Beiträge von Caius Flavius Aquilius

    Wirklich eine schöne Frau, dachte ich bei mir, als mein Blick wohlgefällig auf der geschmückten und sorgsam zurecht gemachten Gestalt der Aureliern verharrte - nun, die Entwicklungen der letzten Tage und Wochen hatten mir zwar den ewig brennenden Hunger etwas stillen können, der sich anstatt auf meinen Liebsten stets auf das andere Geschlecht gerichtet hatte, und auch von der faszinierendsten Frau nicht zum Erlöschen hatte gebracht werden können, aber blind für die Reize einer Frau hatte mich dies nicht gemacht, und diese Frau vor uns hatte zweifelsohne eine Menge Reize, die ansonsten meine Sinne mehr verlockt hätten, als es mir lieb gewesen wäre.
    "Ob die Götter wirklich etwas damit zu tun haben, scheint mir angesichts der letzten Entwicklungen hier in der Stadt mehr als zweifelhaft - aber sicherlich hatte Venus heute gute Laune, dass sie zwei unbedarfte Kerle gleich einem ihrer Ebenbilder hat begegnen lassen. Lucanus, erinnere mich daran, dass wir nachher am Venustempel vorbeigehen und zum Dank eine Taube opfern," entgegnete ich Aurelia Helena mit dem leisen Lächeln eines Mannes, der gewillt ist, einer schönen jungen Frau so viele Komplimente zu machen wie möglich, damit diese sanfte Röte nicht von ihren Wangen wich, damit sah sie einfach zu entzückend aus. Leider entpuppte sich mein Neffe, was das tändlerische Gespräch mit der Aurelierin anging, als ziemlicher Komplettversager.


    Aber wo hätte er das auch lernen sollen, in diesem Provinznest Flaviobriga dürfte die Auswahl an adäquaten Patrizierinnen recht gering gewesen sein. Dieser Heiterkeitsausbruch war jedenfalls nicht ganz das, was eine Frau erwarten mochte, wenn ein Mann versuchte, auf sie Eindruck zu machen.
    "Solche Tage gibt es wohl, wenngleich ich mich dann eher mit einer Schriftrolle in mein Arbeitszimmer zurückziehe und mich von den unsterblichen Worten unserer Dichter in eine andere Welt entführen lasse - aber so hat ein jeder Mensch seine Vorlieben, und Du bist gewiss nicht die einzige Frau, die an der Vielfalt bunter Muster und Farben Vergnügen findet, das sie ein wenig zu zerstreuen weiß. Im Bezug auf Dein Unterfangen, etwas Schönes zu finden, kann ich Dir also nur Glück wünschen, vielleicht versuchst Du es einmal bei Joopus vorbeizuschauen, meine Schwägerin Claudia Antonia kauft dort sehr gern ein."


    Und was für ein grauenhafter Einkauf es gewesen war, ich hatte mich nur mit viel Beredsamkeit um eine Seidentoga drücken können. Die Tierdiskussion unterbrach ich erst einmal nicht, immerhin schienen sie ein Thema gefunden zu haben, bei dem sie miteinander sprechen konnten, und das sollte man nicht unterbrechen.
    "Ich habe lange keine Tiger mehr auf dem Markt gesehen, sie sind auch sehr selten und schwer zu transportieren - und sie werden ohnehin meist an die Circusschulen verkauft, um sie auf die Arena vorzubereiten, es dürfte also nicht nur schwer, sondern auch sehr teuer sein, sich ein solches Tier zu beschaffen, das für den Haushalt gar nicht taugt. Tiger sind Raubkatzen, und egal wie weit man eine Raubkatze zähmt, sie wird immer ein Tier bleiben, das Fleisch frisst und jagen muss, um nicht zu verkümmern."

    Dass sich die Anmeldeliste nun doch mit mehr Interessenten füllte, nahm ich zufrieden zur Kenntnis - letztendlich hätte ich auch mit Unbekannten gerungen und meine Kenntnisse unter Beweis gestellt, aber es war doch sehr viel amüsanter, gegen Männer anzutreten, deren Gesichter einem nicht fremd vorkamen, vor allem bei meinem Patron und Aurelius Ursus freute ich mich auf die Herausforderung.
    Als es daran ging, sich auf den Start vorzubereiten, winkte ich meinen Straton herbei, der mich bei solchen Anlässen meist begleitete, und ließ mir die toga abnehmen, dann begab ich mich nach einigen Lockerungsübungen an meinen Startplatz - das Johlen und Schreien der Menge drang mir zwar noch an die Ohren, aber ich konzentrierte mich vor allem auf den bevorstehenden Lauf. Letztendlich würde es vor allem Spaß machen, wieder einmal diesem Rausch des Wettkampfes zu fröhnen, wie ich ihn seit Athen nicht mehr erlebt hatte - und diese goldenen Tage voller Sorglosigkeit waren längst vorüber, hatten der Pflicht Platz gemacht, und auch den Sorgen. Zeit war es, dies zu ändern und dieser Moment schien nun gekommen.


    Als der Startruf erklang, begann der Rausch, und ich wusste nur, dass ich ganz gut losgekommen war - es waren viele Läufer, und gerade in der Startphase musste man schnell sein, um sich von den anderen abzusetzen, aber auch vorsichtig, um von niemandem angerempelt und aus dem Tritt gebracht zu werden, diese eisernen Regeln hatte ich in Athen gelernt und war oft genug bei einem Massenlauf im Staub gelandet, sehr zu meinem Missvergnügen und zum Spaß der Menge, die es nur zu gern gesehen hatte, dass ein Römer nicht mit den Griechen mithalten konnte, die ebenso teilgenommen hatten. Aber meine Laufkollegen waren zum großen Teil Ehrenmänner (wenn man von dem Caecilier absah), und niemand rempelte den anderen an, sodass ich mich vollends auf den Takt meiner Schritte achten konnte, die mich vorantrugen, das Geschrei der Menschen verblasste, und machte dem Rhytmus meiner Füße Platz, ich spürte den Boden, das durch meinen Leib pumpende Blut und überließ mich ganz dem Lauf, dem Zerren der Muskeln, die anfangs noch unwillig gegen die Geschwindigkeit rebellierten, und dann ihren Dienst taten, immer voran ...

    "Rom ist vor allem stets eines - lebendig und laut," sagte ich nachdenklich, bevor ich noch einen Bissen meines Mittagsmahles nahm, und kurz ein wenig mit den Gedanken nach Hause abschweifte. Noch immer war mir Rom nicht der Mittelpunkt aller Gedanken geworden, noch immer mochte ich die villa Flavia weder als Heim sehen noch so nennen, denn das war sie nicht und würde sie wohl auch nie werden. Dafür waren die Erinnerungen an Tarraco, seine Jugendheimat, zu stark und zu lebendig, um diese an die schnellebige Hure Rom zu verraten, und seine Geistesheimat Athen war ebenfalls noch stark genug in seinem Gedächtnis verhaftet, um sich an einen anderen Ort zu sehnen - trotz seines fieberbedingten Gedächtnisverlusts, der ihm nicht nur einmal hatte Lücken entstehen lassen, waren doch diese Bilder mit der Zeit wieder aus den Untiefen seines Bewusstseins wieder aufgetaucht und rangen beständig um Beachtung und Aufmerksamkeit.


    "Ich fürchte jedoch, einen solchen Ort wirst Du hier in Rom nicht finden, da es Rom nicht liegt, einem Menschen auch nur wenige Stunden der Entspannung zu gönnen, und in Tarraco noch weniger, da Furianus versuchen wird, Dich auf seine Seite zu ziehen und Dich als einen Flavier zu präsentieren. Gewöhne Dich an die harte, unangenehme Tatsache, mit der man als Patrizier leben lernen muss: Die Zeit der Stille ist gering für uns, und wenn Du sie nicht in Deinem Inneren mit Dir trägst, wird sie Dir auf ewig verloren sein."


    Stille war für mich nicht allein ein Produkt der Umgebung. Inzwischen hatte ich gelernt, in der größten Hektik und der größten Unordnung wenigstens ein kleines Maß an Stille zurückzugewinnen, so gut es eben ging. Besetzt mit einem positiven Bild - beispielsweise der Erinnerung an meine Jugendzeit in Tarraco, die heimlichen Ausflüge zum Hafen, wo Straton und ich uns Fladenbrot-mit-Meeresfrüchten gekauft hatten, ein stetiger Zankapfel mit meiner Mutter, da sie dies für zu proletarisch hielt - und dem Geschmack im Mund konnte ich wenigstens für den Augenblick trotz der vielen Menschen etwas Ruhe finden, und ich betrachtete die umherhastenden Bürger sinnierend.
    "Irgendwann wirst Du den Lärm nicht mehr hören, den andere Menschen machen, oder besser, nur dann, wenn Du es wirklich willst, verraten Dir diese Klänge doch auch, ob alles in Deiner Umgebung stimmt und ob es Dinge gibt, über die man sich Gedanken machen sollte. Und wenn alles nichts hilft, bleibt Dir immernoch der Ausweg einer tageweisen Flucht auf dem Rücken eines Pferdes, um aus der Stadt herauszukommen und in die Natur zu reisen, wenige Stunden und Tage nur, aber danach wird es leichter sein, da Du weisst, dass Du wieder entfliehen kannst. Hast Du das reiten gelernt?"

    Ich schmunzelte kurz, als mein Neffe so beredt die Augen rollte - diese kleine Geste traf meine Gefühle unserem frühen Besucher gegenüber recht genau, aber auch die unangenehmen Dinge gehörten zu meiner Pflicht, und so musste man lernen, damit irgendwie klar zu kommen. So gerne ich die Worte dieses unangenehmen Männchens ignoriert hätte, so wenig durfte ich es, und so lehnte ich mich in meinem Stuhl zurück und verschränkte die Finger ineinander.
    "Nun, Lucanus, was meinst Du, wie sollten wir weiter vorgehen? Wärst Du an meiner Stelle, was würdest Du tun, wenn ein solcher Kerl zu Dir gekommen wäre und Dir von einem vermeintlichen Christen bei den vigiles berichtet hätte?" Letztendlich war das notwendige Vorgehen klar, solange ein solcher Christ nicht ablehnte, den römischen Göttern zu huldigen, so lange konnte er auch dem Volk Roms gut dienen - der einfachste Weg wäre ein Opfer, bei dem jeder Soldat selbst würde beten müssen, ansonsten ... nun, die unangenehmeren Konsequenzen mochte ich jetzt noch nicht vollständig mir ausmalen.

    Ich war immer für amüsante Überraschungen zu haben, und auch für angenehme Anblicke, dass dies nun aber gleich zugleich auf einem Schlag vorkam, war nun doch erstaunlich, aber wer wäre ich schon, mich gegen dies zu wehren? Aurelia Helena schien ein bisschen peinlich berührt darüber, dass wir sie ausgerechnet an einem solchen Stand getroffen hatten, aber ich tat, was jeder Patrizier tun musste, der etwas auf sich hielt - so tun, als sei es ganz normal, ausgerechnet vor einem Stand mit erotischen Statuetten auf eine junge Dame zu treffen und sich insgeheim jedes Detail einprägen. Mit den rosigen Wangen sah sie jedenfalls sehr exquisit aus, und es fiel mir nicht schwer, ihr Lächeln offen zu erwiedern, mochte sie in meinem Blick ruhig ein Kompliment entdecken, das ganz ihrem Äußeren und der erfreulichen Tatsache galt, sie hier angetroffen zu haben.
    "Nun, ich hätte auch nicht gedacht, bei meinen Amtsgeschäften eine Schönheit wiederzusehen, die ich schon bei den Meditrinalia aus der Ferne bewundern durfte, aber wenn die Götter schon für einen so erfreulichen Zufall sorgen, so darf man sich dem schließlich nicht verwehren."


    Ich zwinkerte ihr amüsiert zu und blickte zu Lucanus, um zu kontrollieren, ob er sie auch statthaft ansah und nicht etwa anstarrte, bei diesen Jungspunden konnte man das ja nie wissen. Er hatte so einen typischen Schimmer in seinen Augen, der mir nur zu deutlich verriet, dass er weiblichen Reizen eindeutig nicht abgeneigt war. Lucanus, Lucanus, daran müssen wir aber noch arbeiten, dachte ich bei mir und versuchte ein zu deutliches Schmunzeln zu unterdrücken. Sie gefiel ihm, aber gefiel er auch ihr?
    "Nun, leider führt uns die Pflicht hierher, und nicht das Vergnügen, aber da wir nun Dich getroffen haben, so wurde aus der Pflicht sehr schnell ein Vergnügen - dies ist mein Neffe Flavius Lucanus, der aus unserer Heimat Hispania nach Rom gekommen ist, um die ersten Schritte in die Politik zu machen. Er ist scriba logei der Schola Atheniensis und zudem mein derzeitiger scriba personalis, was mich bei meiner Arbeit sehr entlastet. Ich glaube, ihr habt euch noch nicht getroffen bisher, oder?"


    Natürlich wusste ich, dass sie sich nicht kannten, aber so deutlich musste man es nicht zeigen. Beiläufigkeit half oft den jungen Leuten auf die Sprünge. "Was führt Dich denn hierher? Sicherlich die Suche nach ein wenig Zerstreuung - ich kann mir kaum vorstellen, dass ein Händler heute einen Stoff haben könnte, der Deiner Erscheinung würdig wäre." Auftritt Lucanus, während die Schöne hoffentlich von meinem Kompliment genug geschmeichelt war, hatte mein Neffe Zeit gehabt, sich spontan etwas geistreiches zu überlegen. Was musste patrizische Kuppelei auch immer so kompliziert und anstrengend sein, immerhin wollte ich für meinen Neffen eine politisch wie persönlich ansprechende Partie.

    Als mich die ersten Wellen des Meeres umfingen, musste ich unwillkürlich an einen Scherz denken, der noch aus meiner Jugend stammte - Straton hätte ihn sicherlich sofort erkannt. Wir hatten damals die Temperatur des Meerwassers, in das wir uns gern gestürzt hatten, mit der Abstandsspanne zwischen Daumen und Zeigefinger dargestellt - nicht die ideale Art und Weise, das einer Frau gegenüber anzugeben, deswegen verzichtete ich darauf, Prisca diese Methode der Temperaturbestimmung vorzuführen, zudem, der winzige Abstand zwischen Daumen und Zeigefinger, den ich ihr dabei zeigen müsste, wäre auch kaum wirklich schmeichelhaft gewesen. Jungen kamen bisweilen auf die seltsamsten Dinge, und solch einen Blödsinn behielt man bis ins Mannesalter im Kopf.
    Dass sie mit meinen Ansichten über die Liebe nicht übereinstimmte, hatte ich nicht unbedingt gemerkt, und ihre eigenen Worte darüber bestärkten mich eher in der Ansicht, dass sie eben doch auch noch eine junge Frau war, die, wie ich es ihr nur wünschen konnte, von den schlimmsten Auswirkungen einer unglücklich verlaufenden Liebe bisher verschont geblieben war. Nur wer nicht wusste, wie tief man fallen konnte, wenn man nicht leben durfte, was man fühlte, konnte sich die Liebe so sehr wünschen.


    Lieber wollte ich den Moment genießen, den Augenblick leben, und mir über die Zukunft nicht mehr Gedanken machen, als unbedingt notwendig war, denn die Sorgen, die Grüblereien würden früh genug zurückkehren.
    "Vertrauen ... und Liebe ... sind gute Wegbegleiter, aber sie bedingen sich nicht grund...sätzlich!" prustete ich und hechtete im kalten Wasser umher, um nicht zu lange an einem einzelnen Ort stehen zu bleiben, denn dann würde ich garantiert sofort beginnen zu frieren. Bona dea, war dieses Wasser kalt! Und doch, ihre Hand lag warm in der meinen, und es schien mir, als sollte es so sein. Diese schlanke Hand, die doch einen sicheren Griff hatte, weiche Finger, die doch eine gewisse Stärke zu besitzen schienen, jene Hand war es, die mich sicherer in meinem Entschluss machte, sie heute noch zu fragen. Später, wenn wir nicht mehr wegen des eisigen Wassers prusten würden, wenn wir nicht mehr lachen würden ob des gemeinsamen Umherhüpfens im kalten Nass, wenn Ruhe eingekehrt war. Und doch hoffte ich, sie würde so lebendig, so warmherzig, so offen lächeln, wie sie es jetzt tat und unsere Narretei genoss. Ihre Hand löste sich, sie tauchte unter und ich blickte ihr so lange nach, bis sie wieder an der Oberfläche der sich kräuselnden Wellen erschien.


    "Eine gute ... Idee! Sonst ..frieren wir .. hier im Wasser fest!" rief ich ihr lachend zu, deutete dann geradeaus parallel zum Strand und fügte an: "Wer einen deutlichen Vorsprung ... hat ...gewinnt, einverstanden?" Und schon war sie weg, in die Fluten geglitten wie eine mystische Nixe, eines dieser rätselhaften Wesen der tiefen See, und ich brauchte einen Moment, um dies zu realisieren. Aber neben ihrem im Wasser weiß schimmernden Leib hatte ich weiter hinten etwas anderes erspät, etwas, das sich bewegt hatte, hell aufblitzend in einer schwungvollen Bewegung - was immer es war, es schien groß zu sein und definitiv zu nahe am Strand. Ich kannte das Meer inzwischen gut genug, und reiner Instinkt bracht mich dazu, nun ebenfalls ins Wasser zu springen, nicht wegen des Wettbewerbs, sondern um ihr schnellstmöglich nachzukommen, sie einzuholen und mit mir zum Strand zu ziehen, sie in Sicherheit zu bringen - wenn sie schwamm, würde sie mich ohnehin nicht hören, egal wie laut ich schreien mochte. Ich schluckte salziges, eisiges Wasser, doch ich nahm Geschwindigkeit auf, fühlte meinen Körper in den Schwimmzügen reagieren, wie ich schon als Knabe viel geschwommen war, ein kostenloses Vergnügen, nur war es diesmal kein Vergnügen, sondern Ernst ...

    Zu seinen zugegebenermaßen freundlichen Worten und dem leider unrealistischen Urteil meiner Persönlichkeit gegenüber schmunzelte ich nur kurz, aber ich antwortete nicht dazu, weil ich mich besser kannte. Meine Höhen und meine Tiefen hatte ich oft genug ausgelotet, und ich kannte sie gut genug, um sie nicht auf der Straße herauszuposaunen, da die wenigsten Menschen hätten nachempfinden können, wie sehr mich die Wut zu packen vermochte, wenn ich ihr nachgab. Dass er zum Thema Freundschaft nichts weiter sagte, nahm ich ihm nicht krumm, man durfte es nicht erzwingen, wenn sich zwei Menschen sympathisch waren, und ich ging davon aus, dass er es wohl eher so sah wie ich - sollte es etwas werden, dann würde es auch etwas werden, ohne dass man zu viele Worte darob verlor.


    "Ich werde dem Familienoberhaupt der Tiberier schreiben, er weiss über die geplanten Verbindungen der Tiberierinnen am besten Bescheid und wir sind befreundet, sodass ich mir sicher sein kann, dass er nicht taktieren wird - aber kennenlernen ist sicher auch schon vorher möglich, ich werde mir etwas einfallen lassen," sagte ich und schmunzelte, bevor ich den Schaber über meinen anderen Arm zog und der Sand auf den Boden fiel. "Was die Hochzeit angeht, hoffe ich einfach das Beste und erwarte das Schlimmste, normalerweise hasse ich Hochzeiten, nirgends ist die Gelegenheit für nervtötende Verwandte größer, einem den ganzen Abend lang Geschichten zu erzählen, die man nicht hören will und spätestens dann überkommt mich immer eine unbändige Lust, so viel Wein zu trinken, dass ich irgendwann einfach umfalle und einschlafe." Die letzte Hochzeit, die ich besucht hatte, war die von Gracchus gewesen, und bei der hatte ich mich tatsächlich haltlos betrunken, wenngleich nicht wegen den Verwandten, eher aus einem anderen Grund, der weit schmerzhafter gewesen war.

    Als der Veranstalter auf seiner Tafel herumkritzelte, fiel es mir wieder ein - meinen Namen hatte ich nennen sollen, was mir unter all den Begrüßungen total entfallen war. Ich hatte derzeit einfach zuviel Aktenarbeit, langsam wusste ich schon nicht mehr, wo mir der Kopf stand ... so fügte ich die Information noch an, zu Tiberius Iuvenalis gewandt: "Der Name ist Caius Flavius Aquilius ... und es gibt für die anderen Wettbewerbe keine Meldungen?" Das erstaunte mich nun doch, wie konnte es sein, dass vor allem die römische Jugend so faul gewesen war? Die Enttäuschung mochte mir durchaus anzusehen sein. Ich nickte auch Annaeus Modestus zu, um dann leise zu seufzen.
    "Wollt ihr alle euch nicht auch für die anderen Wettbewerbe melden? Das sich bietende Bild ist ja wirklich grauenvoll, ich hätte nicht gedacht, dass sich gerade zum Ringen niemand meldet."

    Ich schritt gemächlich weiter, in solchen Sachen hatte ich wohl eindeutig mehr Übung als sie diese wohl jemals bekommen würde - ich hatte zwar vermutet, dass derlei Überlegungen ihr nicht unbedingt alltäglich waren, aber eine derartige Überraschung ihr anzuhören, diese vollkommen andersartige Reaktion als bei den meisten anderen Frauen, war doch auch für mich erstaunlich. Hatten es so wenige Männer bisher gewagt, ihr ein Kompliment zu machen? Ihr vielleicht auch gewagtere Worte zuzuflüstern? Es schien der Fall zu sein - und Gracchus, nun, er war sicherlich nicht der Gemahl, der mit heißblütiger Lust seiner Ehefrau beibrachte, was es bedeutete, vor Leidenschaft zu brennen. Manchmal hätte ich ihm durchaus gewünscht, er hätte am anderen Geschlecht mehr Freude finden können, als er es tat, aber seine Vorlieben lagen einfach woanders, so hatten ihn die Götter nun einmal ins Leben geschickt.
    Sie hatte nun dezent gerötete Wangen, aber es fiel nicht besonders auf, verlieh ihr nur zusätzlichen Reiz, da ihr dieses Zeichen von Leben im Gesicht ausgezeichnet stand. "Hätte ich geschwiegen, Antonia, was wäre damit gewonnen? Du bist wahrhaft reizvoll, und ich kann nur vermuten, dass die Ehrfurcht vor Deiner Anständigkeit und Zurückhaltung andere Männer bisher davor zurückgehalten hat, Dir zumindest ihr Interesse zu gestehen. Man muss nicht immer gleich mit fliegenden Fahnen umsetzen, was man sich bisweilen erträumt, verstehe mich nicht falsch."


    Auch wenn es einen durchaus großen Reiz hatte, einen der Schmuckstände als Ort der Leidenschaft zu mieten und am hellichten Tage einige feurige Küsse und mehr zu tauschen, ich glaubte mich darin sicher, in ihr eine Frau zu erkennen, die derlei nicht unbedingt suchte.
    "Nimm dieses Wissen einfach als ein Zeichen meiner Verehrung Dir gegenüber, und was geschieht und ob überhaupt etwas geschieht, ist allein Deine Entscheidung. Ich werde Dein Gesprächspartner sein und bleiben, der Mann, der gern mit Dir einkaufen geht oder über Geschäfte und Alltägliches spricht, egal wie Du Dich entscheidest, Antonia, ich will Dich zu nichts drängen und mein Selbstwertgefühl nimmt keinen irreparablen Schaden, wenn Du beschließt, dass es bei dieser Art der Freundschaft bleiben soll." Es wäre schade, aber nun - zu leidenschaftlichen Stunden gehörte der Wille zweier Menschen, nicht der von nur einem, sonst konnte man es nicht genießen. "Es wird nicht das letzte Mal in Deinem Leben sein, da bin ich mir sicher, dass Dich ein Mann begehrt, die meisten schweigen nur über ihre Sehnsüchte, und tragen sie still mit sich. Wäre es Dir lieber, dies niemals zu wissen?"

    Zitat

    Original von Aurelia Prisca


    Meinen Becher kurz erhoben, nahm ich einen Schluck Wein und genoss die Tatsache, dass ein Festabend vor mir lag, der nun fast gänzlich angenehm sein würde - wenn man von jener Verabredung absah, die mich und Severus später in den Garten führen würde, wenn die erste Gästebegrüßungsrunde ihr Ende gefunden hatte - und zudem ihren Anblick. Auch in schlichterer Aufmachung wusste sie zu glänzen, und wer sie sah, hätte sie sicherlich niemals für eine Plebejerin oder peregrina gehalten. Manche Art der Haltung fand man eben nur bei einer echten Patrizierin, und sie verfügte für meinen Geschmack ausgesprochen über derlei Qualifikation.
    "Nun, ich dürfte Dir beispielsweise keineswegs sagen, dass Du ausgesprochen verführerisch aussiehst und ich am liebsten einen jeden Mann, der es wagt, Dich heute mit seinen Blicken zu entkleiden, weil er glaubt, er könnte dies an den Saturnalien ungestraft tun, aus dem Weg schlagen würde," sagte ich gutgelaunt, ohne so zu wirken, als könnte ich gleich aus dem Gesagten Wirklichkeit machen, dafür war die Feststimmung zu entspannt. "Ich dürfte einer wohlerzogenen Patrizierin auch nicht sagen, dass ich mich sehr gerne an unseren Ausflug erinnere und wünschte, wir könnten ihn ohne schickliche Begleitung wiederholen ... derlei eben."


    Mein Lächeln war perfekt unschuldig und zu jeder anderen Zeit im Jahr wären meine Worte bei einer unverheirateten Frau sicherlich mehr als unschicklich gewesen - aber die Saturnalien nahmen mir diese Beschränkung und ließen mir einen jeden Scherz durchgehen. "Ah, Gracchus scheint sich anderen Gesprächspartnern zuzuwenden, so bleibt uns vorerst Antonia - komm, ich mache euch beide miteinander bekannt." So bedeutete ich Prisca den Weg in Richtung Antonia und schritt neben ihr her, als seien wir schon Mann und Frau, natürlich noch im gebührenden Abstand, man musste es ja nicht gleich übertreiben, und erreichten die Claudierin schließlich nach einigen Schritten. Ich hatte auch den Löwen gebührend bewundert - ihr vorenthaltend, dass mein Tier ein Stier gewesen war - um ihr meine Überlegungen zu nennen: "Ich würde dies eher einem Zufall zurechnen denn gewisser Absicht, denn würde man einen Löwen nicht eher dem Familienoberhaupt überreichen? Doch hast Du diesen Löwen erhalten, und nicht Corvinus." Ich blickte lächelnd zu Antonia. "Io Saturnalia, Antonia - lass Dich erst einmal bewundern, dieser Stoff sieht wirklich fabelhaft an Dir aus. Darf ich Dir Aurelia Prisca - verzeih, heute nur Prisca - vorstellen?"

    "Sie kann hier bleiben," sagte ich ruhig und nickte der Sklavin freundlich zu. Cungah war einfach eine liebe, treue Seele, und wenn es jemanden im flavischen Haushalt gab, dem er wirklich keinerlei Arglist und Bösartigkeit zutraute, dann war es sie. Er hatte sie schon immer so gesehen und würde es wohl nie ändern - gleichzeitig spürte ich den missbilligenden Blick Stratons in seinem Rücken, ohne dass es mich wirklich wunderte. "Ich werde heute in meinem Arbeitszimmer schlafen, sei so gut und stell mein Reisebett dort auf, Straton." Letztendlich war mein Wort hier das entscheidende, nicht seins, und ab und an brauchte auch mein griechischer vilicus einen kleinen Dämpfer. Neben Bridhe würde ich kaum Ruhe finden heute Nacht, und Cungah würde sicher gut für sie sorgen, das lag ihr einfach in der Natur. Die missbilligende Miene Stratons gekonnt ignorierend, strich ich Bridhe mit einer Hand über die Wange und meinte: "Du musst jetzt schlafen, Bridhe, versprich es mir, dass Du versuchst, zu leben. Es kann nichts so schrecklich sein, dass Dein Tod dafür sühnen müsste."
    Mama Cungah nickte zufrieden, als sie mich sprechen hörte, zumindest vor ihren Augen schien ich heute Gnade zu finden, und so löste ich meine Hand vorsichtig von der Bridhes, sie in sicheren Händen wissend.

    Ich lächelte etwas bei seiner Selbstreflektion, und nahm sie nicht sonderlich ernst - es war letztendlich wie eine Speise, die man gerne aß. Bekam man sie jeden Tag, wurde sie irgendwann nicht mehr zu einer Besonderheit, wenn man sie auf einem Teller fand, und so war es auch mit seinen beständigen Selbstanklagen - ich hörte sie zu oft, um sie noch allzu ernst zu nehmen, auch wenn es mich beständig bekümmerte, wie wenig er von sich selbst zu halten schien. Er hatte so vieles, auf das es stolz zu sein lohnte, und hätte ich in unserer Familie den klügsten und überlegtesten Mann benennen sollen, wäre aus meinem Mund der Name Manius' gefallen, ganz sicher niemals der meinige.
    "Ich nehme Dich beim Wort, Manius, das weisst Du sicher," scherzte ich ihm zurück und mein Atem ging schneller, als er dieses Knurren von sich gab, eine Mischung aus längst nicht gestillter Begierde, Zufriedenheit und dem Eingeständnis der eigenen Leidenschaft und Lust. Im Herzen getragen hatten wir uns lange genug, hatten uns in schweren Zeiten beigestanden, wie es sich andere Menschen in ihrer Liebe erst nach vielen Jahren erarbeiten konnten, nachdem sie sich körperlich längst gekostet hatten, bei uns war es umgekehrt. Ich fing die Tunika auf und streifte sie mir über, dabei tief durchatmend - was für ein anderes Leben war es doch, wenn man endlich nicht nur im Innersten lieben durfte.


    Sein Kuss glitt an meinem Hals fast zu schnell vorüber, und einen Moment lang überlegte ich mir, ob ich ihn mir einfangen sollte, dann aber ließ ich ihn gehen, strich mir lieber selbst durch das zerwühlte Haar, rückte die Tunika glatt und setzte mich wieder gemächlich an den Schreibtisch, ordnete die zu Boden gefallenen Akten an und stellte zu guter Letzt das Tintenfass samt Corvinus' Feder zurück, wie es zuvor gestanden hatte. "Nun, ich unterhalte mich doch immer gerne mit Dir," sagte ich und grinste wie ein Lausbub nach einem gelungenen Streich - ich war einfach glücklich, und so sah ich ihm noch einige Momente lang nach, selbst als sich die Tür nach ihm geschlossen hatte. Was für ein Besuch! Der lebendige Manius war ein Mensch, der in diesen leidenschaftlichen Augenblicken so zufrieden, so sicher gewirkt hatte, dass mir der alltägliche Manius, der von Sorgen und Zweifeln behaftet umherschlich, wie ein matteres Zerrbild seiner Selbst erschien. Könnte er doch nur immer leben ... ich seufzte leise, griff nach einer der Akten und schlug mir den Gedanken aus dem Kopf, denn ich wusste ebenso gut, wie ich das Ende dieser Freiheit fürchtete, dass er sich in diesem Punkt kaum ändern würde.


    ~* FINIS *~

    "Es ist zweifelsohne der gesündeste Weg, und auch der einzige, der ich in diesem Haus von einem Sklaven akzeptieren werde," sagte ich bestimmt auf seine Worte über den Glauben und den Respekt diesen gegenüber. "Letztendlich ist die gens Flavia dem Glauben sehr verbunden, und mein Vetter Gracchus ist amtierender pontifex, sodass irgendwelche Umtriebe ganz sicher ihre Folgen haben werden. Du wirst, wie alle anderen auch, an den Opfern der Familie teilnehmen, und solltest Du sterben, sorge ich auch für eine angemessene Bestattung." Es gab Haushalte, in denen die Sklaven selbst für ihre Beerdigungen oder Rituale sparen mussten, aber davon hielt ich nichts, sobald man einen Sklaven erwarb, gehörte dieser auch zur Familie und hatte das Recht, den Weg zum Übergang erleichtert zu erhalten, wie man es bei jedem Familienmitglied tun würde. Sicherlich nicht so prächtig wie bei einem direkten Verwandten, aber doch angemessen einem Menschen gegenüber, der einem gegenüber treu gedient hatte. Er schien eine gesunde Portion Menschenverstand zu besitzen, und auch das war angenehm, schmälerte es doch die Befürchtungen, dass ich mir mit ihm eine Schlange im Nest gekauft hätte.


    "Nun, es geht mir vor allem darum, die Eindrücke eines anderen Blickwinkels den meinen hinzufügen zu können. Jeder Mensch verfügt über seinen persönlichen Horizont, seine eigenen Erfahrungen, und darob auch über eigene Sichtweisen, die es uns nicht immer leicht machen, alles klar zu erkennen, was sich uns eigentlich präsentiert. Du sollst meinen Blick ergänzen, und wenn Du Dich bewährst, werde ich dies sicher nicht unhonoriert lassen." Einen Sklaven bei Empfängen bei sich zu haben, dem man vertrauen konnte, war ein enormer Vorteil, und vielleicht würde er mir wirklich hilfreich sein, ich hoffte es zumindest. "In den nächsten Tagen werde ich einen wichtigen kaiserlichen Hofbeamten zur cena einladen, bis dahin solltest Du einige Stücke vorbereiten, die Du spielen kannst, während wir essen, die von angenehmer Natur sind und den Geist nicht zu sehr ablenken, aber auch Deine Kunstfertigkeit offenbaren."

    Auch ich schabte gemächlich, hatte ich es doch keinesfalls eilig, und das schaben war immer recht entspannend. Normalerweise erledigte so etwas ein Sklave für mich, aber in solchen Momenten war es mir lieber, diese Handgriffe selbst zu erledigen, unter Männern war die Atmosphäre immer anders, als wenn noch irgendwo Sklaven umher huschten.
    "Es hilft manchmal einfach, die Dinge sachlicher zu betrachten, um sich zu beruhigen - oder eben etwas ganz anderes zu tun, bis man so weit abgelenkt ist, dass man wieder ruhiger an das Thema herangehen kann, das einen zuvor aufgeregt hat, zumindest geht es mir oft so. Sich abzureagieren, und sei es beim Sport, ist meistens besser, als die Sache sofort weiterzuverfolgen ... ich glaube, würde ich meiner Wut jedesmal nachgeben, wäre ich inzwischen längst ein verurteilter Mörder," gestand ich grinsend und fuhr den Schaber weiter über meinen Oberarm entlang. "Was unser Gespräch angeht - ich freue mich, dass wir uns getroffen haben. Es ist selten genug, dass ich in dieser Stadt jemanden kennenlerne, mit dem man sich wirklich amüsieren kann, sei es im Gespräch oder anderweitig. Ich muss schließlich nicht Corvinus' Freund alleine sein und bleiben."


    Während ich den Sand Stück für Stück von meiner Haut entfernte, meine Muskeln sich dabei entspannten, sann ich über Tiberia Camilla nach. "Mh, sie ist vor allem wissbegierig und eifrig, und hübsch noch dazu - meiner Ansicht nach hat sie eine gute Erziehung genossen, und wenn sie einmal sacerdos sein sollte, wird sie sicherlich eine gute Partie sein, was willst Du Dir mehr wünschen als eine fromme Frau aus gutem Haus? Der Glauben wird von so vielen vernachlässigt, und es ist schön zu sehen, dass die alten Patrizierfamilien die Traditionen noch hochhalten. Vielleicht lernst Du sie auf einem Fest kennen, wenn nicht, kann ich gerne versuchen, etwas zu arrangieren." Heiratspolitik war unter den patrizischen Familien immer sehr beliebt, und auch wenn so mancher das vielleicht für weibisch halten mochte, ich empfand die Vermittlung von passenden Heiratskandidaten auch als Teil der Pflicht eines Freundes oder Verwandten. Eine Familie ohne Nachkommen hatte auch keinerlei Zukunft.
    "Nun, sicherlich ist dies eine Möglichkeit, gemeinsam etwas durchzustehen, aber ich kann doch auch jede Braut verstehen, der dieses Ritual unangenehm ist, wenn sie sich zum ersten Mal mit ihrem Gemahl ins Bett legt."

    Aus meinem halbherzigen Dösen, das sich abspielende Spektakel in der Arena betreffend, schreckte ich jäh auf, als neben mir die Gemahlin des Avarus anfing, die Kämpfer anzufeuern, als sei sie gerade erst der lausigsten Gosse der subura entstiegen. Bona dea! Ich hatte für Frauen, die einen mit Wortschwällen geradezu überschütteten, nie viel übrig gehabt, und sie entweder schnell zum schweigen gebracht oder war einfach gegangen, aber diese Weibsperson schien eine besondere Güteklasse nervtötender Weiblichkeit zu besitzen - dass sie sich überhaupt erdreistete, die Kämpfer lautstark anzufeuern, war schon erschreckend genug, aber die Wortwahl? Ein Fuhrknecht hätte es vielleicht ähnlich drastisch ausgedrückt. Wie der Senator es wohl mit einer solchen Frau aushielt? Ob sie ihn im ehelichen Gemach ähnlich anfeuerte - 'Los Avarus, da wäre selbst mein Großvater schneller dran und hätte mich viermal zum Höhepunkt gebracht!' - der Gedanke ließ mich mit einem Male leise lachen und irgendwie wurde damit auch der Kampf in der Arena erträglicher. Mochten mich die Götter vor solch einem Weib bewahren! Es wurde blutig, der Sand rötete sich eindrucksvoll, und ich musste wieder einmal dem Impuls widerstehen, einfach zu gehen. Arenakämpfe würden niemals mein Fall sein, soviel stand fest.

    "Nun, ich würde mich gern für das Ringen und den Weitsprung eintragen lassen ..." ein Blick ging über den versammelten Haufen an männlichem Sportsgeist "...und für den Lauf auch." Wenn sich schon die Gelegenheit bot, meine Kollegen und meinen patron bei einem Wettkampf herauszufordern, dann musste man das auch ergreifen, selbst wenn man noch so wenig den Lauf trainiert hatte wie ich in den letzten Wochen. Ich hatte mich mehr wieder an die Gewichte gehalten und gerungen, sodass der Lauf mir eher zum warmwerden gedient hatte, weniger denn als Möglichkeit, mich gegen einen anderen auszuzeichnen. Es war ohnehin schon schwer geworden, in meinen knapp bemessenen zeitlichen Freiraum überhaupt Platz für körperliche Ertüchtigung zu finden, aber es hatte sich zumindest ab und an bewerkstelligen lassen - als Magistrat hatte man einfach nicht mehr wirklich viel Zeit.


    "Na, dass Du auch hier sein würdest, patronus, hätte ich jetzt nicht gedacht, aber es wird mir ein Vergnügen sein, einen Senator abzuhängen," erwiederte ich mit einem leichten Grinsen und zwinkerte Ursus verschwörerisch zu. Dass er läuferisch geübt war, hatte mir unser gemeinsames Training bewiesen, und ich rechnete ihm durchaus Chancen aus. "Und salve, Ursus. Ich bin gespannt, wer den Sieg für sich gewinnen kann, man sollte diesen Lauf vielleicht den Amtsträger-Lauf nennen, wenn ich mir ansehe, wer alles hier ist."