Ich hörte nicht, dass die Iuppiterstatue zu Boden fiel, ich hörte auch nicht, dass in der Villa einer der älteren Sklaven eine jüngere Sklavin auszankte, ich hörte weder das Zwitschern der Vögel vor dem Fenster noch das leise Scharren von Sciurus' Füßen im Nebenraum, wohin er von seinem Herrn geschickt worden war, um unser privates Gespräch nicht zu stören. Und selbst wenn die größte Ballista der Legionen neben uns abgefeuert worden wäre, ich hätte sie in diesem Augenblick ebensowenig gehört wie die Mauern von Jericho, welche vom Trompetenklang der anrückenden Feinde zusammengestürzt waren.
Das einzige, was meine Welt noch beinhaltete, war Manius, und er allein, sein Atmen, die Hitze seiner Haut, die tastenden Lippen, welche die meinen endlich, endlich fanden, das Gefühl seiner in meinem Haar umher wühlenden Finger, all das begrenzte meine Aufmerksamkeit allein auf ihn. Ich nahm seinen Geruch war, so altvertraut und doch neu auf eine seltsame Weise, gemischt mit seinen Erfahrungen hier in Roma, gemischt mit der Zeit, in der wir uns nicht gesehen, einander nicht nahe gewesen waren, und mir wurde eines der größten Geschenke gegeben, die man als Liebender wohl erlangen durfte: Ich durfte den, den ich liebte, auf wunderbare Weise neu entdecken und doch so vieles sehen und erleben, das mir alt vertraut war. Unsere Zungen vereinten sich nach so langer Zeit wieder, und ich fühlte mich und ihn zittern, nicht nur vor Begierde auf seinen schlanken, vollkommenen Leib, sondern auch von Unsicherheit, von Vorsicht, Behutsamkeit und dem Wunsch, den Geliebten nicht zu grob zu berühren.
Als wir in Richtung seines Bettes sanken, ächzte dieses leise unter der Last unserer beider aneinander gepressten Körper, und auch dies nahm ich kaum wahr, lauschte ich doch auf Manius' schneller gewordenen Atem, auf das leise Seufzen, welches mich und ihn vereinte, halb schob ich mich über ihn und ließ meine Finger über sein Gesicht gleiten, barg das Gesicht meines Geliebten in meiner Hand und betrachtete ihn lange, ohne etwas zu tun. Nur einmal noch, vor seiner Vermählung, dann wollte ich ertragen lernen, dass er nicht mir gehören konnte, nur ein einziges Mal noch den Geist der Vergangenheit beschwören und aufhören, ich selbst zu sein, hingegeben ihm und mir, und eins zu werden, ohne mich vollkommen zu verlieren ... "Omnia vincit amor," wisperten meine Lippen an seiner Wange, und in diesem Moment fühlte ich mich so stark, als könnten wir wahrlich gemeinsam die Welt besiegen.