Beiträge von Tiberius Duccius Lando

    "Eine mattiakische Edelfrau. Ihr Onkel Rodewini wünscht eine Verbindung zu unserer Familie, und wir wären dumm, diese Möglichkeit auszuschlagen...", beantwortete Lando knapp, während er der Betroffenheit der jungen Frau recht hilflos gegenüber saß.


    "Er wird dir nicht verloren gehen... es wird eine Ehe nach den Traditionen unserer Väter sein, sprich: sie wird in unseren Haushalt übergehen, wenn du verstehst, was ich meine. Im Endeffekt brechen wir damit das Gebot der Väter, dass die weiblichen Mitglieder einer Sippe vor ihren Brüdern verheiratet werden, jedoch sehe ich, dass dies im Moment zuviel für dich wäre... und wir brauchen Schutz, wenn du verstehst, was ich meine. Du weißt was mit Sveija geschehen ist, dies könnte rein theoretisch dir und allen anderen in dieser Familie widerfahren. Wo uns die Römer nicht helfen können, können es Bündnisse mit den romtreuen Stämmen... aber muss ich dir das wirklich erzählen? Nein... du wirst es verstehen. Und dich gleichzeitig daran erinnern, dass auch du irgendwann einen solchen Schritt gehen musst, wobei du dir sicher sein kannst, dass wir für dich die bestmögliche Wahl treffen werden... wenn es soweit ist."

    "Schön, ich vertraue Silko, und ich vertraue dir... ich wünsche dir viel Spaß bei dem, was du tust.", beendete Lando das formelle Gespräch, und als Sontje ihn fragte, ob das alles war, zog Lando die Lippen schmal...


    "Nein... das war noch nicht alles. Ich werde dir jetzt etwas sagen, von dem du wahrscheinlich nicht begeistert sein wirst, und ich bin mir sicher, dass es dich trifft. Allerdings kann ich dir versichern, dass sich für dich kaum etwas ändern wird, eigentlich.", druckste er ein wenig um den heißen Brei herum, dann zwang er sich jedoch selbst mit der Sprache heraus zu rücken: "Es geht um deinen Bruder, und das, was ich dir sage, weiß er noch nicht, und soll er auch nicht wissen, bis ich selbst mit ihm darüber gesprochen habe...", er machte eine Kunstpause, dann blickte er Sontje ernst an, und meinte: "Ich werde Phelan vielleicht verheiraten."

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    Ortwini, Sohn des Siguhelm:


    Ortwinis Laune stieg exponentiell zu dem Fall von Silkos, schließlich ließ sich die grazielle Gestalt Sontjes direkt neben ihm nieder. Er grinste sie dümmlich an, legte jedoch auch in seinem Suff größten Wert darauf, ihr nicht zu nahe zu kommen. Er machte sich keine Illusionen, nur weil er mit Witjon befreundet war, hieß das noch lange nicht, dass er irgendwelche Aussichten auf die Töchter Wolfriks hatte. Sein Sohn vielleicht, wenn er sich genügend anstrengte, doch träumen durfte doch jeder... und im Moment träumte er von Sontje.


    "Du hascht... wunderbaaaaahre Augn!", nuschelte Ortwini in sich hinein, ohne wirklich die Duccia anzusprechen, auch mit viel Alkohol im Blut war es noch ein enormer Akt sowas laut auszusprechen... anstelle dessen verleibte er sich einen weiteren Becher Bier, den er heran bestellte hatte, in einem Zug, und packte den Becher und die in grobes Holz geschnitzten Würfel aus, denen man ihren regen Gebrauch deutlich ansah...


    "Also, um was schpielen wir? Geld? Laaaaaangweilig... jeder spielt um Gelddd... spielen wir um... anneres...", er blickte verschwörerisch in die Runde, fixierte dann aber Witjon, "Na, Duumvir, was meinst du?"

    "Hmhmh....", murrte Lando nachträglich, während er das blonde Ding vor ihm kritisch musterte, "Deinen sprachlichen Fähigkeiten nach, sind deine Möglichkeiten noch stark begrenzt... um nicht zu sagen: eingeschränkt. Als Scriba, so wie jede kleinere Ämterlaufbahn anfängt, müssen wir dich nicht einplanen, aber Leif hat mir erzählt, dass du ihnen mit Passion in der Hros zur Hand gehst... schön zu sehen, dass du soviel Freude an den Tieren hast. Wenn du Kontakt zu den Menschen der Stadt suchst, wäre vielleicht eine kleinere Tätigkeit in der Taberna Silva Nigra möglich... keine abgewrackte Spelunke, sondern eine der besseren Adressen in der Stadt. Dürfte selbst für eine Frau deiner Herkunft nicht zu prekär sein, was meinst du? Würde es dir Spaß machen, Bierkrüge zu schleppen und die Gäste mit deinen paar Brocken Latein zu beeindrucken?"
    Er schmunzelte matt... irgendwie tat es ihm schon fast Leid, so wenig Zeit für den neuesten Zugang der Familie zu haben.

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    Tiberius Prudentius Balbus
    Casa Prudentia
    Roma | Italia


    Salve Prudentius Balbus,


    kurz nach meinem letzten Schreiben, erhälst du wieder einen Brief von mir, dieses Mal jedoch mit deutlich düsterem Inhalt.


    Mein Vetter Witjon konnte mich über den Verbleib deiner Verwandten Prudentia Aquillia unterrichten, seinen Informationen nach hatte sie wohl "Freunde" in Germania Magna besucht. Über Stamm und Wohnort konnte er nichts herausfinden, seltsam ist nur, dass sie diese Freunde als "daheim" bezeichnet hat. Eine Römerin die in Magna aufwächst? Und ich dachte, unsere Familiengeschichte wäre seltsam...


    Wie dem auch sei, die beiden haben sich zu einem Exkurs verabredet, nachdem sie ihm versicherte, dir schreiben zu wollen. Ich gehe davon aus, dass sie dies nicht hat, denn kaum einen Tag später war sie wieder verschwunden... wir gehen davon aus, dass sie wieder zu ihren Freunden nach Magna aufgebrochen ist, und bei allem Übel, das dort geschehen kann, hat die Informationsstille, über die wir ein bestimmtes Wissen über Dinge beziehen, die dort ablaufen, nichts gutes zu heißen.


    Anscheinend ist sie nie bei ihren Leuten angekommen. Wir gehen von einem Verbrechen aus, aber wie ist das zu ahnden? Eine römische Bürgerin von vornehmen Haus bricht alleine nach Magna auf, ohne Leibwache, ohne Begleitung. Ich werde morgen aus privaten Gründen zum Stamm der Mattiaker aufbrechen, und mich bei dieser Gelegenheit ein wenig informieren, was mit der jungen Frau geschehen sein kann.
    Soll ich dir Hoffnung machen, was den Verbleib der Frau angeht? Ich glaube, Ehrlichkeit bringt dich weiter... wir wissen was in Magna passieren kann, wenn selbst bewaffnete Gruppen angegriffen werden. Um ehrlich zu sein: ich warte nurnoch auf die Überstellung einer Lösegeldforderung.


    Ich habe gehört, dass eine deiner Basen unserem Phelan als Schülerin überstellt wird, wir freuen uns alle sehr auf ihr Eintreffen, doch muss ich noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass sie sich möglichst an eine Handelskarawane, die ja eh unter Begleitschutz reist, anschließen soll, um wohlbehalten hier anzukommen.


    Du wirst von mir hören, sobald wir mehr wissen.


    Mit freundschaftlichem Gruß.


    Til ars ok frisar.


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    Tiberius Duccius Lando
    Casa Duccia | Mogontiacum | Germania Sup.

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    Auch Lando verschickte mal wieder einen Brief... natürlich über die Wertkarte der Gens Duccia.

    Lando hielt Hermod in stetem Schritt, als er langsam aber sicher auf das Gehöft seines Freundes zuritt, in dem Harlif seinen Tagen ohne öffentliches Amt fröhnte. Die Auseinandersetzungen der Vergangenheit lagen weit hinter ihnen, und Lando hatte den Entschluss gefasst, seinen Freund mal wieder zu besuchen, um zu sehen wie es ihm in seiner gesellschaftlichen Untätigkeit ging... so durchschritt er das Tor zum Gehöft, band seinen Hengst fest, und klopfte dreimal fest an die große Tür zum Langhaus, in dem sich der Haushalt des Harlif befand...

    Lando wollte diesen Abend nurnoch hinter sich bringen... sein Magen verkrampfte sich bei den Worten Rodewinis zu einem Klumpen Blei, und die Müdigkeit nach diesem entkräftenden Tag lag beinahe noch schwerer auf seinem Gemüt.


    "Mit Verlaub... es war ein harter Tag, die Pässe sind weitgehend zugeschneit und unwegbar. Wir haben schwer gekämpft um überhaupt hier sein zu können, und das Werk des Tages fordert seinen Tribut. Wenn du uns entschuldigen würdest? Ich falle gleich vom Stuhl...", nuschelte Lando in einer ruhigeren Minute zu Rodewini, und hoffte auf sein Verständnis. Was er schließlich auch fand... so wurden ihm und Phelan zwei Schlafplätze zugewiesen, auf einem mit Fellen bedeckten Flecken Stroh, den sie sich teilen mussten... auch wenn sie in Mogontiacum jeder ihr eigenes Zimmer hatten (für Germanen ein unheimlicher Luxus, für Römer selbstverständlich), war es für Lando keinen Gedanken wert, sich heute mit seinem jungen Vetter unter eine dicke Decke zu quetschen. Was auch an de Müdigkeit lag, die Lando quasi sofort einschliefen ließ, nachdem der Trubel sein Ende gefunden hatte.

    Lando schmunzelte anerkennend, Rodewini war immernoch ein etwas plumper Politiker, es war fast, als würde er einem Honig in die Hand drücken, damit man es sich selbst ums Maul schmierte. Lando blickte herauf, sah die Holzstreben, die auch in der Casa Duccia so charakteristisch rauchgeschwärzt waren, und entsann sich an das Langhaus seiner alten Sippe. Dann jedoch holte ihn die Gegenwart wieder ein, als Sarwolf vorgestellt wurde... Lando musste zugeben, dass er den Mann unterschätzt hatte. Er hatte einen schmächtigen Hänfling erwartet, den Rodewini ohne Mühe unterdrücken hätte können... aber diesem Mann wohnte herrschaftliches inne, ohne herrschaftlich wirken zu wollen. Wahrscheinlich hatte Sarwolf sich tatsächlich mit dem dritten Platz, direkt hinter Rodewini und seiner Ehefrau, abgefunden... oder es begrüßt.


    "Heilsam teke, Sarwolf. Wir haben schon viel über dich gehört... ein Mann, der seiner Sippe nicht wertvoller sein könnte.", machte Lando komplimentarisch klar, wem hier seine Aufmerksamkeit galt. Es war immernoch Sarwolf, der über das Schicksal seiner Tochter zu entscheiden hatte, nicht Rodewini.


    Zu dem er sich aber gleich umwandte: "Können wir uns kurz fassen? Für Geplänkel bleibt uns morgen Zeit... mein Geist ist so verfroren, dass mir nicht nach Kurzweil ist... also, eine Verbindung unserer beider Familien dürfte durchaus von Vorteil sein. Deshalb bin ich hier... wir wollen dein Angebot annehmen, unsere beiden Sippen zu verbinden. Die Söhne Wolfriks mit den Söhnen Ariviors."

    Es waren nun einige Wochen vergangen, seitdem der Comes und sein, jetzt ehemaliger, Magister Scriniorum Pläne zur Reform der Verwaltungsstruktur einer Provinz angestellt hatten, und so langsam kristallisierte es sich heraus, dass es um mehr ging als ein paar Posten.


    "Ich bin mittlerweile der Meinung...", meinte Lando, mittlerweile Stationarius beim Cursus Publicus und deshalb mit sehr viel Freiraum, bei einer der vielen Sitzungen der beiden Männer, "Dass wir um die radikale Lösung der Regionalauflösung nicht drumrum kommen... wollen wir den Stämmen und den dazugehörigen Civitates das ganze Land geben, oder nur einen Teil? Wie soll der Rest verteilt werden? Und vor allem: welche Rechte bekommen die erstarkten Gemeinden dann? Das sind alles Fragen, die wir zu klären haben..."


    Lando zog eine Tabula hervor, auf die er eine improvisierte Karte der Regio Germania Superior gezeichnet hatte: "Dies sind die wichtigsten Civitates, die kleineren werden wohl den Rest ausfüllen... die sind flächenmäßig so verteilt, dass es Sinn macht, unter ihnen das komplette Territorium der Regio zu verteilen. Zur VERWALTUNG, wohlgemerkt... diese Provinz ist immerhin kaiserliche Provinz, man sollte den Leuten nicht der Illusion überlassen, dass das Land, das an ihr Eigentum grenzt, niemandem gehört..."


    Er hielt inne, und tippte mit dem Griffel, mit dem er die vergrößerten Civitates eingetragen hatte, auf die Tabula: "Aber wir sollten ganz unten anfangen... du hattest doch gesagt, du wolltest dies deinem Patron vorschlagen... wie hieß der noch? Vinicius Hingurucas? Ist das nicht der Bruder von unserem Legaten? Naja, wie dem auch sei... es ist nun so, dass wir unten anfangen sollten... ich habe mir da Gedanken gemacht, ist mir ist das Gequengel des alten Petroniers eingefallen, der sich in einer Sitzung des Ordo mal über dessen fehlende Kompetenzen beklagt hatte... die Civitates müssten von Grund auf neu strukturiert werden... und da habe ich folgendes System entworfen (:D):"


    Er legte eine weitere Tabula auf den Tisch, die zeigten wie Lando sich das in etwa vorstellte:


    "Ich schlage vor, den Entscheidungsfindungsapparat der Civitates grundlegend umzubauen, ohne die Ämter, die das Gemeinwesen Geld kosten, wirklich zu vervielfachen... wir haben in den Vicis, den Teilen einer Civitas, schon die kleineren Volksversammlungen... warum machen wir sie nicht offiziell? Die Vicani, also die Teilnehmer an diesen Volksversammlungen, wie wir Germanen sie im Thing kennen, wählen dann mehrere Vertreter, die Magister Vicani... oder so... diese treten der Curia der Civitas bei, dessen Zentralorgan der Ordo Decurionum ist. Ich glaube, dass der Ordo sich über diese Ausweitung seiner Kompetenzen, aber auch seiner Verantwortung, nicht beschweren wird... im Gegenteil."


    Er machte eine Pause, und lotste einen Becher mit Wasser zu sich heran, während er den Comes fragend ansah... "Hälst du das für sinnvoll? Die Aufgaben, die die Regio im Moment wahrnimmt, könnten dann auf eine Handvoll gewählter Beamter der Civitates verteilt werden, die natürlich ihr Salär erhalten, aber gleichzeitig auch dafür zu sorgen haben, dass ihre Pflichten erfüllt werden... nennen wir sie Aediles Civitatium, nach römischem Vorbild... das einzige, was wir beibehalten, wären die beiden Duumvirn, die Magistrate schaffen wir ab, oder lassen sie in den Aediles aufgehen... und natürlich der Stab der Scribae, ohne die läuft eh nichts... das ist in etwas das, was ich mir vorgestellt habe... die Aufgaben, die auf die Civitates zukommen, sind nicht von geringem Gewicht, wenn du verstehst was ich meine..."

    "Nein. Habe ich nicht...", lächelte Lando schließlich, als Sontje nicht zu verstehen schien, "Dieses Geld macht dich zwar verhältnismäßig reich, aber mich nicht arm. Du sollst damit rumexperimentieren, was es heißt Geld zu besitzen und damit umzugehen... das wird in deiner Zukunft wichtig sein, glaube mir... wenn du irgendwann mal dein eigenes Geld verdienen willst, oder einen, vielleicht diesen, Haushalt mitführst..."

    "Wer weiß, vielleicht schickt Freya uns einen Denkzettel... verstehen könnte ich es...", raunte Lando, der mit verdrieslicher Miene von Hermod stieg, das Pferd einem der Männer in die Hand gab und sich kurz von seinem Hengst verabschiedete, "Drinnen. Klingt gut... wir wären beinahe erfroren. Aber auch nur beinahe, wie du siehst..."


    Sie folgtem dem Mann in das Langhaus, in dessen Mitte sich der gepflasterte Kaminbereich fand... ein Feuer brandte leise prasselnd vor sich hin, und in den spärlich ausgeleuchteten Ecken beobachteten mehrere Männer und Frauen die Neuankömmlinge. Einige wenige kannte Lando vom Sehen, aber längst nicht alle... der Kontakt zu den Mattiakern hielt sich bisher in Grenzen.


    Er wies, ohne dazu gebeten zu werden, Phelan einen Platz am Feuer zu, und setzte sich dann direkt neben den Hocker des Dux, eine Dreistigkeit, aber Lando war nach dieser Reise nichtmehr nach übertriebener Höflichkeit. Immerhin war es Rodewini gewesen, der seine Anwesenheit verlangt hatte, nicht der eigene Wunsch Landos.


    "Nun, Rodewini... dieses Haus spricht für die Stärke deiner Sippe.", ließ sich Lando doch noch weichkochen, nachdem man ihm und Phelan eine heiße Suppe gereicht hatte, die nicht nur sein Gemüt wärmte...

    "Er gehört dir.", war das einzige, was Lando zu dem Thema noch zu sagen hatte. Eigentlich hatte er den Hengst für Ratbald vorgesehen, doch der Junge hatte den Kulturschock nicht verwunden, und sein Heil in der Rückkehr nach Magna gesucht... in trauriger Tradition, wie man sagen musste. Ob der Junge wiederkam, oder nicht, war nicht auszumachen, und Lando wollte sich keine Gedanken um die machen, die es nicht schafften. Die, die es schafften, waren solche Gedanken schon mehr wert.


    "Je mehr du dich in der Sprache der Römer zurecht findest, desto einfacher wird es für dich, dich in ihrer Welt zurecht zu finden. Allerdings gibt es da ein paar Dinge die du wissen und verstehen solltest, die nichts mit ihrer Sprache zu tun haben... zum Beispiel das hier.", er holte einen kleinen Beutel heraus, und entleerte seinen Inhalt vor der jungen Blonden. Mehrere Münzen rollten heraus, kein großer Betrag, einige Duboni und zwei Sesterzen, nicht mehr.


    "Damit handeln die Römer hier. Sie nennen es Geld, vielleicht hat dir deine Mutter schon einmal davon erzählt... sie handeln nicht mehr mit Ware gegen Ware... man kann auch mit diesem Geld Waren kaufen, und mit Waren Geld verdienen, wie wir es in unserem Handelshaus tun. Es ist eine komplizierte Sache, und man findet seinen Weg damit am besten, in dem man sparsam damit umgeht. Mit einigen Münzen kann man ganze Höfe kaufen, wenn du verstehst was ich meine..."


    Er schmunzelte sie an, und holte einen zweiten Beutel hervor...


    "Das hier sind fünfzig Sesterzen. Ich gehe davon aus, dass du mittlerweile weißt wieviel fünfzig sind... das ist schon ein ordentlicher Batzen... und er gehört dir. Du kannst damit verfügen, wie du willst, solange du von diesen Lupanaren wegbleibst, die die Römer so gerne besuchen... achja, wenn du es tust, nimm Silko mit. Es gibt Leute, die töten für weniger..."

    "Mor'n", erwiderte Lando den Gruß, und wartete darauf, dass der junge Priester sein Pferd bereitete. Als es schließlich soweit war, übersah er noch einmal die Ausrüstung seines Vetters...


    "Pack dich dicker ein. Das wird ein anstrengender Tag...", murmelte er noch, bevor sie losritten und sich auf den Weg nach Magna machten... ein weiteres Mal...

    Wenige Wochen nach dem Thing der rechtsrheinischen Stämme war Lando zusammen mit dem jungen Phelan aufgebrochen, um der Sippe Rodewinis einen Besuch abzustatten. Die Reise war nicht einfach gewesen, mehrfach hatten sie durch Witterungsschäden blockierte Pässen ausweichen müssen, um letztendlich doppelt so lange zum Dorf des Mattiakerfürsten zu brauchen, wie eigentlich eingeplant.


    Ergo: es war stockfinster, und die nur annähernd erwärmte Luft war schon bald schneidend kalt. Was Lando garnicht in den Kram passte, bei dieser Witterung draußen zu übernachten war kein Ding der Unmöglichkeit, es war allerdings auch alles andere als gesund.


    Als sie schließlich den ersten Ausläufer der Gaue des Rodewini erreichten, war Lando mehr als nur erleichtert..
    "Scheint, als würden wir an diesem verdammten Treffen doch noch lebend teilnehmen...", knurrte er, nachdem man ihnen den verhältnismäßig kurzen Restweg in das Hauptdorf erklärt hatte, und gab Hermod, der unter der Eiseskälte noch mehr zu leiden hatte wie sein Reiter.
    Lando war nur allzu froh, dass die Mattiaker nach dem klassischen Prinzip der Wärmeteilung lebten: Mensch und Tier lebten unter einem Dach, und wärmten sich gegenseitig.


    Wenig später waren sie schließlich am Dorf, das Lando schon in der Dunkelheit einen Mordsrespekt einflößte, angekommen, und gaben der Wache ihre Namen preis, die sie die Reise über so geflissentlich geheim gehalten hatten: "Heilsa, dies ist Phelan, Sohn des Gunnar, und ich bin Lando, Sohn des Landulf. Wir kommen, um Rodewini zu sprechen..."


    Finster dreinblickend schaute er im schwachen Licht der Fackeln den wachhabenden Germann an, und wartete darauf, dass man sie Willkommen hieß...

    Lando nickte verstehend, als er die Worte der jungen Frau hörte... was konnte sie für die Familie tun?


    "Naja, im Haushalt gibt es nicht so viel zu tun... wir haben ja einige Paare helfender Hände, die uns treu zur Seite stehen... dass dich deine Mutter so erzogen hat, spricht nur für sie. Aber wo du gerade von Pferden sprichst... Ragin hat mir erzählt, bevor er aufgebrochen ist, dass du gut mit Yggur kannst... ist dem so?"

    ...obwohl nahezu die komplette Familie die Unart pflegte, ihre Pferde dauernd im falschen Stall abzustellen (:D), weigerte sich Lando beharrlich, ihnen dies gleichzutun, und hielt seine beiden Pferde dort wo sie hingehörten: im STALL DER REITTIERE!
    Nachdem er genug mit dem Zaunpfahl gewinkt hatte, holte Lando seinen treuesten Vierbeiner, Hermod, aus seiner Box, und streichelte diesem sanft die Blesse... sie hatten in letzter Zeit viel zu wenig miteinander unternommen, das wusste Lando, mehr als ein paar kleinere Ausritte waren nicht drin gewesen, und das war bei einem Tier von Hermods Kaliber, das erst nach Stunden so richtig warm wurde, definitiv zu wenig.


    Doch der Ausflug, den sie von heute auf Morgen unternehmen würden, würde ihm gefallen, es war schließlich eine Reise von einem halben Tag bis zum Dorf des Rodewini.


    Lando bepackte Hermod mit dem üblichen Sattelwerk für diese Reise, deckte den Rest des Rücks mit einer alten Wolldecke ab, und belud ihn dann mit Werk, das man so brauchte um eine Reise durch Magna zu unternehmen: Speer, Sax und Schild. Nicht, dass man es unbedingt brauchen würde, aber Rodewini legte sehr großen Wert auf Traditionen, so wie Lando, und die Kampfkraft eines Mannes war durchaus etwas aussagekräftiges. Außerdem stellte Lando genau die hälfte der Kampferfahrenen Männer seiner Familie, die andere weilte zur Zeit in Rom. Und Phelan in Rüstung und unter Waffen... er wollte das nicht weiterdenken.


    Nachdem er seinen Hengst für die Reise gerüstet hatte, führte er ihn nach draußen, um darauf zu warten, dass der junge Priester endlich auftauchte.

    "Setz dich.", murmelte Lando, ohne aufzusehen, und deutete auf den Stuhl vor dem Schreibtisch. Erst als er den Satz, in dem er gerade steckte, zuende geschrieben hatte, blickte er auf, und schenkte Sontje ein mattes Lächeln. Er wandte sich zur Seite, füllte einen Becher mit (hart von Marga erkämpften) Bier und schob ihn über die Tischplatte an den Dokumenten vorbei in Richtung der jungen Frau.


    "Sontje. Du bist jetzt schon einige Wochen hier... wie sind deine ersten Eindrücke? Das Leben hier ist fundamental anders, als das was wir jenseits des Rhenus hatten. Ich habe mir sagen lassen, dass du dich tüchtig mit der Sprache der Römer rumschlägst... eine drecks Angelegenheit, ich weiß wie hart das sein kann. Aber du kommst zurecht?"

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    Ortwini, Sohn des Siguhelm:


    Just in diesem Moment flog die Tür zur Taberna auf, und ein Gruppe junger Männer kam hereingestolpert, sichtlich angetrunken, und mit der festen Absicht in den Augen, diesen Zustand noch auszubauen. Ortwini führte die Gruppe mit einem Lachen in eine Ecke, an der noch ein Tisch für alle frei war, und just als er sich setzen wollte, sah er seinen alten Freund und Duumvir der Stadt vor einem Krug hocken, und die Augen des jungen Germanen begannen zu leuchten.


    "Marschusch... Wit...tt...tt...jon!", nuschelte der Mann, als er sich auf den Hocker neben dem Duumvir warf, "Wasch guckscht so drieslich 'nei?"
    Er hielt einen Moment verwirrt inne, als der Hüne der Duccii sich an die andere Seite des Duumvirs gesellte, er grüßte den Nubier, den er schon ein paar Mal bei Besuchen in der Casa Duccia gesehen hatte, immernoch mit respektvollem Nicken, folgte aber unweigerlich dessem deuten in den Raum herein... und da sah er sie.


    "Holla die Weldfaa... eh... die Waldfee... wer is'n das?", runzelte Ortwini die Stirn, und musterte die blonde Schönheit mit sprachvollem Staunen, "Cousine? COUSINE? WITJON!!! Wie... ARGH!!!!"


    Am liebsten wäre er seinem Freund an die Kehle gesprungen, und hätte ihn dafür erwürgt, ihm nie etwas von seiner Cousine erzählt zu haben. Dann jedoch erinnerte er sich an ein wenig seiner Erziehung, räusperte sich, und stuppste den Duccius mit einem zielgerichteten Finger in die Seite, um ihm mit unschuldigem Lächeln und einigermaßen konzentrierter Sprache etwas anderes vorzuschlagen: "Wiescho... eh... wieso setzt ihr euch nicht einfach zu uns? Du weißt schon, die Jungs, deine Cousine, Silko, du, ich... wir wollten einen kleinen Würfelabend machen, wenn du verstehst? Also? Was meinst..."

    Lando hockte an diesem Tag im Arbeitszimmer, einem Raum, den er immer wieder meiden wollte, was ihm immer seltener gelang.


    Drei Tabulae mit Gesetzestexten vor sich liegend, versuchte er sich irgendwie in der Formulierung eines Textes, den man als Decretum verkaufen konnte. Was ihm irgendwie nicht gelingen wollte. Mal von den Rechtschreibfehlern abgesehen, machte Lando die Syntax immernoch Probleme... es war ein Unterschied, Latein sprechen zu können (wozu er jetzt ja schon mehrere Jahre Zeit hatte, um dies zu üben), wie man die Sprache seiner Heimat sprach... aber niederzuschreiben war was vollkommen anderes. Er würde es später sowieso von Eila Korrektur lesen lassen...


    So kritzelte er fröhlich vor sich hin, und hoffte irgendwann in naher Zukunft zu einem Ergebnis zu kommen.