Beiträge von Marcus Aurelius Corvinus

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    Brix' Blick sagte deutlich, was er von dieser Antwort hielt - nämlich nicht besonders viel. Aber der Blick war auch alles, was Siv das sagte, denn Brix selbst schwieg. Er sah sie so lange an, bis sie ihn nach dem Geld fragte. Dann wandte er sich wieder Finn zu und ruckelte ihn leich auf und ab. Ein Kind in dem Alter konnte zwar noch nicht willkürlich lächeln, aber Brix war eindeutig der Meinung, dass Finn das Ruckeln gefiel und er ihn angrinste. Ganz sicher mochte der Kleine den Großen, und umgedreht war es genauso. Einen Moment lang widmete sich Brix ganz Finns Vergnügen, dann aber sah er wieder auf und betrachtete Siv, die inzwischen etwas wie seine Schwester für ihn geworden war. "Meins", sagte er schlicht, dafür aber mit einer unausgesprochenen Begründung in der Stimme, dass Siv wohl verstehen würde, dass er darüber nicht diskutieren würde. "Leg es dir einfach auf die hohe Kante. Du kannst es mir ja irgendwann zurückgeben." Wobei Brix das nur sagte, damit Sivs Gewissen nicht gar so schlecht sein würde.


    Er bemerkte, wie sie sich ein wenig abwandte und kurz mit sich rang, ließ seinen Blick erneut über die Kinder und Ferun schweifen und seufzte dann langgezogen, als er Sivs feindlichen Tonfall hörte. "Natürlich zurückkommen. Es gibt vieles, dass du tun könntest. Der Garten sieht aus wie ein Schlachtfeld nach dem Regen in der letzten Woche..." Das stimmte nur halb und war nicht mehr als ein schwacher Versuch seitens Brix, Siv doch noch einmal dazu zu bringen, dass sie umkehrte. Er überlegte hin und her, ob er seinem Herrn zu seinem eigenen Wohl in den Rücken fallen sollte oder nicht. Vielleicht kam Siv ja zurück, wenn sie hörte, dass er gute Miene zum bösen Spiel machte. Andererseits sollte er sich da nicht so hereinlehnen, immerhin war das grob gesehen nicht seine Sache. "Ich möchte nur, dass du nochmal ernsthaft darüber nachdenkst", bat er sie. Kurz darauf verkündete Ferun, dass sie kurz nach unten gehen würde, um frisches Wasser zu holen, bat die beiden, auf die Kinder zu achten, und war verschwunden. Brix wartete.




    VILICUS - GENS AURELIA

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    Brix registrierte zwar Sivs fast panischen Blick und auch, dass sie anfing, etwas zu sagen, aber er ging nicht darauf ein und beschäftigte sich einfach weiter mit Finn. Zumindest, bis Siv auf seine Frage antwortete, denn da achtete er mehr auf sie als auf den Kleinen, den er nach wie vor im Arm hielt.


    "Müde?" fragte er sie und runzelte die Stirn. "So siehst du auch aus. Müde und abgespannt." Sie strich ihrem Sohn über den Kopf, und Brix betrachtete sie dabei. Er dachte an seine eigene Familie, ließ die Erinnerung aber schnell wieder fallen. "Ich hab dir etwas Geld mitgebracht. Nicht von der Wiege. Stell dir vor - ich finde tatsächlich keinen Käufer", sagte er schnell und machte ein ziemlich enttäuschtes Gesicht, gepaart mit einem ganz unschuldigen Lächeln. Brix hatte nicht einmal versucht, die Wiege zu veräußern. Das, was er Siv geben würde, sobald er die Hand frei hatte, war ein Teil seines eigenen Ersparten. "So als Vorschuss. Wenn ich sie denn verkaufe. Dann - au! - bekommst du auch den Rest....nicht dran ziehen, das tut weh", ermahnte er Finn, der ihn mit großen Augen erschrocken ansah, seine kleinen Fingerchen aber immer noch in Brix' Bart gekrallt hatte. Brix überlegte, ob er noch mehr erzählen sollte. Er entschloss sich für die einfachere Variante. "Wir vermissen dich alle, weißt du", bemerkte er. Ferun legte im hinteren Bereich Wäsche zusammen und tat taktvoll so, als hörte sie nichts. "Willst du nicht vielleicht doch..." begann er.




    VILICUS - GENS AURELIA

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    Brix trat ein und nickte Ferun lächelnd zu. Dass zumindest der Kleine anwesend war, war nicht zu überhören. Und wo Finn war, konnte Siv nicht weit sein. Lioba brabbelte leise vor sich hin, während Ferun sich noch einmal für das Essen bedankte. In der subura kam man nicht gerade günstig, geschweige denn oft an Frisches heran, und gerade deswegen war es für die Kinder umso besser, wenn sie hin und wieder Gemüse und Obst bekamen. Brix wusste das, und das bisschen, was er mit Genehmigung aus dem Haushalt der Aurelier abzweigte, war schon eine Hilfe für die kleine Familie.


    Als Brix dann auf Siv zutrat, lächelte er sie durch seinen Bart hindurch an. "Na?" grüßte er sie zurück und strich Finn über das kleine Köpfchen. "Dich hört man ja sogar unten auf der Straße noch", brummelte er mit seiner sonoren Stimme dem Kleinen zu - und nahm ihn dann kurzerhand aus Sivs Arm. Brix war vorsichtig, was das betraf. Er gab acht, dass er den Kopf stützte, als er Finn mit beiden Händen vor sein Gesicht hielt und mit frählichen Augen den kleinen Schreihals musterte. "Da schaust du, was? Du wirst mal ein großer Krieger, und dann darfst du auch schreien, dass sich die Bäume biegen. Aber hier solltest du ein bisschen Rücksicht nehmen auf deine Mutter, meinst du nicht auch?" Brix grinste den kleinen Racker an und ließ ihn dann ruhigen Gewissens in seinen Bart greifen. Er schrie zwar nicht mehr, aber seine Wangen waren immer noch heiß und tränennass, obwohl er Brix fasziniert mit seinen kindsblauen Augen musterte. Der Germane nahm ihn anders und hielt ihn jetzt seitlich. Dann sah er Siv an. "Wie geht es dir?" fragte er sie ernst.




    VILICUS - GENS AURELIA

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    Die insula war nicht besonders groß, und Uland und Ferun wohnten nur in einem kleinen Teil des Gebäudes. Es war brix allerdings wichtiger gewesen, dass Siv zu guten Menschen kam, wenn sie denn wirklich gehen wollte. Und mit Uland, Ferun und den Kindern hatte sie nicht nur eine nette Familie, bei der sie eine Zeit lang wohnen konnte, sondern auch Gleichgesinnte und Reisegefährten, da Uland mit seiner Familie selbst auch bald zurück in den Norden aufbrechen wollte.


    Der Senator war der Patron Ulands, und allein deswegen musste Brix sich keinen Grund ausdenken, heute einen Abstecher hierher zu machen. Er trug ein Bündel mit sich und ein Messer unter dem Stoff seiner Kleidung, denn es war besser, wenn man nicht ganz so wehrlos durch die subura pilgerte. Als Brix angekommen war, klopfte er. Es war Ferun, die öffnete, und sie hatte die kleine Lioba seitlich auf der Hüfte sitzen. Brix hatte ein freundliches Wort für beide übrig, und er strich dem kleinen Mädchen kurz über den Kopf. Beiläufig reichte er Ferun das Bündel, woraufhin sie sieh herzlich bedankte. Es enthielt Brot und Gemüse, und Brix brachte stets etwas mit, wenn er hier zu besuch kam. "... Ist Uland nicht zu Hause? Aber Siv ist doch da, oder?"




    VILICUS - GENS AURELIA

    Da ich die Iunia ab jenem Moment aufmerksam beobachtete, in dem sie den Raum betrat, entging mir auch das nervöse Umschauen ihrerseits nicht. Ich kommentierte es nicht, sondern sah sie unverwandt an und wartete darauf, dass sie mir ihr Anliegen mitteilen würde. Ihr Zwiespalt bezüglich der geeignetsten Anrede entging mir, ihre Nervosität indes nicht. Ich überlegte schon, ob ich das Gespräch unbemerkt auf den Aelier lenken konnte, um meinem Missfallen dieser Mauscheleien Ausdruck zu verleihen - doch in jener Situation wäre es nur allzu offensichtlich, und so unterließ ich eine direkte Anspielung darauf und hoffte, dass sich mir im weiteren Gesprächsverlauf eine Möglichkeit bieten würde, diese Thematik anzusprechen.


    "Gut, das kann ich für dich tun", erwiderte ich und bereute es schon, Livius Pyrrus hinausgeschickt zu haben, wie auch schon bei dem Gespräch mit Seiana. Ich zog also selbst eine Wachstafel zu mir, um die Namen der Betriebe zu vermerken. "Kümmern wir uns zuerst um die Änderung deiner Konzessionen. Um welche Geschäfte handelt es sich denn konkret? Und ich nehme an, du führst die aktuellen Dokumente mit dir?" Besonders gesprächig war ich nicht, das ging mir selbst auch auf, andererseits - was hätte ich schon groß mit Iunia Axilla reden sollen, nach diesem Auftritt auf der Hochzeit meines Neffen? Gern hätte ich sie auf später vertröstet, was die Umschreibung anbelangte, doch wenn sie die Dokumente mit sich führte, gab sie mir keinen Grund, die ädilische Tätigkeit aufzuschieben.

    Ich erwiderte lediglich ein Nicken auf Seianas Erklärung hin. Es war löblich, dass sie derart dachte. Nach meinem Kenntnisstand hatte ihr Verlobter - ihr ehemaliger Verlobter - sich bisher nicht selbst hier blicken lassen, was nicht nur ihn selbst, sondern auch seine Familie in ein schlechtes Licht rückte. Doch Seiana hatte nunmehr noch weniger Einfluss auf den Aelius, und daher begann ich auch kein Gespräch über ihn und darüber, was sich gehörte und was nicht. Zumal Seiana selbst sehr wohl wusste, was sich gehörte, das hatte ihr Besuch vor drei Tagen bereits bewiesen.


    "Das klingt gut. Ich selbst sollte in nicht allzu ferner Zukunft den cursus iuris in Angriff nehmen. Ich habe bisher noch keine Zeit gefunden, mich den Rechtswissenschaften entsprechend zuzuwenden, und ich werde für eine mögliche Kandidatur zum praetor dieses Wissen brauchen", erwiderte ich und seufzte. Dieser Kurs war etwas, das ich eigentlich schon viel zu lange vor mir her geschoben hatte. Es erschien mir auch nicht unbedingt eine schmackhafte Lektüre zu sein. "Ja. Danke im Übrigen noch für die Exemplare, die du mir hast zukommen lassen. Insbesondere die Abhandlung über die Ursprünge unserer Gesellschaft waren recht...amüsant zu lesen", sagte ich und schmunzelte kurz. In der letzten Zeit hatte ich mich diesen Schriften mehr aus dem Grund gewidmet, nicht zu viel nachdenken zu müssen über Siv, und da war mir eine leicht verdauliche Kost mit teilweise recht wahnwitzigen Thesen gut zupass gekommen.


    "Ah", seufzte ich dann und nickte. "Das kann ich gut nachvollziehen. Ich habe das Glück, einen recht ambitionierten Verwalter auf Sardinien zu haben. Du möchtest lediglich den Buchhandel hierher verlegen?" Ich wusste, dass Seiana einen weiteren Betrieb erstanden hatte, hatte allerdings vergessen, dass dieser sich bereits in Rom befand. Auch ein gutes Gedächtnis konnte sich nicht alles merken, insbesondere dann nicht, wenn es viele Personen gab, die alle ein Eckchen davon für sich beansprechen wollten.

    So, es gibt endlich neue Artikel in der Acta - allerdings mit einer Änderung.


    Die Acta wird von nun an im Blog-Format geführt. Das bedeutet für die Leser zunächst einmal keine besondere Veränderung in der Darstellung der Artikel. Beiträge sind jetzt nach Rubriken geordnet, beim Klick auf die Acta Diurna werden die letzten 10 neuen Beiträge aller Rubriken angezeigt. Alle Rubriken lassen sich auch einzeln einsehen.


    Die wichtigste Neuerung für unsere Leser ist, dass es keine Neue-Ausgabe-Erschienen-Meldungen mehr geben wird, da - so der Plan - jeder neue Artikel direkt veröffentlicht wird. Ein Blick in die Acta lohnt also demnächst auch ohne Vorankündigung.


    Hinzu kommt, dass es demnächst in den bespielten SimOn-Foren etwas wie Schwarze Bretter geben wird, auf denen die Artikel zeitgleich erscheinen werden und damit mehr Möglichkeit zum SimOn-Spiel bieten. Wir befinden und da gerade noch in der Testphase. Falls euch als eifrige Leser etwas auffallen sollte, dann meldet es bitte hier.

    Fünf.


    Draußen regnete es, wieder einmal. Das beständige Gurgeln und Rauschen drückte mir schwer aufs Gemüt – ich sehnte mich danach, endlich wieder den Garten nutzen zu können. Ich stand vor der Kommode, über der ein Spiegel hing, und betrachtete mich nachdenklich in selbigem. Dunkle Schatten lagen unter meinen Augen und die Haut wirkte auf mich wie Wachs. Ich beugte mich hinunter zur Schüssel und spritzte mir kühles Wasser ins Gesicht. Tropfend richtete ich mich dann wieder auf und sah mich erneut an, prüfend, fragend. Ich zog eine Grimasse, wandte den Blick ab und griff nach einem Handtuch, um meine Haut zu trocknen. Ich lernte, damit zu leben, mit mir selbst zurechtzukommen. Zumindest redete ich es mir mehr oder minder erfolgreich ein, denn tatsächlich verdrängte ich, dass Siv mir mehr fehlte als alles andere und ich meinen Sohn gern hochgenommen hätte.


    Wer bin ich schon – das konntest du mir niemals zeigen.
    Bin ich ein Blatt, das noch beschrieben werden muss,
    bin ich der Schmerz in dir nach einem Abschiedskuss?
    Sag, bin ich dein, auch wenn sich unsre Tage neigen?


    Bin ich ein Meer, das blauer ist als jedes Sehnen,
    Bin ich das schönste Muster im Kaleidoskop?
    Bin ich ein Wunsch, der sich dank dir zum Stern erhob,
    sag, bin ich das versteckte Lächeln unter Tränen?


    Du kennst mich nicht, so wie ich selber mich nicht kenne
    und niemals könnte ich je deine Muse sein.
    Warum kann ich dir keine Fantasien bringen?


    Ich bin wohl nur ein Licht am Nachttisch und ich brenne
    für deinen Schöpfergeist, bin nachts dein Kerzenschein.
    Ach, könnt’ ich deine Träume wie Sirenen singen.


    Ach, könnt’ ich deine Träume wie Sirenen singen
    und dir die Seltsamkeiten dieser Welt erklären.
    Ich will dir keinen Zauber im Moment verwehren,
    doch liegt der wahre Zauber in so vielen Dingen.


    So fürchte nicht die Mitternacht und tiefe Seen,
    denn jeder Stern am Himmel bettet sie in Licht,
    und fürchte auch die Stille und mein Schweigen nicht,
    denn irgendwann bin ich bei dir - du wirst verstehen.


    Ich bleibe, denn das Licht lebt in der Dunkelheit,
    bei dir und zeige dir die Schönheit, selbst im Schmerz.
    Ich werde, wenn du willst, vom Himmel zu dir fliegen


    und zeige dir die Unbedeutsamkeit der Zeit.
    Bis dahin träume weiter – träum dich himmelwärts-
    die Träume, die dich leis’ in Illusionen wiegen.


    Die Träume, die dich leis’ in Illusionen wiegen,
    erhalten mich am Leben, deinen Traumgehalt.
    Ich habe nur für dich in deinem Schlaf Gestalt,
    wie seltsam, welch Gefühle für mich in dir liegen.


    In jedem Traum malst du von mir ein schön’res Bild
    und legst die Ideale fest in einen Rahmen.
    Wie seltsam, denn du gabst mir weder einen Namen,
    noch Wahrheit – wird denn deine Liebe je gestillt?


    Ich kann dich nicht nach deinen Wünschen glücklich machen.
    Was bringt es dir, wenn du mich in den Träumen siehst?
    Du solltest für dein Wohl in and’ren Sphären fliegen,


    weil Traum und Fantasie nur kurzes Glück entfachen.
    Wie seltsam, ihre Blüte ist die einzige, die sprießt:
    Wie konntest du so schnell dem einen, mir, erliegen?


    Wie konntest du so schnell dem einen, mir, erliegen,
    der keinen Funken Zeit für dich verschwenden will.
    Ich habe keinen Platz mehr für dich hier – sei still –
    du kannst nicht mehr mein Kleinod sein, mein Herz besiegen.


    Die Spiele, die wir spielten, sind bedeutungslos,
    es war ein Zeitvertreib im Dunkeln meiner Mauern.
    Und nun denkst du, ich würde dich auch noch bedauern,
    das kann ich nicht, denn meine Kammer ist nicht groß


    genug, auch dir den Schutz des Rückzugs zu gewähren.
    Du warst so lange fort, ich habe dich vermisst,
    du hast die Zeit verspielt, die wir gemeinsam gingen.


    Wie kannst du mich nach dieser Zeit denn noch begehren?
    Es ist nicht schwer, dass du mich, wie ich dich, vergisst:
    Du sahst doch schon, wie Sonn’ und Sterne untergingen.


    Du sahst doch schon, wie Sonn’ und Sterne untergingen
    und doch zieht es dich immer wieder an das Fenster.
    Dein Kämmerchen ist voller Schatten und Gespenster.
    Von der Ewigkeit wolltest du mir singen,


    und Obhut drohte meine Seele zu verbrennen.
    Ich brauche dich, wie eine Rosenknospe Regen.
    Kann ich dich jemals wieder in die Arme legen,
    und ruhig dich wiegen, kann ich deinen Namen nennen,


    und nicht von bitteren Erinnerungen kosten?
    Du bist wie Mond und Sterne, sichtbar und doch fern,
    Doch scheinst du nicht für mich, so folge ich den Pfaden


    nur rückwärts und seh’ dich am Horizont verrosten.
    Doch weiterhin quält mich mit dir ein kleiner Stern:
    „Die Hoffnung ist für dich der letzte Seidenfaden“.

    Celerina legte sich zu mir, nachdem sie einen Moment unentschlossen gewirkt hatte, und ich deckte uns beide mit meiner Decke zu. Dann drehte ich mich auf die Seite, ihr zu, schob einen Arm unter ihren Kopf und umschlang mit dem anderen locker ihre Taille. Kurz verharrte ich so, dann schob ich mein Gesicht etwas näher an ihr Haar, versenkte meine Nase darin und schloss die Augen. Sie war warm, und das war angenehm. Noch angenehmer, als das Schweigen, was sich zwischen uns ausgebreitet hatte. Es hätte perfekt sein können. Es wäre perfekt, wenn Celerina nicht Celerina wäre. Ich schob den Gedanken fort und konzentrierte mich auf den Duft meiner Frau. Ihr Haar roch nach einer Mischung aus Honig und einem Blütenduft, den ich nicht näher spezifizieren konnte. Nicht unangenehm, aber auch nicht so harzig und schroff wie.... Ich atmete tief ein und aus, und schob mich noch ein wenig näher an Celerina heran. Eine ganze Weile lagen wir so. Ich brummte leise und genoss den Umstand, dass ich nicht allein war. Dabei dachte ich darüber nach, was sie gesagt hatte. Dass sie nach mir sehen wollte. Nur warum? Hatte sie ein schlechtes Gewissen wegen der letzten Nacht, in der wir uns getroffen hatten? Oder hatte sie doch beabsichtigt, sich zu mir zu legen und war deshalb gekommen? Meine Vermutungen blieben Vermutungen, denn ich fragte sie nicht danach. Allmählich wurde ich träge. Nur ab und an, wenn sie sich leicht bewegte, sprach sie damit meine Männlichkeit an. Ich versuchte, es zu ignorieren und einzuschlafen.

    Ich war ganz ruhig. Celerina war mir sehr nahe. Sie war mit einem Knie bereits auf de Bett. Ich ahnte, was sie wollte. Es würde einen Moment brauchen, aber sie konnte es haben. Dann schreckte sie plötzlich zurück, gab sich verlegen und verwirrte mich damit. Sie war hergekommen, um nach mir zu sehen? Warum? Seit unserem letzten Treffen hatten wir uns nicht mehr gegenüber gestanden. Celerina wandte sich um und sah zur Tür, entschuldigte sich und kündigte ihre Flucht an. Kurz mahlten meine Kiefer aufeinander, während ich nachdachte. Dann hob ich die Bettdecke auf der Seite an, auf der sie neben meinem Bett stand, und sah sie auffordernd an. Sie sollte nicht die Leidtragende sein, nur weil ich trübsinnige Gedanken hatte. Ich hatte nicht vergessen, worüber wir beim letzten Mal gesprochen hatten. "Komm", sagte ich nur leise. Es klang nicht befehlend oder einladend, sondern bittend. Ich wollte ein guter Ehemann sein. Wenigstens das, wenn ich schon keine Liebe für sie empfand. Mir war nicht unbedingt danach, mit ihr zu schlafen, obwohl ich auch das tun würde, wenn sie es wollte. Gerade sehnte ich mich schlicht nach Nähe, und sie war greifbar und in der Lage, mir nahe zu sein. Nicht wie Prisca, der ich das nicht zumuten konnte. Es war ohnehin schon schlimm genug, dass sie mich hatte weinen sehen wie ein liebeskrankes Mädchen.

    Seit dem Gespräch mit Prisca war ich nachdenklicher geworden und etwas ruhiger. Ich brauchte zwar immer noch Wein, um in den Schlaf zu finden, aber mir genügten drei oder vier Becher, um schläfrig zu werden. Nach meinem dritten Becher war ich heute zu Bett gegangen. Ich lag noch lange wach und hatte das Bild von meinem Sohn im Kopf, wie er friedlich schlummerte im Dämmerlicht. An seine Mutter versuchte ich nicht zu denken, denn wann immer ich das tat, fielen mir Brix' Worte wieder ein, dass sie sich gegenwärtig bei meinem Klienten Uland und seiner Frau aufhielt.


    Ich lag also im Dunkel. Durch die Vorhänge fielen schmale Streifen schwachsilbernen Lichts. Und plötzlich fiel auch von der anderen Seite ein schwaches Licht ins Zimmer. Ich wandte den Kopf zur Tür hin, die geöffnet worden war. Mein Herz schlug bis zum Hals, so laut, dass es der Eindringling doch sicher hören musste. Ich hatte nur den Kopf gedreht, ansonsten war ich bewegungslos. Es war nicht ihre Silhouette, sondern die meiner Frau. Ihr haftete ein Duft an, der in keinster Weise dem Sivs glich. Ich fühlte Enttäuschung, kurz darauf Verwunderung darüber, dass ich enttäuscht war. Und dann fragte ich mich, was sie hier wollte. Ob sie gekommen war, um...? Ich überlegte, ob ich mich aufrichten sollte oder nicht, entschloss mich dann für eine Mischvariante und stemmte mich nur auf die Ellbogen hoch, sie dabei ansehend. Ich sagte nichts. Ich wartete einfach ab. Die Decke raschelte leise auf meiner tunica.

    Ich wachte auf, als jemand an mir zerrte, aber ich öffnete die Augen nicht. Im Gegensatz zu Celerina war mir der Verlauf der Nacht noch sehr gut in Erinnerung und drängte sich schlagartig in den Vordergrund, als ich aus dem Schlaf gerissen wurde. Etwas ratschte. Meine Kleider waren nicht mehr ganz so nass wie noch vor ein paar Stunden, doch immer noch feucht. Es war eine warme Feuchte, ich hatte den Stoff mit dem Körper erwärmt. Verstohlen linste ich durch die Wimpern und sah meine Vermutung bestätigt: Celerina zog mich aus, nur bedeckt von der dünnen Schlafdecke, die sie um ihren Körper gehüllt hatte. Ich schloss die Augen wieder und wartete, tat so, als schliefe ich weiter, nur um nicht mit ihr reden zu müssen. Ich hätte nicht gewusst, was ich sagen sollte.


    Und dann hörte ich, wie die Tür ins Schloss gezogen wurde und ich allein war. Jetzt sah ich an mir hinab und entdeckte die Decke. Meine tunica allerdings fehlte. Sie musste sie mitgenommen haben. Ich stand auf und warf die Decke aufs Bett. Ich fühlte mich, als stünde ich vor dem Scherbenhaufen meines Lebens. Trotzdem zog ich mir etwas Trockenes an. Und trotzdem ließ ich Sofia und Arsinoe kommen, damit sie mir beim Anlegen einer toga helfen konnten. Es war noch sehr früh, aber ich machte mich trotzdem für die allmorgendliche salutatio fertig. Mit einem Seufzen und unterdrückten Gedanken an den mich umgebenden Schlamassel verließ ich wenig später mein Schlafgemach. Mir tat der Nacken weh, ich hatte mich gehörig verlegen.


    ~ finis ~

    Septimas Amusement konnte ich nicht recht nachvollziehen. Ich hatte ihre Worte immer noch nicht verstanden. Womit hörte ich gerade auf? Dass sie mich dabei Corvinus nannte, bemerkte ich nicht einmal. Ich selbst hatte sie seit dem Einzug ins Haus nicht mehr Tiberia genannt, denn so gehörte es sich doch. Ein Leitspruch... War dies mein Leitspruch? Nein, es war eines meiner Prinzipien, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dennoch ließ sie mich unwissend zurück, als sie ihren tippenden Zeigefinger zurückzog, sich umwandte und ging. Ich schwieg, bis sie ein paar Schritte gemacht hatte. "Gute Nacht", wünschte ich ihr dann zurück und sah ihr nach, bis sie um die Ecke gebogen war. Ich wusste wirklich nicht, was sie meinte. Ich hatte nicht einmal eine Ahnung. Septima hatte es geschafft, mich abzulenken. Nachdenklich schloss ich die Tür und sah den Weinkrug mit einem Stirnrunzeln an. Ob sie das gemeint hatte?


    ~ finis ~

    Das Warten war unerträglich. Es war noch sclimmer als das vom Regenprasseln untermalte Schweigen. Eine Veränderung ging in Celerinas Blick vor, und sie klang gehetzt, als sie endlich etwas erwiderte. Doch was sie sagte, rief ein Runzeln auf meine Stirn und einen unverständigen Blick meinerseits hervor. Sie wollte sich fügen? Damit konnte sie nur ihr Schicksal meinen. Und ich sollte keinen Grund mehr zur Klage haben? Was meinte sie nun damit wieder?


    Ich sah sie forschend an und wollte eben eine entsprechende Frage stellen, als sie wegknickte. So schnell konnte ich nicht reagieren. Zwar griff ich insinktiv nach vorn, um sie aufzufangen, bekam aber nur den Ärmel ihres Nachtgewandes zu packen, der ob sich ihres Körpergewichts mit einem erstaunlich leisen Ratschen fast vollkommen vom Rest der tunica trennte und wie eine nasse Fahne im Wind von ihrer Schulter herab hing. Erst, als Celerinas Knie bereits ins nasse Gras gesunken waren, konnte ich sie halten und daran hindern, noch weiter zu fallen. Ich war inzwischen in die Hocke gegangen und sah sie besorgt an. War sie ohnmächitg? Das schlechte Gewissen keimte in mir, obgleich ich mir andererseits gewünscht hätte, sie mochte nicht nur ihr Wort geben, sondern auf den Stein des Iuppiter schwören, dass sie mir kein fremdes Kind unterschieben würde. "Celerina", sprach ich sie an. Fast im selben Moment war entferntes Donnergrollen zu hören, und wiederum etwas später der erste Blitz zu sehen. Ein Gewitter würde Rom heute nach noch heimsuchen.


    Kurzentschlossen richtete ich mich wieder auf, um mich herunterzubeugen und Celerina auf die Arme zu nehmen. Ich hatte mich noch nicht ganz wieder mit ihr aufgerichtet, als ein hüpfendes Feuer sich näherte. "Herr?" Brix klang erstaunt, als er in der immer noch offen stehenden Tür auftauchte und mich verwundert ansah. Mit Celerina auf den Armen näherte ich mich ihm. Ihre Füße wippten mit jedem Schritt sachte auf und ab. Sie war leichter, als ich es in Erinnerung hatte. Brix trat stumm zur Seite und hob die Laterne noch etwas höher, um kurz in Celerinas Gesicht leuchten zu können. "Ich habe die offenstehende Tür bemerkt und wollte nachsehen, weil die Hunde nicht angeschlagen haben", bemerkte er. Das war ein Umstand, den ich an Brix regelrecht liebte. Er stellte selten die falschen Fragen, einfach, weil er mitdachte. In diesem Falle hob er nur fragend die Brauen, bohrte jedoch nicht nach, als ich ein Kopfschütteln andeutete. Ich bugsierte Celerina an ihm vorbei und zurück ins Haus. Unschlüssig blieb ich kurz stehen, während Brix hinter uns die Tür nach draußen verschloss. Sollte ich Charis wecken? Oder Celerina allein in ihr Zimmer bringen? ich verwarf beides und setzte mich in Bewegung, meinem eigenen cubiculum entgegen. Schlaf würde ich ohnehin keinen mehr finden, was machte es da schon noch aus, ob ich allein war oder nicht?


    Vorsichtig legte ich Celerina in mein Bett. Die Decke war noch zurück geschlagen, ein Zeugnis meines fruchtlosen Versuches, in den Schlaf zu finden. Ihre dunklen Strähnen waren verworren und klebten nass an ihrem Gesicht. Es spielte keine Rolle, ob sie tatsächlich bewusstlos war oder nur apathisch oder sich verstellte. Ich war kein guter Ehemann, und hier bot sich mir nun eine winzig kleine Möglichkeit, es wieder wettzumachen. Ich setzte mich neben sie. Ihr Nachtgewand war durchweicht, sie hatte Gänsehaut. Sie würde kränkeln, wenn ich sie in diesem Zustand zudeckte, also begann ich damit, ihr den kalten, nassen Stoff abzustreifen. Es war mir peinlich, dass mich der Anblick erregte, der sich schlussendlich bot. Die Feuchte hatte ihrer marmornen Haut einen leichten Ganz verliehen, der in der Dunkelheit kaum wahrzunehmen war. Ich deckte sie zu, betrachtete sie noch einige Herzschlage lang stumm und zog mich dann in einen Sessel zurück, den ich neben das Bett stellte. Im Dunkel wirkte sie so, als gehörte sie dorthin, wo sie lag. Ich nippte an meinem Wein, doch irgendwann war der Becher geleert und ich selbst zu träge, um aufzustehen und mir nachzuschenken. Daher stellte ich den leeren Becher auf den Boden, zog die Knie an und versuchte, die Augen offen zu halten. Was mir natürlich nicht gelang, und irgendwann schlief ich selbst, durchnässt und unterkühlt, mit angezogenen Knien in dem Sessel ein, der neben meinem Bett stand. In dem meine Frau lag.

    Es lag mir fern, Seiana auszufragen, auch wenn mich die näheren Umstände schon interessierten. Ich glaubte indes aber, über genügend Taktgefühl zu besitzen, um eine Art Verhör vermeiden zu können, zumal Seiana das Gesprächsthema sichtlich schwer fiel.


    "Hm", gab ich mit einer erhobenen Braue zur Antwort auf ihre Erklärung. Eifersüchtig auf Duccius Vala war er gewesen? Nun, wenn der Aelius sich stets so verhielt wie auf der Feier, dann hatte er auch allen Grund dazu, auf einen Mann eifersüchtig zu sein, der zumindest Manieren besaß. Aber diese Gedanken behielt ich für mich, denn immerhin war der Aelier zu diesem Zeitpunkt noch der Verlobte meiner Klientin gewesen. Ich schwieg noch einen Moment und schüttelte ansatzweise den Kopf. Das war alles, was ich noch zwecks Bewertung des Sachverhalts andeutete. "Mach dir keine Gedanken. Es ist verständlich, dass du diese Situation nicht breit treten möchtest. Umso mehr ehrt dich, dass du mir die Wahrheit sagst. Ich schätze das sehr, und ich betrachte das nicht als selbstverständlich." Ich sah Seiana einen Moment lang forschend an. Mitleid empfand ich keines für sie, abgesehen davon, dass sie es sicherlich auch nicht gewollt hätte. Die Decima hatten ihren Stolz. Ich wusste jedoch nicht recht, wie ich nun fortfahren sollte, ohne zu abrupt das Thema zu wechseln und es damit abzuwerten oder ihr vor den Kopf zu stoßen. "Wenn es schon in diesem Bereich Besseres zu berichten gegeben hätte, so hoffe ich doch, dass zumindest sonst alles zu deiner Zufriedenheit läuft?" fragte ich sie und ließ damit unerwähnt, auf was ich anspielte. Sie hatte damit die Möglichkeit, sich selbst etwas auszusuchen, über das sie reden wollte.

    Ich glaubte allmählich, dass sich viele Leute die Acta Diurna einfach falsch vorstellten. Wie gern hätte ich sie selbst wie ein schnurrendes Uhrwerk empfunden, das erst Jahrhunderte später erfunden werden würde! Doch derzeit war sie nicht viel mehr als der Schatten, den der Zeiger einer Sonnenuhr warf. Es war demnach tatsächlich nicht verwunderlich, dass die Unterstützung des jungen Aurelius für seinen Patron ausblieb. Ich konnte mir Informationen schließlich nicht aus den Rippen schneiden, und Avianus hatte immerhin nicht einmal nachgefragt, welche Auskünfte sein Patron bereits eingeholt hatte. Insofern blieb mir nichts anderes übrig, als ihn bedauernd anzusehen, weil ich ihm nicht helfen konnte.


    Zumindest, bis Avianus seine Frage stellte. Da runzelte ich nämlich die Stirn und wartete auf die eigentliche Frage, bis mir auffiel, dass dies die Frage bereits gewesen war. Meinte er das ernst? Fragte er mich tatsächlich, ob ich es gut hieß, wenn unsere Familie einen weiteren Senator vorweisen konnte? Verwundert sah ich ihn an. Scherze schien er zumindest keine machen zu wollen. "Ehm. Selbstverständlich", erwiderte ich ob dessen etwas pikiert. Wie konnte er annehmen, dass dem nicht so war? Abgesehen davon, dass man den cursus honorum nicht aus Jux und Dollerei beschritt?

    Vier.


    War es das wirklich? War es schlimmer, dass sie hier in Rom geblieben und doch vor mir geflohen war, schlimmer, als wenn sie geblieben und meine Missachtung hätte aushalten müssen? Wenn Siv geflohen war, dann meinetwegen. Um meine Verhaltens Willen. Ich fuhr mir mit den Fingern durchs Haar, die Nägel kratzten auf der Kopfhaut und die Hand wanderte bis in den Nacken, ruhte dort kurz und strich dann seitlich wieder nach vorn, über die ungepflegten Bartstoppeln und das Kinn hin zu den Lippen, wo ich mir schließlich in die geballte Faust biss und krampfhaft an etwas anderes zu denken suchte. Doch das einzige andere Thema war nun nicht unbedingt eines, das mich angemessen ablenken konnte, fokussierte sich mein Denken damit doch auf den Verrat, welchen Celerina hatte begangen.


    Wer bin ich schon – das konntest du mir niemals zeigen.
    Bin ich ein Blatt, das noch beschrieben werden muss,
    bin ich der Schmerz in dir nach einem Abschiedskuss?
    Sag, bin ich dein, auch wenn sich unsre Tage neigen?


    Bin ich ein Meer, das blauer ist als jedes Sehnen,
    Bin ich das schönste Muster im Kaleidoskop?
    Bin ich ein Wunsch, der sich dank dir zum Stern erhob,
    sag, bin ich das versteckte Lächeln unter Tränen?


    Du kennst mich nicht, so wie ich selber mich nicht kenne
    und niemals könnte ich je deine Muse sein.
    Warum kann ich dir keine Fantasien bringen?


    Ich bin wohl nur ein Licht am Nachttisch und ich brenne
    für deinen Schöpfergeist, bin nachts dein Kerzenschein.
    Ach, könnt’ ich deine Träume wie Sirenen singen.


    Ach, könnt’ ich deine Träume wie Sirenen singen
    und dir die Seltsamkeiten dieser Welt erklären.
    Ich will dir keinen Zauber im Moment verwehren,
    doch liegt der wahre Zauber in so vielen Dingen.


    So fürchte nicht die Mitternacht und tiefe Seen,
    denn jeder Stern am Himmel bettet sie in Licht,
    und fürchte auch die Stille und mein Schweigen nicht,
    denn irgendwann bin ich bei dir - du wirst verstehen.


    Ich bleibe, denn das Licht lebt in der Dunkelheit,
    bei dir und zeige dir die Schönheit, selbst im Schmerz.
    Ich werde, wenn du willst, vom Himmel zu dir fliegen


    und zeige dir die Unbedeutsamkeit der Zeit.
    Bis dahin träume weiter – träum dich himmelwärts-
    die Träume, die dich leis’ in Illusionen wiegen.


    Die Träume, die dich leis’ in Illusionen wiegen,
    erhalten mich am Leben, deinen Traumgehalt.
    Ich habe nur für dich in deinem Schlaf Gestalt,
    wie seltsam, welch Gefühle für mich in dir liegen.


    In jedem Traum malst du von mir ein schön’res Bild
    und legst die Ideale fest in einen Rahmen.
    Wie seltsam, denn du gabst mir weder einen Namen,
    noch Wahrheit – wird denn deine Liebe je gestillt?


    Ich kann dich nicht nach deinen Wünschen glücklich machen.
    Was bringt es dir, wenn du mich in den Träumen siehst?
    Du solltest für dein Wohl in and’ren Sphären fliegen,


    weil Traum und Fantasie nur kurzes Glück entfachen.
    Wie seltsam, ihre Blüte ist die einzige, die sprießt:
    Wie konntest du so schnell dem einen, mir, erliegen?


    Wie konntest du so schnell dem einen, mir, erliegen,
    der keinen Funken Zeit für dich verschwenden will.
    Ich habe keinen Platz mehr für dich hier – sei still –
    du kannst nicht mehr mein Kleinod sein, mein Herz besiegen.


    Die Spiele, die wir spielten, sind bedeutungslos,
    es war ein Zeitvertreib im Dunkeln meiner Mauern.
    Und nun denkst du, ich würde dich auch noch bedauern,
    das kann ich nicht, denn meine Kammer ist nicht groß


    genug, auch dir den Schutz des Rückzugs zu gewähren.
    Du warst so lange fort, ich habe dich vermisst,
    du hast die Zeit verspielt, die wir gemeinsam gingen.


    Wie kannst du mich nach dieser Zeit denn noch begehren?
    Es ist nicht schwer, dass du mich, wie ich dich, vergisst:
    Du sahst doch schon, wie Sonn’ und Sterne untergingen.

    Priscas Gedanken blieben mir verborgen. Ich vermochte allenfalls Teile davon zu erraten. Als ihre Augen sich weiteten, meinte ich, ihre Schockierung aus dem Blick herauslesen zu können. Dafür schämte ich mich nicht. Nicht für Siv oder für das Kind. Für meine Schwäche jedoch tat ich es, und deswegen senkte ich beschämt den Blick und blinzelte, um diese vermaledeiten Tränen loszuwerden. Es gelang mit nur unzureichend, was mich wiederum verärgerte. Es war ein Graus mit diesen Gefühlen. Wenn ich sie nur wieder im Zaum gehabt hätte!


    Und Prisca war so herzlich. Ein schwacher Trost zwar nur, aber immerhin. Es linderte den Schmerz zumindest ein wenig. Das Gefühl, innerlich zu zerreißen, blieb bestehen. Das Schweigen war nicht unangenehmer Art, auch wenn es mir nach einer Weile unangenehm wurde. Ich glaubte Prisca zu entsetzt darüber, als dass sie etwas sagen würde. Doch ich hätte nicht gewusst, was ich weiter sagen sollte. Umso dankbarer blickte ich auf, als sie sich dann doch äußerte. "Ja", sagte ich leise. Nur die Frage, warum ich nichts gesagt hatte, verunsicherte mich. runzelte die Stirn und wischte mir beiläufig erneut über die Augen. "Was hätte ich sagen sollen, Prisca?" erwiderte ich. "Es hätte doch nichts geändert, wenn ich es dir gesagt hätte. Es war ohnehin alles schon schwierig genug." Das war ein Widerspruch in sich, aber in dem Moment fiel es mir einfach nicht auf. Ich strengte mich an, gleichmäßig zu atmen, um nicht auch noch schluchzen zu müssen. Bisher gelang mir das ganz gut, und die wenigen Tränen schienen auch vorerst versiegt. Ihr Lächeln vermochte meinen Gesichtsausdruck nicht heiterer zu stimmen, ich sah sie nach wie vor gequält an. "Wie könnte ich das, ohne meine Ehe vollends zu zerstören? Ich bin kein guter Ehemann, und ich bin mitnichten ein guter Vater, Prisca, erst recht nicht, wenn ich meinen Sohn nicht als solchen erziehen kann. Celerina weiß nichts davon, ich habe ihr nie gesagt, dass....dass...Siv..." Ich stockte und schnappte nach Luft, ein seltsamer Laut entwich mir, fast wie ein einzelner Schluckauf, und kurz starrte ich entgeistert ein Loch in die Luft, ehe ich den Faden wieder aufzugreifen suchte und mir Mühe gab, nicht über mein jämmerliches Verhalten nachzudenken. "Dass...sie... und ich..." Erneut wollte mir mehr nicht über die Lippen kommen. Aber all die ungesagten Worte ballten sich im Rückgrat und schoben mich vorwärts, immer weiter an den Rand der Klippe, bis ich nurmehr mit den Fersen dort stand und mich schließlich nicht mehr halten konnte. Auch dann nicht, als ich vor Prisca sitzend meine Knie umklammerte. Ich fiel, und mit mir purzelten all jene ungesagten Worte, die sich aufgestaut und angesammelt hatten, die mich zum Bersten anfüllten und endlich hinaus wollten.


    "Ich... Ich galube, ich... ", murmelte ich, fassungslos wegen der Worte, die ich um ein Haar gesagt hätte. Ich verschloss die Augen, vor Prisca und der Wahrheit. Ungesagtes entbehrte der Realität. Wie töricht , das zu vergessen! "Sie sind weg, und dass sie nicht mehr hier sind....das zerreißt mich von innen. Sie... fehlt mir, Prisca." Jetzt sah ich sie wieder an. "Ich weiß, dass das Unsinn ist. Ich bin sicherlich nicht so naiv, an so etwas zu glauben. Nicht mehr, zumindest", sagte ich nüchtern. Immerhin hatte Prisca von Deandra und dem Strohfeuer gewusst, dass jene ausgelöst hatte. "Zuerst hat sie mich nur fasziniert. Ihre Abscheu gegen Römer, ihr Dickschädel. Aber wir haben uns gut verstanden, meistens zumindest. Ich weiß nicht mehr, wann es anfing. Und als sie mir sagte, dass sie mein Kind trägt... Ich habe ihr genauso Unrecht getan wie Celerina. Ich wusste einfach nicht, was ich tun sollte. Wir haben nie darüber gesprochen und ich dachte... Ich hatte gedacht, dass sie vielleicht dafür sorgt, dass es nicht so weit kommt. Aber dann ist es anders gekommen. Und wie hätte ich es gut heißen sollen, wenn mein Sohn...?" Ich schüttelte den Kopf und sprach sogleich weiter und wandte den Blick nun wieder auf meine Knie. "Wenn sie zu einer Kräuterfrau gegangen wäre? Ich konnte das nicht zulassen. Deswegen habe ich sie freigelassen. Seinetwegen. Damit er niemandes Sklaven sein muss. Ich hätte es nicht ertragen, mein eigenes Kind zu...besitzen." Ich nahm einen tiefen Atemzug und stieß ihn langsam und zitternd wieder aus.


    "Ich habe seit der Geburt nicht mehr mit ihr gesprochen. Ich wollte, dass sie unser Kind nimmt und geht. Nach Hause. Sie wird es dort besser haben als hier. Und ich hatte gedacht, dass dann vielleicht Celerina und ich..." Weiter konnte ich nicht sprechen. Ich schüttelte nur den Kopf und starrte stumpf vor mich hin. Mir kam wieder die Situation ins Gedächtnis, in der Siv mir gesagt hatte, was sie fühlte. Es war töricht von mir, anzunehmen, dass es ihr auch nur einen Deut besser ging als mir, wenn sie tatsächlich so empfand. Dennoch, ich hatte mich um meine Frau zu kümmern. Ich sollte nicht Siv nachhängen. Auch nicht, wenn sie meinen Sohn mit sich nahm. Meine Prioritäten lagen hier, bei meiner Familie, in Rom. "Ich hätte nichts darüber sagen sollen", flüsterte ich. "Sicher wäre es dann einfacher gewesen. Bitte, sag es niemandem. Ich... brauche nur etwas Zeit.“ Ich konnte Prisca nur kurz in die Augen schauen. Meine Gefühle hatte ich - wieder einmal - verschwiegen. Ich konnte sie ja nicht einmal mir selbst gegenüber eingestehen.

    Sie verstand es nicht. Verstand nicht, dass Gefühle trügerisch waren und allein schon deswegen gut verwahrt werden wollten. Zu starke Gefühle schadeten nur. Weit mehr, als sie irgendwem von Nutzen waren. Zu viele Gefühle hingegen waren schlecht, verwirrten und beeinträchtigten Denken und Handeln negativ. Ich hatte meine Lektion gelernt, damals schon, in Germanien. Als ich die Nachricht vom Tod meiner Eltern bekommen hatte. Und ein zweites Mal, als mir die Augen bezüglich meiner Adoptivschwester geöffnet worden waren. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte ich auch das letzte Bisschen meiner Selbst weggeschlossen, weil es besser so war.


    Während sie also beteuerte, dass ihre Gefühle echt gewesen waren, fragte ich mich, warum ausgerechnet mir so etwas passieren musste. Es gab so viele Römer, die eine gute Ehe führten. Und noch mehr, die Liebschaften hatten, an jedem Finger eine! Und doch wollte ich mich selbst nicht bemitleiden. Ich sah Celerina an. Weil ich geglaubt habe, du seist jetzt endlich für mich da. Erst als sie das sagte, senkte ich den Blick. Das hatte gesessen. Ich fühlte mich schlecht, schlechter noch als ohnehin schon. Und ich schämte mich dafür, dass sie die Situation so beurteilte. War ich denn nicht für sie da gewesen? Woran machte sie das fest? Ich dachte an die gestrige Nacht. Sogar wenn es mir schlecht ging, war ich für sie da, wenn auch nicht so, wie sie es sich vielleicht wünschte. Und sie hatte stets zu mir kommen können. Ich wäre doch da gewesen!


    Als ich den Blick wieder hob, nieste sie. Und schlotterte vor Kälte. Ich hätte ihr meinen Mantel angeboten, wenn ich denn einen getragen hätte, doch ich war ebenso auf die Haut durchnässt wie sie, und auch ich hatte eine Gänsehaut vor Kälte. Ein Vorschlag, hineinzugehen, hätte allerdings wohl zur Folge gehabt, dass sie gänzlich verschwunden wäre, und es war wichtig, dieses Gespräch. Das wusste ich selbst auch. Obwohl ich ihre Frage nicht beantworten konnte. Es lag mir auf der Zunge, aber ich konnte es nicht zugeben, nicht einmal mir selbst gegenüber. Nicht jetzt, nicht so und nicht hier. Also wich ich ihrem Blick erneut aus, heftete ihn kurz auf ihre Hand und sah sie dann wieder an. Lange Zeit sagte ich nichts. "Ich weiß, dass ich ein schlechter Ehemann bin, Celerina", sagte ich schließlich resigniert und leise, wie das Säuseln des Regens, der sich seinen Weg durch die Rabatten bahnte. "Ich hatte gehofft, wenn ich mich bemühe..." Ich verstummte und musterte ihr Gesicht. "Aber wenn es tatsächlich eine solche...Qual für dich ist, meine Frau zu sein, wenn du es wirklich willst... Dann entbinde ich dich von dieser Pflicht. Doch wenn du es mit mir aushalten kannst, dann sei so loyal und belüge mich nicht bei meinem Erben. Nur das nicht, das ist alles, was ich von dir verlange." Meine Miene war steinern, als ich das mit leiser Stimme sagte. Nur meine Augen verrieten, dass ich das Ende der Ehe nicht wollte, dass ich bereit war, mich weiterhin zu bemühen, auch wenn es einen Drahtseilakt für mich bedeutete. Diesen Blick konnte ich nicht maskieren.