Beiträge von Caius Iulius Constantius

    Die Waffenkammer war schneller erreicht als Constantius zunächst vermutet hatte. Noch bevor er eintrat atmete er tief durch. Legte sich die Kleidung, die er gerade in der Kleiderkammer empfangen hatte, auf dem Arm zu Recht und trat dann schließlich ein.


    „Salve.! Ich bin Probatus Caius Iulius Constantius.
    Ich soll meine Waffen in Empfang nehmen.“

    Das leichte Lächeln wollte auch nicht unter dem mürrischen Blick des alten Princeps von Constantius Gesicht weichen. Schnell unterschrieb er auf dem Papyri, so wie es ihm befohlen wurde. Nahm dann die ihm zugeteilte Uniform auf und verließ die Kleiderkammer.

    „Ja ich verzeihe euch“, erwiderte Constantius kurz und bündig. Womit er das Gespräch über seine Ledigkeit beendete, bevor es überhaupt begonnen hatte. Nicht, dass er das Gefühl der Zuneigung zu einer Frau nicht schon empfundne hatte, doch dies wollte er seinem Gegenüber nicht darlegen. Auch nicht, dass sein Leben im Moment alleine dem Wohl seiner Schwester gewidmet war. Constantius betrachtete seine Schwester einen Sekundenbruchteil. Noch immer vermochte er Sulla nicht richtig einzuschätzen. War er einfach nur so gerissen? Suchte er nach weiteren Ansatzpunkten? Versuchte er die Schwächen seines Gegners auszuspionieren? Würde er gar die höfliche Floskel ausnutzen und nun seine Schwestern täglich an die Türe der Casa klopfen lassen? Oder würde nur ein Schlag vor den Kopf helfen, um ihn von Helena fernzuhalten?


    Auf die Frage, wo der Stein aufzustellen sei, schossen Gedankenfragmente durch Constantius Geist. „In einem tiefen Keller, in einem tiefen Loch“, dachte der junge Mann. Der Teil von Constantius, der durch seine Mutter wohlerzogen wurde, hob drohend den Zeigefinger und maßregelte ihn für solche Gedanken. Doch der andere Teil, der temperamentvolle, ungezügelte Geist musste bei diesen Gedanken schmunzeln.


    Und so erwiderte Constantius mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen:


    „Wo jener Stein aufzustellen sein wird, wird sicherlich unser pater gentis entscheiden. Alleine ihm obliegt diese Entscheidung. Sobald ich ihn benachrichtig habe, werde ich dir seine Entscheidung mitteilen.“


    „Den Götter sei dank, ist der Weg nach Hispania weit und gefahrvoll“, dachte sich Constantius

    Die Augen eines Adlers mochten nicht schärfer sein, als die Augen des jungen Constantius in diesem Augeblick. Jedes Wort, jede Bewegung und jeden Blick versuchte er zu beobachten und zu deuten.


    Nigerius, der sonst so unbekümmerte Kater, machte einen großen Bogen um Constantius, als er auf die andere Seite des Atriums wechseln wollte. Entweder war er eingeschnappt, dass man ihn zum Sündenbock gemacht hatte, obwohl dieses eine Mal nicht einmal die Vorbereitungen für sein Unterfangen abgeschlossen hatte, oder aber, er spürte die Anspannung des jungen Iuliers.


    „Mich betrübt es zu hören, welches Schicksal euren Schwestern widerfahren ist. So sie Rat in diesem Hause suchen sollten, so wird ihnen die Tür nicht verschlossen bleiben“, sprach Constantius.


    War dies nun eine neue Strategie seines Gegenübers? Wollte er nun Helena in sein Haus locken unter dem Vorwand, dass seine Schwestern Hilfe benötigen würden? Wollte er die Hilfsbereitschaft und das Mitgefühl Helenas ausnutzen um weiterhin lüsterne Blicke auf sie zu werfen? Constantius wusste, dass er dies zu verhindern wissen würde.

    Constantius betrat mit großen Schritten die Kleiderkammer. In seinem Kopf ging er immer wieder die Liste durch, die er abzuarbeiten hatte. Als er einen Blick auf sich ruhen fühlte sprach er schnell:


    „Probatus Caius Iulus Constantius meldet sich zum Empfang seiner..“
    Constantius zögerte einen Moment und fügte leicht lächelnd an.
    „ ..seiner Uniform.“

    Es war einer jener Momente, die Constantius sich lange herbeigesehnt hatte. So atmete er tief ein und straffte seine Körperhaltung, bevor er feierlich sprach:


    IURANT AUTEM MILITES OMNIA SE STRENUE FACTUROS QUAE PRAECEPERIT IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS, NUMQUAM DESERTUROS MILITIAM NEC MORTEM RECUSATUROS PRO ROMANA REPUBLICA.

    Constantius nickte zu den Worten seiner Schwester. Würde er ihr doch sowieso nie einen Wunsch abschlagen können. Was er jedoch bemüht war nie zuzugeben.
    „Einen kühleren Ort aufzusuchen ist eine gute Idee, Helena. Die Feiern werden noch lange weitergehen und auch ich sehne mich nach einer kleinen Erholungspause.“


    Dann richtet er sich direkt an den Sklaven.
    „Vielleicht könntet ihr uns zum Gasthaus des Magistratus führen. Meine Schwester würde sich gerne einen Moment zurückziehen.“

    Constantius bemühte sich seine Freude über das Opferfleisch zu verbergen. Sein Magen knurrte bereits seit geraumer Zeit und er war mehr als dankbar über die köstliche Gabe.


    Auch wenn er lange von Helena getrennt gewesen war, so verband sie noch immer das innige Band der Vertraut ihrer Kindheit. Constantius konnte zwar nur ahnen, was Helena empfinden mochte, doch selbst ihr leiser Seufzer war ihm nicht entgangen.
    Die Hilflosigkeit, die er in diesen Momenten empfand, ergriff stets mit eisiger Kälte sein Herz. Denn egal was er bereit war für Helena zu tun, er konnte ihr diese Last nicht nehmen. Und so geschah es, das Constantius ein weiteres mal an diesem Tag behutsam Helenas Hand ergriff und versichernd drückte. In der Hoffnung, dass seine Gegenwart ihr vielleicht die Last ein bisschen erleichtern würde.

    Constantius zuckte unweigerlich etwas zusammen, als der Princeps Prior plötzlich das Wort an ihn richtete. Still und aufmerksam lauste er den Worten des Mannes und bestätigte jede Anweisung mit einem Nicken.


    In Gedanken ging Constantius nochmals die Liste der Aufträge durch


    ..Eid schwören..in die Kleiderkammer..dann in die Waffenkammer..am Exerzierplatz melden...


    Mit einerkräftigen Stimme und gestraffter Haltung antwortete er schließlich:


    „Jawohl, Princeps Prior“


    Zackig wandte Constantius sich um und schloß die Tür des Büros wieder hinter sich. Draußen angekommen atmete er tief durch.


    Sim-Off:

    Ich sage einfach mal danke : )

    Er musste bei dem kleinen Stupser, dem ihm seine Schwester gab, unweigerlich lächeln. Der Zorn, der ihn vorhin noch ergriffen hatte, war nun völlig verflogen. Wie oft in solchen Momenten strich sich Constantius in einer unbewußten Art und Weise eine Haarsträhne aus dem Gesicht. – davon abgesehen, dass seine Haare schon lange nicht mehr so lang waren, dass dies notwendig gewesen wäre –


    Er nickt schließlich zu den Worten seiner Schwester.
    „Gewiss halten wir dich, Magistratus auch bereits sehr lange auf. Doch, wenn du es nicht als vermessen betrachtest und du ebenfalls das gleiche Ziel hast, dann wäre es uns eine Ehre dich noch diesen Weg begleiten zu dürfen.“


    Schließlich bot er seiner Schwester erneut seinen Arm an, auf das sie sich beim unterhaken konnte.

    „Wonga. Etwas Obst für unseren verehrten Gast“, rief Constantius durch das helle Atrium.


    Nachdenkliche Falten bildeten sich auf der Stirn des jungen Mannes, als er Sullas Reaktion beobachtete und seine Frage vernahm. War sein Gegenüber so gerissen und abgebrüht, dass ihn nichts aus seiner selbstgefälligen Ruhe bringen konnte?
    Es war eben dieser Zeitpunkt, in dem im Inneren des jungen Mannes ein Feuer entzündet wurde. Ein Feuer, dass über kurz oder lang das Blut des temperamentvollen Mannes zum kochen bringen musste.
    Doch noch obsiegte der Verstand und mit ruhiger Stimme erwiderte er schließlich.


    „Einen Rat wünscht ihr von mir? Was könnte ich einem erfolgreichen, an Lebenserfahrung deutlich reicheren Mann raten?“


    Er legte eine beruhigende Pause ein, die jedoch nur dazu führte, dass seine Stimme einen unheilschwangeren ernsten Tonfall annahm.


    „Mit der Familie ist es wie mit Rom. Sie bedürfen beide des stetigen Schutzes wachsamer Augen. Denn sonst kann es passieren, dass dem einem oder dem anderen Schaden zugefügt wird. So, wie ein jeder ehrbare Bürger Roms zur Verteidigung des Reiches eilen würde, so wird auch ein jeder Bruder zum Schutze seiner geliebten Familie bereit sein einzutreten. Für beides, für Rom und meine Familie, bin ich bereit das Äußerste zu geben.“


    Wieder fügte er eine kleine Pause ein.


    „Wie du sicherlich auch.“


    Daraufhin nahm die Stimme wieder den Tonfall der diplomatischen Höflichkeit an.


    „...und mit Katzen...Nun sie können Fluch und Segen sein. Doch haben sie ihren eigenen Willen. Sie gehorchen einfach nicht und so manches Mal sorgen sie deshalb für Aufregung.“

    Constantius wusste im ersten Moment die Bemerkung seiner Schwester nicht zu deuten. Was sich wiederum in einem erstaunten, fragenden, überraschten und etwas dümmlichen Gesichtsausdruck äußerte.
    Erst ihr Lachen überzeugte ihn, dass ihre Worte doch eher scherzhafter Natur gewesen waren. So lächelte auch er schließlich vergnügt.


    „In der Tat. Was wäre ich nur ohne sie, “ fügte er leise an. So leise, dass vermutlich keiner der Anwesenden es hätte hören können, so glaubte es zumindest Constantius. Jedenfalls entbehrten seine Worte jeglicher Ironie und schienen aufrichtig gemeint zu sein.


    „Bei den Göttern, ich bin mir sicher, dass du, Helena, mehr erreichen wirst als nur einen Haushalt zu führen,“ fügte er diesmal mit lauterer Stimme an

    „Vielleicht habe ich ihn doch falsch eingeschätzt,“ rang Constantius mit sich selbst und nahm einen kurzen Schluck aus dem Kelch, welcher den süßlichen Wein enthielt.


    „Vielleicht…,“ setzte der er an um dann im Worte inne zu halten. Starrte dieser Sulla seine Schwester nun offen und unverblümt an? Hatte der Wolf nun doch seinen Schafsfell abgelegt? Hatte Constantius doch die richtige Ahnung gehabt?


    „…sollten wir tatsächlich mit unserem Pater Gentis darüber sprechen,“ vollendete Constantius den Satz immer leiser werdend. Ja er war sich nun sicher, dass Sulla Helena anstarrte. Die Finger des jungen Constantius schlossen sich um den Weinkelch. Immer fester wurde sein Griff. Bis sich schließlich seine Knöchel weiß unter der Haut abzeichneten.


    Die Hand, die sich gerade noch mit aller Kraft um den Kelch gelegt hatte, öffnete sich urplötzlich und gab den Kelch frei. Starr ruhte Constantius blick auf Sulla. Als hätten die Götter die Zeit angehalten, so kam es Constantius jedenfalls vor, senkte sich der Kelch nur sehr langsam dem Boden entgegen. Noch bevor der Kelch sich endgültig seinem Schicksal beugte, rief Constantius mit lauter Stimme:


    „NIGERIUS!“


    Für einen Moment zuckte der schwarze Kater, der sich unschuldig auf der anderen Seite des Atrium aufhielt zusammen und man konnte aus der Ferne ein unschuldiges –miau- vernehmen.


    Dann erschüttere der Klang eines auf den Boden aufprallenden Kelches die Stille des Atriums.


    Sekunden verstrichen. Sekunden in denen Constantius nicht den Blick von Sulla nahm. Erst dann blickte er entschuldigend zu Helena.


    „Verzeih mir. Nigerius lief mir durch die Beine und brachte mich beinahe zu Fall.“


    Mit einem gespielt höflichen Lächeln entließ er Helena aus seinem Blick und wendete sich ein weiteres mal Sulla zu.

    „Wünscht ihr noch etwa zu trinken? Oder lieber etwas zu essen? Ihr seht hungrig aus. Vielleicht etwas frisches Obst?

    Constantius Zorn begann sich wieder zu legen. Die beschwichtigende Berührung seiner Schwester zeigte ihre Wirkung.
    Nur einen letzten Blick warf er in die Masse der Menschen, die dem Ausgang entgegen strömten.


    "Verzeiht Magistratus. Ich ging nicht davon aus, dass ihr mich von meinem Vorhaben habt abbringen wollen."


    Dann blickte er zu Helena.


    "Gewiss kann euch meine Schwester besser selbst über ihr Vorhaben in Rom unterrichten."

    Ein sorgenvoller Blick betrachtete Helena.
    „Geht es dir gut Helena?“
    Adrenalin begann seine Adern zu füllen. Und so mag es nicht verwunderlich erscheinen, dass seine Stimme, obwohl seine Sorge aufrichtig und ehrlich war, hastig und zornig klang. Ebenso wandte er den Blick bereits von Helena wieder ab, bevor sie auch nur Antworten konnte. Stattdessen strich sein vor Zorn flammender Blick über das Gedränge der ausströmenden Menschen. Da er jedoch den Übeltäter nicht gesehen hatte, musste er sich mit seinem bösen Blick begnügen.
    Aufgrund dieses Vorfalls traten die Worte, die Helena gerade ausgesprochen hatte, in den Hintergrund. Erst die ruhigen Worte des Magistratus erregten wieder seine Aufmerksamkeit. Jedenfalls einen Teil davon. Bemüht seine Stimme zu zügeln sprach er:


    „Mein Dienst gilt Rom. Und der Stadt Rom. Sicherlich ist Misenum eine wundervolle Stadt, doch wir haben beschlossen uns in Rom niederzulassen.“

    „Du musst weit gereist sein, wenn du auch schon bereits Alexandria besucht hast. Ich hörte bisher nur Geschichten und märchenhaftes über diese Stadt. Aber gewiss kann sie sich nicht mit Rom messen.“


    Constantius schüttelte leicht den Kopf.


    „Noch habe ich keinerlei Anstellung in Rom gefunden. Der Bezug unserer bescheidenen Casa erforderte in den letzten Tagen meine Aufmerksamkeit. Doch möchte ich schon bald bei den Cohortes Urbanae melden. Vielleicht vermag ich so meinen Teil zum Schutze Roms beizutragen.“

    Constantius senkte für einen kurzen Moment anerkennend den Blick,
    „Es ist uns eine Ehre Magistratus. Und ebenso erfreulich euch hier unter dem gemeinen Volk anzutreffen“, sprach Constantius, da sich nun die Lautstärke in der Arena wieder auf ein erträgliches Maß reduzierte, mit normaler, kräftiger Stimme.


    „Zu lange weilte unsere Gens fernab von Rom. Es ward an der Zeit, dass wir nach Rom zurückkehrten. Deshalb sind wir nach Rom, ins Herz des Reiches zurückgekehrt.“


    Lächelnd fügter Constantius an, während er kurz den Blick über den Schauplatz des Rennens schweifen ließ:
    „Bisher gibt es auch keinen Grund diesen Schritt zu bedauern.Rom ist beeindruckend und wundervoll zugleich.“


    Und diese Worte entsprachen dem was Constantius tief in seinem Inneren empfand. Vielleicht war nicht Rom an sich der Grund für dieses Gefühl, sondern vielmehr der Umstand, dass er nach so langer Zeit die Gelegenheit bekommen hatte, wieder einen Moment im Leben seiner Schwester an ihrer Seite weilen zu dürfen.

    Im Grunde hatte Constantius mit allem gerechnet, doch nicht mit einem derart geschichtsträchtigen Geschenk. Ein Geschenk, das an die einstigen ruhmreichen Zeiten seiner Familie erinnerte. An eben jene Zeiten, an die Constantius anzuknüpfen wünschte. Der Grund für seine Reise nach Rom, das Ziel, dass er sich in seinem Leben gesteckt hatte und als höchstes auserkoren hatte. – Es war das Ziel seiner Jugend. Das Ziel, dass er sich damals setzte, als er Helena mit ihrem Ehemann hatte fortgehen sehen müssen, während der 12 jährige Constantius zurück blieb. –


    Auch wenn die Blicke seines Gegenübers immer noch anhimmelnd auf seiner Schwester ruhten, so empfand Constantius tiefe und ehrliche Dankbarkeit. Auch wenn dies an seiner Wachsamkeit nichts änderte.


    „Eques Spurius Sergius. Ich danke euch aufrichtig und von Herzen für dieses kostbare Geschenk. Möge es uns stets an bessere Zeiten erinnern und Ansporn sein für eine neue diplomatische Zusammenarbeit.“


    Dann deute Constantius in Richtung des Atriums.


    „Auch wenn es nicht viel ist, so geniese doch bitte nun den besten Wein unseres bescheidenen Hauses.“