Beiträge von Marcus Aurelius Corvinus

    Ich nippte an dem eben eingeschenkten Wein und nickte anschließend. "Da hast du recht. Spann Brix ruhig ein bisschen ein. Und..." Plötzlich kam mir eine Idee. Ich hielt mitten im Satz inne und blinzelte. "Hm.... Ich hätte eine Bitte. Du könntest Siv ein bisschen einspannen. Ich weiß, dass sie sehr unzufrieden ist, weil sie mit ihrem Umfang kaum noch etwas schaffen kann. Ich könnte mir denken, dass sie aber gern bei der Organisation helfen würde. Meinst du, das wäre möglich? Und wenn du sonst Hilfe benötigst, lass es mich einfach wissen." Damit war vor allem die finanzielle Hilfe gemeint, denn was die Organisation betraf, hatte man dafür ohnehin viele Sklavenhände, sodass man selbst kaum etwas anrühren musste.

    "Danke", erwiderte ich nur auf seine Glückwünsche hin. "Um ehrlich zu sein, habe ich das Ergebnis bei deiner Abstimmung nicht verstanden. Deine Rede war gut durchdacht und ansprechend, und nicht zuletzt hattest du neben uns auch Aelius Quarto mit seinen Klienten auf deiner Seite. Vermutlich sind die Konservativen doch stärker als angenommen und haben dir aufgrund fehlender Taten ihre Stimme verweigert." Ich nahm Platz und legte eine hand locker auf den Tisch daneben.


    Das Anliegen, was Imbrex dann vorbrachte, kam überraschend für mich. Erstaunt hob ich die Brauen und lauschte Imbrex' Worten. Anschließend nickte ich langsam. "Nun, das macht durchaus Sinn. Du willst als mein scriba fungieren, kein tirocinium fori absolvieren, habe ich das richtig verstanden?" Denn noch war kein Tiberius deswegen an mich herangetreten und ich ahnte nicht, dass es vielleicht noch kommen mochte. "Naja, angesichts der auszurichtenden Spiele könnte ich aber ohnehin Hilfe gebrauchen..." Ich legte die hand ans Kinn und dachte nach. Eines stand fest: Imbrex war mir ohnehin lieber als Pyrrus.

    Zwar lagen Tarentum und Rom nicht eben nah beieinander, doch hatte es in der Vergangenheit schon Besuche gegeben, so dass ich die beiden nicht seit fünfzehn Jahren nicht mehr gesehen hatte. Es gehörte sich schließlich so, und die Aurelier stellten keine Ausnahme dar, trotz des schlechten Verhältnisses von Orest zu seinem Vater. Ich merkte, sie Narcissa kurz befangen wirkte und runzelte fragend die Stirn. Doch dann war es so, als sei nichts gewesen, und ich vergaß schnell, dass Narcissa erschrocken gewirkt hatte. Vielleicht hatte sie mich einfach nur anders in Erinnerung. "Den beiden geht es gut. Celerina ist, soweit ich weiß, gerade in den Agrippathermen. Und Prisca... Da muss ich gestehen, dass ich es nicht weiß. Vielleicht ist sie zu Hause, ihr könntet es später bei ihr versuchen", schlug ich vor.


    Ein mildes Lächeln zeigte sich auf meinen Zügen. "Dann werdet ihr es mir sicherlich nachsehen, wenn ich euch verwechsle. Obschon ich mir natürlich größte Mühe geben werde, es nicht zu tun", versprach ich und trank dann einen Schluck. Die Kohlebecken wärmten das Zimmer schön auf. "Aber dann erzählt mal, was wollt ihr wissen? Als ich in eurem Alter war und nach Rom kam, war mein Kopf voller Fragen, die ich beantwortet wissen wollte."

    Erst rutschte eine Braue hinauf. Dann die andere. Ein wenig verzweifelt sah ich Panthea an. "Ja", sagte ich resigniert. "Gaius darf spielen." Es brachte eben rein gar nichts, wenn man einem Mädchen solche Dinge nahelegen wollte. Sie verstanden die Zusammenhänge nicht. Knaben waren da ganz anders. Ich hoffte, dass ich bald einen Sohn haben würde. Der würde mich gewiss verstehen. Ein leises Seufzen kam über meine Lippen, die sich dann leicht nach oben bogen, als Panthea vom Garten sprach. Erleichterung breitete sich aus. "Ganz genau, das ist vollkommen korrekt!" bestätigte ich ihr lächelnd. Besser, sie glaubte an die Schimpfe und ließ ihre tollpatschigen Kinderfüße aus dem Garten heraus.


    "Tja..." machte ich dann. Wie man Musik einfach so aufschrieb, ohne sie zu spielen, wusste ich nicht. Andererseits wusste ich ohnehin nichts über die Musik, was Piso damals schon festgestellt hatte, ohne es laut zu sagen. "Weißt du, ich meinte eigentlich, welches Instrument sie spielt, wenn sie Musik macht." Ich schmunzelte. "Harmonia? Du meinst Concordia?" fragte ich dann nach, obwohl ich wusste, dass es so sein musste. "Sie hat hier einen sehr schönen Tempel, am forum romanum. Vielleicht geht deine Mutter mit dir mal dorthin."

    Vielleicht war es meiner Frau nicht so bewusst in diesem Moment, aber wir waren hier, weil er zum vigintivir gewählt worden war. Ein septemvir war er inzwischen zwar auch, allerdings war das schon ein kleines Weilchen her und sicherlich nicht der alleinige Grund für diesen kleinen Empfang nach der Feier. An Celerinas Seite - sie hatte mich zuvor überredet, selbst mitzukommen, statt meine Glückwünsche nur ausrichten zu lassen - hatte ich also die villa betreten.


    Flavius Piso kam recht bald in Sicht, und kurz darauf standen wir vor ihm und dicht bei Furianus. "Salvete", grüßte ich zunächst und ließ Celerina voranpreschen. Ich selbst fügte hernach meine eigenen Glückwünsche hinzu. "Ich schließe mich gern an und gratuliere zum Wahlerfolg." Ein Lächeln unterstrich die Wünsche.

    Tatsächlich schien der Flavier darüber nachzudenken, mein Angebot anzunehmen. Ich wartete, innerlich ungeduldig ob der Qualitäten dieses Mannes. Dann entschied er sich dagegen, und ich ahnte, dass er Prisca nicht nur nett, sondern vielmehr interessant fand. Langsam nickte ich. "Nun denn. Es bleibt zu hoffen, dass diese Kleider dann nicht auch einer... Wie sagtest du? ...Jause zum Opfer fallen", resümierte ich und sprach damit dezent eine kleine Warnung aus: Gib Acht, Bursche, wer sich mit meiner Lieblingsnichte - oder deren Kleidern - anlegt, der bekommt es mit mir zu tun! Ein freundliches Lächeln unterstrich meine Worte noch.


    Ich räusperte mich. "Nun ja. Ich werde mit Opimius Naso Kontakt aufnehmen und dann sehen wir weiter. Letztenendes bleibt es nicht meine Entscheidung, sondern die der septemviri", fasste ich den eigentlichen Grund seines Besuchs noch einmal zusammen. Über die Priscasache musste ich zunächst einmal nachdenken, ehe ich da weiteres unternahm. Und wenn der junge Flavius nun nichts sonstig vorzubringen hatte, wäre er damit entlassen.

    Ich musste ebenfalls schmunzeln bei dieser Erwiderung des Präfekten. "Das wäre in der Tat eine gelungene Strategie. Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass ein so speziell befähigter Prätorianer sich ganz gut für Spezialaufträge eignen könnte, wie beispielsweise das Auspressen des actors. Immerhin scheint er Erfolg gehabt zu haben, zumindest in Teilen, sonst säßest du jetzt nicht hier." Ich prostete Balbus vergnügt zu, trank noch einen Schluck und stellte den Becher dann fort, um mich dem angereichten Teller widmen zu können.


    "Hm, nun ja, darüber wollte ich mit dir reden. Dein Tribun sagte, dass es keine negative Angelegenheit sei, in der du diese Information von mir haben möchtest. Er wird dir sicherlich berichtet haben, dass ich die Namen meiner subauctores nicht blindwütig herausgeben möchte. Deswegen dachte ich, dass du mich zuvor vielleicht selbst von der Harmlosigkeit deiner Anfrage überzeugen könntest." Was ich damit meinte, war klar. Es war keine Absage, aber auch keine Zusage, dass ich den Namen preisgeben würde. Vielmehr wollte ich zunächst einmal erfahren, worum es im Kern eigentlich ging.

    [Blockierte Grafik: http://img689.imageshack.us/img689/6657/pyrrus.jpg] | Livius Pyrrus


    Pyrrus staunte ein wenig über die recht schnelle Auffassungsgabe des Aureliers. Er hatte schließlich mit keinem Wort angedeutet, dass der Stadtpräfekt den Kaiser ausstechen wollte. Insofern hob er eine Braue und taxierte den jungen Mann ganz genau. Kurz schloss er entnervt die Augen, als er wieder nicht mit seinem Namen angesprochen wurde. "Livius Pyrrus", korrigierte er erneut und mit einem leicht missmutigen Tonfall, ehe er weiter sprach. "Also, er war wohl mal Statthalter im Illyricum und langjähriger Waffengefährte unseres Kaisers. Wenn ich du wäre, würde ich also nicht unbedingt behaupten, dass dieser Vescularier unbedeutend ist. Für die Kaiserwürde scheint er allerdings tatsächlich nicht geeignet zu sein. Jedenfalls pflegt das dein Vetter stets zu sagen. Vertraulich, versteht sich." Pyrrus reckte das Kinn ein wenig vor.


    "Das musst du allein beurteilen. Ich kann dir nur berichten, dass der Senator Ursus zwei Jahre lang mit ihm als quaestor zusammengearbeitet hat. Da war der Aelius gerade consul. Allerdings wäre es wohl tatsächlich unklug, sich gegen Aelius Quarto zu stellen. Selbst die Zweigleisigkeit wäre denkbar, denn immerhin heißt der Kaiser gut, was sein Stellvertreter hier so fabriziert. Auch wenn das scheinbar nicht alle Senatoren so sehen." Pyrrus wusste nur, was Corvinus wusste, und selbst davon nicht alles. Also wusste er nur davon, dass Durus den Vescularius und dessen Selbstgefälligkeit nicht ausstehen konnte, denn das war im privaten Gespräch einmal herausgekommen.


    Pyrrus benetzte neuerlich seine Kehle. "Welches ist Salinators Seite?" fragte er zurück. "Er gibt zumindest vor, sich auf Seiten des Kaisers zu stellen, und es wäre unklug, öffentlich dagegen zu halten. Quarto steht natürlich auch auf der Seite seines Bruders. Genau genommen gibt es daher keine Seiten, sondern nur eine. Andererseits wird in disem Hause die Handhabe des Präfekten nicht gut geheißen, wenn du das denn als Seite bezeichnen magst."

    Tatsächlich wechselte kurze Zeit später ein nichtsnutziger Stein für vier Sesterzen und zur Freude des zahnlosen Griechen den Besitzer. Ich selbst sah das eher skeptisch, enthielt mich allerdings einer Antwort, um des Ehefriedens Willen. Allerdings hätte ich Celerina diesen Stein auch gekauft, so war es ja nicht. Ich nahm mir fest vor, wenigstens den Weihrauch zu erstehen, nicht dass es hinterher vielleicht heißen würde, ich sei zu geizig, um meiner Frau irgendwelchen Schund zu kaufen.


    Den Stein sah ich so schnell nicht wieder, Celerina barg ihn in der Hand und griff mit der anderen nach meiner, um mich weitzuziehen. Ich quittierte dieses Verhalten mit einem flüchtigen Stirnrunzeln. Mit unserem Sohn würde sie das vielleicht dereinst anstellen können, aber dass sie mich so herumzog, stieß mir doch etwas sauer auf. Ich folgte ihr dennoch, als sei nichts gewesen, ergriff jedoch die nächste sich bietende Möglichkeit, um ihre Hand aus meiner wieder an meinen Arm zu dirigieren, wo es sich weitaus angenehmer spazieren ließ und ich mich nicht fühlte, als sei ich ein Sechsjähriger, der seine Mutter auf dem Markt nicht verlieren sollte.


    Zielstrebig steuerte Celerina auf den Wohlgeruch eine Weihrauchstandes zu. Wir blieben dort stehen. Direkt gegenüber befand sich der wohl größte Konkurrent dieses Händlers hier, ein Stand, der in Aussehen und Ware exakt gleich aufgebaut schien, jedoch mit einer dicken Frau hinter der Theke, während es auf unserer Seite ein rundlicher Mann war. Ganz offensichtlich keiften die beiden sich dann und wann auch an, denn während der eine Verkaufsgesräche führte, warf der andere neiderfüllte Blicke hinüber, und hier und da stritten sie über die zwanzig Schritt Entfernung hinweg recht derbe. Doch das alles sollte uns nicht stören, auch nicht, als wir von dem schwatzhaften Händler ungewollt den Grund für den erbitterten Konkurrenzkampf erfuhren: Offenbar waren beide einmal verheiratet gewesen und hatten die glorreiche Geschäftsidee gehabt, mit zwei gegenüberliegenden Ständen die größtmögliche Flächendeckung im Verkauf zu erzielen - bis der dicke Mann der dicken Frau fremdgegangen war und sich die beiden entzweit hatten. Die Stände waren aufgeteilt worden, und seither waren die ehemaligen Ehepartner die größtmöglichen Kokurrenten. Erst nachdem wir uns diese Geschichte angehört hatten, bekamen wir den bereits bezahlten Weihrauch auch tatsächlich ausgehändigt. Diesmal hatte ich gezahlt und trug ihn auch mit mir herum. Am Ende stahl einer das teure Gut noch. "Möchtest du noch ein wenig schauen oder gehen wir direkt hinein? Es scheint gerade eher wenig Betrieb zu herrschen", sagte ich zu Celerina gewandt.



    Sim-Off:

    1x Weihrauch zu meinen Händen anbieten, bitte

    Freilich bekam ich nicht mit, was meine Frau bewegte. Außerdem dachte ich nicht einmal im Traum daran, dass sie einen Rückzieher würde machen wollen - es war immerhin ihr eigener Vorschlag gewesen, hierher zu kommen und eine Frage zu stellen, auf die es ohnehin nur eine kaum interpretierbare Antwort geben mochte. Ich stand neben ihr, als sie sehr interessiert, wie ich glaubte, die Auslage betrachtete. Hier gab es jene ominösen Glückssteine, weiter links wurden verzauberte Gänsekiele verkauft, die einen angeblich vor Unheil bei Vertragsabschluss bewahrten, ganz sicher aber nur mäßig schreiben würden. Nach jedem Blinzeln verschob ich den Blickfokus ein wenig, um so ebenfalls Interesse vorzutäuschen, was den zahnlosen Griechen durchaus glücklich zu machen schien. Unter seinem Tisch rieb er sich schon die Hände, das konnte ich förmlich erahnen. Und spätestens, als meine Frau überlegte, einen dieser komplett unnützen Steine zu erwerben, freute er sich, dass jemand hereingefallen war. "Wenn du möchtest?" sagte ich gönnerhaft. "Fiha. Fiha Seschterzna! Undu kannsch wähla!" steuerte der alte Zahnlose bei, und ich musste an mich halten, um ihn nicht verärgert zu fragen, was genau diesen Preis für einen Stein rechtfertigte. Doch wenn Celerina ihn haben wollte, dann zahlten wir eben vier Sesterzen für einen Stein. "Weihrauch kaufen wir da vorn, ich habe eben schon einen Stand gesehen", erwiderte ich ihr. Natürlich waren die Preise hier entsprechend der Nachfrage kalkuliert. Und es gehörte wohl auch mit zur Werbetrommel, dass man nur bestimmten Weihrauch benutzen durfte. "Stain?" fragte der Zahnlose jetzt höflich und hielt Celerina einen rot gemaserten und einen schlichten Graubraunen hin.

    Ich war vor wenigen Augenblicken erst nach Hause gekommen und hätte ihn ohnehin irgendwann an diesem Tage der Wahlbekanntgabe aufgesucht. Ich kannte ihn nicht gut genug, um zu wissen, wie er das Ergebnis wegstecken würde, und deswegen war es weise von dem Sklaven gewesen, mich entsprechend vorzuwarnen, ehe ich Imbrex aufsuchte. Er war zu seinem Herrn zurückgekehrt mit der Botschaft, dass ich gleich zur Verfügung stehen würde, sobald ich einen Bissen gegessen hatte.


    Das hatte ich nun, und es war tatsächlich kaum mehr als ein Bissen gewesen. Etwas frisch gebackenes Brot, ein Löffel Honig, ein halber Becher warme Milch - ich hatte mich wie früher gefühlt, als ich klein war und Magenschmerzen davon bekommen hätte. Bald also stand ich vor der Tür zu Imbrex' Gemächern und kopfte an. Die schwere toga hatte ich abgelegt und trug nurmehr eine leichte tunica. Ich erwartete erst am Abend Gäste und Klienten, die sicherlich zur Wahl gratulieren wollten. Nach entsprechender Aufforderung trat ich ein. "Publius!" grüßte ich. Nun, was hätte ich sagen sollen - 'Ich habe es dir ja gleich gesagt'? Das wusste er sicherlich auch ohne einen entsprechend taktlosen Hinweis meinerseits, also ließ ich es bleiben. "Nimm es dir nicht so zu Herzen", sagte ich stattdessen. "Einen Aurelier zeichnet neben dem Ehrgeiz auch die Hartnäckig aus. Versuche es im nächsten Jahr erneut, dann wirst du sicherlich Erfolg haben."

    Während ich draußen wartete, versüßte ich mir die Zeit mit ein paar frischen Feigen. Ich tauchte sie in Honig und aß sie dann. Damit, dass Celerina diese Frage gut fand, hätte ich im Traum nicht gerechnet. Dementsprechend verwundert war der Ausdruck auf meinem Gesicht auch, mit dem ich sie bedachte, als sie heraus kam. "Ja?" fragte ich sicherheitshalber einmal nach. Von der Feige, die ich gerade zwischen Daumen und Zeigefinger hielt, troff der Honig ganz allmählich hinunter. Statt sie selbst in den Mund zu stecken, hielt ich sie Celerina hin. Das war ganz gewiss ein kluger Schachzug.


    "Tja also, wenn du wirklich meinst...?" bot ich ihr die allerletzte Möglichkeit, doch noch einen gescheiteren Vorschlag zu machen. Die Götter allein wussten, wie viele Nachkommen wir zusammen haben würden, und ich war zumindest so sehr Realist, dass ich nicht nur darauf vertraute, sondern auch auf meine Fähigkeiten und die ihren. Denn wir hatten auch noch ein Wörtchen mitzureden, damit aus keinem viele wurden. "Bist du dann soweit?" fragte ich und gab mir Mühe, nicht vorwurfsvoll oder entnervt zu klingen - obwohl ich mir auf Anhieb zehn Dinge hätte vorstellen können, die ich lieber unternommen hätte. Aufmerksam musterte ich Celerina, ließ den Blick an ihr entlang wandern. "Gut schaust du aus." Mein Plan schien tatsächlich aufzugehen. Celerina wirkte tatächlich glücklich. Oder spielte sie das Spiel gleichsam mit mir, ohne dass ich es ahnte? Ich unterdrückte es, skeptisch die Augen zusammenzukneifen, und stand dann auf. "Dann können wir."


    Draußen wartete schon eine Sänfte auf uns. Keine große, luxuriöse, sondern eine kleine, aber feine. Ich hatte die Miete noch an demselben Abend beauftragt, an dem wir hier angekommen waren. Stämmige Träger waren inklusive. Ich reichte Celerina eine Hand, um ihr den Einstieg zu erleichtern, dann setzten sich unsere Träger in Richtung Cuma in Bewegung. Langsam zockelten wir dem Orakel entgegen, und, bei Iuppiter, ich hatte kein besonders wohliges Gefühl dabei.

    Es war zwar nicht weit, aber ich war dennoch froh, dass wir uns hatten tragen lassen. Bald schon kam Cuma in Sicht, viele kleine Häuser, denen der Fischercharakter durchaus anzusehen war. Vielleicht lebte Flavius Aquilius nun in einem solchen Häuslein, sann ich nach, als wir näher kamen. Wit vor der Siedlung allerdings teilte sich der Weg, und die weitaus öfter benutzte Abzweigung war jene, die zur Grotte der Sibylle von Cuma führte.


    Eine Wegbiegung später waren die ersten Herbergen zu sehen. Kleine Häuser und Stände, Zelte und Hütten reihten sich entlang des Weges auf wie Perlen auf einer Schnur. "Halt. Setzt uns hier ab, wir werden den Rest zu Fuß gehen", wies ich unsere Träger an, und sie setzten uns ab und ließen uns aussteigen. Auch hier reichte ich Celerina wieder eine Hand. Es waren noch einige Meter zu gehen, doch brauchten wir ohnehin noch die weithin bekannte Opfergabe. Angeblich war es ganz besonderer Weihrauch, auch wenn ich nicht recht glaubte, dass er so anders sein sollte als jener, den man nun einmal zum Opfern verwendete. Ich bot Celerina meinen Arm und deutete längsseitig an den Ständen entlang. Hier verkaufte man allerlei Tand und unnützes Brimborium, doch ich kannte ja meine Frau - zumindest in dieser Hinsicht. Sicherlich wollte sie nur einmal schauen, also ließ ich ihr diesen Willen und steuerte den erstbesten Stand an. Ein fast zahnloser Grieche pries uns verschieden große und verschieden gefärbte Steine an, die angeblich vom Orakel als Glückssteine gesegnet worden waren.

    Und es kam, wie es kommen musste. Im Grunde hatte ich es ja schon vorher gewusst. Gib einer Frau einen kleinen Finger, und sie wird dir den ganzen Arm entreißen. Wie wahr! Hier hatte ich noch das Glück, dass ihr der Arm allein nicht ausreichte und ich damit vorerst verschont blieb. Ich kniff die Augen zusammen, so als ob ich ernsthaft überlegen würde. "Zur Sybille von Cuma?" hakte ich nach und sah nachdenklich auf Celerinas unter der dünnen Decke verborgenen Füße hinunter. Dann kniff ich die Augen zusammen und sah kurz darauf meine Frau wieder an. "Das könnten wir machen. Nur welche Frage stellen wir dem Orakel? Du weißt, dass wir nur eine Frage stellen können?" Die Brauen waren hinauf gerutscht. Dann klopfte es und ein Sklave trat ein. Er hätte unsere Stimmen gehört, sagte er, und wollte uns das Frühstück bringen. Ein Tablett mit süßen Dingen stellte er auf den Nachttisch auf Celerinas Seite, dann verließ er uns wieder.


    Eine gute Stunde später saß ich, fertig eingekleidet und mit zweifelhaften Gedanken im Sinn, auf der Terrasse und wartete darauf, dass Celerina fertig war. Überhaupt bestand ein Großteil der Tätigkeiten eines Ehemannes wohl daraus, auf seine Frau zu warten, die - wenn sie sich nicht gerade einkleiden ließ - geschminkt wurde oder sich umentschied, was sie anziehen sollte. Zu einem Ergebnis waren wir bisher nicht gekommen, was die Frage betraf. Ich wollte, wenn ich denn schon dorthin mitgehen musste, zumindest wissen, ob ich bald den Erben bekommen würde, den ich mir wünschte. Doch die Art der Frage schien bei Celerina eher weniger auf Gegenliebe zu stoßen. Und solche Dinge wie ob ich bei der Wahl gewinnen würde, betrafen nur mich und waren für den gemeinsamen Orakelbesuch auch eher unpassend. "Wie wäre es mit 'Wie viele Kinder werden wir haben?'" rief ich über die Schulter ins Zimmer hinein, vermutete aber, dass diese Frage ähnlich auf Ablehnung stieß wie die Frage nach dem Erben.

    Träge glitten meine Gedanken dahin, verweilten bei der Erinnerung an die Enttäuschung wegen Sivs Flucht und flogen weiter zu jenem Moment, in dem ich ihr gesagt hatte, dass sie von nun an in der Kammer neben meinen Gemächern wohnen würde.


    Es raschelte leise hinter mir, und ertappt dachte ich an Celerina, die an meiner Seite schlief. Oder geschlafen hatte, denn soeben schob sie einen Arm unter meinem hindurch und schmiegte sich an mich. Warme Haut an warmer Haut, ihr Atem in meinem Nacken. Ich schloss die Augen und seufzte leise. Ich würde diese Zeit hier überstehen. Ich würde meine Rolle spielen. Und ich würde sie perfektionieren.


    Als ich die Augen wieder öffnete, stand ein Lächeln auf meinem Gesicht. Langsam wälzte ich mich auf den Rücken, was angesichts der Umarmung Celerinas gar nicht so leicht war. Sie lag zu meiner Linken, zur Rechten befand sich die Fensterfront mit Blick in den Garten und der angrenzenden Terrasse. "Tief und fest", bestätigte ich. Nun, zumindest für eine kleine Weile. Ich schob einen Arm unter den Schultern meiner Frau hindurch und drückte sie leicht an mich. "Hmm..." machte ich nachdenklich. Wenn ich vorschlug, wieder nach Hause zu fahren, würde sie vermutlich aus dem Bett springen und mich beschimpfen, ganz gleich, wie gut ihr diese Nacht gefallen haben würde. Und ich sollte nun also wählen, wo wir uns langweilten? Ein wenig ratlos sah ich zur gekalkten Decke des Raumes hinauf, die Mundwinkel zuckten kurz in Ermangelung einer Idee. "Was immer du dir ausgedacht hast, machen wir", sagte ich zu ihr. "Du hast sicher schon die ein oder andere Idee gehabt." Und neun von zehnen waren vermutlich sterbenslangweilig für einen Mann. Ich sehnte mich nach Rom zurück. Nach ihr. Diesen Gedanken begrub ich, sobald er aufgetaucht war. Ich setzte mich auf, wandte den Kopf und sah Celerina an, deren Haar eine recht wuschelige Corona auf dem hellen Laken bildete. "Aber zuerst muss ich was essen." Ich schmunzelte. Normalerweise war ich jemand, der morgens nichts oder nur wenig hinunter bekam. Heute hatte ich allerdings tatsächlich Hunger.