Ich gab mir Mühe, meine Überraschung vor meinem Gegenüber zu verstecken. Die Art, wie er mich ansah und welche Worte er wählte, wie er sich Trauben nahm und diese dann zwischen seinen Lippen verschwinden ließ, machten mich stutzig. Konnte es denn sein, dass er...? Gebannt hing ich an seinen Lippen, konnte in diesem Moment nirgendwo sonst hinschauen als auf den Zeigefinger, den er mit einer Feuchte benetzt wieder zu Tage förderte. Ich schluckte und musste mich kurz sammeln. Zu sehr hatte diese Geste mich aus dem Konzept gebracht. Auch änderte ich leicht meine Position, sodass man die aufkeimende Erregung nicht oder nicht mehr sehen konnte. Ich schoss einen leicht unsicheren Blick in Aquilius' Richtung ab und stellte mit vor, wie wir wohl dereinst zusammen in die Thermen gehen mochten. Beim Ringen würde ich sicher unterliegen, doch wäre es mir gegönnt, ihn ohne Offenbarung  der verschiedensten Dinge zu berühren.
Und dann diese Stimme, die durch und durch männlich klang und mehr hoffen ließ, als ich in diesem Moment erwartet hatte. Er formulierte die Antwort auf meine Frage mehrdeutig, und wieder fragte ich mich, ob es das Schicksal der Götter war, dass ausgerechnet Aquilius an den Weinstand herangetreten war. Hatte ich ihn tatsächlich gefragt, ob er mit mir zusammen dem Wein frönen wollte? Hier? In der Villa Aurelia? War er tatsächlich da oder spielte mir der allzu lebhafte Gedanke an Aquilius wiederholt einen Streich, der in stiller Einsamkeit erlöst werden wollte? Ich griff nach dem Becher, konnte es aber nicht verhindern, dass meine Finger leicht zitterten, als ich den Becher hielt. War das nun Scham? Angst oder gar Vorfreude? Ich vermochte es nicht zu sagen und nahm stattdessen einen gehörigen Schluck Falerner.
Nachdem ich den Becher fortgestellt hatte, klatschte ich zweimal in die Hände. Kurz darauf erschien eine schmale Sklavin, die leicht bekleidet war und langes Haar hatte.
"Bring uns etwas zu essen. Huhn wäre angebracht, Fisch und andere gute Sachen, die du in der culina finden magst. Und bring auch mehr Wein", trug ich der Blondine mit leicht rauchiger Stimme auf. Ich folgte ihr mit Blicken, als sie das tablinum verließ, dann erst wandte ich langsam den Kopf zu Aquilius. Wieder konnte ich es nicht vermeiden, an seinem Körper entlangzutasten, wenngleich auch nur mit Blicken. Ich ertappte mich dabei, wie ich mich fragte, wie er wohl unter der Tunika aussehen mochte, die er trug. Ich furh mir mit der Zunge über die Lippen und suchte in meinem Kopf nach einer weiteren Frage, die ich ihm stellen könnte, doch die zähe Masse meiner Gedanken ließ mich gnadenlos im Stich. So griff ich nach meinem Becher und stellte mit Entsetzen fest, dass er leer war. Kein Sklave war zur Hand, also schenkte ich uns beiden selbst nach, wobei meine Tunika wieder leicht verrutschte, was mir sicher nicht recht war in diesem Moment, konnte man doch einige Dinge wenn schon nicht sehen, dann doch zumindest erahnen. Ich stellte die Amphore wieder fort und rettete mich in einem Schluck Wein.
"Marina ist eine gute Köchin, du wirst sehen", sagte ich in Ermangelung eines anderen Einfalls. Dieser Mann brachte mich voll und ganz aus dem Konzept. Sicher war es sich dessen bewusst.