Beiträge von Caius Flavius Aquilius

    Ich hörte nicht, dass die Iuppiterstatue zu Boden fiel, ich hörte auch nicht, dass in der Villa einer der älteren Sklaven eine jüngere Sklavin auszankte, ich hörte weder das Zwitschern der Vögel vor dem Fenster noch das leise Scharren von Sciurus' Füßen im Nebenraum, wohin er von seinem Herrn geschickt worden war, um unser privates Gespräch nicht zu stören. Und selbst wenn die größte Ballista der Legionen neben uns abgefeuert worden wäre, ich hätte sie in diesem Augenblick ebensowenig gehört wie die Mauern von Jericho, welche vom Trompetenklang der anrückenden Feinde zusammengestürzt waren.


    Das einzige, was meine Welt noch beinhaltete, war Manius, und er allein, sein Atmen, die Hitze seiner Haut, die tastenden Lippen, welche die meinen endlich, endlich fanden, das Gefühl seiner in meinem Haar umher wühlenden Finger, all das begrenzte meine Aufmerksamkeit allein auf ihn. Ich nahm seinen Geruch war, so altvertraut und doch neu auf eine seltsame Weise, gemischt mit seinen Erfahrungen hier in Roma, gemischt mit der Zeit, in der wir uns nicht gesehen, einander nicht nahe gewesen waren, und mir wurde eines der größten Geschenke gegeben, die man als Liebender wohl erlangen durfte: Ich durfte den, den ich liebte, auf wunderbare Weise neu entdecken und doch so vieles sehen und erleben, das mir alt vertraut war. Unsere Zungen vereinten sich nach so langer Zeit wieder, und ich fühlte mich und ihn zittern, nicht nur vor Begierde auf seinen schlanken, vollkommenen Leib, sondern auch von Unsicherheit, von Vorsicht, Behutsamkeit und dem Wunsch, den Geliebten nicht zu grob zu berühren.


    Als wir in Richtung seines Bettes sanken, ächzte dieses leise unter der Last unserer beider aneinander gepressten Körper, und auch dies nahm ich kaum wahr, lauschte ich doch auf Manius' schneller gewordenen Atem, auf das leise Seufzen, welches mich und ihn vereinte, halb schob ich mich über ihn und ließ meine Finger über sein Gesicht gleiten, barg das Gesicht meines Geliebten in meiner Hand und betrachtete ihn lange, ohne etwas zu tun. Nur einmal noch, vor seiner Vermählung, dann wollte ich ertragen lernen, dass er nicht mir gehören konnte, nur ein einziges Mal noch den Geist der Vergangenheit beschwören und aufhören, ich selbst zu sein, hingegeben ihm und mir, und eins zu werden, ohne mich vollkommen zu verlieren ... "Omnia vincit amor," wisperten meine Lippen an seiner Wange, und in diesem Moment fühlte ich mich so stark, als könnten wir wahrlich gemeinsam die Welt besiegen.

    Wir betrachteten uns schweigend, und ich konnte förmlich hören, dass sich im Hinterkopf meiner Neuerwerbung die Gedanken nur so tummeln mussten. Wahrscheinlich würde es nie einen Weg geben, auf dem seine Art, die Welt zu betrachten, und die meinige nicht im vollen Lauf kollidieren mussten, aber das würde die Zeit wohl zeigen. Letztendlich war mir ein Sklave, der sich seine eigene Persönlichkeit bewahrte, deutlich lieber als einer, dessen Sein nur noch von den Wünschen des Herren ausgefüllt wurde. Manchmal schien es mir zumindest bei Gracchus' Sciurus der Fall zu sein, dass er sein eigenes Wünschen und Hoffen vollkommen hinter dem seines Herrn zurückstellte. Vielleicht aber sah ich auch nur Geister dort, wo sie nicht vorhanden waren, dieses ewig währende Misstrauen würde ich kaum jemals verlernen können, war ich damit doch aufgewachsen wie die meisten Patrizierkinder. Vertraue niemandem, und vor allem, vertraue nie darauf, dass die Dinge so geschehen, wie Du sie möchtest.


    Der Körper Rutgers hatte wieder an Kraft gewonnen, die Entbehrungen der Reise nach Roma waren längst nicht mehr so offensichtlich wie noch vor einigen Tagen, und ich war fast froh darum, dass er zumindest keine allzu sichtbaren Schäden davontragen würde. Dieser Idiot von einem Sklavenhändler hatte erhalten, was er verdiente, und ich machte mir um diesen Toten und seinen widerwärtigen Gehilfen nicht wirklich Gedanken. Es war gut gewesen, diesen Kerl von der Welt zu tilgen und ich bereute es nicht, meinen Teil dazu beigetragen zu haben.


    Mein Blick glitt in den Himmel, auf dem einige Wolken begonnen hatten, mit ihrem Spiel den Mond und die Sterne zu verdecken, morgen würde es vielleicht nicht mehr so warm sein wie es heute noch gewesen war ... ich fühlte mich einige Momente lang wie gefangen in der Tatsache, diesen Mann niemals wirklich als den kennenlernen zu können, der er war, aber so hatten es die Parzen für uns bestimmt, so würde es immer sein.
    "Geh schlafen, Rutger, Du musst zu Kräften kommen," sagte ich brüsk, nickte ihm zu und wandte mich von ihm ab, um meine Gedanken und die aufkommende Melancholie mit in die Villa zu nehmen, auch dieses Gefühl vor ihm sorgsam verbergend, denn Gefühle machten einen Mann schwach und verletzlich.

    "Ich denke, wir können uns darob schnell einig werden, ich kenne das Ritual und kann Dir und Deiner Familie dabei unter die Arme greifen, alles andere liegt allerdings bei euch - alles sollte angemessen organisiert werden, die pompa funebris ebenso wie die laudatio. Wurde er bisher aufgebahrt und betrauert? Wenn ich mich nicht irre, ist der Tod doch schon einige Tage her, oder etwa nicht?"
    Nicht, dass mich der Anblick eines halbverwesten Toten allzu sehr geschreckt hätte, aber allein der Gedanke daran ließ im Moment meinen Magen deutlicher rumoren, als es mir recht war. Es war zuviel Wein gewesen und der Gedanke an stinkende Leichen, dessen olfaktorische Begleitumstände ich mir nur zu genau ausmalen konnte, kollidierte mit der Tatsache, dass ich heute noch gar nichts gegessen hatte. Am liebsten hätte ich den Sergier gleich rausgeworfen und mich hingebungsvoll in Richtung des Gartens übergeben.

    Sie schien mich nicht vergessen zu haben, ihre Worte bewiesen es. Aber ich wusste nicht, ob mir das nun schmeicheln sollte oder ob es mich lieber mit einer gewissen Vorsicht erfüllen sollte, denn letztendlich schien ihr Bild meiner Selbst nicht ganz so positiv zu sein wie es hätte sein können - für einen trockenen Realisten hatte ich mich wirklich nie gehalten, aber wer wusste schon, auf was sie bei einem Mann achtete? Medea war eine kluge Frau, klüger als die meisten, die er bisher kennengelernt hatte, und eine Frau mit Verstand mochte einen Mann anders einschätzen als jene, die einfach nur einen geeigneten Gemahl suchten, der sie versorgte und dessen Geld sie ausgeben konnten.


    "Wenn man nicht Manns genug ist, die Dinge beim Namen zu nennen, sollte man schweigen," erwiederte ich und lächelte kurz, bevor ich mein Stück Flamingo zu kauen begann. Es schmeckte nicht schlecht, aber auch nicht überragend besser als Huhn, wie es bei den meisten kulinarischen Absonderlichkeiten nun einmal der Fall war. Die Namen waren hochtrabend, Hauptsache, es war schwer zu bekommen und eine besondere Delikatesse, aber zumeist schmeckten diese Besonderheiten nicht wirklich besser als das, was man alltäglich bekommen konnte, sondern nährte nur den Wunsch des Essenden nach Exclusivität und Luxus.
    "Was die Liebe wirklich ist, wer weiss das schon genau? Die Dichter singen es uns immerwährend vor, und letztendlich bleibt dann doch das Gefühl, dass es ihnen vorrangig darum geht, sich mit ihrer Liebsten höchst körperlich zu vereinigen, wobei sie es doch nur geistig dürfen. Ich denke, Liebe ist mehr als nur der Wunsch nach körperlicher Nähe, sollte auch den geistigen Teil einer Partnerschaft umfassen, der letztendlich die Seele erfreut, aber man lässt sich doch allzu leicht davon blenden, dass man sich im Allgemeinen schnell verliebt. Wirkliche Liebe muss erarbeitet und erkämpft werden."


    Wenn ich schon beim kämpfen war - der Mann, der fast auf Medea knallte, war mir nur allzu bekannt, es war dieser unbotmäßige Offizier, der im Marstempel geglaubt hatte, den großen Mann markieren zu müssen. Eher ungläubig denn wirklich verärgert folgte mein Blick den Geschehnissen, die sich verselbständigt hatten. Das Ereignis hätte auch gut zur Arena gepasst, denn einen gewissen Unterhaltungswert hatte dieser Kampf ja, aber als die Soldaten dann die Kline mit Medea entführten, begann das Amüsement für mich dann doch deutlich abzuflachen. Ich runzelte die Stirn, folgte dem Offizier mit meinem Blick und setzte mich auf, den Weinbecher beiseite stellend, aus dem ich eben noch einen Schluck genommen hatte, aber zu mehr kam ich nicht, schon flog das menschlich-matinische Wurfgeschoss auf mich zu und mir gelang es gerade noch halbwegs, meien Beine aus dem Weg zu bringen, da krachte er schon mit heftiger Wucht halb auf meine Kline, halb auf mich.


    Mit einem lauten Krachen sackte das Qualitätsmöbel in sich zusammen und wir kamen beide japsend halb auf dem Boden zu liegen, Plautius halb in meinem Arm, denn sein Körper hatte mich an Brust und Schulter gerammt.
    "Ich hätte nicht gedacht, dass es Dich so sehr nach meinen Armen verlangt, dass Du Dir einen Werfer dafür engagierst," brachte ich mit einem leisen Keuchen hervor, während der Schmerz von meiner Schulter in den Körper abzustrahlen begann.

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    Original von Claudia Prisca
    Suchend blickte ich mich um, aber vorerst entdeckte ich keinen Bekannten oder gar Verwandten. Allerdings bezweifelte ich, dass mich irgendjemand erkennen würde. Es gab bisher kaum Kontakt und selbst das war noch übertrieben ausgedrückt. Trotzdem begann ich suchend durch den Raum zu schlendern ...


    Ich war und blieb in Gedanken. Am liebsten wäre ich vor dieser Hochzeit irgendwo hin geflüchtet, wo niemand sonst wäre, die lärmenden Feliciter-Rufe gingen mir schon jetzt auf die Nerven, und ich liebäugelte mit dem Gedanken, mir einige Becher Wein bringen zu lassen und mich ganz unrespektabel zu betrinken, bis diese Zumutung an Fest endlich vorüber sein würde. Einige Tage zuvor noch war ich mir sicher gewesen, das irgendwie zu überstehen, heute zerrte die Unmöglichkeit, den Menschen nahe bei mir zu haben, den ich liebte, so sehr an meinen Nerven, dass meine Stimmung längst ins Bodenlose gesackt war - und ich durfte es mir nicht einmal anmerken lassen, damit der Ruf der Familie nicht litt. Hoffentlich würde Gracchus meinen Zettel lesen und mich dann ansprechen, bei all den Feierlichkeiten konnte man so etwas schnell übersehen.


    So schob ich mich in Richtung des Tricliniums voran, ich konnte den Anblick des Brautpaares nicht mehr ertragen, denn ich ahnte, dass beide keineswegs so glücklich waren, wie man es wohl auf den ersten Blick vermuten mochte. Irgendwie musste ich sehr in Gedanken gewesen sein, denn das nächste, was mir bewusst wurde, war, dass ich gegen irgend etwas stieß, das sich als junge Frau herausstellte, und dass ich mitten auf dem Weg mit ihr kollidiert war.
    "Entschuldige," sagte ich hastig zu ihr und überlegte, ob sie mir von irgendwoher bekannt vorkam, musste aber verneinen. Ob sie wohl zu den Claudiern gehörte, oder war sie eine meiner Verwandten? Aber eigentlich hatte ich meinen Stammbaum recht gut im Kopf, und sie wirkte nun wirklich in keinster Weise vertraut. "Ich war ein wenig in Gedanken, ich hoffe, Du hast Dir nichts getan?" In mein Schicksal ergeben schenkte ich ihr ein freundliches Lächeln, das meine innere Wundheit glücklicherweise verbarg.

    Ich zog kurz eine Braue hoch, um dann den Kopf zu schütteln. "Das ist alles, vorerst - sollte in der nächsten Acta also ein Artikel über einen Priester stehen, der einige Architekten in Rom an den Haaren in den Marstempel geschleppt hat, weisst Du, von wem die Rede ist." Das Wachstäfelchen mit der darauf notierten Summe greifend, erhob ich mich, glättete mit einer Hand die Tunika und nickte dem Septemvir zu. "Danke für Deine Zeit, Septemvir," sagte ich noch zu ihm, bevor ich mich zur Türe wandte und diese öffnete, um den Klopfer einzulassen. Mit dem Rücken zu Valerius Victor stehend, mochte diesem glücklicherweise mein mit einem Mal dümmlich und irgendwie einem Schaf gleichendes Lächeln entgehen, nicht aber dem Mann, der vor der Türe stand und Einlass begehrte.
    "Salve, Gracchus," sagte ich, mit einem Mal um jedes Wort verlegen.

    In der Dunkelheit meiner geschlossenen Augen waren meine übrigen Sinne aufmerksamer geworden, und auch wenn ich mich fühlte, als befände ich mich in einer warmen, wabernden Kugel weicher Düsternis, die bisweilen von den prickelnden, sich hell und brennend anführenden Berührungen Nefertiris durchbrochen wurde. Ich hörte ihren schneller gewordenen Atem mal näher, mal ferner, und meine über der Wasseroberfläche liegende Haut schien ihre Nähe so viel besser wahrnehmen zu können als ich es mit offenen Augen getan hätte, spürte ich doch nun die Hitze, die von ihrem Körper ausging und fühlte meinen eigenen Leib auf diese Nähe reagieren. Meinen Hals zog sich eine Gänsehaut entlang, als sie dort atmete, und am liebsten hätte ich sie gleich mit einer Hand gepackt und zu mir gezogen, aber ich wollte ihr kleines Spiel nicht durch meine Ungeduld unterbrechen, schien mir doch die Belohnung für meine Geduld, so schwer sie mir auch fallen mochte, eine deutlich süßere zu sein.


    Ihren Kuss erwiederte ich genüsslich, auch wenn sie mir ein bisschen anders zu schmecken schien als sonst, vielleicht hatte sie auch einfach nur etwas Süßes vorher gegessen, und diese Süße war ihr auf den Lippen geblieben. Einmal fasste ich mit den Lippen nach ihren, aber sie entzog sich mir schnell wieder, den Atem eilig ausstoßend, und dieser offensichtliche Beweis einer wachsenden Erregung ließ mich kurz zusammenzucken. Als sie mir mit ihrer Geste andeutete, ich solle meine Augen geschlossen halten, tat ich ihr gern diesen Gefallen, dieses Spiel begann mir zu gefallen, und wer wurde nicht gerne auf eine solche Weise verwöhnt? Dass sie sich entkleidete, nahm ich mit einem Schmunzeln zur Kenntnis, und erfreulicherweise kam sie sogleich zu mir ins Wasser, schmiegte sich an mich und begann erneut, mich zu streicheln. Ich räkelte mich genüsslich unter ihren Händen, die mir so kunstvoll die Erregung sichtbar anwachsen ließen, und stellte mir ihren Blick auf jenen Körperteil vor, an dem wir beide schon so manche Freude gehabt hatten, bewegte meine Finger ein wenig schneller bei diesem Gedanken.


    Halb im Dusel des heißen Wassers, der Öl-Gerüche und von der Nähe ihrer Berührungen, ihres Leibes und des Kusses berauscht, hinterließen ihre Worte bei mir nur ein kurzes, erstauntes Echo, denn so etwas sagte sie selten wirklich, aber wie um sie zu bestätigen, legte ich meinen freien Arm um ihren schlanken Körper, strich ihr über die Hüften und umfasste schließlich mit einer Hand ihren Po, wie ich es gerne tat, genoss ich doch das Gefühl, sie so zu halten und jederzeit die Bereiche ihres Körpers berühren zu können, die sie alsbald zum Seufzen bringen würden. Meine Lippen teilten sich genüsslich, entließen die Zunge, und ich eroberte mir gemächlich einen Raum in ihrem Mund, ihre Lippen auseinander drängend, denn dies war mein Reich, und ich betrat es gern immer wieder aufs Neue. Kraftvoll umspielte ich ihre Zunge, das Brennen in meinen Lenden dabei genießend, denn diese tiefen Küsse, die mich immer schwerer atmen ließen, suchten ihr Echo in ihrem Leib, und ich hoffte, sie immernoch so entzünden zu können wie es stets der Fall gewesen war.

    "Ich spotte nicht," sagte ich nach einer Weile des Schweigens mit einem müden Beiklang meiner Worte. "Sieh nicht in jedem meiner Worte einen Angriff oder Spott, wenn ich Dir zu vermitteln versuche, wie die Realität derzeit für Dich aussieht. Denn sonst verbringst Du die nächsten Wochen damit, Dich verspottet zu fühlen, wo kein Spott liegt, und aller Zorn ist sinnlos geboren." Ich blickte für einige Momente lang in den Himmel und betrachtete die fernen Punkte dort, die Sterne, zu denen ich mich manchmal so hingezogen fühlte, als seien sie der Hort meiner Sehnsucht. Langsam schob ich meine Waffe wieder in die schützende Lederscheide und klemmte mir das gladius so nun unter den rechten Arm. Dass ich mich so einem Angriff relativ schutzlos gegenüber stellte, war mir durchaus bewusst, aber auch dies gehörte zu meiner Absicht, ihm durch meine Haltung klar zu machen, dass ich ihn nicht anzugreifen wünschte.


    "Was ich mit lernen meinte, betrifft nicht alleine das Lesen, Rutger. Je füher Du Dich hier in Rom zurechtfindest, je früher Du merkst, worauf es hier ankommt, desto eher wird es Dir leichter fallen, hinter die Fassade der meisten Menschen zu blicken. Du weisst, wie man in Deinem eigenen Volk denkt und daraufhin handelt, aber hier ist vieles anders, wenn nicht alles. Kenne Deinen Feind, sagen die Soldaten, und letztendlich ist Dein Lernen hier nichts anderes," erklärte ich und machte eine leichte Geste durch den stillen Hof. "Glaubst Du wirklich, ich bin wild darauf, Dich zu strafen? Dich zu verletzen oder zu töten? Dann wäre ich wohl Soldat geworden. Oder Sklavenhändler. Ich denke, dass Du mehr werden kannst als ein Krieger, und ich hoffe, ich täusche mich nicht, auch wenn ich wahrscheinlich für Dich nie etwas anderes sein werde als ein Herr, den Du hasst." Ein kurzes, fast bitteres Lächeln umspielte meine Lippen, dann hoben sich meine Brauen an. "Wir werden morgen früh mit Stäben anstatt Waffen trainieren, und dann wirst Du mir mehr über den Kampf sagen können."

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    Original von Artoria MedeiaAn anderer Stelle lehnte sich Medeia wieder zurück. Sie sah dem jungen Germanen nur kurz hinter her und legte die spitze Haarnadel neben sich ab. Sie griff nach einem Weinbecher und trank ruhig, als ob gerade nichts passiert wäre, einen Schluck. Ihr nachdenklicher Blick ruhte auf Aquilius, ein mildes Lächeln umspielte ihre Lippen. „Steht es einer Griechin zu, über Rom zu urteilen? Vielleicht nicht. Doch teile ich Deine Meinung auch diesbezüglich nicht.“ Ihre Hand deutete über die Menschen hinweg, damit jedoch ganz Rom meinend. „Sicherlich ist die Stadt mit zwei Seiten einer strahlenden Münze ausgestattet. Doch was ist es sonst, was Rom zu dieser lebenden und pulsierenden Stadt mit all diesen wunderbaren Ideen macht? Sind es nicht die Menschen, die einer Stadt erst das verleiht, was sie darstellt? Gerade Athen ist doch ein gutes Beispiel dafür. Meine Landsleute sind seit römischer Herrschaft nur noch ein Schatten ihres früheren Seins. Die Ideen kommen nicht mehr von ihnen. Somit dümpelt meine Heimat auch nur noch in einem tristen Schattenleben vor sich hin. Was findet sich noch dort bis auf leere Bauten, eine verlassene Agora oder eine leere Pnyx? Traurige Denkmäler alter Zeiten. Traurig, weil keine Menschen sie mehr füllen!“ Sich nicht den Appetit von dem vorherigen Zwischenfall verderben lassend, griff sie wieder zu dem Flamingofleisch. „Aber was ist mit Dir, Aquilius. Was treibt Dich nach Rom, wenn Du diese Stadt doch so sehr verachtest?“


    Sie war noch immer so anmutig, ihre Bewegungen voller Grazie und Eleganz, als sei sie eine Priesterin unter Laien, und mit einer gewissen Wehmut erinnerte ich mich jener Festmähler, an denen sie die ungekrönte Königin des Abends gewesen war und so viele Männer um ihre Gunst wetteiferten, dass sie diese oftmals mit einer lässigen Geste hatte vertreiben müssen, lachend und scherzend dabei, um es sich mit keinem gänzlich zu verderben, aber auch, um ihren Standpunkt zu verdeutlichen. Wahrlich, unter den etären Athens hatte sie immer eine besondere Stellung eingenommen, viele waren klug, viele waren amüsant, viele waren schön, doch die wenigsten vereinten all diese Vorteile auf eine Person. Ihr rotes Haar hatte allein schon genug Blicke auf sich gezogen, und ihr Lächeln fesselte dann die restlichen Unglücklichen auch noch, die es geschafft hatten, dem Wippen ihrer Locken zu entgehen. War ich auch einer jener Narren gewesen, die ihr Herz an eine Frau gehängt hatten, die ihnen niemals gehören würde? Nein, denn mein Herz gehörte längst einem anderen Menschen, unveräußerbar, und doch hatte ich ihre Nähe und Gesellschaft stets genossen, ihren Worten gern gelauscht, auch die Nähe ihres Körpers gern gespielt.


    Vielleicht machte uns dies gleich, zwei Spieler, die mit den Körpern der Menschen nur zu gut umzugehen wussten, um zu erreichen, was wir wollten, vielleicht fühlte ich mich ihr deswegen so nahe, ich konnte es nicht sagen. Dennoch schlug mein Herz ein wenig schneller, als sie mich anblickte, scherzte, und gleich darauf nachdenklich wirkte. Vielleicht gab es dafür gar kein rechtes Wort ...


    "Rom ist eine schöne Fassade, Medea, und unter dem Glanz, dem pulsierenden Leben, dem Lachen, den Scherzen, all diesen Dingen, die einen lange Zeit blenden können, regiert doch nur ein einziges Ding: Die Gier nach Macht. Und weil es hier viel Macht gibt, sind die Menschen erfinderisch auf dem Weg zu ihr, greifen nach Titeln, Ämtern und Münzen, um sich ihr kleines Stück des Haferküchleins zu sichern und sich darauf auszuruhen, nur um am nächsten Tag dem nächsten Stück nachzujagen. Ist das der Weg, den wir für uns erstreben sollten, während irgendwo an den Grenzen des Reiches die Soldaten sterben? Die Menschen hier ergötzen sich an den Gladiatorenkämpfen, um den Kitzel der Gefahr zu spüren, den sie in ihren kurzlebigen Tagen nicht mehr entdecken können, weil alles wohlgeordnet ist. Hier muss niemand hungern, Nahrung gibt es überall für die Ärmsten selbst, und der Rest des Tages vergeht mit zuviel Wein und zuviel Zeit ... aber was spreche ich. Vielleicht ist mir das stillere Athen deswegen lieber, weil sich dort die Lügen hinter dem unschuldigen Lächeln der Provinz verbergen."


    Ich nahm einen Schluck aus meinem Weinbecher und betrachtete das Flamingofleisch kurz, bevor ich davon auch ein Stück nahm und kostete. "Was mich hierher führt? Nun, mein Dienst an Mars, als Priester wird man nun einmal nur hier in Rom ausgebildet."

    Die Gerüche der Umgebung veräderten sich, je tiefer die Sonne am Himmel versank, und meine Sinne richteten sich seltsamerweise auf solche unwichtigen Details weit mehr aus denn auf unser unmittelbares Ziel, die Verfolgung meines flüchtigen Sklaven und Aristides' Töchterlein, bei der ich mir nur zu gut vorstellen konnte, dass sie Rutger zu dieser schwachsinnigen Aktion verleitet haben mochte. Oder aber sie waren wirklich ausreiten gegangen und hatten sich verirrt, weder Arrecina noch Rutger kannten sich nahe Rom aus. Was auch immer beiden nun zugestoßen war, ich übte mich im Geiste schon mit der Gerte für meinen Sklaven und mit der flachen Hand für Arrecina, eine ordentliche Tracht Prügel auf ihren kleinen, süßen Hintern würde ihr sicher diese Dummheiten endlich austreiben. Und wenn Aristides dafür zu weich war, was ich befürchtete, immerhin war sie seine Tochter, und Töchter erreichten bei ihren Vätern meist unbotmäßige Milde mit nur einem Augenaufschlag, ich war mir sicher nicht zu schade dafür, mit meiner Nichte einige klare Takte zu sprechen.


    So jagten wir durch die Dämmerung und in die Dunkelheit hinein, begleitet vom würzigen Geruch der Sommergräser, die bald dem Winter anheim fallen würden, und ab und an hörte ich sogar noch eine Grille zirpen. Als Aristides endlich inne hielt, schien mein Pferd zu dampfen und seines zitterte bereits deutlich, sodass ich froh war, dass es endlich eine Pause gab, allein schon, damit sich die Tiere erholen konnten.
    "Weiter können wir nicht, also muss dieser Platz passen," gab ich zurück und glitt langsam vom Rücken meines lapsus, tätschelte ihm den schweißnassen Hals und trat an die Seite des knorrigen Baumes, der in mir einige ungute Erinnerungen an meine Kindheit weckte, um einige der lang gewachsenen Farnpflanzen auszureißen. Zuerst mussten die Pferde trocken gerieben werden, bevor wir rasteten, um ihre Kraft und Gesundheit zu erhalten. Ich nahm den Sattel samt Taschen ab, legte beides neben der knorrigen Kastanie ab und wandte mich meinem Kaltblüter zu, der bereits zu grasen begonnen hatte. "Sie ist ein bisschen sehr wild," tastete ich mich langsam an das Arrecina-Thema heran. "Ich wundere mich, dass sie Deiner Mutter so leicht entschlüpfen konnte."

    Es war eindeutig der beste Gedanke heute gewesen, sich ins balneum zurückzuziehen, auch wenn ich jetzt mit meinen Gedanken nicht mehr alleine war - diese Art des Nicht-Alleinseins war einem nachdenklichen Stündchen im Wasser auf jeden Fall vorzuziehen. Nicht dass ich Nefertiri zu so etwas gezwungen hätte, die Freiheit, sich mir zu nähern, wann sie es für richtig hielt, hatte ich ihr schon vor langer Zeit gegeben, weil ich der Ansicht war, dass es ihr mehr Freude bereiten würde, sich um mich zu kümmern, wenn sie es wirklich wollte, nicht wenn mein Wort sie dazu verpflichtete. Dass es sich nun auf diese Weise auszahlte, ihr mehr zu gestatten als einem normalen Sklaven, war durchaus angenehm und erfreute mich nicht nur, weil sie mit ihren Fingern so gut umzugehen wusste. Es sprach auch von einer gewissen Zuneigung, und gerade in den letzten Tagen war das Gefühl einer ohnmächtigen Einsamkeit meiner Selbst so mächtig geworden, dass mir diese Zärtlichkeiten wohler taten als es jedes Wort hätte tun können.


    Ein vager Schauer über meiner Haut folgte den Küssen ihrer Lippen, und ich genoss das Prickeln, das ihren Berührungen folgte, fühlte ihren Atem auf meinem Hals so deutlich, als wären es Farbstreifen, die man hell leuchtend in die Dunkelheit gemalt hätte. Meine Lippen bebten etwas in der Erwartung eines Kusses, ich hatte den Mund auch schon geöffnet, aber sie entfernte sich - heute wollte sie wohl ein bisschen mit mir spielen, dachte ich innerlich schmunzelnd, ließ die Augen vorerst geschlossen und gab mich ihrer Nähe und ihrem Spiel hin. Dass ich dabei war, mir diese Annehmlichkeiten noch etwas zu versüßen und meine pralle Lust inzwischen recht deutlich verriet, wie angenehm mir ihre Liebkosungen waren, störte mich nicht, immerhin wusste sie ja, wie ich auf sie reagierte und dass es mir Vergnügen bereitete, mit ihr zu schlafen.
    "Mh," murmelte ich leise, als ich ihren Kopf an dem meinen fühlte, ihre Wange anmeiner entlang strich. "Du machst das wirklich wunderbar, favea ..."

    Ich nickte leicht und atmete tief ein. Irgendwo her würde ich schon einen Architekten auftreiben, und wenn ich einen an den Haaren hinter mir her zerren und ihn in den Marstempel mit der Peitsche treiben müsste. So wie es war, konnte es nun wirklich nicht bleiben, wenn dem nächsten opfernden Magistraten der Putz auf den Schädel knallen würde, hätten wir alle ein enormes Problem.
    "Nun, dann mache ich mich gleich an Werk, es ist schon genug Zeit ins Land gegangen - danke für Deine Zeit. Wenn ich einen Architekten gefunden habe, lasse ich Dich auf jeden Fall davon wissen, vielleicht gibt es ja auch noch andere Tempel, die etwas Verschönerung brauchen, und die meisten Kundigen kann man mit der Aussicht auf folgende Aufträge locken und dazu bringen, ordentlich zu arbeiten."

    Hätte ich einem Gott gleich schreien können, hätte an diesem schrecklichen Abend wohl die Erde unter meiner ohnmächtigen Wut gebebt. Wäre ich doch nur früher nach Rom zurückgekehrt. Wäre ich ihm doch ein Gefährte auf Kreta gewesen, hätte ich ihn doch vor allem Schmerz bewahren können, der ihm dort wiederfahren war! Aber in all dem 'hätte', 'würde' und 'könnte' stand die einzige, erschreckende Wahrheit von allen in gleißendem, kaltem Feuer: Ich war nicht dagewesen, ich war zu spät gekommen und jetzt würde ich zusehen müssen, wie Gracchus eine Ehe einging, bei der er seine Frau nicht liebte und wohl niemals lieben würde, weil er nicht bei Frauen, sondern bei Männern liegen wollte. War das die Pflicht denn wert, sein Leben lang lügen zu müssen? Hatte nicht auch ich dauernd gelogen, wenn ich irgendeiner Frau, irgendeinem Mann zärtliche Worte zugehaucht hatte und doch letztlich eigentlich nur einen Mann damit gemeint hatte?


    "Wir sind, wer wir sind, Manius, und so wird es immer sein. Wir Flavier werden immer die Dunkelheit unseres Erbes mit uns tragen, und einer ist wohl so gut wie der andere," sagte ich leise, um das Zittern meiner Stimme zu überdecken. Die vage Andeutung in meinen Worten, vielleicht würde er sie überhören, vielleicht würde er sie auch schweigend in sich aufnehmen, darüber nachdenken und sie abwägen, denn das, was er nicht tun konnte oder wollte, es würde mich wenig kosten, war ich doch an Frauen gewöhnt und schätzte ihre Leiber ebenso wie den eines Mannes. Aber es war vermessen, es war ein direkter Bruch aller Traditionen, und er war ein Priester Iuppiters, des Göttervaters. Auch wenn Iuppiter mit zahlreichen Affären seine zweifellos grausame Ehe mit der zänkischen Iuno belebt hatte, letztendlich war an dieser Verbindung nie gerüttelt worden. Vielleicht würde er mich allein schon für die Idee hassen, dass ich sie gehabt hatte, und ich würde ihn noch schneller und deutlicher verlieren, als es sich jetzt schon abgezeichnet hatte.


    Dennoch ... unsere Blicke trafen sich, ich blickte ihn an wie er mich. Ich wollte ihn nicht aufgeben, nicht um alles in der Welt. Er blieb stehen, aber mich hielt es nicht auf diesem verdammungswürdigen Stuhl, der viel zu weit von ihm entfernt stand, ich überwand die Distanz mit wenigen Schritten, die zwischen uns geblieben war und legte meine Hände an seine Oberarme, hielt ihn für einen Moment lang so, als müsste ich mir sein Bild auf ewig einprägen. "Ich kann nicht glauben, dass die Götter wollen, dass Du auf ewig unglücklich bist, Manius, und ich würde das ganz genausowenig wollen," flüsterten meine Lippen rauh und dann tat ich es, ich küsste ihn, wie ich ihn schon lange wieder hatte küssen wollen, seine Lippen ganz schmeckend, nicht nur als Echo irgendwo auf meinem Hals oder der Haut. Ama te. Es war, wie es ist.

    Auch noch in Toga. Ich war kurz davor aufzustehen, ihm irgendeine fadenscheinige Entschuldigung um die Ohren zu knallen und dann weiter trinken zu gehen, aber der pflichtbewusstere Teil in mir, der heute die Oberhand gewonnen hatte - der weniger pflichtbewusste Teil hatte gerade einfach mörderische Kopfschmerzen - blickte meinen Besucher wenig begeistert an. Auch noch eine Beerdigung für irgendeinen Provinzamtsträger, was hatten die Götter heute eigentlich gegen mich? War das nicht diese Sergier, von dem die Acta schon geschrieben hatte? Ich musste dieses Schundblatt deutlich aufmerksamer lesen, wurde mir dabei klar, und ich verschob diesen Gedanken alsbald wieder in die dunkleren Regionen meiner Erinnerung.


    "Möchtest Du etwas trinken?" fragte ich der Höflichkeit halber und klatschte zweimal knapp in die Hände, was meine kleine Ägypterin herbeirufen sollte - mir war momentan einfach deutlich mehr nach einem Getränk, ungefähr zehn Becher Wein würden vielleicht reichen, mich wieder zu einem Menschen zu machen.


    Und ich musste mir vermerken, Milo beizeiten zu erwürgen, gab es denn keinen anderen sacerdos, auf den man diese Beerdigung hätte abwälzen können? Aber nein. Insgeheim vermutete ich, dass er sich einen Spaß daraus machte, mir solche Sachen zuzuschanzen. "Ich nehme an, die Beerdigungsriten sind Dir vertraut?" fragte ich in einem Tonfall, der andeuten mochte, für wie minderwertig ich jemanden hielt, der davon keine Ahnung hatte, war das doch wirkliches Allgemeinwissen. "Wie kann ich Dir denn dabei konkret helfen? Ich nehme an, Du suchst einen Priester, der die Fingerabschneidug und das Begräbnis derselben vor der Verbrennung vornimmt und am Ende die Teilnehmer wieder rituell reinigt ... habt ihr euch schon überlegt, wer die Leichenrede vornimmt?"

    Was für eine gute Seele war doch meine kleine Nefertiri. Wieder einmal beglückwünschte ich mich innerlich zu der Entscheidung, sie damals auf dem Sklavenmarkt Athens gemeinsam mit Aristides zu kaufen - besser gesagt, sie zu kaufen und seinen Ratschlag dabei zu hören. Wenngleich ich mir nach wie vor dabei dachte, dass er wohl jede Sklavin mit dunkler Haut hätte kaufen wollen, seine Vorliebe für diesen Frauentyp war mir nicht verborgen geblieben. Aber ich musste ja auch zugeben, dass mir dunkle Haut ebenso gefiel, dazu helle, gebräunte, rosige - im Gegensatz zu Aristides war ich ein Generalist, und das schüchterne Lächeln einer vielleicht nicht ganz perfekt aussehenden Frau war mir lieber als eine vollkommene, aber kühle Schönheit, in deren Augen ich keine Leidenschaft sah, wenn sie unter mir lag. Oder aber ich war weniger wählerisch, was wollte man da schon genau beurteilen? Als ich die leisen Schritte hörte, die sich mir näherten, kurz verharrten, dann das Rascheln einer Tunika und schließlich die weichen Fingerspitzen auf meiner Stirn fühlte, musste es einfach Nefertiri sein, welche Frau im Haus hätte es denn auch sonst getan?


    So genoss ich einfach das halb runde Reiben der Fingerkuppen auf meiner Stirn und ließ meine Gedanken weiter treiben, beflügelt durch diese sanfte, merkliche Liebkosung. Es tat gut und ich konnte ein wenig meiner Sorgen loslassen, sie wusste eben immer, wie sie mir guttun konnte, eine ihrer besseren Eigenschaften. Irgendwann würde ich sie freilassen müssen, überlegte ich und seufzte behaglich, mich im Becken ein wenig räkelnd. Sie war ihr Leben lang Sklavin gewesen, und auch wenn ich sie gerne bis in alle Ewigkeit behalten hätte, ein wenig sollte sie noch von ihrem Leben haben, als liberta würde sie sicher einen guten Mann finden können und dann eigene Entscheidungen treffen können. Zumindest hatte ich es mir so überlegt. Aber noch war es viel zu früh, darüber nachzudenken, ein solcher Schritt sollte wohlüberlegt sein und mit Vorsicht angegangen werden. Gemächlich legte ich meine Hand auf meine Lenden und umfasste dort mein edelstes Stück, ein klein wenig ganz persönliche Entspannung würde diese Massage sicher vervollkommnen. "Mach weiter," murmelte ich träge und streckte mich im duftenden Wasser, das neben dem Rosenduft auch eine vage Note von Sandelholz und Moschus erhalten hatte.

    Jedes gesprochene Wort rammte einen weiteren Dolch in mein Innerstes, es geschah, es geschah wirklich und ich konnte nichts dagegen tun, das nicht einen irreparablen Schaden an unserer Familienehre verursacht hätte. Am liebsten hätte ich mich inmitten der Festgesellschaft aufgestellt, alle nach Hause geschickt und Gracchus mit mir genommen, irgendwo hin, wo es nach Oliven roch, wo die vielfältigen Gerüche unserer geteilten Kindheit, unseres geteilten Erwachsenwerdens noch zu finden gewesen wäre und niemand sonst war. Aber es geschah, jeder rituelle Schritt wurde fast perfekt ausgeführt, um die Götter nicht zu beleidigen und das Höchstmaß an Glück für das Ehepaar herab zu rufen. Als die ersten Jubelrufe auf das Brautpaar erklangen, zerbrach etwas in mir wie auch der Becher, der meiner Hand entglitten war, auf dem Fußboden zerschellte und in tausend kleine Scherben zersplitterte. Hätte man mein Herz herausgerissen und auf den Boden geworfen, um dann darauf herum zu trampeln, wäre dies meinen Gefühlen im Augenblick ziemlich nahe gekommen.


    "Feliciter," flüsterte ich tonlos, aber ich meinte es nicht so. Meine Miene verhärtete sich zu einem ausdruckslosen Bild, die Sklavin, die eilig um meine Füße herumkroch, um die Scherben aufzulesen, nahm ich kaum wirklich wahr und wäre ihr fast auf die Hand getreten, als ich mich als erster nach vorn drängte, um zu den beiden zu treten und zuerst Antonias Hand zu nehmen und zu drücken. "Ich gratuliere Dir zur Vermählung mit meinem Vetter Gracchus, Claudia Antonia, ich bin mir sicher, es wird keinen besseren Mann geben, den Du Dir als Gemahl hättest erwählen können. So kann ich euch nur wünschen, dass ihr miteinander glücklich werdet." Ich konnte ihnen nicht auch noch reichen Kindersegen wünschen, oder Liebe, oder was auch immer man bei einer Hochzeit anderen wünschte, denn irgendwie war ich mir sicher, ich würde den Schmerz in mir dann nicht mehr verhehlen können. "Manius," erklang meine Stimme wie aus weiter Ferne, als ich meinen Vetter, meinen Bruder im Blut, den einzigen, den ich unter all den Anwesenden mit aller Kraft und Verzweiflung liebte, anblickte. "Ich gratuliere Dir zur Vermählung mit Claudia Antonia, und ich bin mir sicher, dass Du mit ihr eine kluge und besondere Frau gewonnen hast. So kann ich euch nur wünschen, dass ihr euer Glück gemeinsam findet." Genauso, wie mein Glück an diesem Tag gestorben ist. Ich sagte es nicht, aber als ich in seine Augen blickte und seine Hand drückte, fühlte ich mich wie ein Toter unter platzendem, prallem Leben.

    Langsam ließ ich mein gladius sinken, als ich zuerst die Stimme, dann die Gestalt meines Sklaven erkannte. Was bei allen Erynnien hatte ausgerechnet Rutger hier auf dem Hof zu suchen? Hätte es nicht tausend andere Orte in der Villa gegeben, an denen er seinem Müßiggang fröhnen konnte? Aber nun war er schon einmal da, und hatte mich gesehen. Wahrscheinlich hätte ich sogar damit rechnen müssen, immerhin war die Villa nicht Rom. Seine leicht angespannte Haltung hätte ein Spiegel der meinen sein können, denn körperlich mussten wir uns ebenbürtig sein, er war wahrscheinlich noch deutlich trainierter und im Überlebenskampf versierter als ich es war. Sehr langsam entspannte ich meinen Körper, Stück für Stück, bis meine Haltung aufrecht war, aber nicht mehr sofortige Kampfbereitschaft wiederspiegelte.


    "Nein," sagte ich auf seine Frage und betrachtete ihn daraufhin schweigend. Hatte ich mich getäuscht, war ein vages Echo Traurigkeit dabei gewesen? Aber hatte er Grund dazu? Ich musste mich geirrt haben. "Wollte ich Dich tot sehen, wärst Du es längst, Rutger. Das hier," damit hob ich meine Klinge leicht an, bis das Licht des Mondes einen glitzernden Reflex darauf offenbart hatte, um sie dann wieder sinken zu lassen, "... das hier ist der Grund, Dich nicht zu töten. Ein Mann muss sich selbst beherrschen können, bevor er andere beherrscht, sonst ist er nichts wert. Ich kämpfe lieber gegen die Luft als gegen Dich, der Du unsere Lebensart nicht kennst und nicht begreifst, denn ich hege noch immer die Hoffnung, dass Du irgendwann verstehen wirst, dass dies hier nicht der Wald ist und Dein vorheriges Leben unwiederbringlich vorüber. Bis dahin ... bis zu dem Zeitpunkt, in dem ich erkenne, ob Du gelernt hast oder nicht lernen willst ... bis dahin wirst Du leben."

    "Mach weiter," sagte ich leise, mit belegt klingender Stimme, diese plötzliche Hitze an meinem edelsten Teil hatte mir dann doch ein wenig den Wind aus den Segeln genommen und mir sämtliche Ausdrucksfähigkeit vom Kopf in deutlich tiefere Regionen sinken lassen. Es wäre viel zu leicht gewesen, dem in mir langsam pulsierenden erwachsenden Wunsch nachzugeben, sie jetzt und hier auf mir reiten zu lassen, ein wenig wollte ich diesen süßen Moment der ersten Vereinigung noch hinauszögern, so weit ich es eben konnte. Eine meiner Hände umfasste ihre linke Pobacke und hob ihren Körper ein klein wenig von meinem Schoß an, sodass die plötzliche Enge mir wieder Platz ließ, die gewachsenen Tatsachen zu sortieren, und ihr bedeutete, dass mein Rücken noch nicht ganz fertig geschrubbt war. Ausserdem blieb mir dabei die gelegenheit, mit der anderen Hand über ihr Haar und den Nacken hinweg ihre Rückseite entlang zu streichen, dem Rückgrat folgend, bis meine Finger den Spalt zwischen ihren Pobacken erreichten und die andere Seite ebenso umfassten.


    Ihr praller Po fühlte sich gut in meinen Händen an, auch wenn ich ihn mit ihnen nicht ganz umfassen konnte, es gab mir doch einen gewissen Eindruck, wie es sich anfühlen würde, sie mit meinem Körper zu vereinnahmen. Ein wenig ließ ich sie wieder tiefer sinken, schloß meine Augen zur Hälfte und genoss den nun wieder entstehenden Kontakt zwischen ihrer Leibesmitte und meinem pilum - auf diese Weise die Kontrolle zu haben und ihre Reaktionen beobachten zu können, hatte durchaus seinen Reiz. Ob sie sich mir wirklich hingab, weil sie daran Vergnügen fand? Oder galt ihr das Wort ihres Herrn mehr als der eigene Wunsch?

    "Tja, der Name ist vom Vorbesitzer. Ich nehme mal an, er empfand es irgendwann als Fehler, diesen großen Dicken gekauft zu haben, er schien mir eher als einer der Männer, die ein schnelles Pferd brauchen, um sich als ganze Männer zu präsentieren," dabei tätschelte ich schmunzelnd den Hals meiner Neuerwerbung und war mit ihm gar nicht so unzufrieden. "Er hat ein recht friedliches Gemüt, also einen Fehler sehe ich in ihm garantiert nicht. Ich bin mir sicher, er wird uns beide sehr gut tragen, mein Gewicht setzt ihm kaum zu, da wird er mit uns sicher kein großes Problem haben."
    Ich maß ihn abermals mit meinem Blick und sann nach. Er war noch jung, und schon Duumvir - das ließ auf eine große politische Karriere hoffen, zumindest glaubte ich zu ahnen, dass solches seinen Eltern durchaus wichtig sein dürfte. Mein Vater hatte sich schließlich auch für mich etwas anderes ausgemalt als Zukunftsplan, und ich hatte mich dem aus eigenem Willen entzogen.


    "Duumvir - na da gratuliere ich Dir zur Wahl. Ich bin mir sicher, Du wirst Dein Amt gut ausfüllen, Corvinus, und damit einen guten Grundstock legen für ein weiteres Fortschreiten in der Politik. Am Ende lädst Du mich noch ein, mir Deine Stadt anzusehen und ich kann überall damit angeben, dass ich den Duumvir kenne," scherzte ich und registrierte gleichzeitig mit einer gewissen Zufriedenheit, dass Rutger sich anbot, meinem Reitgast zu helfen. Endlich entwickelte er einmal eine Eigeninitiative, die willkommen war - und blieb dabei auch noch höflich. Deutlich nickte ich ihm zu, er sollte merken, dass diese Art des Benehmens auf Zustimmung stieß. So trat ich beiseite, nahm etwas Anlauf und schwang mich auf den mächtigen Rücken meines Tiers, um dort eine gute Sitzhaltung zu finden und etwas nach vorn zu rücken, damit er hinter mir Platz finden würde. "Dann lasst uns mal nicht zuviel Zeit verlieren, bis Ostia ist es noch ein Stück Weg." Dass Corvinus das Angebot meines Sklaven ausschlagen könnte, kam mir nicht einmal in den Sinn, schien es doch die praktischste Möglichkeit zu sein.

    Aristides war geritten, als müssten wir eine Horde Satyrn verfolgen, die sein kleines unschuldiges Täubchen vernaschen wollten, auch wenn ich mir fast sicher war, dass er nicht ahnte, wie sich seine Tochter bisweilen gebärdete. So erwies es sich als Vorteil, dass ich mir meinen lapsus gekauft hatte - eigentlich für die Landpartie mit Aurelius Corvinus bestimmt, leistete mir mein Kaltblut gute Dienste darin, eine ordentliche Reitgeschwindigkeit zu halten. Mein monströses Pferd schnaubte enorm, als wir endlich innehielten, und mir selbst ging es nicht viel anders, die italische Nachmittagshitze hatte uns allen entsprechend zugesetzt. Erstaunlicherweise hatten wir sogar eine Spur zum Verfolgen gehabt, aber spätestens, als sich die Sonne dem Horizont zugeneigt hatte, war es schwer und schwerer geworden, auf dem Weg irgend etwas zu erkennen.


    "Marcus, das hat so keinen Sinn," sagte ich und tätschelte den dicken Hals meines gefleckten, mächtigen Tiers, das unwillig den Kopf schüttelte. Lapsus war ein Arbeitspferd, lange Zeiten eine hohe Geschwindigkeiten zu reiten war er nicht mehr gewöhnt - und momentan war deutlich zu merken, dass er keine Lust mehr hatte. Auch Marcus' Tier würde eine Pause brauchen, wenn wir morgen nicht laufen, sondern reiten wollten. "Lass uns rasten, wenn wir im Dunklen reiten, sehen wir ohnehin nichts und Spuren können wir schon gar nicht folgen. Ich glaube kaum, dass er uns zum Gefallen eine Spur aus Lichtern gelegt hat, damit wir die beiden bald finden."