgt war, so war es ihr nicht sehr viel anders ergangen als Vitamalacus' Schwester. Letztendlich war ein Lächeln doch immer sehr viel überzeugender als jedes Wort. Sanft schob sie ihre Hand in die ihres Verlobten und blieb neben ihm stehen, ohne sich anzulehnen - solche Nähebekundungen hatten sie in der Öffentlichkeit, und sei es auch nur im engsten Familienkreis - nicht zwingend nötig und beließen es dabei, sich einfach nur an den Fingern zu berühren. Etwas anderes hätte zu Quintus wohl auch kaum wirklich gepasst.

    Die Iulierin betrachtete die jüngste Schwester ihres Verlobten interessiert und mit einem freundlichen Blick, und für einen Moment lang verlor sie sich in der Betrachtung der jungen Frau, um Familienähnlichkeiten festzustellen - von denen sie genau wusste, dass sie nur entfernt existieren konnten. Auf jeden Fall war Arvinia hübsch und schien auch gut erzogen zu sein, wie man es bei einer jungen Frau aus einem guten Haus erwarten konnte, und Iulia Helena zweifelte nicht daran, dass sehr bald der geballte Charme von Vitamalacus und Titus gemeinsam nicht ausreichen würde, irgendwelche Bewerber aus dem Haus zu halten. Wahrscheinlich würde auch eine ganze Legion nicht ausreichen, die Männer von ihr fernzuhalten ... sie lächelte etwas, als Vitamalacus sie vorstellte und antwortete dann freundlich:
    "Es freut mich, Dich kennenzulernen, Arvinia - ein bisschen Lachen im Haus wird sicherlich die Zeit in Mantua nicht lang werden lassen. Du begleitest uns doch?" Und, nach einer kleinen Pause, die sie dazu nutzte, sich bei Vitamalacus unterzuhaken, antwortete sie auch auf die Frage. "Mir geht es sehr gut - allerdings ist es nach so langer Zeit in einem Legionslager fast seltsam, wieder in einem richtigen Haus zu schlafen."

    Es hatte gewisse Vorteile, mit einem Mann gemeinsam zu leben, der ein gut vernehmbares Stimmorgan besaß: Man musste ihn weder in einem Legionslager noch in einem normalen Haus lange suchen. Manchmal konnte man sich auch fast so fühlen, als sei das soldatische Leben samt Zucht und Ordnung auch in Vitamalacus' eigenem Haushalt ausgebrochen, aber die Iulierin nahm es einfach als eine Eigenheit ihres Verlobten hin - und da sie wusste, wie sehr er sich auch anders benehmen konnte, war sie deswegen selten wirklich erzürnt. Im Grunde fand sie seine Art auch nicht störend, nur ab und an entstand selbst in ihr der unwiderrufliche Zwang zu salutieren, was sie immer ihrem Blut zugeschrieben hatte - hervorgerufen durch Vitamalacus' knappe Art.
    Sie hatte sich Zeit gelassen vor der Begrüßung der nächsten Verwandten aus Vitamalacus' Familie, aber nun trat die matrona ein, das Haar sorgsam hochgesteckt und halb unter der dunkelblauen palla verborgen, in einem schlichten, blauen Gewand, das ihre frauliche Figur geschickt verbarg und mehr auf eine würdige Wirkung abzielte. Still trat sie an Vitamalacus' Seite und blieb dort stehen, seine Cousine freundlich anlächelnd, und wartete ab, dass er sie einander vorstellen würde, wie es sich gehörte. Sie hätte sich auch selbst vorstellen können, aber gerade bei noch unbekannten Personen legte sie viel Wert auf das angemessene Benehmen - dass sie auch anders konnte, musste schließlich nur einer im Raum wissen.

    Dasselbe könnte man allerdings auch über bestimmte Familien aus dem Plebejerstand schreiben - wenn man Monate betrachtet, in denen sich vier oder fünf Iulier anmelden, dann scheint mir der Bestand an aktiven Patriziern dagegen schon fast marginal. Oder betrachte Familien wie die Decima, die Octavia - auch da gibt's immer wieder eine gute Menge Nachwuchs, bzw. gab es. Zeitenweise konnte man sich auch von Mitgliedern einer bestimmten Familie auf Plebejerseite ziemlich umringt fühlen.
    Vielleicht ist auch einfach die Hemmschwelle größer, eine Patrizier-ID ins Exil oder Elysium zu schicken, höher, weil es eben die Beschränkung gibt, da überlegt man es sich wohl eher, ob man nicht doch weiter dabei bleibt bzw. ob man überhaupt eine anmeldet.

    Sie ergriff seine Hand mit einem warmen Lächeln - sie hatte zwar gehofft, sich mit diesem zuvor unbekannten Verwandten zu verstehen, aber es war dann doch angenehmer geworden als erwartet - und drückte sie sanft. "Gerne - es war schön, Dich kennenzulernen, Licinus, und ich würde mich freuen, wenn Du auch mich besuchen würdest, wo ich zu finden bin, weisst Du ja." Selbst betrunken konnte man wohl kaum die Mitte des Lagers verfehlen, in der sie mit ihrem Verlobten lebte, in sofern hatte die strikte Ordnung der Legionen durchaus einen sehr praktischen Sinn. Wäre sie Trinkerin gewesen, hätte sie sicherlich noch mehr positives an der vorhandenen Ordnung gefunden.
    "Ich wünsche Dir eine gute Nacht, Licinus - und auf bald!" Damit ließ sie seine Hand los und wandte sich ab, das Lächeln noch immer auf den Lippen, während sie sich langsam auf den Rückweg zu den Zelten machte, in denen sie wahrscheinlich schon vermisst wurde.

    Wie auf einem Schiff bewegte sich die Welt einer Iulierin recht schwankend. Früher war es ihr nie unangenehm gewesen zu reisen, sie war gern ausgeritten, aber in den letzten Tagen verursachte ihr die Bewegung ihres schäbigen, aber schnellen Pferdes eine stets vorherrschende Grundübelkeit, die sich auch mit Tees nicht vertreiben ließ. Es war sogar so heftig gewesen, dass sie sich morgens nach einem kurzen Ritt hatte übergeben müssen - und ab da hatte sich Iulia Helena so weit wie möglich geschont. Dass nach dem Tod des Kaisers der Feldzug Geschichte war und man nach Rom zurückkehren würde, begrüßte sie nun, auch wenn sie das noch vor wenigen Wochen nicht einmal vermutet hätte, das Reisen war ihr nun fast zuviel geworden, ebenso das leise Genörgel der Sklaven und die stetige Leidensmiene von Xamander, dessen ausdrucksstarkes Gesicht ihn immer verriet, wenn er unzufrieden war.


    Bequem war das Leben bei der legio ganz sicher nicht, und während sich in ihrem Magen alles drehte und krampfte, was sich nur drehen und krampfen konnte, hielt sie sich eisern am Sattelknauf festgeklammert und versuchte, wenigstens aufrecht zu sitzen, damit es niemandem auffiel, wie elend sie sich fühlte. Am liebsten wäre sie im Zelt geblieben, den ganzen Tag auf einer kline liegend, um sich auszuruhen - und die alte Befürchtung, das schwächende Fieber, das sie schon einmal für lange Monate aufs Bett gefesselt hatte, könnte zurückkehren, war in diesen Tagen lebendig wie nie. Vitamalacus hatte sie von ihren Befürchtungen noch nichts gesagt, und so ritt sie schweigend und wenig gesprächsbereit mit, einer Statue auf einem sich bewegenden, mechanischen Pferd gleich.

    Sie schmunzelte etwas, als er seine vor ihm liegenden neunzehn verbleibenden Jahre erwähnte, um dann in den dunkel gewordenen Himmel zu blicken. Die Nacht war sternenklar, und man konnte die vielen Lichter der Sterne hell am Firmament blitzen sehen, eigentlich ein wunderschönes Naturschauspiel, doch an die meisten Legionäre zweifelsohne verschwendet, die von ihrem Tagewerk müde waren und nun froh um jede ruhige Stunde in ihren Zelten ruhten.
    "Neunzehn Jahre hast Du noch und bist schon signifer? Das kann man nur eine Blitzkarriere nennen, ich sehe es kommen, wenn Du noch fünfzehn Jahre übrig hast, bist Du bereits Kaiser," sagte sie mit einem amüsierten Zwinkern in seine Richtung. Natürlich war es fast unmöglich, auf diese Weise aufzusteigen und nach dem Thron zu greifen, aber auch Flavius Vespasianus war erfolgreicher Armeekommandant gewesen, bevor er sich die Kaiserwürde hatte aneignen können, warum nicht auch der Weg vom einfachen Soldaten hinauf an die Spitze? In Rom war vieles möglich, und in der legio konnte ein Mann viele Freunde gewinnen.


    "Glücklicherweise verfolgt uns der Krieg nicht beständig. Wenn ein Mensch nur Kampfeslärm und Blut sehen muss, andauernd, zerbricht er wohl recht früh und es bleibt nichts von ihm zurück," überlegte die Iulierin und seufzte dann. "Glücklicherweise sind die Zeiten des Bürgerkriegs längst vergangen, auch wenn sie ungleich ruhmreicher für unsere gens waren als die heutigen Tage." Dann, sogleich in die Realität zurückkehrend, fügte sie an: "Ich denke, wir haben alles sauber gemacht, oder siehst Du noch etwas, das wir vergessen haben könnten?"

    Als er von seinen neu gefundenen Freunden sprach, lächelte sie etwas und nickte dann sinnierend. Wenn man ein gemeinsames Ziel hatte, war es leicht, sich zu helfen, sich beizustehen, und die eigenen Interessen für eine Weile zu vergessen - wahrscheinlich funktionierten die Legionen deswegen so gut. Sie nahm einem Mann nicht den Individualismus, aber sie ersetzte doch einen Teil seiner persönlichen Ziele durch ein gemeinsames Ziel, auf das sich zu konzentrieren leichter fiel. Alles andere trat dahinter zurück.
    "Was wirst Du tun, wenn Du erst einmal Deinen Dienst abgeleistet hast? Hoffst Du auf eine Frau und Kinder? Oder weisst Du das heute noch nicht? So viele Veteranen kehren zur legio zurück, obwohl man doch glauben möchte, sie seien des Kampfes müde und der Kriege leid - aber ich habe einige Männer kennengelernt, die sagten, sie könnten im Leben der Zivilisten wenig von dem finden, was sie wirklich fordern würde, dass sie sich ohne die legio langweilen würden. Geht es jedem so?"
    Auch das war einer der Punkte, die sie immer erstaunt hatten, wie man freiwillig nochmal zwanzig Jahre wandernd, kämpfend und schwitzend an den Grenzen des imperiums entlang ziehen konnte, und dies schöner zu finden vermochte als ein ruhiges Familienleben.


    Sim-Off:

    Auwei, sorry für die laaange Wartezeit ... zu lange mit dieser ID nicht online, eindeutig!

    Manchmal führte der Gedanke zum Erscheinen - oder das Erscheinen zum Gedanken? - doch zumindest von solchen Überlegungen unbelastet betrat die Iulierin das Zelt, ein wenig abgehetzt wirkend, denn sie hatte gerade noch das ein oder andere mit einem nachlässigen Sklaven ausfechten müssen. Je weiter man sich von der zivilisierten Welt entfernte, desto aufsässiger und arbeitsunwilliger wurden die Sklaven, und dieses Mal hatte sie ihre Ansicht mit einer Gerte durchgesetzt. Anscheinend waren die saftigen (Po-)Backenstreiche, die sie dem mosernden Sklaven ausgeteilt hatte, im Inneren des Zelts nicht gehört worden, was Iulia Helena nicht unrecht war, welche Frau wollte schon als bösartige Tyrannin erscheinen, selbst wenn es ab und an notwendig war, im Haushalt für Zucht und Ordnung zu sorgen. Bei solchen Dingen belästigte sie ihren Verlobten auch nicht, er hatte schon genug Arbeit mit allen Angelegenheiten der legio am Hals - aber es führte eben bisweilen zu Verspätungen.


    "Entschuldige, dass ich zu spät komme ... oh." Das letzte Wort galt zweifellos der Anwesenheit des Artoriers, hatte sie doch vermutet, alleine mit Tiberius Vitamalacus zu speisen, aber sollte sie sich über die drei- statt zweisame Abendessenssituation ärgern, so zeigte sie es nicht, sondern lächelte freundlich. "Centurio, schön, Dich wiederzusehen. Ein wenig Gesellschaft beim Essen wird uns sicher guttun, sonst sprechen wir nur wieder von Steinen und Sklaven, die sich verzweifelt bemühen, etwas Besonderes zu kochen, das am Ende dann doch wieder wie puls schmeckt." Sie schritt auf die freie Liege zu und ließ sich nieder, nicht ohne Vitamalacus einen innigen Blick zugesandt zu haben - sie brauchten vor anderen keiner Worte, sich gegenseitig ihrer Zuneigung zu versichern, doch solche Blicke verrieten die beiden dann doch.

    Die Zeit verstrich, ohne dass sie diese hätte wirklich festhalten können oder wollen. Letztendlich war es auch einfach nicht mehr bedeutend, was ausserhalb jener winigen Welt geschah, die sie beide ihr eigen nennen durften, denn das wirklich bedeutende ereignete sich hier, in seinen Armen, während sie seinem Atem lauschen, seinen Herzschlag fühlen konnte. Dies war die Liebe, ja, so musste es sein, dieses sich-verbunden-fühlen, ohne nach Beweisen zu suchen, ohne um Klarheit zu bitten, das schlichte Wissen war entscheidend und beruhigend, und mehr brauchte es nicht. Kühl und weich zugleich fühlte sie das Laken auf ihrer Haut, und schmiegte sich eng an beider Körper, sodass sie tief durchatmete. Angenehm war dieses Echo der Kühle nach den erhitzten Stunden, die sie miteinander verlebt hatten, und sie erwiederte seine zärtlichen, liebevollen Küsse gern und aus ganzem Herzen. Könnten diese eine Barriere gegen den Schmerz und Tod des Feldzugs sein, die alles von ihnen fern halten würde, was erschreckend und furchtbar war, so hätte dieser limes der gegenseitigen Zuneigung sicherlich den halben Erdball umspannt. Still war es geworden im Zelt des Tribuns, und Stille, eine wohltuende Entspannung, bemächtigte sich nach diesem langen und anstrengenden Tag der Iulierin, ohne dass sie sich dagegen hätte wehren wollen.


    Auch sie hatte nun die Augen geschlossen, nicht aus klarem Willen, sondern weil sie ihr einfach irgendwann zugefallen waren, und es machte das warme, weiche Dunkel der Entspannung noch ein wenig kostbarer, ließ das Gefühl der Geborgenheit allmächtig werden, und die Welt gänzlich hinter allem zurücktreten, was sie heute miteinander erlebt hatten. Im valetudinarium mochte gerade ein Legionär sein Leben erbittert gegen alles verteidigen, was ihn schwach gemacht hatte, ein anderer mochte jenem letzten Kampf erlegen, irgendwo in der Ferne mochten zweifelsohne Schlachtpläne gegen die Römer geschmiedet werden, wieder woanders lag vielleicht ein Soldat bei einer lupa und glaubte sich dem elysium nahe - aber dies war eine andere Welt, die Iulia Helena nicht mehr zu berühren vermochte, und ruhiger wurde ihr Herzschlag, ihr Geist kam zur Ruhe, und in langsamen, leisen Atemzügen hatte sich Morpheus herangeschlichen und sie in seine Arme genommen, hielt sie sanft und ließ sie, beschützt durch die Arme ihres Geliebten, den süßesten Schlaf kosten, den es auf der Welt nur geben konnte.

    Zitat

    Original von Faustus Decimus Serapio
    [...] Silio dagegen - irgendwie war es doch immer der selbe, immer Silio, der solche Sachen machte! - tauchte unverfroren aus dem Wasser auf, stand großspurig, leicht breitbeinig im seichten Wasser des Ufersaums, und präsentierte sich ihr in seiner ganzen (zugegebenermaßen... nicht gerade unansehnlichen) Pracht.
    "Kannst ruhig rein kommen," trompetete er dazu,"...hier is genug Platz, hehe, wenn wir'n bisschen zusammenrücken auf jeden Fall!"
    Gelächter und beifällige Rufe lohnten ihm seine Dreistigkeit.[/FONT]


    "Vale, tribunus!" Einige Momente lang, nachdem sie ihm verabschiedend zugenickt hatte, blickte Iulia Helena dem Terentier noch nach - er hatte eine so amüsant unverblümte Art und Weise, über Tatsachen zu sprechen, dass sie sich vornahm, bei nächster Gelegenheit das Gespräch mit ihm zu suchen, sobald es möglich war, seine politischen Ansichten würden sicherlich interessant sein. Wenn sie da an die curia Italica zurückdachte, so wünschte sie sich, es hätte mehr Männer von seinem Schlage gegeben und weniger Duckmäuser und Hinterbänkler, die von vorn zu ihr gelächelt und von hinten nach ihr getreten hatten. Die legio war vielleicht schmutzig, anstrengend, gefährlich und ganz und gar nicht der Ort, an dem eine Frau gut aufgehoben war, aber sie war ehrlich, direkt und überall konnte sie das pulsierende Leben spüren, das sie in Rom vermisst hatte. Diese Menschen waren wirklich, sie lebten, sie kämpften für ihr Volk, und diese Menschen verdienten es auch, dass ihnen Rom alles gab, was sie brauchten. Ein Fest, vielleicht, überlegte sie und wurde mit einem Mal durch das Gebrüll vom Fluss her aus ihren Gedanken gerissen.


    Hatte er das nun wirklich gewagt? Aber das Johlen seiner Kameraden ließ keinen anderen Schluss zu, dieser unverschämte Kerl hatte es gerade wirklich geschafft, sie für einen Moment lang sprachlos zu machen, was, zugegebenermaßen, nicht allzu oft passierte. Zudem, er war auch noch nackt, und stand allerhöchstens bis zu den Oberschenkeln im Wasser - ein durchtrainierter, kräftiger Mann, der nicht unansehnlich war. Wäre sie selbst nicht direkt beteiligt, hätte sie über die Situation sicher gelacht, so aber war sie zur Reaktion gezwungen, und es musste eine gute Reaktion sein, um ihm eine Lektion zu erteilen. Zeter und Mordio zu schreien, verbot sich von selbst, so reagierten alten Jugfern und dumme Gänse, und sie sah sich weder als das eine noch das andere (zudem hatten alte Jungfern ganz sicher weder einen Verlobten noch Freude am Zusammensein mit diesem).
    "Meinst Du wirklich, neben Deinem gewaltigen ... ego .. sei noch Platz für eine Frau? Ich wage das zu bezweifeln!" Die Kunstpause vor dem Wort ego musste eigentlich jedem einigermaßen phantasiebegabten Mann eine zweite Möglichkeit offenbaren, das Wort zu betrachten, und so hatte sie zwar den Scherz zurückgegeben, und das in sehr eindeutiger Weise, aber doch den Anstand durch unangreifbar harmlose Worte gewahrt.