"Wir werden das Fest mit einem Opfer für Neptun und Merkur eröffnen, beider Götter Segen ist für das Gedeihen der Stadt unerlässlich - dann wird der Festtag mit einem Markt weitergehen, bei dem zum Nachmittag dann auch der Beitrag der Tylusier zu sehen sein wird. Gegen Abend ist ein Empfang für die Würdenträger angedacht, während das Volk mit einem freien Ausschank von Wein und Nahrung feiern kann - natürlich auch mit Akrobaten und Musikanten aus Rom, die Nähe zur urbs aeterna muss schließlich ausgenutzt werden," erwiederte sie lächelnd und nahm abermals einen Schluck aus ihrem Becher.
Beiträge von Iulia Helena
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Sicher, ihre Cousine war gereinigt worden, aber dennoch, von ihrer Leichtigkeit und jugendlichen Sorglosigkeit war nicht viel geblieben. In diesem Augenblick empfand die Iulierin ein starkes Mitgefühl für ihre junge Verwandte, auch wenn ein gewisser Teil ihres Selbst sie am liebsten gepackt und für ihre Dummheit und den Ungehorsam übers Knie gelegt hätte. Doch dafür war es nicht die Zeit. Dass Livilla die Türe nicht einmal öffnen wollte, sagte ihr genug und versetzte sie einmal mehr in eine gewisse Sorge.
"Livilla, darf ich hereinkommen? Ich möchte Dich in dieser Stunde ungern alleine lassen ..." Ruhig blickte Helena zu ihrer Cousine, ihre Entscheidung abwartend. Die anstehende Unterhaltung wollte sie ungern auf dem Gang führen wollen, nicht zuletzt, weil es die Sklaven nichts anging, was sich ereignet haben mochte - Constantius' Botschaft war erschreckend genug gewesen.
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"Ein Spektakel auf hoher See? Du meinst mit Leuchtfeuern und ähnlichem, oder wie soll ich mir das vorstellen? Wir dürfen durch die Nähe zu Rom sehr viele Besucher erwarten, sodass es recht schwer sein dürfte, die Zuschauer alle auf Schiffe zu verlegen oder etwas dergleichen. Leuchtfeuer jedoch, ein wenig Spektakel für den frühen Abend, warum nicht ... wir haben uns schon mit dem König von Tylus über einen tylusischen Beitrag zum Fest unterhalten, sodass da doch etwas Besonderes zu erwarten sein dürfte."
Die Idee gefiel ihr durchaus, denn es würde sicher zu einem Fest passen, das nicht vollkommen allen römischen Traditionen entsprechen würde - keine Spiele in dem Sinne, keine Wagenrennen, nichts dergleichen, aber dann doch genug zu schauen. Warum nicht ... -
Zu seinen Worten leicht nickend, lehnte sie sich zurück. "So ist es. Brot und Eier kann ich auch liefern, aber sicher nicht in der benötigten Menge. Ich hatte an etwa dreihundert Stück einfaches Brot gedacht und in der gleichen Menge Eier, bessere Speisen wie Brot mit Käse vielleicht hundert, Früchte dann wieder in der Dreihunderteranzahl ...was den Wein angeht, können wir gern deiner Kelter den Vorzug geben, immerhin bist Du ein Angestellter der Stadt, was läge also näher? Ausserdem weiss ich, wie gut Dein Wein schmeckt."
Sie zwinkerte ihm leicht zu und lächelte dann. "Für die anreisenden Priester und die Magistrate der anderen Städte, eventuell auch Würdenträger und Offiziere hatte ich mir einen kleinen Empfang am Abend gedacht, während das Volk in Ruhe feiert ... damit die nobiles nicht beleidigt sind. Was meinst du dazu?"
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"Die Veneta ist unser Zuhause,
Die Veneta, die macht heut hier die Sause!
Ihr Grünen könnt nach Hause gehn,
ihr werdet uns nur von hinten sehn!"Während das Gebrüll auf der Tribüne wieder anhob, gab es Iulia Helena schlichtweg auf, sich mit Worten verständigen zu wollen, denn die Sprechchöre der Veneta-Anhänger waren einfach viel zu laut und da man nun auch noch zusammenhängende, längere Texte sang, war es einfach nur noch irritierend. Sie winkte also mit beiden Händen Minervina einfach zu sich und Constantius, zum einen, um sie aus der Masse der um sie wogenden Leute heraus zu bekommen, zum anderen, damit sie ein bisschen näher stehen würde, falls es dann doch wieder eine Möglichkeit geben sollte, zwischen zwei Liedern ein paar Worte einzuschieben. Die Menge tobte, als Diocles gleich in der ersten Runde den besten Platz eroberte, und auch wenn sie davon nicht minder mitgerissen war, machte sie sich doch auch Gedanken um diese schmale, junge Frau - sie hatte zwar die stolze Haltung einer alten Familie, aber sicher nicht die Statur, um zur Not gegen die Menge bestehen zu können.
"Das wichtigste lernst Du hier schnell!" brüllte sie gegen den Fanchor an und deutete auf die Arena unten, in welcher Diocles sich an die Spitze gesetzt hatte. "Blau ist die Farbe der Veneta und Diocles dort unten ist einer der besten Fahrer der Welt!" Natürlich mochte Minervina vielleicht noch nicht eine Anhängerin der Veneta sein, aber die tosende Stimmung musste einen doch einfach mitreißen, es hielt Helena ja selbst kaum auf ihrem Platz, während sie von den Massen mit ihren Fahnen und Klappern umschlungen waren.
"Genieße es einfach, man hat ja doch keine Chance dagegen!" rief sie lachend und wies Wonga mit einer Geste an, wieder die riesige blaue Fahne zu schwenken, die sie extra dafür mitgebracht hatten. -
Bisher schien sie gegen Blicke recht resistent zu sein, oder lag es etwa an der Gewöhnung daran? Mit ruhigen Handbewegungen schenkte sie ihm und sich zwei Becher mit Wasser ein und reichte ihm einen davon, um sich dann wieder an ihren Platz zu begeben und sich ihm gegenüber niederzulassen.
"Das hört man doch gerne - nichts wäre unangenehmer, als einen Beamten aus einer befreundeten Stadt, der seinem Magistraten dann Schreckensgeschichten über Ostia weitergibt," sagte sie freundlich und nahm einen Schluck Wasser aus ihrem Becher. "Wenngleich es mich erstaunt, dass unser kleines Hafenfest so viel Interesse findet? Misenum und Ostia sind sicher keine Konkurrenten."
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"Es würde mich freuen, dieses Gespräch fortsetzen zu können, sobald es Dir besser geht, Gabriel," erwiederte sie mit einem freundlichen Lächeln. "Versprich mir, dass Du nun wirklich zur castra zurückkehrst und Dich etwas ausruhst, ja? Bei dieser Hitze solltest Du wirklich nicht zu viel Zeit an der prallen Sonne verbringen, das kann Dir nicht auf Dauer guttun."
Eine Weile lang betrachtete sie den Vigil prüfend, und auch mit einem gewissen Ausdruck der Sorge im Blick. Er war zwar ein vollkommen Fremder, aber die Tatsache, dass er ihr geholfen hatte, würde sie ihm nicht vergessen. Er sollte sich schließlich nicht seine Gesundheit bis zu dem Zeitpunkt ruinieren, bis zu dem sie ihm seine Hilfe wieder zurückgezahlt hatte - bei dem Gedanken, wie egoistisch diese Einlassung klingen musste, lächelte sie etwas, aber letztendlich war es so. Ihr Vater hatte sie so erzogen, und so würde sie wohl nie aufhören können zu denken.
"Und solltest Du einmal nach Ostia kommen, scheue Dich nicht, mich zu besuchen, die Curia Ostia ist recht leicht zu finden, jeder wird sie Dir weisen können," fügte sie noch lächelnd an und neigte den Kopf zu ihm, bevor sie sich umwandte. "Vale bene, Gabriel!" Mit diesem Gruß betrat sie das Gebäude und wurde recht schnell vom darin herrschenden, kühlen Schatten verschluckt.
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Mit dem Becher Wein in der Hand blickte sich die Hausherrin überrascht zur Tür um, als Wonga die beiden neuen Gäste hinein brachte, um dann umso erfreuter zu lächeln. Dass Severus noch erscheinen würde, hatte sie nicht erwartet, und nun brachte er auch noch eine weitere Frau mit, die sie zu schätzen gelernt hatte - was konnte es an einem solchen Abend Besseres geben? Nicht, dass es sie allzu sehr erstaunt hätte, dass sich die beiden kannten - vom Temperament her hielt sie es sogar für sehr wahrscheinlich, dass es der Tiberierin gelingen würde, die Sinne des Valeriers genug zu beschäftigen, um seine Aufmerksamkeit gänzlich auf sich zu richten.
"Livilla .. und Valerius Severus! Willkommen!" sagte sie lächelnd und trat auf die beiden zu, um die Tiberierin mit einem Lächeln, den Valerier mit einem sachten Neigen des Kopfes zu begrüßen. "Da hast Du uns einen großen Gefallen getan, diese junge Dame mitzubringen, ich bin mir sicher, es wird unsere Gesellschaft umso amüsanter machen ..."Kurz wies sie auf die anwesenden Gäste, um dann, sollte es einer der beiden Neuankömmlinge wünschen, die einzelnen namentlich nacheinander vorzustellen, ebenfalls auch deren Arbeit zu benennen. "Livilla, ich hätte nicht gedacht, Dich so bald wiederzusehen, aber so ist es umso schöner ..." Sie senkte den Klang der Stimme ein wenig und flüsterte: "Wenngleich ich dich eher wie ein Prachtochse behangen in der Begleitung eines gewissen Aureliers erwartet hätte!" Ein verschwörerisch-belustigtes Zwinkern folgte, dann machte sie eine leichte Geste zu den drei Personen, mit denen sie gerade zusammen gestanden hatte. "Du kennst sicher Artoria Hypathia noch nicht? Sie dient im Kult der Iuno ..."
Dass Severus sich selbst zurechtfinden würde, war ohnehin klar, die Sklavin mit den Getränken trat auch schon zu den beiden Neuankömmlingen heran und bot ihnen etwas zu trinken an. Doch ganz konnte sie es nicht verhindern, dass ihr eigener Blick wieder zu Victor zurückkehrte und für einen Moment sich etwas in seiner Betrachtung verlor. Es schmeckte so bitter, ihn zum Greifen nah zu wissen, und doch unendlich fern - dazu noch mit Lucianus im Gespräch, dessen Umarmung ihr mit einem Mal wieder deutlich in die Erinnerung zurückkehrte. Verrückte Welt, dachte sie für einen Moment lang wehmütig, die lockere, lächelnde Maske für die anderen zeigend. Wo hier gehörst Du denn hin?
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Lächelnd trat sie ein und schloß die Tür hinter sich, um seinen Schreibtisch anzusteuern und sich dort auf einem der Stühle niederzulassen.
"Nun, es gibt da etwas, das ich gerne in Deine Hände legen würde, ein Teil der Vorbereitung für das Hafenfest. Du bist derjenige, der aus eigenem Wissen denke ich am ehesten die Qualität von Wein einschätzen kann, und ich vertraue Deinem Urteil auch über Speisen und Leckereien. Wir werden dem Volk Brot, Früchte und Wein ausschenken während des Festes, und ich möchte, dass Du Dir einen Tag Zeit nimmst, vielleicht auch gemeinsam mit Deiner Frau, um das Angebot auf den Märkten Roms zu sondieren. Nimm nicht das Billigste, sondern wähle die Dinge aus, bei denen das Verhältnis zwischen Preis und Geschmack noch gewahrt bleibt." -
Das Wetter war fast zu schön, um warm zu sein, aber die drückende Schwüle des Tages verriet auch Helena, dass es noch ein ganz anderes Ende nehmen konnte. Langsam kam es ihr vor, als müsste bald die Luft zum Schneiden geeignet sein, denn wann immer der Seewind abflachte, umhüllte die Hitze die am Strand sitzenden Menschen wie eine drückende Umarmung und raubte ihr fast den Atem. Am liebsten hätte sie auf die Stola verzichtet und eine einfache Tunika angezogen, aber so blieb ihr nichts anderes übrig, als unter dem nun viel zu dick gewordenen, eigentlich leichten Stoff ihres Kleides zu schwitzen. Ajax hatte es wirklich gut, stellte sie für sich fest und lachte dann leise auf, als er die Kapriolen seines Verwandten Lucius schilderte.
"Jungen sind wahrscheinlich immer so, hm? Irgendwann entdeckt man die Verlockungen des anderen Geschlechts und alles ist ganz anders. Constantius war damals noch zu jung, als wir gemeinsam aufwuchsen, vielleicht ist das ganz gut gewesen - es hat uns aber auch nicht daran gehindert, an zu heißen Tagen in Tarraco in der Casa Iulia unserer Mutter zu entwischen und ins compluvium des Atriums zu springen, sehr zu ihrem Missvergnügen. Ich weiss gar nicht mehr, wie oft wir uns deswegen Prügel eingefangen haben, aber es war immer sehr erfrischend," gestand sie lachend und zwinkerte ihm dabei zu. Vielleicht war es in diesem Moment gar nicht so schwer, sich eine junge Helena vorzustellen, die mit ihrem Bruder durch die Gänge einer Casa jagte und sich am Ende im Wasserauffangbecken des Atriums wieder fand. "Ich wünschte, die Curia Ostia hätte irgendein Becken, in das man sich stürzen könnte - langsam habe ich das Gefühl, hier am Strand zu schmelzen..."
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"Aber natürlich," sagte sie lächelnd, um ihm dann zuzunicken, bevor sie sein Officium verließ und mit sich ganz zufrieden war. Caecilius Catilius besaß genug Beredsamkeit, einen Mann zu überzeugen, er hatte schließlich auch sie überzeugt, und nach den letzten Tagen, in denen sie beide in riesigen Aktenstapeln versunken waren, hatte er sich wirklich eine Abwechslung verdient. Nun zum nächsten Scriba - auch Decimus Artorius Corvinus sollte eine Aufgabe erhalten, die seinem Wissen, aber auch seiner Persönlichkeit angemessen war.
So ging sie den Gang entlang zum zweiten Officium, in welchem sie den Artorier derzeit vermutete und klopfte dort kurz an, bevor sie eintrat - das Vorrecht, nicht warten zu müssen, stand dem Magistraten jederzeit zu.
"Salve, Artorius Corvinus, hast Du einen Augenblick Zeit?" -
Ein leichtes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen, als er eingetreten war und sich vorstellte, dann bot sie ihm mit einer sachten Geste auf den Stühlen vor dem Schreibtisch Platz an.
"Salve, Publius Sergius Epulo, und erst einmal willkommen in Ostia. Ich hoffe, Du hattest eine ruhige Reise hierher und auch eine angemessene Unterkunft?"Der Sergier ging ja schnell zur Sache, aber irgendwie war sie das von den Mitgliedern dieser Familie fast gewöhnt. Langsam erhob sie sich und schritt zu dem kleinen Beistelltischchen, auf dem ein Wasser- und ein Weinkrug standen, um dort zu verharren. "Kann ich Dir etwas zu trinken anbieten? Es wird über Tag sehr warm hier, und ich könnte sehr gut verstehen, dass Du einen guten Durst mitbringst. Hast Du vielleicht auch Hunger?"
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So viele Informationen auf einmal. Tief im einfach strukturierten Gehirn des ianitors stürmte mit einem Mal ein Strom wirbelnder Gedanken durcheinander und brachte ihn in eine Verwirrung, die er kaum bezähmen konnte. Denn eine Tiberia war wohl eingeladen, aber nicht Livilla, sondern Livia. Oder hatte seine Herrin sich verschrieben? Die Familie war ja richtig, nur der Name nicht ... unschlüssig betrachtete er die beiden Gäste. Weggehende Gäste waren ganz schlecht. Eventuell nicht eingeladene Gäste nicht ganz so sehr und Ärger mit der Herrin - daran wollte er nicht denken, seit sie ihn ein einziges Mal mit der Reitgerte bestraft hatte.
"Ihr mitkomme in Atrium, ich Herrin werde sage, dass Frau mitgekomme." Damit öffnete er die Türe und stapfte voraus, den beiden den Weg weisend ... -
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Wonga hatte die Türe gerade geöffnet, als ihm auch schon des Severus' Sprüchlein entgegen kam, was den Nubier ein paar Mal blinzeln und zu dem Prätorianer herunterblicken ließ. Dann glitt der Blick zu Livilla, zurück zu Severus, und erst jetzt begann das recht langsame Hirn des Nubiers, die gewonnenen Eindrücke auch zu verarbeiten. Und dass er nun auch mit einem Problem konfrontiert wurde, trieb dem hühnenhaften Nubier den Schweiß in feinen, kaum sichtbaren Perlen auf die Stirn.
"Salve, Flavius Valerius Severus. Du eingeladener Gast, aber Tiberia Livilla nicht auf Liste von Gästen," grunzte er dann auch, was rein rhetorisch für ihn eine Meisterleistung darstellte. -
Die Dienerin hatte die Herrin des Hauses bei der Arbeit angetroffen, wie so oft in der späten Nacht war sie noch dabei, etwas zu schreiben, was sich am Tage nicht hatte erledigen lassen - und der Aktenberg aus Ostia schien einfach nicht abnehmen zu wollen, zu viel war während der Absenz eines amtsinhabenden Magistraten aufgelaufen. Entsprechend schockiert hatte Iulia Helena von ihrer Arbeit aufgeblickt, als ihr die Botschaft Constantius' überbracht wurde, um dann die Dienerin sofort wieder zu ihren Aufgaben zurück zu schicken. Vor den Sklaven gab sie sich wohlweisslich keine Blöße, den Nimbus der Hausherrin hatte sie in jeder Lebenslage beizubehalten, um das Regiment über den Haushalt entsprechend beibehalten zu können.
Sie hatte sich über die einfache, dunkelblaue Stola, die sie zuhause oft trug, nichts angezogen und schritt folglich auch leise die wenigen Türen entlang zu Livillas Zimmer, um dort vor der Türe tief einzuatmen. Was sollte sie jetzt tun? Für den Ausgang spätabends, ohne Begleitung der Diener, verdiente sie eine Strafe, aber gleichzeitig war die junge Frau momentan sicher aufgeregt genug. Zuerst würde sie versuchen, sie zu trösten, falls sie das irgendwie zuließe ... denn auch wenn Livilla bisher immer freundlich zu ihr gewesen war, spürte sie die von ihrer Cousine ausgehende Distanz doch, ohne sie sich erklären zu können.
Langsam hob sie die Hand zur Tür und klopfte leise an, wie sie dies immer tat. "Livilla?" -
Noch einmal blickte sich die Iulierin um und ihr Lächeln vertiefte sich, als sie Vitamalacus an genau dem Platz erspähte, an dem sie sich ihn gemerkt hatte - als Patrizier saß er natürlich ein gutes Stück weiter unten als sie beide, die Plebejer, aber die hinter ihm aufragende Gestalt des Titus war genauso unverkennbar wie der fahnenschwenkende ianitor der Casa Iulia mit seiner riesenhaften, schwarzhäutigen Gestalt. Da er sich diesmal aber nicht umdrehte, um ihr zuzuwinken, betrachtete sie den Tribun nur eine Weile mit einem Lächeln auf den Lippen, bis die Fetzen einer sich anbahnenden Unterhaltung an ihr Ohr drangen, zusammen mit dem noch immer ohrenbetäubenden Geschrei der Veneta-Anhänger.
Wenigstens flaute die Begeisterung jetzt ein wenig ab, sodass ihr Kopf nicht mehr vollkommen davon dröhnte, und sie erhielt die Gelegenheit, die junge Frau zu betrachten, mit der sich ihr Bruder unterhielt. Eine sehr junge Frau, sie mochte vielleicht gerade fünfzehn oder sechzehn Jahre zählen, zumindest schätzte es die Iulierin so weit, mit einer doch stolzen Haltung, wahrscheinlich aus einer guten Familie, denn ihre Kleidung war qualitativ hochwertig. Dass Constantius allerdings nur sich, nicht aber auch sie vorstellte, sollte seine Folgen haben - der miles erhielt einen wohlgezielten Tritt gegen sein Schienbein, welches ihm seine Schwester wieder ins Gedächtnis rufen sollte. "Salve!" versuchte sie gegen das Gebrüll auf den Rängen anzuschreien. "Du bist hoffentlich nicht vollkommen von der Stimmung hier erschreckt, ich will nicht wissen, was hier los wäre, hätte Rothar diesen Lauf gewonnen ..." Damit lächelte sie Minervina freundlich zu, diese noch immer interessiert betrachtend.
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Der Jubel darüber, dass Rothar als zweiter über die Ziellinie gegangen war, schwoll ins Unermessliche an - sicher, er hatte nicht gewonnen, aber es war schließlich auch nur ein Vorlauf gewesen. Das Ziel, dass er im Endlauf fahren würde, war erreicht, ein Startplatz war der Veneta schon einmal sicher.
"Veneta victrix!" brüllte eine Gruppe junger Männer schräg hinter Constantius und Helena, so laut, dass sie kurz das Gefühl gewann, ihr müssten die Ohren bei all dem Lärm abfallen. "Ihr Grünen, zieht euch warm an, nachher ist der Rothar dran!" kam es aus einem anderen Eck der nahtlos in das leuchtende Blau der Veneta gekleideten Fankurve, während einige andere einfach nur so laut wie möglich brüllten. Sie machte erst gar nicht mehr den Versuch, sich gegen den Lärm in irgendeiner Form zu wehren und lachte einfach nur aus lauter Vergnügen über diesen zweiten Platz. Vielleicht würde sich Rothar noch einmal steigern, wer wusste das schon?"Ach, er ist ein Rennen weiter, und ich bin mir sicher, er hat noch Reserven," versuchte sie das Dröhnen um sie herum zu übertönen und blickte sich wieder um. Wo war Valerius Victor nur? Er müsste doch hier irgendwo sein, auf den Rängen. Aber bisher hatte sie ihn nicht entdeckt. Konnte es möglich sein, dass er vielleicht krank war? Denn sie war sich sicher, dass der Septemvir sich eine solche Veranstaltung nur mit einer blutenden Herzwunde würde entgehen lassen, wahrscheinlich hätte er sich eher noch auf der Totenbahre in den Circus tragen lassen, um die letzten Runden seiner Favoriten zu sehen, bevor er in den Hades überging. Oder ... sie hätte sich fast mit der Hand vor die Stirn geschlagen. Natürlich, er war Septemvir. Das hieß, dass er an diesem Tag unter den Priestern sitzen würde, ohne Fangesänge und lautstarkes Anfeuern. Dennoch, auch diese kurze Erinnerung an den Valerier ließ ihr das allzu vertraute Kribbeln im Bauch zurück und ein leises Seufzen ebenso, das sich im allgemeinen Lärm verlor. Noch hatte sie Minervina nicht bemerkt, wobei es schon auffällig war, dass eine Frau mit roter Palla unter einer Horde blau gekleideter Venetaanhänger stand ...
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Sie begann die Hitze des Tages zu spüren, denn während der Seewind für einige Zeit abzuflauen schien, knallte die Sonne deutlich intensiver auf die Menschen auf dem Strand herunter, so auch die Magistrata und ihren Gesprächspartner. Selbst Ajax schien nicht ganz von der Sonne angetan, zog er doch mit seinem schwarzen Fell besonders viel Wärme an - kurzerhand trabte das Pferd wieder in das Wasser hinein und tobte dort weiter vor sich hin. Am liebsten hätte sie mit dem Pferd getauscht und sich einfach in das Wasser geworfen, um ein paar erfrischende Runden zu schwimmen. Sehnsüchtig blickte sie auf das Meer und seufzte sehr leise. Dieser Wunsch war unerfüllbar - zum einen saß halb Ostia am Strand und aß genau wie sie zu Mittag, zum anderen war da ja noch jemand anwesend, dessen Vorstellung von der Welt sicher in all ihren Grundfesten erschüttert gewesen wäre, hätte sie sich kurz vor ihm entblättert und wäre dann ins Meer gerannt.
Seine Worte über den gemischten Wein lenkten sie glücklicherweise wieder ab und ließen sie leise auflachen. "Du trinkst ihn lieber pur, das habe ich schon gemerkt. Aber sei Deinem cellarius nicht zu gram, ich bin mir sicher, er hat es nur gut gemeint und wollte Dich nüchtern zurückkehren wissen." Zumindest war dieser Gedanke recht wahrscheinlich. Was er zum cursus honorum sagte, ließ sie dann auch etwas ernster werden. "Es ist mir bewusst, dass die entscheidenden Fragen des Wahlkampfs sich dann eher mit meinem Geschlecht befassen dürften denn mit meinen Leistungen, aber ich habe es auch nicht so eilig, dass ich im nächsten Jahr schon kandidieren wollte. Zuerst gibt es hier in Ostia einige Dinge zu regeln, und wenn es den Göttern gefällt, mir den Erfolg zu schenken, den ich mir wünsche, dann wird mein Name vielleicht auch mit meinen Taten verbunden werden und mir einen besseren Einstieg in die Politik erlauben." Dass er sie unterstützen wollte, ließ sie lächeln, recht erfreut sogar, denn es schmeichelte mehr als jedes Kompliment über ihr Aussehen hätte schmeicheln können.
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Sie dankte dem Tribun mit einem sanften Lächeln für das Kompliment, ließ es aber ansonsten unkommentiert. Zum einen wollte sie ihn nicht in die Verlegenheit bringen, mehr Worte machen zu müssen, als ihm vielleicht lieb war, wenn sie höflicherweise zurück komplimentierte, zum anderen erschien es ihr im Augenblick einfach als unpassend. Das Thema war schließlich nicht ihr Aussehen, sondern das Missverhältnis in Rom und dieser elende Tempel, der ihr wie die Alpen auf der Seele lagen. Bis dieser Stein von ihrem Herzen würde rollen können, gab es noch so einiges zu tun.
"Glücklicherweise gehört er nicht zu denjenigen, die Frauen kategorisch ablehnen, sonst wären wir uns wahrscheinlich sehr schnell in die Haare geraten," meinte sie lächelnd, aber die Formulierung seiner genauen Aussagen überließ sie Vitamalacus dann doch lieber selbst. Schließlich konnten es die wenigsten Männer leiden, wenn man ihnen in die Parade fuhr.
"Der Zustand des Tempels ... hm. Wie sage ich es, dass es nicht nach vollkommener Schlamperei meiner Amtsvorgänger klingt?" überlegte sie und seufzte dann leise. "Der Tempel ist eigentlich nichts anderes als ein riesiger Schutthaufen, denn er stürzte, als er baufällig geworden war und abgerissen werden sollte, einfach ein. Und es hat in mehreren Monaten niemand geschafft, sich um diesen desolaten Zustand zu kümmern. nicht die Curia, nicht der cultus deorum, niemand." Die Worte klangen heftig, und sie schien für einige Momente lang ernsthaft zornig über so viel Vernachlässigung einer wichtigen Kultstätte."Jetzt muss erst einmal der Schutt beseitigt werden, dazu entschieden, welche Steine noch einmal verwendet werden können und welche nicht, dann ist hoffentlich die Legio I. in Mantua fertig und wir können den Winter nutzen, um in nicht zu großer Hitze bauen zu können." Ihr Blick glitt zu Vitamalacus zurück, während sie auch auf seine Fragen antwortete. "Soweit es gesagt wurde, wird in Mantua derzeit ein amphitheatrum gebaut - auch wenn mir nicht so ganz klar ist, wofür diese Stadt ein solches Bauwerk braucht, Ostia hatte leider das Nachsehen. Aber was wundert es mich, die Aurelier verwalten Mantua ..." Eine steile Falte des Missfallens war zwischen den Brauen erschienen, denn auch wenn sie Titus Aurelius Cicero schätzte, es ärgerte sie, dass ein Tempel anscheinend weniger wichtig war als ein Ort für Freizeitvergnügen. "Ein ziviler Bauträger wird einfach zu teuer - überlege nur, was man in Rom derzeit für eine Insula bezahlen muss, und dann weisst Du, warum wir die Legio brauchen. Ostia kann es sich nicht leisten, von irgendeinem Bauwucherer über den Tisch gezogen zu werden."
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"Ach, ich glaubem, Ajax bekommt das ganz gut hin. Zur Not übernachtest Du eben hier in Ostia, es gibt einige gute Gasthäuser in der Stadt, die sich sicher freuen würden, einen echten quaestor aufnehmen zu dürfen. Und damit wahrscheinlich an einem Abend die Preise ins Unermessliche steigern, weil sie sich rühmen können, von wichtigen Magistraten besucht zu werden," scherzte sie und stellte sich einen in eine Taverne schwankenden Vitamalacus vor - nein, das passte ganz und gar nicht. Sie konnte sich sehr vieles vorstellen, aber bei einem in der Öffentlichkeit betrunkenen Tribun streikte ihre Phantasie ganz und gar. Da hätte sie sich ihn eher nackt am Strand entlang springend vorstellen können als betrunken ... wo war denn dieser Gedanke wieder hergekommen? Langsam aber sicher kapitulierte sie vor ihrer eigenen Vorstellungskraft. Wenigstens schien seine Tunika nun langsam wieder einen trockenen Zustand anzunehmen und verbarg wieder, wie sie es sollte, die genauen Konturen seines Oberkörpers.
"Nun, das gehört doch wohl zum Handwerk eines Rhetoren. 'Mache aus einer Maus einen Elefanten, dann werden Dich alle viel eindrucksvoller finden, selbst wenn Du tatsächlich nur ein Mausefänger bist.' Aber wenn man die Reden als unterhaltsame Beigabe der tatsächlich geleisteten Arbeit betrachtet, ist der Blick auf die Wirklichkeit wahrscheinlich genauer, denke ich. Du wirst lachen, aber ich habe vor einiger Zeit auch mit dem Gedanken gespielt, mich eines Tages zur Wahl zu stellen und den Namen der Iulier wieder zurück in das Gedächtnis der Stadt zu bringen ..." Abermals fiel ein Krustentier ihren Lippen zum Opfer, doch ihr Blick blieb nun auf ihm ruhen, schätzte seine Reaktion recht genau und interessiert ab.