Wie ich diese elenden Familientreffen hasste, die entweder mit Verlobungen, Heiraten oder Beerdigungen endeten. Man stand beieinander, beglückwünschte das strahlende Paar oder die zufriedenen und reicheren Erben, und im Grunde hatte fast jeder dabei den Hintergedanken, dass man zur gleichen Zeit besser an anderem Ort aufgehoben wäre. Nicht, dass ich Aristides und seiner reizenden Braut diese Feier nicht gegönnt hätte - aber ich fühlte mich dabei so deplaziert wie ein Stier im Hühnerstall. Ich würde es wohl so halten wie auf jeder dieser grässlichen Feiern, mir eine Gelegenheit suchen, einige Becher Wein zu leeren und den Rest des Tages mit einem angenehmen Rausch im Hinterkopf zu verbringen, der die Stunden schneller verstreichen ließ, von mir würde ohnehin niemand erwarten, dass ich mich mit Reden oder sonstigen Schauspielen besonders hervortat. Das Reden war etwas für Gracchus, dessen Frau noch nicht auf der Feier aufgetaucht war, das Schauspiel würde wohl Serenus überlassen sein, falls er heute auftauchen sollte, mitsamt seinem sabbernden Riesenvieh, das würde dieses gesellschaftliche Begängnis zumindest ein wenig amüsant machen.
Die saure Miene Arrecinas gefiel mir jedenfalls nicht, und so machte ich mich, nachdem ich einige der anwesenden Gäste mit einem freundlichen und nicht im geringsten meiner tatsächlichen Laune entsprechenden Nicken gegrüßt hatte, auf den Weg zu meiner Nichte, blieb neben ihr stehen und meinte leise: "Meine kleine Taube, schau nicht so biestig drein, auch wenn Dir die Feier nicht behagt, Dein Vater ist nicht mehr lange in Rom, und wer weiss, ob er aus dem Krieg zurückkehrt. Versuche wenigstens, ihm zuliebe ein wenig zu lächeln, und wenn Du das nicht möchtest, dann mir zuliebe, ja? Komm, hak Dich bei mir ein, und wir tun so, als würde uns die Sache hier Spaß machen, es wird Zeit, dass meine Lieblingsnichte ein bisschen gesellschaftlichen Anschluß in Rom bekommt." Und bevor sie Einspruch erheben konnte, ergriff ich sanft ihre Hand, legte sie auf meinen Unterarm und zog sie einfach mit, ihr Vater würde an diesem Tag anderes zu tun haben, als sich um seine traurige Tochter zu kümmern, und es sollte ihm gegönnt sein, noch einen strahlenden Tag zu erleben, bevor viele weniger schöne kommen würden. Da die meisten Gäste mit irgendwem im Gespräch waren, steuerte ich schließlich eine junge Frau an, die ich nicht kannte, die von den Gesichtszügen her aber ein gewisses claudisches Erbe aufzuweisen hatte, wohl eine Verwandte Epicharis'.
"Sei willkommen im Haus unserer Ahnen," sagte ich freundlich zu ihr, ohne zu wissen, dass meine Annahme stimmte und ich mit Claudia Dolabella sprach. "Dies ist meine Nichte Flavia Arrecina und ich bin Caius Flavius Aquilius, vielleicht möchtest Du die Anwesenden alle kennenlernen? Wir sind Dir gern behilflich." Damit gab ich auch Arrecina einen leichten Schubs, die beiden Frauen waren zumindest halbwegs im gleichen Alter, und vielleicht würde es ihnen ein wenig gemeinsamen Gesprächsstoff bescheren.