Beiträge von Tiberius Duccius Lando

    Die Beziehung zwischen Marga und Loki war eine besondere. Und sie basierte auf destilierter Notwendigkeit: wäre Lando nicht irgendwie das Oberhaupt der Sippe geworden, hätte Marga ihn irgendwann einfach vor die Tür gesetzt, und wäre Marga nicht seit gefühlten Jahrtausenden inoffizielle Herrscherin der Casa Duccia, hätte Lando mit ihr wohl dasselbe gemacht. Nun war es aber so, dass Marga tatsächlich die einzige Frau in der Casa war, die genug Erfahrung mit Geburten hatte, um auch in dieser Situation einen ruhigen Kopf zu bewahren.
    Lando hatte diesen ruhigen Kopf auf jeden Fall nicht, denn wenn bei ihnen in der Heimat Geburten anstanden, hatte er sich meist mit den anderen um den werdenden Vater gekümmert, in dem sie gewürfelt und getrunken hatten. Da Lando aber jetzt selbst der Betroffene war, und wie gesagt splitterfasernackt vor Marga stand, war die Reaktion der alten Frau irgendwo nachzuvollziehen. Und wenn Marga schon Landos römischen Namen benutzte (auf der Skala der margaschen Beleidigungen noch schlimmer als 'Loki'), hatte man allen Grund, Lunte zu riechen. Lanthilda sah den werdenden Vater jedenfalls mit einem breiten Schmunzeln an, und reichte ihm mit schüttelndem Kopf eine Tunika, bevor sie hinter Marga herging.


    Sollte Lando hinterhergehen? Er wusste es nicht... er stand erst einmal ziemlich perplex im nächtlichen Atrium, und blickte hoch in den ersten Stock, wo die Treppe zum Turmzimmer war. Dort, wo bald sein Kind geboren werden würde.


    "Ich glaub, ich brauch ein Bier.", murmelte Lando mehr zu sich selbst, als zu jemandem anderes.

    "Einen kleinen Schubs? Du bist witzig... was soll ich machen? Die Casa abreissen, und ein Langhaus hinsetzen? DAS wäre wohl das letzte Zeichen, um unserern Gegnern klarzumachen, dass man das Messer an unserer Kehle nurnoch durchziehen muss.", grummelte Lando weiter über die Verweichlichung seiner Sippe...



    "So ganz habe ich das auch nicht ganz verstanden, um ehrlich zu sein, aber ich glaube, es funktioniert auf Basis von Ehre und Geld: man packt die Menschen bei der Ehre, um sie zum Dienst für sich selbst zu verpflichten, und man gibt ihnen genug Geld, damit es ihnen gut genug geht, um weiterhin ihre Ehre pflegen zu können. Die ganze Militärmacht wird auf den Kaiser eingeschworen, was tausende Soldaten bei der Ehre packt, und sie werden bezahlt, damit sie nicht auf die Gedanken kommen, es mit der Ehre nicht so genau zu nehmen. Verstehst du? Das ist jetzt ganz grundsätzlich... es ist noch viel komplexer... immerhin basiert das Reich auf vielen verschiedenen Institutionen, wie dem Recht, das sehr viel ausgeprägter ist als in unserer Heimat, oder dem Götterkult, der stark in die Res Publica eingebunden ist.", dozierte Lando, während sie an der Regia vorbeigingen. Lando legte eine Hand auf einen der monumental großen Fundamentblöcke, und sah seine Frau milde lächelnd an: "Nein, das stürzt nicht ein. Dagmar und Ragin haben erzählt, dass in Egyptus noch größere Bauten vor hunderten, von Sommern erschaffen wurden, zu einer Zeit, wo selbst Rom noch aus Holzhütten bestand. Ich denke, die Menschen hatten Zeit genug heraus zu finden was stabil stehenbleibt, und was in sich zusammenbricht. Komm, wir gehen aufs Forum.. da dürfte heute nicht so viel los sein, aber du wirst sehen, wie die Menschen sich hier versorgen."


    Sie schlenderten an der Regia entlang zum Forum, wo einige wenige Marktstände, unter anderem die der FMQ, heute ihre Waren feilboten. Einige der Händler grüßten Lando freundlich, andere respektvoll, andere wiederrum knurrend knapp oder garnicht..


    "Hier habe ich angefangen.", sprach Lando, als sie an einer Stelle angekommen waren, an der vor einigen Jahren mal der schäbige kleine Stand eines Olivenimporteurs gestanden hatte, "Hier hatte ich meinen ersten Marktstand... Oliven, und Öl."

    "Du bist hier, weil ihr vergessen habt, wofür die beiden Wertkarten gut sind?", fragte Lando rhetorisch, und konnte ein Schmunzeln nicht verbergen, war er doch davon ausgegangen, dass die Legion über alle Ausgaben detailliert Buch führte, auch wenn es um die Einrichtung von Wertkarten ging.


    "Dann lass mich dir helfen... es gibt eine Legionswertkarte für den Briefverkehr der normalen Soldaten, das ist die, deren Guthaben jetzt aufgebraucht ist. Und es gibt eine, die für den Postverkehr des Stabes eingerichtet ist. Die wurde allerdings bisher kaum benutzt. Wenn du mir erlaubst, kurz die Lage zu analysieren: eigentlich braucht ihr keine zwei Wertkarten. Ihr braucht eine mit ausreichend Guthaben, ich gehe davon aus, dass ihr eure Post sowieso gesondert archiviert und verwaltet, da braucht der Cursus Publicus nicht auch noch ein Auge auf zwei Wertkarten halten, wenn du verstehst, was ich meine."

    Landos Geist hatte direkt wieder auf Autopilot ins Schlummerland gestellt, und so bekam er auch kaum mit, wie sich Elfleda neben ihn ins Bett setzte.
    Das, was sie sagte beantwortete der automatische Gesprächsbeantworter mit einem genuschelten "Ja, klar Schatz, mach ich...", während der Angerufene sich wieder auf den Weg machte, traumwandlerisch ein großes Steakum zu erschlagen.


    Irgendwann, keine Minute nachdem er wieder fest eingeschlafen war, schien der unterbewusster Gesprächsbeantworter gecheckt zu haben, wie wichtig die Nachricht war, die ihm gerade übergeben worden war, und schaltete daher auf Direktvermittlung: Lando, sich mit Speer und Messer durch ein hohes Dickicht pirschend, sah plötzlich eine träumerische Representanz seines Gesprächsbeantworters vor sich stehen: mit ernstem Blick, und kaum sicher zu identifizierenden Zügen deutete sie drohend in die Richtung, aus der Lando gerade gekommen war. Aber er wollte dort nicht hin. Er fand es toll hier. Und so pirschte er sich ein Stück weiter... an dem Gesprächsbeantworter vorbei.
    Dieser ließ sich jedoch nicht beirren, stapfte an dem im Gras kriechenden Lando vorbei, trat ihm mehr oder minder beabsichtigt auf eine Hand, und deutete mit entschlossen-unerbittlicher Miene in Richtung Rückkehr. So blieb Lando also nichts anderes übrig, als unter Protest den Rückzug anzutreten, und langsam wieder wach zu werden... wo er schlagartig begriff, was seine Frau da gerade gesagt hatte!


    Die Reaktion war prompt: Lando stand plötzlich wie die Götter ihn erschufen aufrecht im Bett, sprang mit einem gellenden Schrei von diesem herunter, und war binnen einer halben Sekunde durch die Luke, die Treppe herunter und über das Gelände in den ersten Stock gehechtet.


    Unten war noch ein lautes, in derbem ubisch (Lando hatte es nicht so mit Dialektrestriktion) gebrülltes:"MARGAAAAAAAAAAAA!!!!!!!!!!!! MAAAAAAAAAAAAAAAAAARGAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA!!!!!!!!!!!!! DE PÄNZ KÜTT!!!!! DE PÄNZ KÜTT!!!!! " zu hören, was wohl das halbe Haus aufgeweckt haben dürfte.

    Ein großes Stück Steakum, das war es, was Lando in seinem Traum gerade vorschwebte. Britannisch gebraten selbstverfreilich, das verdammte Ding musste schließlich noch muhen, wenn man es auf den Teller bekam. Aber das Ding war schüchtern, denn es entzog sich fliegend seinem Griff, was für ihn nichts besonders war, in seinen Träumen flog so allerhand durch die Gegend. Nur dass dieses Steakum nicht so wollte wie er wollte, das ärgerte ihn schon. Deshalb zog Lando auch zu Pferde und vollgerüstet dem Ding hinterher, warf Ger um Ger, und als er es schließlich getroffen und zu Boden gerissen hatte, warf er sich mit der adäquaten Portion an männlicher Gier darauf, um sich schließlich einzuverleiben, was einverleibt gehörte.
    Doch gerade, als er sein Sax in das riesige Teil stoßen wollte, zappelte es auf, und schlug ihm mit voller Wucht ins Gesicht. Etwas verstört, denn bei aller abstrakter Traumwandlerei war es Lando noch nie geschehen von einem Steakum verprügelt worden zu sein, hielt Lando einen Moment inne, und schaute noch verwirrter drein, als ihm das Steakum vorwarf zu schnarchen.


    Irgendwie schien sich dann auch alles aufzulösen, und in helle Panik versetzt begriff er, dass er dabei war aufzuwachen! Das musste um jeden Preis verhindert werden! Sein Steakum! Seine Beute!
    Doch es nützte nichts... nur zu schnell fand er sich in der Realität wieder, und bekam halbschlafend mit, wie seine Frau ihn wie so oft nachts aus dem Bett gerissen hatte, um ihren Frust an ihm auszulassen. Und was wollte sie? Marga? Er sollte Marga wecken? Um diese Zeit? Nie im Leben!
    Lando liebte sein Leben, er sah garnicht ein auf Befehl seiner Frau Selbstmord zu begehen, nur weil sie mitten in der Nacht plötzlich Hunger auf Gurken mit Honig bekam.


    "Hmhmhmhhllll... warte bis zum Frühstück, Frau...", nuschelte er daher sehr genervt, und war schon wieder auf dem besten Wege weiter zu schlafen... :D

    "Natürlich..", schloss Lando das Gespräch, "..man sieht sich."


    Lando wandte sich um, und verließ den Hafen mit grimmigem Blick. Das, was noch geschehen würde... geschehen MÜSSTE beschäftigte ihn allerdings nicht lange, denn seine Gedanken wanderten schnell zu seiner schwangeren Frau und dem herannahenden Tag ihrer Niederkunft.

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    Titus Duccius Vala
    Casa Prudentia
    Roma | Italia


    Heilsa Alrik,


    schön zu hören, dass du wohlbehalten in Rom angekommen bist.
    Und jetzt genug der Nettigkeiten: bist du wahnsinnig?
    FÜNFTAUSEND SESTERZEN?
    Das ist mehr Geld als ich in einem halben Jahr verdiene, und dessen nicht genug: hier in Mogontiacum stehen auch genug Ausgaben an.
    Da du dir ja schon die Frechheit erlaubt hast, die Summe bei Balbus zu leihen, bleibt mir nichts anderes übrig als deine Schulden zu begleichen, obwohl du dir sicher sein kannst, dass ich dich für diese Tat lieber Monate in Steinbrüchen schuften lassen würde, als dir so aus der Patsche zu helfen!
    Natürlich werden dir diese Worte nicht viel bedeuten, immerhin schaust du auf einen Beutel mit FÜNFZIG (ich kann es selbst kaum fassen) Goldmünzen. Aber lass dir das gesagt sein: noch so eine Aktion ohne vorherige Absprache, und ich lasse dich fallen. Phelan selbst hat bestätigt, dass er bereits bauliche Veränderungen VOR DEINER ZEIT in Angriff genommen hat, so schlimm kann es um die Casa also nicht gestanden haben.
    Ich hoffe, dass du deine Verantwortung in Zukunft etwas ernster nimmst, und nicht nur irgendwelche unsinnigen Bauprojekte anstößt. Sowieso: ist das alles, was du mir zu sagen hast?


    Aus Mogontiacum gibt es übrigens wichtiges zu berichten: ich werde Vater. Elfleda befindet sich mittlerweile kurz vor ihrer Niederkunft, und wir opfern und beten zu den Göttern, dass sie Mutter und Kind wohlbehalten durch die Geburt bringen.
    Ein Ärgernis in Form eines Kleinkriminellen, der einen Narren an Sontje gefressen hat, ist dabei sich in Luft aufzulösen. Das kostet seinen Teil, aber ich denke das ist es wert.
    Politisch tut sich im Moment nicht viel, Ragin ist zum Magistraten gewählt worden, und hat sich meinen Unmut zugezogen in dem er meinte auf einen effektiven Wahlkampf verzichten zu können. Der Junge wird einiges leisten müssen, um diesen Fehler wieder auszugleichen. Phelan hat sich entschieden, doch nicht für ein Duumvirat anzutreten und dafür sein Priesteramt weiter zu verfolgen. Das kann ich sogar verstehen: besser, jemand tritt kürzer, aber dafür fester. Von unseren hiesigen Gegnern weiß ich im Moment nichts neues zu berichten, kann mich allerdings des Gefühls nicht erwehren, dass sich da was zusammenbraut.


    Wie sieht es in Rom aus, gibt es irgendwas zu berichten, das für uns hier in Mogontiacum nützlich ist?


    Soweit, so gut. Gruß an Balbus und seine Ehefrau.


    Til ars ok frisar.


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    Tiberius Duccius Lando
    Casa Duccia | Mogontiacum | Germania Sup.

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    "Geld spielt keine Rolle.", murmelte Lando zurück, dem die Wiederherstellung der Sicherheit für seine Familie wichtiger war als schnödes Gelddenken.


    "Solange derjenige seine Schnauze halten kann, oder besser noch: selbst verschwindet, ist es mir egal. Ich denke, du weißt wie du das arrangieren musst."

    "Tribun.", grüßte Lando den Octavier mit mühsam erkämpfter Aufmerksamkeit, "Setz dich doch. Darf ich die Tabula mal sehen?"


    Die Tabula entgegennehmend warf er einen schnellen Blick darüber, und lächelte schmal als er sah, dass er sie selbst ausgestellt hatte: "Nun, da meine Unterschrift daruntersteht denke ich, dass das in meinen Zuständigkeitsbereich fällt. Aber ich bin überrascht, dass wegen einer popeligen Wertkarte gleich ein Tribun der Legion in unserem Officium hier aufmarschiert."

    "Du hast Kontakte...", kam Lando ohne große Umschweife auf das Thema zu sprechen, "...die uns von Nutzen sein können. Vielleicht hast du schon von Cassella gehört... nein, du HAST von Cassella gehört. Der Mann wähnt sich mittlerweile in so großer Sicherheit, dass er sich an einer Frau meiner Familie vergreifen kann. Du sollst jemanden für uns finden, der ihm das Gegenteil beweist."


    Landos Blick war ernst, aber nicht düster. Für ihn wie für die seinen war es vollkommen normal, jemanden in Hels Reich zu schicken der sich an einer der ihren vergriffen hatte. Allerdings waren die Möglichkeiten zur Fehde hier im Reich stark beschränkt, und sie hatten es aufgegeben darauf zu warten, dass sich andere, vielleicht im römischen Sinne legalere Wege auftaten um dem Problem Herr zu werden. Und so stand Lando hier am Kai, und sprach über Mord. Und darüber, was für Nantwig auf dem Spiel stand, sollte die Sache auffliegen.


    "Wir haben ein nicht geringes Interesse daran, dass es so aussieht, als würde einer seiner... Mitbewerber... seinen Konkurrenten aus dem Weg geräumt haben. Du willst nicht, dass herauskommt wer es wirklich war. Alleine deiner Schwester wegen."

    "Du sagst es...", murmelte Lando, der in Gedanken schon bei der nahenden Geburt war, "Ich bete jeden Abend zu den..", weiter kam er nicht, so schnell konnte er garnicht gucken, da kam Sontje angerannt und warf sich seinem Freund an den Hals. Dessen nicht genug, sah sie aus wie das, was sich die meisten Römer in ihren künsten Träumen von Barbarinnen nicht ausmalten.


    "SONTJE.", blaffte Lando daher sofort. Das war zuviel des Guten. Er hatte ihr einiges durchgehen lassen, sie immer wieder in die Obhut ihres Bruders abgeschoben, über ihre mangelnde Erziehung hinweggeschaut und darauf gehofft, dass sich das irgendwann von selbst geben würde. Aber nein, Sontje zeigte sich wie eh und je lernresistent, und sich in diesem Aufzug einem fremden Mann an den Hals zu werfen war definitiv der Tropfen der das Fass zum überlaufen brachte.


    "Geh sofort ins Haus.", befahl er in eisigem Ton, nachdem er sie grob an der Schulter gepackt und von Maecenas gerissen hatte, "Das hier wird ein Nachspiel haben."

    Es dämmerte bereits, als Lando am Hafen eintraf. Einige Schiffe lagen vertäut an den Stegen, vor dem Herbst zog der Verkehr auf dem Rhenus noch einmal stark an, bevor der Winter die Fahrt gefährlicher oder gar unmöglich machte.
    Das Schiff, an dem derjenige, den er heute treffen wollte, arbeitete lag ziemlich weit ausserhalb, bequem außerhalb der Hörreichweiste vom belebten Hafenkai entfernt.


    Nantwig, Bruder der Haushälterin Lanthilda im Hause der Duccii, hatte heute aus unerfindlichen Gründen noch nach Feierabend viel zu tun, und Lando lächelte matt, als er seinen Wink an den Vorarbeiter vom Morgen ausgeführt sah.


    "Heilsa Nantwig.", machte Lando mit ruhiger Stimme auf sich aufmerksam, "Ich denke, ich hätte endlich eine Möglichkeit mit der du dich revanchieren kannst."


    Für Lando gab es keine Notwendigkeit lange um den heißen Brei herumzureden. Nantwig war das schwarze Schaf der Familie, und verdiente sich noch etwas Geld zu seiner Tätigkeit als Handlanger am Hafen hinzu, in dem er Diebesware weiterverkaufte. Unter der Hand, versteht sich. Eben diese Hand wurde von Lando gerettet, als er seine eigene über Nantwig hielt, der seine Ware an den falschen Mann bringen wollte. Seither war der junge Mann ihm etwas schuldig, und nun war der Moment gekommen, wo Lando sich die Verbindungen des Mannes in die zwielichtigen Kreise der Stadt zunutze machen konnte.

    "Allerdings...", fiel Lando wieder ins Grübeln, "..die Arbeitsmoral lässt wirklich zu wünschen übrig. Ob Ragin seine Sache als Magistrat gut macht, werden wir ja sehen. Für sich zu werben schien er auf jeden Fall nicht nötig gehabt zu haben."
    Was Lando mehr als ein großer Dorn im Auge war, eigentlich hatte er große Stücke auf den Jungen gesetzt, der sich dann aber aus welchem Grund auch immer gegen einen Wahlkampf entschieden hatte. Er selbst hoffte, dass die den Karren irgendwann aus dem Dreck ziehen konnten, in dem er gerade steckte.


    "Glabrio? Vergessen wir Glabrio...", grummelte Lando, der von der Art seines Freundes immernoch bitter enttäuscht war. Sontjes kindlicher Geist hatte sich binnen weniger Tage in die Romanze versteigert. Glabrio war darauf vorzuwerfen, dass er das überhaupt zugelassen hatte. Und: dass er es nicht wie ein Mann beendet hatte. Dazu kam auch noch: "Er ist Christ. Ich kann ihm keine aus unserer Sippe zur Frau geben, wenn ich genau weiß, dass diese Verbindung eine Gefährdung für sie darstellte. Christen werden zwar nichtmehr automatisch ans Kreuz geschlagen, aber die Sanktionen, die ihnen drohen sind immernoch alles andere als einfach zu verkraften. Meine Freundschaft zu ihm in allen Ehren... DAS geht nicht."
    Er hätte der Sache wahrscheinlich von Anfang an einen Riegel vorschieben müssen, musste aber zugeben, zu dem Zeitpunkt einfach anderes im Sinn gehabt zu haben. Glabrio hatte ihm die Arbeit abgenommen, in dem er Sontje einfach selbst das Herz gebrochen hatte. Was es nicht besser machte.


    "Hmhmhmh....", überlegte Lando laut über die Sache mit Casella. Er entsann sich an die Anfangszeit des Kriminellen, der in der Freya und bei der Konkurrenz organisiert gestohlen, und die Ware weiterverkauft hatte. Irgendwann ist der Mann mutiger geworden, führte kleinere Überfälle durch, die auf die Taberna war sein wohl dreistester Coup, an dem er sich die Finger verbrannt hatte. Und jetzt das mit Sontje.
    "Ja, ich denke du hast recht. Eigentlich ermittelt die Legio in der Sache, aber das dauert mir zu lange. Viel zu lange. Außerdem weiß man nie, womit die Sache ausgeht. Wenn wir da etwas unternehmen, wird es AUF JEDEN FALL danach aussehen, dass wir es lanciert haben. Ich lass mir da etwas einfallen... wenn du gehst, sag Lanthilda, dass ich ihren Bruder sehen will. Wie hieß der noch? Nantwig?"

    "Papperlapapp.", schnitt Lando seinem vielredenden Vetter xten Grades das Wort ab, "Darum geht es mir garnicht. Enttäuscht? Blödsinn. Ich bin froh, dass du genug Besonnenheit zeigst, um deine Möglichkeiten realistisch einzuschätzen."


    Was im Moment eine Ausnahme darstellte. Witjon hatte diese Besonnenheit missen lassen, und wurde dafür von den politischen Gegnern des Hauses, allen voran dem alten Nörgler aus der Casa Petronia regelrecht vorgeführt. Der Junge würde einiges zu leisten haben, um sich aus diesen Verstrickungen wieder zu befreien.


    "Solange du deine Pflichten als Priester nicht vernachlässigst, ist es mir gleich, ob du für ein Amt kandidierst oder nicht. Übrigens hat Ragin die Wahl zum Magistrat gewonnen, ohne auch nur ein Wort im Wahlkampf gesagt zu haben. Verstehst du, warum es mich wurmt, dass wir es zu einfach haben? Wenn man es zu einfach hat, wird man nachlässig, und wenn man nachlässig wird, liegt man irgendwann tot im Straßengraben.", stellte Lando klar, wie er darüber dachte, dass die Familie eine bequeme politische Mehrheit in der Stadt hatten. So bequem, dass sie es ihnen erlaubte sich zur Wahl zu stellen, ohne einen Handschlag Überzeugungsarbeit geleistet zu haben. DAS nervte Lando, und nicht zu schlecht. Aber was sollte er machen? Öffentlich eine Rede halten: wählt keine Duccii, wenn sie nichts für euch tun?
    Lächerlich.


    "Achja... und deine Schwester! Ich krieg die Krise wenn ich NUR AN SIE DENKE!!!", fluchte Lando, der sich mittlerweile richtig aufregte, "Dieses kindliche Gemüt wird ihr irgendwann den Kopf kosten! UND DAS WILL ICH NICHT! Verdammte Axt, ich will sie verheiratet wissen! Ist es verdammtnochmal mittlerweile NORMAL, dass Frauen mit 20 Sommern noch nicht verheiratet sind? Und von irgendwelchen Irren verfolgt werden? Was ist eigentlich mit dieser Tabernen-Geschichte, und diesem Kleinkriminellen... wie heißt er noch... Cadella... Cawella.... los, hilf mir."

    "Du bist witzig...", grummelte Lando, "..du musstest da ja auch noch nicht selbst durch. Aber nun, mir wird nichts anderes übrig bleiben. Ich hoffe nur, beide kommen durch, du weißt, was ich meine."


    DAS war letztendlich etwas, worüber er sich noch viel mehr Sorgen machte: das gesundheitliche Wohl von Mutter und Kind, sobald zweiteres sich bestrebte auf die Welt zu kommen.

    "Ach, ich jammer dich zu... eigentlich ist es garnicht soooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooo schlimm. Es ist nur ungewohnt. Ich meine, ich werde Vater.. ICH!!! Ich hab das Gefühl, ich hätte erst gestern an dieser Stelle das Heu für die Pferde geschauffelt", er deutete im Kreis an eine Stelle, wo einmal die alte Hros und der Heuschober gestanden hatten, "Und jetzt werde ich Vater, führe eine komplette Sippe an und bin wichtiger Beamter eines Staates, den meine Väter bis auf's Mark bekämpft haben. Maecenas, was geschieht mit mir?"


    Dass Maecenas sich noch keine Gedanken um das Heiraten gemacht hatte, obwohl er augenscheinlich älter war als Lando, brachte diesen ins Grübeln. Er wusste nicht einmal warum... aber eine Idee spukte in seinem Kopf herum, die er nicht sofort greifen konnte. Sie war da, aber irgendwie auch nicht. Stirnrunzelnd legte er das Kinn auf eine Faust, und stemmte den Ellbogen ins Knie...


    "Was geschieht hier, alter Freund?"

    Lando hatte sich tatsächlich in eine Schriftrolle vertieft, die die Abrechnungen der Mansiones südlich von Mogontiacum der letzten 2 Jahre zeigten. Eigentlich vollkommen uninteressant, da schon mehrfach geprüft, aber in Gedanken hing Lando sowieso woanders: bei der anstehenden Geburt seines Nachwuchses. Sorgenfalten dominierten in den letzten Tagen seine Stirn, und auch heute war es nicht anders. Doch da stand Lucius, und wollte etwas von ihm...


    "Was? Achso... der Tribun? Ja, ja... schick ihn rein... schick ihn rein.", antwortete er etwas abwesend, legte die Schriftrolle zur Seite und blickte gen Türe, wo wohl der Legionstribun gleich auftauchen würde.

    Lando hatte zufrieden die Geburt beobachtet, und sah mit einem Anflug von stolz auf das neugeborene Fohlen, als Leif ihn auf ein Problem mit der Stute aufmerksam machte: "Nicht in Ordnung? Was meinst du?"


    Sofort stellte sich Sorge ein, Kerrin war eine der zuverlässigsten Zuchtstuten der Hros, ihr Nachwuchs strotzte quasi nur so vor Gesundheit. Ihm war es ein Graus, mit ihrem Verlust rechnen zu müssen.


    Leif:
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    "Ehm... da kommt noch eins.", schlussfolgerte der etwas perplexe Leif aus dem sechsten Paar Hufe, das die Stute gerade aus ihrem Leib presste, "MACHT PLATZ DA! ZIEHT DAS FOHLEN ZUR SEITE!!!", blaffte er die beiden Jungleute an, damit sie so schnell wie möglich Platz für die zweite Geburt machten, "Zwillinge, so ein Ding... jetzt aber.... und.... zieeeeeeeeeheeeeeeeeen...."


    Leif zog professionell sachte, damit die Stute und das Fohlen keinen Schaden nahmen. Eigentlich war es mehr ein Führen, schließlich machte der Körper der Stute alles schon alleine...


    "Mehr Stroh!!! Mehr Stroh!! PEPINO!!!!", rief er dem jungen Italiker zu, der sich mit einem lauten "ai ai ai" gleich aufmachte zwei Arme voll Stroh in die Box zu werfen, ohne Rücksicht auf Sontje oder Ragin, damit auch das zweite Fohlen so schnell wie möglich trocken wurden. Zwei weitere Arme Stroh folgten, bis schließlich die ganze Luft erfüllt war von Staub und Fasern...