Celerina schwieg, begann dann zu schluchzen. Ich sah mich hilflos einem grundsätzlichen Problem gegenüber. Wie beruhigte man eine weinende Frau, die sich offensichtlich nicht beruhigen lassen wollte? Bereits teilten sich meine Lippen, um - gleich was - etwas zu ihrer Beruhigung zu sagen, als sie weitersprach und die im Anschluss einsetzende Stille regelrecht in den Ohren schnalzte. Ich starrte in die Dunkelheit, stellte mir den anklagenden Blick vor, mit dem sie mich zweifelsohne soeben bedachte. Es gab nurmehr zwei Möglichkeiten für mich. Ich konnte sie belügen und dennoch würde irgendwann das Offensichtliche an die Oberfläche kommen. Oder ich konnte es ihr erzählen. In beiden Fällen wäre Celerina diejenige, auf deren Kooperation ich angewiesen sein würde, und in beiden Fällen war ich der Schuft und sie die Betrogene, zuwenigst menschlich gesehen, denn dem Gesetz nach befand sie sich in der Bringschuld, nachdem sie sich mit diesem Sklaven eingelassen hatte.
Sämtliche Entspannung der vergangenen Stunden war zunächst einer Müdigkeit gewichen, und nun beharrte ein hinterhältig pochender Kopfschmerz auf einen Platz in meinem Schädel. Hinzu kam, dass mich diese ganze Angelegenheit allmählich nervte, was wiederum nicht sonderlich dazu beitrug, selbige mit der nötigen Ruhe anzugehen. Ich runzelte in Verärgerung die Stirn, schluckte die scharfe Erwiderung mit dem Hinweis darauf hinunter, dass sie bisher schließlich nicht in der Lage gewesen war, mir einen Erben zu schenken, schluckte die Worte hinunter, dass diese Vaterschaft ohnehin ohne Belang war. Die Stille dehnte sich aus, und ich unternahm einen letzten, einen allerletzten Versuch, und beiden noch ein wenig Aufschub in dieser Angelegenheit zu verschaffen, indem ich ihr kurz mit dem Daumen über die Schulter strich und abermals nüchtern auswich: "Du hast geträumt, Celerina." Die sich anschließende Stille überreizte nun gewiss nicht nur mein Gehör mit der Absenz jedweden Atemgeräusches. Ich hatte lange gewartet mit dieser Antwort, ganz gewiss zu lange, um noch eindeutig jegliche Beteiligung erfolgreich von mir weisen zu können. Ich zögerte - sollte ich nun von mir aus weitersprechen?
Ich erinnerte mich an diesen inneren Frieden, von dem ich hatte kosten dürfen, als ich mich dazu durchgerungen hatte, Siv aufzusuchen. Auch wenn er nur von kurzer Dauer gewesen war. Und das war der Moment, indem ich die Hand von Celerinas Schulter nahm und fort rückte von ihr. "Ich mache Licht", verkündete ich nüchtern, während ich bereits im Begriff war, selbiges zu tun. Ich wollte sie zumindest sehen können. Kurz darauf erhellte ein mageres Flämmchen auf dem kleinen Tisch neben ihrem Bett ihr entsetztes, verheultes Gesicht. Ich setzte mich wieder, mein Gesicht spiegelte eine selten zu sehende Ernsthaftigkeit wider. Ich bemühte mich um einen ruhigen Tonfall, der vermutlich eher nüchtern klang. "Du kannst wählen. Zwischen der Wahrheit und dem angestrebten Ziel."