Beiträge von Caius Flavius Aquilius

    Pflichtbewusst - denn ich hatte immerhin einen Brief erhalten, der mich zum palatium berief - schritt ich während meiner Tempelmittagspause dorthin aus und steuerte zielsicher einen der wachhabenden Prätorianer an, denn dass man sich hier anmelden musste, wusste ich noch vom letzten Besuch.
    "Salve! Ich habe einen Termin beim procurator a libellis - in welche Richtung muss ich mich hier wenden?" eröffnete ich in freundlichem Ton das Gespräch und blickte mein Gegenüber mit der durchaus prächtigen Rüstung ruhig an.

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    Original von Narrator Italiae
    Er hob nur kurz musternd den Kopf während er Name und gewünschtes Amt auf seiner Tafel vermerkte und diese dann an den Sklaven zurückreichte.


    "Darf ich dich nach deinem Beweggrund für diese Kandidatur fragen. Es ist reines Interesse meiner Person."


    Freundlich lächelte er dann und war auf die Antwort des Mannes gespannt und ob er ihm diese geben würde.


    Selbst beim aufrechten Sitzen tat der Stuhl in meinem Rücken weh. Wahrscheinlich hatte man diese Stühle extra für die Zeit der Kandidaturbekanntgaben ins atrium gestellt, damit die Kandidaten nicht stundenlang irgendwelches sinnloses Zeug schwafelten. Ich hätte es jedenfalls so getan, wäre ich an der Stelle des Consuls gewesen.
    "Es gibt viele Dinge, die es in Rom zu tun gibt, und bei manchen wünscht man sich doch stets, man könnte den Ablauf ändern, oder etwas vollkommen Neues einbringen. Aber ich bin der Ansicht, dass man sich, wenn man wirklich etwas erreichen will, nicht einfach nur auf eine cline legen und jammern sollte, dass die Politik diesen und jenen Fehler begeht. Man sollte versuchen, die Dinge zu ändern und selbst tätig werden - und das will ich tun."

    Es waren zuerst nur Rufe gewesen, die vor dem Tempel erklangen. Nur Rufe, die erst einmal von den Mündern meiner Priesterkollegen hatten weitergetragen werden müssen, geflüstert, voller Schrecken, voller Furcht, denn das, was sie flüsterten, schien zugleich unmöglich wie unerhört. Eine Vestalin ermordet, auf den Stufen des Tempels der Vesta, in Roms Herzen! Eine der heiligen Jungfrauen, deren Vorrecht es war, Verbrecher zu begnadigen, die römische Integrität verkörpernd wie nichts sonst. Alle hatten innegehalten bei ihrem täglichen Tun, und auch die Menschen, die in den Tempel des Mars gekommen waren, um zu opfern, flüsterten nur noch leise und voller Schrecken über die Nachricht, die sich wie ein Lauffeuer verbreitete. Eine der Jungfrauen gemordet, und der Kaiser fern von Rom! Dies konnte doch nur ein entsetzliches Omen sein, das schrecklichste aller Omen. Und dann hörte auch ich davon, und ich hörte etwas, das mich alles zu Boden fallen lassen ließ, was ich in den Händen gehalten hatte - eine Schale knallte auf den Fußboden, laut hallte das Scheppern im Tempelinneren wider, ebenso landeten Kuchenstücke und Kekse achtlos zu meinen Füßen. Die virgo vestalis maxima sei ermordet worden. Agrippina! Flavia Agrippina, Gracchus' Schwester! Ich war bleich geworden, stammelte irgend etwas zu einem meiner Kollegen und rannte, rannte wie ich in Rom bisher noch nie gerannt war.


    Die Menge wurde dichter, als ich in die Nähe des Vestatempels gelangte, und ich musste mich mit Ellenbogen und handfesten Flüchen durch die Menschen hindurch wühlen, erhitzt vom Laufen und außer Atem, so schnell war ich gerannt. Ein, zwei camilli aus dem Tempel waren mir hinterher gehetzt, aber ich hatte nicht auf sie gewartet und wahrscheinlich hatten sie sich auch in der Menge verloren, es war mir gleich. Ich wusste nur, ich musste dorthin. Flüche der Menschen um mich herum begleiteten ebenso meinen Weg wie wachsende Ungeduld auf meiner Seite, denn sie standen mir alle im Weg, konnten sie denn nicht wissen, wie wichtig es für mich war, dorthin zu gelangen? Ich musste dorthin! Meine toga praetexta war längst verrutscht, und sicher auch dreckig, aber es war mir egal, und ich kämpfte mich weiter durch diese zähe Masser verdammte Menschen, die ich mir einfach nur weit weg wünschte. Und dann hatte ich endlich den Ort des Geschehens erreicht, war am templum Vestae angekommen, sah auf die Stufen, auf die Menschen, die dort standen, auf die blutverschmierte Leiche meiner entfernten Verwandten Flavia Agrippina, mit deren Tod nicht nur ein Mensch gestorben war, sondern auch gleichsam das Glück Roms. Dort waren auch zwei andere Menschen, die ich kannte, zu gut kannte ...


    Gracchus und Corvinus. Gracchus und Corvinus. Sie standen einander so nahe, als seien sie seit langem vertraut, sich gegenseitig haltend, aufrichtend, Schutz gebend? Gracchus und Corvinus. Gracchus und Corvinus. Mein Manius und ... mein ... bester .. Freund? Gracchus und Corvinus. Etwas zerbrach in diesem Augenblick in mir, tiefer und endgültiger, als jemals etwas zerbrochen war. War ich einstmals zum tarpeischen Felsen gegangen, damit wenigstens Gracchus weiterleben würde können, ohne leiden zu müssen, fühlte ich mich nun, als sei ich längst gesprungen, und er habe die Zeit genutzt, sich zu trösten. Es tat weh, so unendlich weh, und eine eisige Kälte durchströmte mein Herz. Er hatte mich einfach angelogen, als er mir von seiner Liebe zu Deandra erzählt hatte, so musste es gewesen sein. Hatte seine Gefühle zu Gracchus beschrieben, und jetzt war mir auch klar, wieso er solchen Abstand zu mir gehalten hatte. Sein Herz gehörte doch längst einem anderen Menschen. Diese vielen Monate als Fischer hatten mir nicht nur meine Identität genommen, sondern auch den einzigen Menschen auf dieser verfluchten Welt, den ich liebte. Gracchus und Corvinus. Gracchus und Corvinus. Am liebsten wäre ich nun umgekehrt, aber ich konnte nicht, die Dynamik der Masse trug mich vorwärts, und ich stand plötzlich vor dem Haufen der Menschen, das Gesicht bleich wie eine frisch gekalkte Wand.


    Ich ging vorwärts, aber es war mehr ein Stolpern, und ich wusste nicht einmal mehr, wohin ich gehen sollte. Fassungslos blickte ich den Männern nach, die Agrippinas Leiche hineintrugen, und auch wenn es besser war, so hätte ich doch nichts lieber in diesem Moment getan, als mich gleichfalls zu entleiben und mich neben sie fallen zu lassen. Es beenden, ein für allemal.
    "Es ist also wahr," brachte ich mühsam heraus und starrte auf den Eingang zum Vestatempel, um die beiden nicht anblicken zu müssen. Wann immer ich ein Herz gehabt hatte, es war zerrissen. Nicht mehr da. Nur noch Leere, unendliche Leere. "Ist der Palast benachrichtigt? Wenn nicht, dann übernehme ich das," sagte ich, um irgend etwas zu sagen, und endlich, nach langer Zeit, sah ich zu Gracchus, mich nicht weniger tot fühlend als Agrippina war. Brauchen würde er mich jetzt nicht mehr. Was sollte ich also noch hier?

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    Original von Narrator Italiae
    Natürlich war dem Consul auch dieser Besuch gemeldet worden und er betrat wenig später das Atrium.


    "Salve und Willkommen. Du möchstest dich für die Wahlen zum Cursus Honorum anmelden?"


    Er deutete zu den Sitzgelegenheiten und nahm auf seinem Sitzmöbel Platz. Der Sklave kam sofort herangeeilt um die Wachstafel anzureichen. Viel Platz war darauf bald nicht mehr.


    Ich neigte ihm dankend meinen Kopf zu und nahm auf einem der bedeuteten Stühle Platz - es war einer der Sorte, auf denen man besser sehr aufrecht saß, wenn man nicht später mit Schmerzen im Rücken nach Hause gehen wollte. Also saß auch ich recht aufrecht und nickte bedächtig, mein Gegenüber eine ganze Weile indes auch interessiert betrachtend. So oft hatte ich bisher keinen Consul kennengelernt.
    "Das ist mein Wunsch. Ich möchte mich zum vigintivir aufstellen lassen."

    "Aber ich denke doch, dass es möglich sein müsste, irgendeinen Architekten zu finden, der seine Bauwerke einigermaßen gerade in die Höhe bekommt und dann die eigentlichen Arbeiten selbst zu planen - auch für einen Senator. Es wäre sicherlich nur ein geliehener Name, und bei einem Werk zum höheren Ruhme des Mars - dessen Beistand Rom derzeit wirklich braucht - sollte nicht auf alle Ewigkeit so gezaudert werden, wie es die letzten Jahre geschah. Irgendwann werden die betenden Priester und hilfesuchenden Menschen noch Teile der Mauer erschlagen, wenn es so weitergeht."
    Eine kurze Gedankenpause später atmete ich tief durch. "Ich muss gestehen, ich habe schon an einen Artikel in der Acta gedacht, um den Zustand des Tempels etwas mehr in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken und vielleicht dann doch einen Architekten zu finden, der gleich loslegen kann und nicht durch unsere Gesetzgebung an der Arbeit gehindert wird. Am Geld wird es sicherlich nie mangeln, aber doch an den Händen, die es anpacken. Wir Priester müssen wohl bald selbst Hand anlegen, damit es irgendwann noch geschieht. Aber es ist ja nicht der einzige Tempel, der brachliegt. Ich hörte von einem Bauprojekt in Ostia, das zu Ehren Merkurs gedacht war - und brachliegt, mangels Architekt und Baukolonne. Ist denn der Dienst an den Göttern inzwischen so hinter die eigene Bereicherung getreten, dass sich für solche Projekte niemand mehr findet?"

    "Ähem-ähem!" räusperte ich mich, als der junge Mann, dessen Gesicht mir irgendwoher doch recht bekannt vorkam, an mir vorbeigegangen war, anscheinend so sehr in Gedanken, dass er auf seine Umgebung nicht wirklich geachtet hatte. Aber da ich hinter einer Säule gestanden hatte, wäre ich mir wohl selber auch nicht unbedingt aufgefallen, soviel zu seiner Ehrenrettung. Dass er sich nun allerdings in Richtung der Priesterräume begab, ohne selbst zum collegium der sacerdotes Martialis zu gehören, war eindeutig nicht ganz passend und sicher auch kein Teil seiner Planung.
    "Entschuldige, aber suchst Du etwas? Dieser Bereich ist eigentlich nur für die Priester des Mars gedacht, wenn Du opfern möchtest, findest Du ganz sicher im Bereich des Altars viel eher jemanden, der Dir helfen kann," sprach ich ihn recht freundlich und geduldig an, ich hatte mich hier früher auch ab und an einmal verirrt. Erst als ich bis auf wenige Schritt zu ihm herangetreten war, fiel mir wieder ein, wo ich ihn gesehen hatte - die Meditrinalia-Feier der gens Aurelia. Nur welcher der Aurelier war er nun gewesen? Ich war mir nicht ganz sicher, und deswegen vermied ich es auch einstweilen, ihn direkt anzusprechen, um mir diese peinliche Blöße nicht zu geben.

    Wenigstens eine meiner discipulae zeigte einen recht rührigen Eifer - was mich insgeheim ja beruhigte, hatte sie bei unserem ersten Gespräch doch nicht unbedingt den Eindruck gemacht, als sei sie sehr wild auf das frühe Aufstehen und die mit einer Tätigkeit im cultus deorum verbundenen Pflichten.
    "Salve, Tiberia Camilla," grüßte ich also freundlich zurück, legte meine Schriftrolle beiseite und kaute dann den letzten Bissen meines Frühstücks herunter. "Da Du recht zeitig angekommen bist, werde ich mit Dir einige der Fragen behandeln, die ich schon mit den beiden anderen discipulae durchgegangen bin, damit ihr auf demselben Stand seid, in Ordnung? Dann sitzen wir uns jetzt nicht gegenüber, bis die beiden eingetroffen sind, und starren die Wände sinnlos an." Ich zwinkerte ihr zu und bedeutete ihr, an einem freien Pult Platz zu nehmen.
    "Also, es ging vor allem um die Grundlagen. Was meinst Du, welche Dinge sind für einen Tempel, für die Einrichtung, unerlässlich?"

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    Original von Narrator Italiae
    Er hatte bisher wirklich sehr gut ohne den Türöffnersklaven durchgehalten, den er sich so sehr gewünscht hatte. Als es erneut klopfte, öffnete er also die Tür und hörte sich das Anliegen an, das ihm in diesen Tagen nicht wirklich neu war.


    "Dein Herr möge mir bitte folgen."


    So ging er voraus zum Atrium, bat den Flavia dort zu warten um schließlich wieder einmal den Consul zu suchen und diesen über den Besuch zu informieren.


    Ich wuchtete mich aus der Sänfte und war froh, nicht über meine eigenen Füße dabei zu fallen - auch wenn ich das dumme Gefühl hatte, dass meine Sklaven mir grinsend hinterherblickten. Wenn ich bei meiner Rückkehr auch nur ein Lächeln sehen würde, würde es etwas setzen, soviel war sicher ...
    So folgte ich dem ianitor in das Innere der elegant ausgestatteten casa und blieb wartend im atrium stehen, die letzten Augenblicke meiner Gnadenfrist nutzend, um tief durchzuatmen und die letzten Reste von Nervosität in meinem Inneren loszuwerden.

    Während mein Blick wieder über die Anwesenden strich und für eine ganze Weile auf Aurelia Helena, dann auf Aurelia Prisca verweilte, die beide an diesem Abend ausgesprochen reizend und hübsch aussahen, plätscherten die Worte meines Vetters wie ein sprachlicher Klangteppich an meinem Ohr vorüber, einzelne Spitzen, dann wiederum Höhen und Tiefen bildend, die mich mit einem Mal so tief und hart schnitten, dass es mir schwerfiel, den Becher noch in der Hand zu behalten. Zu was war eigentlich unsere Unterhaltung verkommen, die vor wenigen Momenten noch recht lockerleicht und scherzhaft hatte sein sollen? Was wollte er mir mit seinen Worten eigentlich sagen? Mein Blick huschte zu ihm zurück, dann kurz zu Antonia, und wieder zu Gracchus, und ich konnte ihn in diesen Augenblicken nicht einmal recht erkennen, ein seltsamer Ausdruck lag in seinen Augen, in diesen so vertrauten Augen, die jetzt blitzten wie die eines Fremden.
    "Vielleicht sehe ich zu sehr den Menschen in jedem Sklaven, Gracchus, ich weiss es nicht. Tugenden wie Schwächen finden sich auch im Charakter eines Sklaven, und nicht immer sind jene die treusten, die von Geburt an darauf getrimmt wurden, zu dienen. Jenen fehlt die Leidenschaft, der Mut, der Wille, zu verändern. Mir waren die Veränderer immer lieber als jene, die verharrten, und nur mit einem gewissen Maß an Veränderung sind wir doch fähig, uns überhaupt zu entwickeln."


    Hatte er denn alles vergessen? Die stundenlangen Diskussionen auf dem forum in Athen, mit irgendwelchen zauseligen Freizeitphilosophen, die von der menschlichen Seele sprachen, die immer einen Wert besaß, egal, ob der Mensch, zu dem sie gehörte, in Ketten ging oder nicht? Hatte er das Lachen vergessen, die sorglosen Gespräche, die wir damals geführt hatten? In diesem Moment schien er mir verbittert, dunkel, voller Schmerz, und diesen Schmerz hatte ich ihm wohl mit meinen Gefühlen ebenso angetan wie er ihn mir angetan hatte, wie wir beide noch immer an der alten Wunde rührten, ohne Hoffnung auf Heilung. Oder war er jetzt an einem Punkt angekommen, an dem er mit dem Schicksal wirklich zu hadern begann?
    "Vielleicht ist es die Herausforderung, die uns nach dem Unerreichbaren streben lässt. Aber was wäre die Welt ohne dieses so oft sinnlose Streben? Hätte Prometheus nicht nach dem Feuer gegriffen, was wären wir heute? Hätten die Menschen nicht immer weiter geforscht und gesucht, hätten wir heute Bauwerke wie das Colosseum? Gäbe es die ägyptischen Pyramiden ohne die Sehnsucht nach dem Unerreichbaren? Ein gewisses Maß an Sehnsucht scheint mir nicht verkehrt, egal, wie schwer man bisweilen daran trägt." Ich erinnerte mich an den Felsen noch sehr genau. Auch wenn ich mir gewünscht hätte, ich hätte es vergessen können durch das Fieber, gerade jenes Bild hatte sich unauslöschlich eingebrannt.


    "Und ich denke auch, es gereicht uns beiden nicht zur Ehre, um Antonias Wohl zu schachern, Gracchus - wieviel Reiz auch dabei liegen mag, in die ein oder andere Richtung zu denken, oder Dinge anzudenken, die sich nicht schicklich manifestieren können. Ich empfinde Deine Gegenwart als angenehm, Antonia," damit wandte ich mich mit einem Lächeln an sie, auch wenn es mir wahrlich schwerfiel, dabei gelöst und offen zu wirken, als gäbe es die tieferen, schmerzhafteren Schwingungen in diesem Gespräch nicht, "... und wenn es bedeutet, dass ich diese Gesellschaft überhaupt genießen darf, die meines werten Vetters und seiner reizenden Gemahlin, dann will ich an dem, was ist, gewiss nicht rütteln. Vielleicht ist gerade diese Konstellation nicht immer leicht zu ertragen, aber welche Ehe ist das schon? Welcher ehelose Mann beneidet nicht oft genug einen Verheirateten um die Gesellschaft seiner Frau? Vielleicht mag Euch der wolkige Zuckerguss fehlen, den sich so viele heutzutage leisten, aber ich denke, aus Liebe wird schnell Hass, wenn sie verfliegt, und ein solides Zusammenleben fußt auf anderen Grundlagen." Ich leerte meinen Becher und gab ihm irgendeinem vorbeilaufenden Sklaven zum Auffüllen. "Liebe lässt einen ja doch stets nur leiden."

    "Findest Du, dass es so viel komplizierter wird? Ich kann mir kaum vorstellen, dass Antonia Dir so oft bei Deinen Interessen im Wege steht, mein Ge ... guter Freund." Uff, gerade noch einmal die Kurve bekommen. Es gab Dinge, die ich einfach derzeitig nicht aussprechen wollte, die es nur schwerer machten, als es ohnehin war, und ihn so zu nennen, wie es mein Herz gern tun wollte, war eines dieser Dinge.
    "Ich stelle es mir gar nicht so schrecklich vor, bestimmte Sorgen und Nöte mit jemandem teilen zu können. Zu wissen, dass einen abends jemand erwartet, wenn man spät zurückkehrt, weil man den ganzen Tag seiner Pflicht nachgekommen ist. Du wirst lachen, ich habe mir extra dafür eine Sklavin gekauft, eine Keltin, wenn ich mich nicht irre, und ich habe sie bisher nicht einmal angerührt ... solange sie mir nachts das Bett wärmt und dieses Gefühl der vollkommenen Stille nicht zurückkehrt, wenn ich nachts aufwache."
    Das wusste ausser ihm niemand, und wem hätte ich diesen Gedanken auch anvertrauen können? Nur Manius selbst, nur ihm, und niemandem sonst wollte ich diese Schwäche gestehen, die mich wahrscheinlich vor anderen lächerlich machen würde. Bridhe war weder ein Spielzeug noch eine Geliebte für mich, sie war einfach nur da, wärmte mein Bett, und so sollte es bleiben. Verstehen würde er es wahrscheinlich nicht, aber ich hatte auch nicht um Verständnis gebettelt. Nur gehofft, er könnte den Gedanken nachvollziehen.


    "Vielleicht bist Du glücklicher aufgewachsen, Manius, ich habe mich schon als Kind danach gesehnt, dem gegenseitigen Wüten meiner Eltern irgendwie zu entkommen. Als mein Vater entschied, mich nach Achaia zu senden, damit ich rhetorisch ausgebildet würde, war es die reinste Erlösung aus dem dauernden Streit, den gegenseitigen Intrigen, mit denen sie sich unserer Liebe und Zuneigung zu versichern suchten. Vielleicht ist auch deswegen aus meinen Geschwistern wenig mehr als nichts geworden. So etwas zerbricht einen Menschen irgendwann." Langsam führte ich meinen Weinbecher zu den Lippen, nahm einen Schluck daraus und atmete tief ein. "Nichts wäre mir lieber, als unser beider Lenden Spross gemeinsam erziehen zu lassen, Manius, und ich bin mir sicher, Du wüsstest ihm eine Richtung zu geben, wenn ich es nicht mehr kann. Er soll alle Möglichkeiten erhalten, denn seine Mutter ist eine kluge Frau, sodass die Hoffnung besteht, dass er irgendwann einmal mehr sein wird als ein Fischer. Wenn er jemals Politiker werden will, soll er die Möglichkeit dazu erhalten, und wenn er Fischer bleiben will, dann auch das. Er soll die freie Wahl haben, die wir niemals hatten, Manius ... und selbst wenn dies wahrscheinlich ein Hirngespinst ist, dann träume ich es jetzt gerade gern. Ich weiss noch nicht einmal, wie ich ihn nennen soll."


    Ich wandte ihm wieder den Blick zu, als seine Worte die goldenen Tage unserer Jugend wiedererstehen ließen, die Stunden, in denen wir uns einfach nur selig hatten treiben lassen, ohne Sorgen, die Gedanken auf die nächste Diskussion, die nächste Erkenntnis gerichtet und nichts sonst außer auf unsere gegenseitige Gesellschaft .. ich musste hart schlucken, als ich mit einem Mal einen wehmütigen, bitteren Kloß im Hals hatte, und trank ihn mit mehr Wein herunter. "Wer weiss das schon, wann diese Welt ihre endgültigen Grenzen erreicht hat? Ich hoffe doch, wir haben sie bald, denn zu fern sind unsere Soldaten der Heimat. Hat nicht Augustus dem Tiberius befohlen, die Grenzen des Reiches nicht mehr auszuweiten? Ich fürchte, eines Tages werden wir an allen Grenzen Krieg führen müssen, sobald irgendwo ein Punkt der Schwäche entsteht, werden die alten Feinde wiederkehren. Manchmal wünsche ich, wir wären noch immer in den Zeiten der Republik, all dies stünde uns noch bevor, und wir könnten diese glänzenden Tage miterleben, die wir nur aus Erzählungen kennen und ihnen nachtrauern müssen. Vielleicht wird dies Welt größer, weil die wenigsten noch verweilen können, genießen können, was sie haben, was ihnen geschenkt wird. Ein unseliger Hunger, der uns immer weiter treibt, von einer Eroberung zur nächsten, und doch bekommen wir niemals, was wir uns eigentlich wünschen - Frieden."

    Ich nahm einen weiteren Schluck meines Weins und ließ ihn auf der Zunge rollen, um zu ermitteln, woher der Senator wohl seinen Wein bezog. Zumindest dieser war ein guter, vollmundiger Tropfen, nicht zu süß, dass er einem die Sinne nicht zu schwer machte - aber ich würde ihn beizeiten überzeugen müssen, seinen Wein von meinem Weingut zu beziehen. Ganz uneigennützig natürlich, als Produzent fand ich meinen Wein einfach Klassen besser. Aber mein neuer Patron - es hörte sich irgendwie gut an! - brachte das Gespräch von sich aus auf ein Thema, das mich das Gesicht verziehen ließ.


    "Die Suche nach einem geeigneten Architekten ist wirklich eine ausgesprochen leidige Angelegenheit, und soweit ich weiss, noch immer nicht abgeschlossen. Alles, was ich gehört habe, war die Resonanz auf die Ausschreibung nicht unbedingt überwältigend, genau wie vor etwa einem Jahr, als ich mich im Auftrag des septemvir Valerius Victor um diese Sache kümmern sollte - es kann doch eigentlich kaum sein, dass es in deiser Stadt, in der dauernd neue insulae und Prachtbauten errichtet werden, niemand Manns genug ist, sich an die Renovierung eines Tempels eines der wichtigsten Götter zu wagen? Senator Germanicus Avarus soll sich gemeldet haben, aber angesichts seiner Hochzeit dürfte er wohl eher weniger Zeit gefunden haben, sich dahinter zu setzen - und von anderen weiß ich nicht." Die Stirn gerunzelt, ließ ich keinen Zweifel daran, dass mich dieses Thema ärgerte, und nicht wenig ärgerte. Irgendwann würde uns wohl noch die Decke auf die Köpfe fallen, wenn es so weiterging.

    Der Abend neigte sich bereits, einen Tag vor dem Ende der Bewerbungsfrist, aber erst jetzt hatte ich alle Vorbereitungen zweckgemäß abgeschlossen, keine weiteren Verpflichtungen am Hals und konnte mich an den zweiten, großen Schritt machen, von dem schätzungsweise doch einiges meiner Zukunft abhängen würde. Es war eine Probe aufs Exempel, ein Blick in eine Welt, die vielleicht die meine werden konnte - aber vielleicht auch nicht. Ob wohl alle angehenden Kandidaten so nervös waren wie ich mich gerade fühlte? Jedes laute Geräusch außerhalb meiner Sänfte ließ mich zusammenzucken, wenigstens hatten die Sklaven außen keine Möglichkeit, nach innen zu blicken, die Vorhänge waren nicht durchsichtig genug. Wenigstens hatte dieses peinliche Zittern der rechten Hand aufgehört, ein sicheres Zeichen dafür, dass ich mich langsam aber sicher beruhigte. Mein erstes öffentliches Opfer war deswegen fast ins Wasser gefallen, und seitdem war ich durch die harte Priesterschule des Lebens gegangen, die von mir Konzentration und Selbstbeherrschung verlangt hatte.


    Wenigstens zu einem gewissen Teil war ich die Nervosität losgeworden, leider nicht vollständig. Als die Sänfte, in der ich bequem lag, vor dem Haus des amtierenden Consuls angekommen war, trat einer der begleitenden Sklaven zur porta des Hauses und klopfte dort, bis der ianitor erschien, und meldete ihm folgendes:
    "Mein Herr, Caius Flavius Aquilius, wünscht den Consul Seppius Septimus wegen seiner Kandidatur zum cursus honorum zu sprechen."

    Ich ließ mir einen Becher Wein von jenem Sklaven überreichen, der auch den Hausherrn bedient hatte, und hob ihn meinem neuen Patron entgegen. In diesem Augenblick war mir eine Last vom Herzen gefallen, und auch wenn man dies hier kaum hören konnte, mir schien es, als seien die Alpen irgendwo eingestürzt. Nach so vielen Jahren war es der erste wirkliche Schritt voran, und er hatte geklappt. Vielleicht würde es mir auch gelingen, den schlechten Ruf endgültig zu tilgen, den die Ungenannte mit ihrer Bagage auf uns geladen hatte. "Auf ein gutes Verhältnis zwischen Client und Patron," erwiederte ich mit einem breiten, fast jungenhaft sorglosen Lächeln, das mir aus tiefster Seele kam, ich war wirklich erleichtert, und die gute Laune, die sich in den letzten Tagen zwischen so vielen Dingen, die zu erledigen gewesen waren, etwas versteckt hatte, kehrte ungehindert und in voller Pracht zurück.


    "Und selbst wenn es keinen Anlass für eine Feier geben sollte, ich finde bestimmt einen," fügte ich dann schmunzelnd an. "Die gute Gelegenheit, ein Gespräch mit meinem Patron über die derzeitige Politik, den Krieg und alle anderen interessanten Dinge führen zu können, werde ich mir sicher nicht entgehen lassen. Da ist Felix' Wein nur eine angenehme Dreingabe." Zudem konnte ich ihm dann gleich zeigen, dass er keineswegs einen armen Klienten gewonnen hatte, jemanden, der in der Rangfolge der Patrizier allzu weit unten gewesen wäre - die villa eignete sich wirklich hervorragend zur Repräsentation. "Gibt es denn noch Dinge, die Du wissen möchtest, senator?"

    Erst langsam wollte die Welt zu mir zurückkehren, und ich drängte sie nicht danach. Irgendwo in einiger Entfernung sang ein Nachtvogel, den ich nicht kannte, und dessen Melodie mir jetzt, im Nachhall der etwas schwächer werdenden Empfindungen, seltsam fremdartig vorkam. Als der Schweiß in die Wunden rann, welche Callista mir geschlagen hatte, kleine, gerissene Spuren ihrer Leidenschaft, von den Nägeln geformt, erschauderte ich kurz, denn es brannte, aber dieser vage Schmerz blieb ebenso dumpf wie meine Wahrnehmung der restlichen Welt. Langsam nur wollte sich mein Herzschlag beruhigen, und mein Arm hielt sie nun nicht mehr umklammert, wohl aber sanft - als sie mir entglitten und an meine Seite gerutscht war, hatte ich unwillkürlich gelächelt. Sie schien nicht zu jenen Frauen zu gehören, die genossen und dann nach erfolgter Zweisamkeit sogleich wieder entschwanden, und auch das vermochte mir das eben stattgehabte Erlebnis zu versüßen.


    Ihre Küsse, die auf meinen Lippen endeten, fühlten sich numnehr an wie das Streicheln einer weichen Feder auf meiner Haut, und zärtlich nun erwiederte ich die Berührung ihrer Lippen, dann ihrer Zunge, ohne Hast, ohne zu großen Eifer, aber dennoch voller Genuss des Augenblicks. Sie war so leicht, als sie in meinem Arm lag, und einen Moment lang fragte ich mich, ob ich nicht doch zu grob gewesen war zu ihr während unserer Vereinigung, aber sie lächelte, sie schmiegte sich an mich, und dann, ein Lob. Es ließ mich ungleich mehr lächeln.


    "Meine Venus," flüsterte ich, abermals ihre Lippen suchend, um sie noch einmal zu kosten. "Du hast mir das Leben zurückgebracht in dieser Nacht, und dafür danke ich Dir. Ich sollte nachts öfter durch Rom wandern, wenn man dafür so unglaublich beschenkt wird." Sacht fuhr ich mit einer Hand über ihr Haar, strich die zerzausten Strähnen beiseite, ihren Kopf entlang und streichelte schließlich ihre Schulter, während mein anderer Arm sie hielt. So schnell wollte ich sie noch nicht loslassen, die wohlige Mattigkeit auskosten bis zum letzten Tropfen, die danach so gerne durch die Glieder strömte. Es hätte niemals enden sollen, dachte ich wehmütig, wohl wissend, dass die Endlichkeit dieses besonderen Vergnügens auch seinen Reiz ausmachte. Selbst das Liebesspiel der Götter endete, und begann dann von neuem.


    "Extraordiär," drehte ich das Wort sinnierend auf der Zunge. Ja, so war es wohl. Etwas ganz besonderes, ein Genuss, den ich weder erwartet noch erhofft, und doch erhalten hatte, wie wohl auch sie. Oder schmeichelte sie einem jeden Bettgefährten, wenn es vorüber war? Der alte Argwohn kehrte mit der Deutlichkeit meiner Sinne auch wieder zurück. Aber so, wie sie geseufzt hatte, wie sie genossen hatte, musste es die Wahrheit sein. Keine Frau konnte solche Laute spielen, so tief im Inneren lustvoll zittern, mit jedem Muskel. Zumindest hatte ich bisher noch keine kennengelernt.


    "Callista," sagte ich nur, als Antwort auf ihre Bitte. Es war mein persönlichster Name, und nur wenige Menschen benutzten ihn wirklich. Er tat es. Alle anderen waren tot oder vergangen, oder sie hatten damit aufgehört. Aus ihrem Mund klang mein praenomen eigenartig, fremdartig, als gehöre es nicht zu mir, und doch, mich blickte sie bittend an, meine Lippen waren es, welche die ihren berührten.
    "Vielleicht war es ein Wunsch der Götter, uns so zu sehen, Callista," mutmaßte ich, sie etwas an mich ziehend. "Aber was immer der Grund war, ich werde es nicht vergessen, nicht heute, nicht morgen, nicht in vielen Jahren. Neros Ruhestätte wird von nun an wohl mit der Erinnerung an Dich begleitet sein." Durfte ich mir die Blöße geben, und nach einem weiteren Treffen fragen? Sie schien mir nicht die Frau zu sein, die sich in irgendeiner Form, und sei es nur für gemeinsame Leidenschaft, binden lassen wollte. Wahrscheinlich würde sie noch vermuten, ich wollte ihr, wie es zu viele taten, eine Kette anlegen. Aber dieser bunte, schillernde Vogel der Nacht mit seiner rauhen, glutvollen Melodie verdiente es, fliegen zu dürfen. Welcher Mensch würde jemanden wie sie schon dauerhaft für sich gewinnen können? Sie schien mir ebenso extraordinär wie diese Nacht es war.


    So schwieg ich und behielt meine Gedanken für mich, während meine Finger ihrem Körper die Dinge sagten, die mein Mund nicht formulieren wollte. Seit langem hatte mich das Liebesspiel nicht mehr so gefangen gehalten, selbst jene Nacht, in der ich meinen ersten Sohn gezeugt hatte, verblasste davor. Damals war ich auch ein anderer gewesen, aber wohl auch keinen Tag weiser oder reifer. Hätte sie bei dem einfachen Fischer gelegen? Wahrscheinlich nicht. Und wenn, dann nur für eine Nacht.


    "Du hast auch meine Nacht gerettet. Und einige Tage." Die Bitterkeit kehrte zurück, und sie schmeckte genauso gallig wie schon an jedem Tag davor, aber so war es eben. Niemand hatte behauptet, es sei leicht, etwas Verbotenes zu tun, und niemand hatte mich gezwungen, bei diesem Gefühl zu bleiben. Es war eben so, und ich hatte mich für einen Weg entschieden, den ich weiter gehen musste. Leicht hob ich den Kopf an, um ihren Lippen zu begegnen. "Hast Du Durst? Der Brunnen ist ja gleich nebenan. Was hältst Du von einem erfrischenden Bad ...?" Meine Augen mussten im Mondlicht funkeln, und der Gedanke, mit ihr den Schweiß unserer Lust im Brunnen sitzend abzuwaschen, hatte etwas sehr amüsantes an sich. Kindlich, verspielt, als gäbe es keine einzige der Sorgen, die bereits dabei waren, zu mir zurück zu fluten.

    "Ach Manius," seufzte ich leise. Solche Dinge aus seinem Mund zu hören, ließ mich immer wieder glauben, er spreche von einem anderen Mann, jemandem, der vielleicht wie ich aussah, aber um so vieles besser war, als ich es jemals sein würde. Manchmal schien mir seine Sicht auf mich reichlich umwölkt, aber letztendlich ging es mir mit ihm wohl nicht viel anders. Wir sahen beide zu leicht nur das Gute des anderen, und verleugneten die wohl eher unangenehmen Details unserer Charaktere - und die gab es, denn das flavische Blut ließ niemanden davon unberührt.
    "Nun, wenn Serenus das möchte, werde ich das natürlich tun, ich denke, es tut dem Jungen auch einmal gut, wenn er ein bisschen was anderes sieht als nur patrizische Villen und patrizische Umgebung. Er hat zu lange in einem goldenen Käfig gelebt, es wird Zeit, dass er erfährt, dass die Welt keineswegs sein Untertan ist, ohne dass er sich dafür wird anstrengen müssen." Aristides' Entscheidung, seinen Sohn bei dessen Großmutter aufwachsen zu lassen, empfand ich immernoch als den falschen Weg, aber zu ändern war es auch nicht mehr.


    Die Lobeshymne auf Vinicius Hungaricus ließ mich, in Verbindung mit der allbekannten Geste meines Vetters ein wenig schmunzeln. Was auch immer er sich für Gedanken machte, die seinen zukünftigen Patron betrafen, ich zweifelte nicht daran, dass auch einige darunter waren, die er Hungaricus niemals gegenüber aussprechen würde, weil sie zu einem handfesten Skandal auswachsen konnten. Ja, ein gutaussehender Mann war Hungaricus durchaus, aber ... er war nicht ganz der, den ich in meine geheimen Sehnsüchte aufgenommen hätte. Vielleicht, weil seine Vorlieben den meinen in gewissen Punkten zu ähnlich waren. Beute, die sich von einem selbst unterschied, war so viel amüsanter zu jagen.
    "Solange er seine toga anlässt, stimme ich Dir zu, über alles andere will ich mir einstweilen keine Gedanken machen, sonst könnte ich ihm keinesfalls mehr in irgendeiner Form ernst gegenüber treten. Was die Ehe und das nebeneheliche Vergnügen angeht - ich kann mir kaum vorstellen, dass sich ein Mensch durch eine Hochzeit grundlegend ändert, in sofern dürfte er sich sicherlich den ein oder anderen Leckerbissen abseits der stets gedeckten ehelichen Tafel genehmigen. Solange seine Gattin ihn nicht kauen sieht ..."


    Ich hob schmunzelnd die Schultern und überlegte kurz, ob mir diese Form des Versteckspiels auch bevorstehen würde. Wahrscheinlich schon. Wer konnte schon von einer Frau, die wegen politischer Überlegungen geheiratet wurde, erwarten, dass eine brennende Liebe entstünde? Und mein Herz war vergeben, schon seit vielen Jahren. "Manius ... ich muss Dich um etwas bitten. Wenn wir schon beim Thema Bastarde sind ... sollte mir irgend etwas zustoßen, bitte sorge für meinen Sohn. Ich werde ihm etwas hinterlassen, aber ... es ist besser, wenn ein kluges Auge sicher über sein Fortkommen wacht. Er soll es gut haben im Leben." Noch immer hatte ich nicht ganz realisiert, dass ich Vater war. Der Gedanke fühlte sich auch immernoch sehr fremdartig an. Aber es war eine unbestreitbare Tatsache, ich hatte einen Sohn, einen gesunden, kleinen Erdenbürger, der mein blondes Haar ebenso hatte wie die grünen Augen seiner Mutter.

    "Natürlich," sagte ich recht knapp auf die Ansage hin, dass er meine Vettern nach mir fragen würde. Letztlich würde weder von Furianus noch von Gracchus ein allzu überraschendes Echo kommen. Gracchus würde wohl für mich sprechen, und Furianus ... nun, schätzungsweise kein Loblied singen, so stand es eben innerhalb unserer Familie. "Etwas anderes hätte ich auch nicht erwartet, Du wirst Dich rückversichern wollen, bevor Du Deine Zeit über Gebühr jemandem widmest, den Du noch nicht besonders gut kennst." Ich hätte es wohl ebenso gehalten, letztendlich hatte ich früher schon Informationen über andere eingeholt und jetzt, wenn Straton angekommen war, würde ich mir dessen Findigkeit erneut zunutze machen.


    "Was das andere angeht, damit bin ich einverstanden. Solche Dinge sind eigentlich für einen Patron und seinen Klienten selbstverständlich," und wieder eine Übereinstimmung, denn mit den geerbten einfachen Handwerkern und sonstigen Tageträumern, die meine Klienten waren, verfuhr ich nicht anders. Auch wenn das häufig in Gesprächen über die Anschaffung neuer Werkzeuge, Hochzeitsratschläge und allgemeines Geschwätz, das ich mir anhören musste, mündete. Der Gedanke, ein einfacher Handwerker könnte Purgitius Macers Rat für die Erweiterung seiner Werkstatt einholen, hatte hingegen irgendwie etwas amüsantes für sich - auch wenn ich das Gefühl hatte, er würde sich auch in dieser Sache gut schlagen.
    "Du wirst in der villa Flavia stets willkommen sein, egal zu welchem Anlass - und sei es nur, den Weinkeller meines Vetters ein bisschen zu dezimieren." Dieser Vorteil war ein gewaltiger, denn Felix hatte da doch einige Schätze angesammelt, die man nicht schlecht werden lassen durfte. Das war zumindest die Entschuldigung, die Gracchus und ich immer vorbrachten, wenn wir uns die nächste Amphore klauten.

    "Was willst Du mir geben?" Ich kniff die Augen zusammen und fixierte sie damit noch ziemlich schlaftrunken. Es klang wie irgendein sehr fremdländisches ericht. Oder eine Umschreibung irgendeiner hmm .. nein, in die Richtung wollte ich gar nicht erst denken, es würde dafür ohnehin keine Zeit bleiben. "Ich muss aufstehen, Bridhe, sei so gut und ruf mir den tonsor, damit ich zur salutatio auch nach was aussehe. Und vergiss nicht, Severus sein Schreibzeug zu geben, bevor ihr aus dem Haus geht für den Einkauf," sagte ich und schob die Decke langsam und sehr widerstrebend den Körper entlang herab, die morgendliche Reaktion meines Körpers, die nun einmal über Nacht zumeist auftrat, nicht einmal mit besonderer Aufmerksamkeit betrachtend.


    Gähnend tappte ich das cubiculum entlang, fuhr mir mit der Hand durch das zerstrubbelte Haar und warf einen Blick in den an der einen Wand aufgestellten Bronzespiegel. Der Kerl, der mir da entgegen blickte, brauchte eindeutig eine Rasur. Ich fuhr mir mit der Hand die Bartstoppeln entlang und gähnte abermals. Früh aufstehen war mir immer verhasst gewesen, und das würde es bleiben, aber so war es nunmal Sitte. Ich legte mir das Lendentuch um, das sie am Abend vorher für mich frisch gewaschen herausgelegt hatte, schlüpfte dann in die weiße tunica für diesen Tag und entzündete eine der Öllampen, die den Raum in ein flackerndes Licht tauchte. Dann nahm ich auf dem Stuhl Platz, der neben einem Tischchen stand, und dem tonsor seine Arbeit enorm erleichtern würde, überragte ich den kleinwüchsigen Thraker mit den geschickten Händen doch um einiges. Wie gerne wäre ich doch jetzt liegengeblieben ...