Es war zu verlockend, diesem Händler die Faust ins Gesicht zu rammen, und in meiner Phantasie tat ich dies gerade ausgiebig. Aber es wäre nicht nur unklug gewesen, es hätte der Sache nicht geholfen – ich mochte zwar die Einrichtung einer Gartenlaube aus Zorn demolieren, aber diesen letzten Grenzzug hatte der Händler in all seiner Impertinenz noch nicht überschritten, wirklich persönlich nahm ich das alles noch nicht, auch wenn mich sein Verhalten wirklich ärgerte. An einem wie diesem Kerl würde ich mir die Hände nicht schmutzig machen – aber ich hatte einen Klienten, dessen bester Freund ein ziemlich brutaler Schläger war, und genau diesen Klienten würde ich morgen nach der salutatio ein bisschen länger bei mir behalten und einige Sesterzen verteilen, um meinen Standpunkt deutlich zu machen. Einen Flavier beleidigte man nicht ohne Folgen, und wer davon hören würde, dass der Stand dieses ungehobelten Idioten und er selbst demoliert worden wären, würde wissen, dass er sich einen Feind gemacht hatte, den er besser in Ruhe gelassen hätte. In vielem war ich freimütig und zu Zugeständnissen bereit, aber es hinderte mich nicht daran, meine Rachegelüste zu konservieren.
Die junge Frau sprach mich an, dankte mir gar, was mich den Kopf schütteln ließ – in einer solchen Sache wäre ich wohl immer eingeschritten, seit meinen Tagen als tresvir capitalis war es eine meistens eher unpraktische Gewohnheit geworden, und ab und an musste es wohl auch eine hübsche junge Frau sein, die etwas Hilfe brauchte (das entschädigte für all die stinkenden, meist eher groben Kerle vom Land, die mit den Verhältnissen in Rom nicht zurecht kamen und deswegen häufig in Schwierigkeiten gerieten).
Als sie dann noch ihren Namen sagte, wusste ich, dass die Sache gewonnen war, und der Händler wusste es auch. Er hatte seine Niederlage nicht kommen sehen, sich wohl bis zu diesem Moment noch im Recht geglaubt, aber es gab wenige Menschen in Rom, denen man besser nicht in die Quere kam, und der praefectus praetorio zählte zu jenen. Genauso gut hätte man an die Statue des vergöttlichten Augustus inmitten seines Tempels pinkeln können und hoffen, ungeschoren davon zu kommen – früher oder später, meistens deutlich früher, würde sich diese Tat schmerzhaft rächen. Dass Crassus der Ruf folgte, ein skrupelloser Egoist zu sein, machte mir die Sache deutlich leichter.
Ihren Worten folgend, sie hätte die Brosche zurückgelegt, wandte ich mich wieder an den Händler. „Du hörst, was die Cousine des Caecilius Crassus sagt,“ betonte ich den Namen dieses Mannes noch ein bisschen mehr, damit auch der letzte der Gaffer ihn mitbekam, einige der Umstehenden grinsten nun ziemlich deutlich, zweifellos war ihnen wie auch mir klar geworden, dass die Sache entschieden war. „Am besten, Du lässt einen Deiner Sklaven genau nachsehen, ob die Brosche nicht doch vielleicht herunter gefallen ist und sie Dir deswegen nicht aufgefallen ist.“ Wenn der Händler, der unter seiner soliden italischen Sommerbräune inzwischen recht bleich geworden war, ein Betrüger sein sollte, der von ihr hatte Geld erpressen wollen, würde er den Wink hoffentlich verstehen und die Brosche „finden“ lassen; auch so wäre es sicherlich eher angeraten, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen, um weiteren Ärger zu vermeiden.
Es dauerte einige Momente, bis der Händler wieder fähig war, einige klare Worte zu formulieren, schließlich hatte er einen Schock hinnehmen müssen, der andere vielleicht umgeworfen hätte (man kam nicht jeden Tag in den Genuss, sich einen mächtigen Mann mit ziemlicher Sicherheit zum Feind zu machen), aber er schlug sich erstaunlich tapfer.
„Wenn die Cousine des Caecilius Crassus das meint, dann will ich mal nicht so sein,“ tat der Händler, als lenke er ein, aber dieses recht durchsichtige Schauspiel konnte zumindest die feixenden Gaffer nicht ablenken. Herrisch winkte Rufilius Tarco einen seiner Sklaven mit der Hand herbei, einen schmalen, achaisch wirkenden jungen Mann mit Schatten unter den Augen, und trug ihm auf, am Schmuckstand nach der Brosche zu suchen und besonders auf dem Boden seine Augen offen zu halten. Die Wartezeit, die nun anbrach, während der Sklave suchte, nutzte ich zu einigen Worten in Caecilia Calenas Richtung.
„Du musst mir nicht danken, Caecilia Calena, denn es ist die Pflicht eines jeden, einem anderen beizustehen, wenn Hilfe gebraucht wird. Ich hoffe, das alles klärt sich zur Zufriedenheit aller auf, manchmal sind die Herren Händler hier etwas übereifrig.“ Ich hatte weit untertrieben, und auf meiner Zunge lagen so einige wirklich tief empfundene, unflätige Flüche, die auszusprechen mir sicher sehr gut tun würde – dennoch, es war hier nicht der richtige Ort dafür, und nicht die richtige Zeit. So sehr mir Caecilius Crassus angesichts seines Verhaltens meiner Nichten Arrecina und Minervina gegenüber auch verhasst war, heute hatte sich sein Name wenigstens einmal als nützlich erwiesen. „Ich habe sie!“ hörte man von weiter hinten aus der Richtung des Sklaven, und fast triumphierend erhob er das Schmuckstück, sodass es jeder sehen konnte.