Gleich zwei Frauen waren mir nun als discipula bestimmt worden - wenn mich nicht alles täuschte, hatte ich diesen 'Glücksfall' Valerius Victor zu verdanken, der sehr wohl wusste, dass mir praktische Arbeit mehr lag als das dauernde Opfern alleine - und so hatte ich mich an jenem Tag, an dem ich auch die zweite Frau kennenlernen würde, recht früh auf den Weg zum Tempel gemacht, manierlich in blütenweißer toga hergerichtet, das Haar ordentlich frisiert und die Wangen frisch rasiert, um einen entsprechenden Eindruck zu hinterlassen - man diente den Göttern nicht mit dem Aussehen eines absoluten Schlampers. Den Namen der jungen Dame hatte man mir zwar nicht mitgeteilt, aber es würde im Tempel sicherlich nicht allzu viele herumstehende junge Frauen geben, die auf einen Priester warteten, bei einem jungen Mann wäre die Sache gleich etwas komplizierter geworden.
Wie es in Rom gerne einmal vorkam, hatte mich eine Menge aufgehalten, die eifrig die Rede irgendeines Politikers diskutierte, der heute auf dem forum seine Meinung zum Besten gegeben hatte - und so hatte ich mehr Verspätung, als mir recht sein konnte, musste mich den Rest des Weges mehr beeilen als sonst.
Dass mich dann nicht nur eine junge Frau erwarten würde, sondern es gleich zwei waren, hatte ich nicht gedacht, aber es war ganz praktisch, den Unterricht für Octavia Severa hatte ich ein bisschen später gelegt, aber so mussten wir nicht warten. Den letzten Satz der mir erstaunlicherweise von Aristides' Feier noch her bekannten jungen Frau hatte ich gerade noch mitbekommen und musste insgeheim schmunzeln. Venus also, anscheinend hatte der Kult der schönen Göttin noch immer viele Anhängerinnen unter den besser gestellten Frauen Roms, nun, warum nicht. Die Grundlagen würde sie aber genauso lernen müssen wie jede andere discipula auch.
"Salve ... ich nehme doch an, dass auch Du wegen des Unterrichts da bist, Claudia Dolabella?" An ihren Namen erinnerte ich mich sehr gut, man traf schließlich nicht jeden Tag jemanden auf einer Feier, der inmitten von Verwandten komplett die Übersicht verloren hatte. Auch Octavia Severa nickte ich freundlich zu, während mein nicht still zu bekommender Hinterkopf mich ausführlich auf ihre schlichte Kleidung hinwies, die leider ihre Reize mehr betonte, als es jeglicher Zierrat hätte tun können.