Beiträge von Caius Flavius Aquilius

    Mir dröhnte noch immer der Schädel vom vorherigen Abend. Zu viel Wein, eindeutig, und vergessen, was mich dazu gebracht hatte, zuviel zu trinken, hatte ich erst nicht. Wenigstens war es nicht mein Wein gewesen, sondern Felix' Vorräte aus dem Weinkeller der Villa, sodass es mir egal sein konnte, wer das Besäufnis bezahlt hatte. Dass ausgerechnet heute ein Unbekannter mit mir sprechen wollte, war mir weder recht noch angenehm, aber sich als Priester verleugnen zu lassen, kam auch nicht in Frage. Dass ausgerechnet auch noch Sciurus mich im nachtrunkenen Entsetzenszustand sah, war nicht minder angenehm, denn Gracchus würde wohl von meinem Aussehen erfahren und sich die entsprechenden Gedanken dazu machen können.


    So quälte ich mich mit Nefertiris Hilfe in meine Tunika, ließ mir die Sandalen umbinden und klatschte mir mehrere Hände voll eiskalten Wassers ins Gesicht, das musste zur Wiederbelebung reichen, dann machte ich mich schon auf den Weg in mein Arbeitszimmer - einer der Haussklaven übernahm die Arbeit, den Besucher aus dem Atrium abzuholen und zu mir zu bringen. Ich erwartete ihn an meinem Schreibtisch sitzend, einige Schriftrollen um mich herum drapiert, dass es aussehen musste, als sei ich gerade bei der Arbeit gewesen. Der Plebejer musste schließlich nicht die ganze Wahrheit kennen. "Salve, Sergius Curio," begrüßte ich ihn höflich und blickte ihm entgegen. "Setz Dich zu mir und erzähle mir, was Dich zu mir führt."

    Ihr Körper bildete eine angenehme Last auf meinem Oberschenkel, auch wenn ich diese durch die tragende Kraft des Wassers kaum unangenehm bemerkte. Dass sie ihren Körper einzusetzen wusste, gefiel mir, es würde das, was vielleicht kommen würde, zu einer Entspannung machen, bei der ich nicht dauernd nach den winzigsten Anzeichen einer Vorliebe oder eventuellen sensiblen Stelle würde forschen müssen, um sie zu befriedigen - ich hegte die gewisse Hoffnung, dass sie es mir einfach zeigen würde, ohne sich zu lange bitten zu lassen. Nichts war anstrengender als die Lust mit einer schüchternen Frau zu teilen, die ihren eigenen Körper noch nicht kannte - sicher, es gab auch einen gewissen Reiz, sie die Freuden der Liebeskunst zu lehren, aber das war sicher nichts für jeden Tag. Ich legte langsam einen Arm um ihre Hüfte und begann, mit den Fingern langsam und genüsslich ihren Rücken entlang herab zu streichen und wieder hinauf - keine Massage, aber doch ein nicht aufdringliches, fühlbares Streicheln.


    "Wir sind zu unserem Vergnügen hier, Camryn," erwiederte ich, meinen Kopf etwas nach vorn neigend, um ihr die Worte in ihr kleines Ohr zu raunen, etwas heißen Atem mit dazu. Wenn sie noch sensibel genug war, würde ich anhand ihrer Reaktion sehen können, wie weit sie auf einen solchen Reiz reagierte - ich selbst genoss durchaus die fühlbare Berührung der etwas stärkeren Borsten. Dass sich meine Gedanken in eine recht eindeutige Richtung verirrten, konnte ich dabei nicht verhindern - ihre harte Brustwarze hatte meine Gedankenwelt leider angeregt, und ich musste daran denken, wie es wohl wäre, sie ganz auf meinem Schoß sitzen zu haben, ich hatte vorher gar nicht gesehen, ob ihre Scham geschabt war oder nicht ... kurz zuckte etwas an meinem Oberschenkel und wieder einmal ertappte ich mich bei dem Gedanken, dass ich allzu leicht entflammbar war. "Oder was hast Du gedacht, warum ich Dich mit mir hier im Wasser haben wollte?"

    Das angenehm warme Wasser umspielte meinen Körper, und fast sofort fühlte ich mich ein wenig erleichtert. Das balneum war doch stets einer der wenigen Orte gewesen, an denen ich mich wohl fühlte, ohne dauernd über Rom oder alle anderen unangenehmen Begleiterscheinungen dieser verlotterten Hure von Stadt nachdenken zu müssen. Dass sich dann auch noch eine schlanke und dennoch wohlgerundete junge Frau vor meinen Augen auszog und bisher nicht schreiend weggerannt war, machte aus der zu erwartenden Entspannung eine noch angenehmere Sache. Sie ließ mir Zeit, sie zu betrachten, aber was sollte man schon anderes erwarten, als ehemalige lupa wusste sie, wie man sich den Blicken eines Mannes darbot, um reizvoller zu wirken.


    "Die Bürste ... immerhin ist das hier keine Vergnügungsreise," entgegnete ich mit einem leichten Schmunzeln - beim Schrubben würde sie sicher deutlich schneller beginnen zu schwitzen, je nachdem, wo sie sich befand. Ich deutete auf einen in den Marmor gefügten Vorsprung, auf dem allerlei Badezubehör herumlag, unter anderem mehrere Bürsten mit weicheren und härteren Borsten, gerade richtig, einem das Vergnügen zu vergrößern. Ich lehnte mich gegen den Beckenrand zurück, sodass ich aufrecht saß und die Beine einen rechten Winkel zu meinem Körper bildeten, dann klopfte ich mit einer Hand auffordernd auf meine Oberschenkel - zumindest halbwegs, die Bewegung wurde durch das Wasser gedämpft. "Setz Dich zu mir, dann frierst du nicht." Dass ihr Körper mir so deutlich näher sein würde, als wenn sie hinter mir knien würde zum Rückenschrubben, war nur ein vollkommen unbeabsichtiger, angenehmer Nebeneffekt.

    In diesem Moment begann mein Kopf, die Vermutungen und Bilder einfach auszuschalten, mit denen ich wohl überflutet worden wäre, hätte ich mir gestattet, manche Gedankengänge weiterzugehen, die mit Rutger und meinem kleinen Täubchen zu tun hatten. So wartete ich einfach ab, bis lapsus, meine riesige, kaltblütige Neuerwerbung, die wirkte, als könnte sie einen Angreifer auch zur Not mit ihren Hufen zu Boden knüppeln, gesattelt und gezäumt auf den Hof geführt wurde, Nefertiri eilte mit einer Satteltasche herbei, die hoffentlich alle Dinge enthielt, die ich brauchen würde, unter den Arm eine Decke mit einem eingewickelten Gegenstand geklemmt - gemeinsam zurrten wir beides fest und als ich aufsaß, war auch Marcus längst fertig und sah aus, als würde er am liebsten durch die Luft pflügen, um sein Töchterchen zu retten. Selten hatte min phlegmatischer, dem Wein und dem Genuss so verhafteter Vetter einen solchen Eifer gezeigt, wenn es nicht gerade darum ging, eine hübsche lupa auf seinen Schoß zu ziehen, und in diesem Moment stieg er nicht unbeträchtlich in meiner Achtung.


    Ich lenkte mein riesiges Ross ihm nach und wir ritten eine ganze Weile lang schweigend durch die Stadt - ich hatte einen schlichten, aber warmen Wollumhang umgelegt und als er Halt machte, gürtete ich mich mit meinem Schwert. In Rom durfte ich es nicht tragen, ausserhalb von Rom wollte ich jedoch nicht darauf verzichten, wehrhaft zu sein, zumindest abschreckend genug zu wirken, dass wir nicht gleich der ersten Bande Straßenräuber zum Opfer fallen würde, die auf einer der Landstraßen um Rom herum lauern mochte.
    "Wir finden sie," sagte ich und verfluchte Rutger innerlich bis in das siebente Glied seiner Nachfahren. Mochte seine Männlichkeit verwelken und verdorren, seine Hand niemals wieder eine Waffe recht führen können - es mochten ihm die Götter gnädig sein, wenn wir die beiden fanden und Arrecina irgend etwas zugestoßen war. Dann gingen meine Gedanken im Hufschlag unserer Pferde unter und ich musste mich darauf konzentrieren, das mächtige Schlachtross dem wendigeren Tier meines Vetters nach zu lenken, ohne ihn zu verlieren.

    Innerlich den Göttern dafür dankend, dass Rutger sich wenigstens dieses Mal irgendwelche Sprüche über Römer im allgemeinen und deren Unterlegenheit den Germanen gegenüber im Besonderen verkniffen hatte, tätschelte ich meinem riesenhaften lapsus den Widerrist, was er mit einem gutmütigen Schnaufen quittierte. Dieser Kaltblüter war wirklich lammfromm, und irgendwann würde ihn ihn wohl dazu benutzen, Corvinus das Reiten zu lehren. Zumindest hatte der Gedanke etwas recht verführerisches an sich.
    "Ich ziehe Dich dann schon hoch, keine Sorge," entgegnete ich schmunzelnd auf die Bedenken des Aureliers hin und betrachtete ihn eine Weile. Die längere Abwesenheit hatte ihm gutgetan, er hatte ein bisschen Farbe zugelegt, seine Züge schienen markanter geworden, hatten einen Gutteil der jugendlichen Weichheit verloren, ohne sie gänzlich fortgewischt zu haben. Was er in der Ferne wohl erlebt hatte?


    "Das ist übrigens lapsus, unser bester Freund für die nächsten Tage," stellte ich meinen tierischen Begleiter vor, der die Nüstern ein wenig zittern ließ und ansonsten von Corvinus' Nähe nicht sonderlich beeindruckt wirkte. "Und solange Du Dich gut an mir festhältst, fällst du auch nicht herunter, glaube mir." Ich atmete ein und überlegte einen kurzen Moment lang, ob es wirklich eine gute Idee gewesen war, nur ein Pferd für zwei zu wählen - aber immernoch besser, als einen Reitanfänger auf dem Rücken eines Tieres alleine zu lassen, wenn man ausreiten wollte. "Inzwischen bin ich sacerdos publicus und kümmere mich um den Tempel des Mars - ich habe gehört, Du bist Duumvir Mantuas oder war das nur ein gerücht?"

    Wieder war ein langer Tag an mir vorüber gestrichen und mir war nach ein wenig Ruhe und Abgeschiedenheit von der Welt. Die lärmenden, öffentlichen Thermen waren mir an diesem Tag ein Greuel, ich wollte nicht irgendwem begegnen, den ich kannte und mit dem ich dann wahrscheinlich noch hätte ein Gespräch führen müssen - derzeitig war mir nicht nach Gesellschaft, nicht nach politischem Taktieren, lauernden Worten, süßem Lächeln oder sonstigen Formen des menschlichen Miteinanders, denen man in Rom an keiner Ecke entkam. Ab und an war es mir einfach zuwider, mit jedem Blick angelogen zu werden, und selbst lügen zu müssen.


    Mir waren die lächelnden Weiber zuwider, die um die nächste Straßenecke bogen und sich dort in die willigen Arme ihrer Liebhaber stürzten, ich konnte den tierhaft stinkenden Pöbel nicht mehr sehen, der sich an blutigen Spielen ergötzte, weil er zu faul war zu arbeiten und von den Amtsträgern der Stadt durchgefüttert wurde, damit dem Kaiser das Volk zujubelte, wann immer er sich durch die Stadt bewegte, ich konnte die fetten Patrizier nicht mehr sehen, die sich im Bewußtsein ihrer eigenen Wichtigkeit sonnend mit ihren Schmerbäuchen auf Sänften durch die Stadt tragen ließen, zum nächsten Lustknaben, zur nächsten Orgie - kurz und gut, Rom hatte als Gesamtheit bei mir wieder einmal jenen Abscheu hervorgerufen, den es immer wieder auslöste und dem ich nur durch eine Reise weit fort oder eben einige Stunden allein im Bad irgendwie entkommen konnte.


    So hatte ich mich alleine ins balneum der Villa Flavia begeben, darauf geachtet, dass mir niemand folgte, mir von Nefertiri einige Kerzen bringen lassen und dann hatte ich mich ins Wasser gleiten lassen, den Kopf auf den marmornen Rand des Beckens gelegt, die Augen geschlossen und mich meinen Erinnerungen überlassen. Erinnerungen an Olivenhaine, den würzigen Duft der Kräuter im Frühling und Sommer, die sich mit wogendem Weizen mischten, das sanfte Rauschen der Baumwipfel im lauen Wind, der sich über das Land schlich und sich den Hügeln, aber auch Klippen nahe des Meeres anpasste wie ein Schleier dem Gesicht einer schönen Frau.


    Nur, als ich in Gedanken diesen Schleier hob, war es ein höchst vertrautes Antlitz, mit kurz geschnittenem Haar und männlichen, markanten Zügen, deren Augen den meinen mehr glichen, als es uns vielleicht lieb sein mochte. Ama te. Warum er, warum konnte ich nicht vergessen? All die Jahre, all die dampfenden Körper, auf denen sich der meine bewegt hatte, all die stöhnenden Münder, die sich in meiner Erinnerung zusammenquirlten und zu einem einzigen wurden, den ich nicht küssen durfte ... ich seufzte leise und legte eine Hand auf meine Lendengegend, schützend und mit einem bitteren Beigeschmack dieser Erinnerung zugleich. Und wieder ahnte, wusste ich es: Im Grunde waren wir Flavier alleine, alleine in den tiefsten, dunkelsten Abgründen unserer Seele ...

    Wenigstens rannte ich hier offene Türen ein, anscheinend traf mein Anliegen den Nerv der Zeit. Was mir nicht ungelegen kam, denn jetzt erst einmal über Sinn und Unsinn einer Renovierung streiten zu müssen, dann das nötige Geld dafür aufzutreiben und alle anderen lästigen Begleiterscheinungen ertragen zu müssen hätte das ganze Vorhaben um einige Monate in die Zukunft verschoben. Die etwas bedrückt wirkenden Worte des Septemvir ließen mich allerdings aufhorchen. Was konnte denn an einer Renovierung so schwer sein? Rom war voller Schwätzer und Tagediebe, irgendwo musste doch ein einigermaßen brauchbarer Architekt darunter sein.


    "Es wundert mich, dass bei einer so großen, bereits vorhandenen Summe kein Architekt aufzutreiben war," bemerkte ich stirnrunzelnd und betrachtete die Zahl auf dem Wachstäfelchen, das mir der Septemvir ausgehändigt hatte. Kein Zweifel, sie sah gut aus, diese Zahl. Damit würde sich so einiges bewerkstelligen lassen. "Nungut, ich denke, ich werde einen Achitekten auftreiben können. Kann ich das ganze im Namen des Cultus Martialis annoncieren? Klingt gewichtiger, vielleicht lockt es ein paar Interessenten mehr an, wenn sie gleichzeitig wissen, dass sie hier auch etwas für die Götter tun ..."

    Meine Augen schlossen sich, als ich seine Lippen auf meinem Hals fühlte, so vertraut, so weich, als seien all die Jahre, die zwischen uns gestanden hatten, mit einem Mal aufgelöst worden wie eine zartweiße Wolke am Sommerhimmel. Er roch noch immer so, wie ich ihn in Erinnerung behalten hatte, ein klein wenig nach den Pergamenten und Papyri, mit denen er viel zuviel arbeitete, ein wenig nach irgendeinem Öl, mit dem er sich von seinem Sklaven die Haut pflegen ließ, und sehr viel nach Manius, diesem zarten, unaufdringlichen, aber unverkennbaren Odeur, das ich unter tausenden erkennen würde, weil es mir von Kindesbeinen auf vertraut war. Ich fühlte meinen Körper unter der Berührung seiner Lippen erbeben, und in diesem Moment wusste ich, dass es diese Lippen waren, nach denen ich mich all die Jahre gesehnt hatte, die ich versucht hatte, mit so vielen anderen auszulöschen, mit so vielen seufzenden Mündern, weichen Händen, biegsamen Leibern, und doch, diese stille, unverrückbare Sehnsucht war mir immer geblieben. Sehnsucht nach dem einen, den ich nicht haben konnte und durfte.


    Meine schwärmerischen Träume, geweckt von seinen zarten, so zärtlichen Berührungen zerbrachen einer Vase auf dem Marmorboden gleich in tausend Stücke, als mich seine Hand an der Brust berührte und er mich von sich schob. Er wies mich zurück, alles, was uns verband! Sein Nein! erfüllte den Raum, hallte bitter und schmerzhaft in meinen Ohren wider und schnitt mir bis ins Mark. Daskonnte er doch nicht ernst meinen? Seine Augen verrieten ihn, Spiegel zu dieser kostbaren, so verwundeten Seele, verrieten die Unsicherheit und die Angst, die dahinter stehen mussten.
    "Willst Du das wirklich, Manius?" flüsterte ich tonlos, an den Stuhl geklebt, als sei mein Körper mit einem Mal unendlich schwer geworden, als könnte ich niemals wieder aufstehen. "Willst Du wirklich alles aufgeben - für eine Frau?" Ich wusste, dass ich nicht gerecht war, dass ihn meine Worte schmerzen mussten, aber ich konnte nicht anders. Warum hatte uns das Schicksal diesen furchtbaren Streich gespielt, dass er eine Frau heiraten würde, die er nicht begehrte, nie begehren würde - und wir uns nicht mehr würden nahe sein dürfen? "Manius ... wir haben uns doch erst wieder gefunden. Ich ..." Der rauhe, kratzige Kloß in meinem Hals schien nur noch aus Dornen zu bestehen. "... ich habe Dich so vermisst."

    "Mir scheint, der heutige Abend hat Dir ein weiteres Mal die römische Lebensart verdeutlicht, Rutger," kommentierte ich, was ich gesehen hatte, und ruhte weiterhin still auf meiner Kline. Ein Teil meines Selbst hätte ihn am liebsten in diesem Augenblick eigenhändig erwürgt, an dem er sich zu Medea bewegt und sie dann berührt hatte, aber ich wusste aus Erfahrung, dass eine Frau wie sie mit einem unerwünschten Bewerber ohne größere Schwierigkeiten alleine fertig werden würde. Sie war nicht umsonst eine der begehrtesten Hetären Athens gewesen, vielleicht die begehrteste, ich wusste es nicht, und ich wollte es auch nicht genau wissen. Doch wäre ich jetzt aufgestanden, hätte ich meinem Sklaven Einhalt geboten, obwohl sie dies auch selbst vermochte, in der lockeren Atmosphäre der cena, hätte ich sowohl sie beschämt als auch offenbart, dass sie mir von allen Menschen hier nicht gleichgültig war. Ein Stück Vergangenheit umgab sie, und damit auch die Sehnsucht nach einer Zeit, die angenehmer gewesen war als mein Dasein in Rom sich derzeitig darstellte.


    "Nulla rosa sine spina. Keine Rose ohne Dornen, mein Freund, und ich weiss nicht, wie Du es in Deiner Heimat gewöhnt ist, aber in dieser Stadt obliegt die Wahl eines angemessenen Gefährten in weiten Teilen noch immer der Frau. Auch am Haar packen und sie über die Schulter zu werfen dürfte wenig effektiv sein," fuhr ich fort, während allein das unheilschwangere Blitzen meiner Augen einen aufkommenden Zorn verriet. "Du solltest Dich zurückziehen, bevor Du es bereust, sie wird Dich verletzen, wenn Du nicht freiwillig gehst."


    Ich ließ mir einen Becher Wein von einem der Sklaven reichen, die für die Bedienung zuständig waren und nahm einen Schluck daraus. "Wo waren wir stehengeblieben, Medea? Bei Athen, nicht wahr?" Wieder fand ein Schluck des Weins meine Kehle entlang den Weg, während ich sie betrachtete.
    "Der Glanz Roms ist ebenso vergänglich wie die Weisheit in Athen, und irgendwann wirst Du das sicherlich noch am eigenen Leib erfahren. Ich hoffe allerdings, dass Dir die bittere Erkenntnis, dass ein jeder hier ein Lügner ist, so lange als möglich erspart bleibt. Vielleicht ist es das Echo vergangener, großer Zeiten, welches uns zu einem nur traurigen Abglanz der Größe unserer Ahenn macht, doch die Größe Roms findest Du sicher nicht bei den Menschen."

    Ihr Ausbruch bewies, dass sie noch mehr Kind war als Frau, aber irgendwie beruhigte mich diese Erkenntnis. Die verführerischen Sinne einer Frau im Körper eines Kindes hätten einen Kaiser zu Fall bringen können, und dass sie doch noch etwas Mädchenhaftes in sich trug, ließ hoffen, dass sie der Dunkelheit der Flavier noch nicht vollkommen anheim gefallen war.
    "Ich werde selbst entscheiden, wann und auf welche Weise ich meine Abgründe überwinde, mein Täubchen," erwiederte ich und blickte ihr nach, als sie wütend mein cubiculum verließ. Wer mich vorhin zu meiner Erlösung geführt hatte, würde ich ihr nicht verraten, wozu auch? Irgendwann würde sie selbst herausfinden, wer in meinem Bett schlief, und wer meine Nächte erhellte und mir die Dämonen meiner Erinnerungen vom Leib hielt. Es war beruhigend, den warmen Körper meiner kleinen Ägypterin nahe zu fühlen, auch wenn nicht alles meiner in ihrer Nähe erwachsenden Begierde auch von ihr ausgelöst wurde.


    Der Knall der Türe hinter ihr schmeckte nach einer gewissen Endgültigkeit, und ich hielt sie weder auf, noch blickte ich mich danach um, sondern richtete meinen Blick wieder auf den Hof hinaus, auf dem irgendein Sklave gerade dabei war, Blätter von den Mosaikböden zu fegen. Eine seltsam normale Szenerie, die zu dem, was ich eben erlebt hatte, einen sehr starken, eigenartigen Kontrast bildete. Es schmeckte ausgesprochen verboten, überhaupt daran zu denken, wie man eine Affäre mit seiner Nichte überhaupt bewerkstelligen könnte, ohne dass der Rest der Familie aufmerksam wurde, und ich umschlich diesen Gedanken geistig noch mit einem so weiten Abstand, dass ich mich schließlich gänzlich davon abwandte, mich zurück auf mein Bett fallen ließ und die Decke betrachtete, wie ich es oft tat, wenn ich nachdenken musste. Es war still in meinem Schlafraum, aber in mir tosten die Gedanken in orchestraler Gewalt und zwängten sich in meinem Kopf umher.

    Die Ereignisse begannen, an mir vorbei zu fluten wie der Tiber bei viel Regenfällen nördlich der ewigen, verkommenen Hure Rom. Also hatte meine ins Blaue getroffene Vermutung doch Bestand. Was hatte Arrecina eigentlich gelernt? Bei ihrer Großmutter waren ihr anscheinend die wichtigsten Grundsätze eines patrizischen Nachkommens einer so hochstehenden Familie wie den Flaviern nicht beigebracht worden: Vertraue niemandem. Liefere Dich niemals Unbekannten aus. Wenn Du eine Sache richtig erledigt haben willst, erledige sie selbst. Mindestens zwei dieser Gebote hatte Arrecina verletzt, und wenn ich mir überlegte, wie Nefertiri nach ihrer ersten Nacht mit dem Germanen ausgesehen hatte, dann befiel mich kalter, glühender Zorn. Es war eine Sache, sehr intensiv mit einer Frau zu schlafen, die das mochte, eine andere, ein junges Mädchen in der Nähe zu haben. Ich wollte mir nicht einmal ansatzweise ausmalen müssen, was er mit meiner Nichte anstellen konnte, vor allem, weil ich wusste, wie leicht entflammbar sie war. Was war nur in sie gefahren? Knurrend stapfte ich meinem Vetter hinterher. Dass der idiotische Torsklave den Fausthieb verdient hatte, war ohnehin keine Frage.


    "Geh und sage Nefertiri, sie soll meine Sachen für eine Reise packen. Mein Schwert mit dazu und Proviant für einige Tage," rief ich dem enteilenden Sklaven nach, der schon Marcus' Auftrag erhalten hatte und nur eilig nickte und weiter rannte, wer wollte schon mit zwei Flaviern, bei denen man nicht wusste, ob sie nicht in den nächsten Momenten vor Zorn explodieren würden, alleine bleiben? Einem anderen Sklaven herrschte ich den Befehl zu, auch mir ein Pferd vorzubereiten, erst dann wandte ich mich meinem inzwischen kreidebleichen Vetter zu. Eindeutig, Aristides trank zuviel. "Ich werde Dich begleiten," informierte ich ihn knapp. Ausserdem würde es zwei Männer brauchen, Rutger zu bändigen, ich hatte ihn nicht umsonst in Aktion gesehen.

    "Ich weiss," sagte ich leise und im gleichen Augenblick fiel es mir unendlich schwer, ihn nicht in meine Arme zu ziehen und zu küssen, diesen Schmerz aus seinem Blick zu vertreiben, diese bedingungslose Selbstanklage, weil er sich als denjenigen sah, der den Tod seines ersten wirklichen Geliebten verantwortet hatte. Er tat mir gleichzeitig leid und im selben Moment wusste ich auch, dass ich längst nicht so war wie er und wohl niemals so sein würde. Unser Erbe machte uns zu ähnlichen Männern, aber nicht zu gleichen, im Gegensatz zu ihm war mein Gewissen deutlich stiller, auch wenn nicht nur ein Toter darauf lastete. Würde er jemals verstehen, was ich war? Würde ich es ihm jemals sagen können? Während die Lidschläge an Zeit verstrichen, tauchte mein Blick in den seinen, und was ich sagen wollte, konnte ich ihm nicht sagen. Ama te. Ich liebe Dich. Genauso, wie ich genau wusste, dass ich es nicht sagen durfte, weil es wohl alles zerstören würde. Seine schimmernden, tränenverhangenen Augen hatten mehr gesagt, als es seine Lippen hätten sagen müssen.


    "Vielleicht wirst Du irgendwann, irgendwann Ruhe finden können, Manius, es gibt nichts, was ich Dir mehr wünschen würde als dies, glaube mir. Und wenn es irgend etwas gibt, was ich tun kann, damit Dir diese Last ein wenig leichter wird, auch wenn ich verstehe, dass Du sie Dir nicht erleichtern willst, werde ich es tun. Weisst Du noch, wie wir als Kinder unser Blut verbanden, um wie Brüder zu sein? Wir sind es noch, und Dein Blut ist in mir wie mein Blut durch Deine Adern rinnt. Du musst nur ein Wort sagen, und ich werde an Deiner Seite stehen." Es gab niemanden sonst, den ich nicht fallen lassen würde, wenn ich mein eigenes Leben in Gefahr wähnte - aber er war anders. Er würde immer anders sein. Vorsichtig zog ich ihn an mich, bot ihm meine Schulter zum Anlehnen, so er sie denn haben wollen würde.

    Wenigstens ging das Trauerspiel nun endlich weiter. Ich hatte es nicht geschafft, mich durch die Menge der Gäste nach vorn zu drängeln, um Gracchus und Antonia gleich zur Begrüßung meine Glückwünsche auszusprechen, aber als sich die Anwesenden auf das Eintreffen des Flamen Dialis und seiner Frau konzentrierten, schob ich mich vorsichtig durch die anwesenden Gäste in Richtung meines Vetters und drückte ihm kurzerhand einen schmalen Streifen Papyrus in die Hand, der von meinem kaputten Cicero-Schrieb noch übrig gewesen war und den ich kurzerhand dafür zweckentfremdet hatte, um meine kleine Botschaft zu überbringen.


    Sprich mich so bald wie möglich in einem ruhigen Moment an. Es gibt für alles eine Lösung.


    Hoffentlich vergaß Gracchus nicht, den Zettel auch zu lesen, denn ich wusste nicht, ob und wie es uns möglich sein würde, uns heute überhaupt in Ruhe kurz zu unterhalten, als Bräutigam stand er naturgemäß mitsamt seiner schönen Braut im Mittelpunkt des Interesses. Ich zwinkerte Antonia kurz zu, wir kannten uns ja schon, blieb aber zunächst stumm, um die Zeremonie der Leberschau nicht zu stören. Hoffentlich war es bald vorüber, und bei dem Gedanken, dass mir dasselbe Theater irgendwann bevorstehen würde, fühlte ich ein recht unangenehmes Magendrücken. Ich ließ meinen Blick über die Anwesenden schweifen, entdeckte dabei tatsächlich das ein oder andere bekannte Gesicht. Tiberius Vitamalacus und Tiberia Calvina galt dabei ein freundliches Nicken, im Fall der jungen Frau gar mit einem Lächeln garniert.
    Als jedoch eine allzu wohlbekannte Person mit einer aussergewöhnlichen Haarfarbe den Raum betrat, stockte mein Atem. Ob sie meinen Brief bekommen hatte? Aber gleichzeitig ahnte ich auch, dass dieser Ausflug in die poetische Schwärmerei wohl etwas sein würde, was eine Frau wie sie jeden Tag erhalten mochte, um es dann nicht zu beachten.

    Es war eine Lektion, die ich als Kind mit Härte und Schmerzen hatte lernen müssen. Beherrsche Dich selbst oder Du wirst stets von Deinen Leidenschaften beherrscht werden. Eine Eigenschaft, die ich von meinem Vater geerbt hatte, war die leichte Entflammbarkeit meiner Sinne, aber auch meines Zorns. Meine Begierden einigermaßen zu unterdrücken und sie dann an anderer Stelle auszuleben hatte ich gelernt, diesen Platz nahm Nefertiri in meinem Leben ein oder zur Not die rechte Hand, wenn es denn gar nicht anders ging, meinen Zorn jedoch hatte ich viele Jahre lang nicht in den Griff bekommen können und es fiel mir auch heute immer noch schwer, darin mein eigener Herr zu sein.
    Auch deswegen hatte ich diese Klinge, einige sorgsam geschnitzte Knüppel und Gerten. In der Villa, die meinem Familienzweig in Hispania gehörte, gab es so manchen Baum, der unter meiner Wut hatte leiden müssen, und mein Körper zog noch immer in der vagen Erinnerung an die Prügel, die ich von meinem Vater bezogen hatte, sobald er mich bei einer Unbeherrschtheit ertappt hatte.


    Manche Dinge lernte man wohl nur, wenn sie mit Schmerzen verbunden waren, und so hielt heute die Luft dafür her, dass ich mir die Wut aus dem Körper schlug. Irgendwann würde ich müde werden, und dann wäre alles vorbei. Kein toter Leib würde unter meinem liegen, und der rote Schleier um mein Innerstes wäre erloschen ... ich zuckte heftig zusammen, als das Knacken erklang, meine Hand umspannte den Griff der Waffe deutlicher, als müsse ich mich gegen einen unbekannten Feind verteidigen. Mit einem Mal war ich hellwach, und dieses Mal glitt mein Blick deutlich aufmerksamer über den Hof.
    "Zeig Dich!" erklang meine Stimme hart und kalt.

    Ich trat ein, nickte ihm höflich zu und schritt gleich in Richtung seines Schreibtischs. "Salve, Septemvir - hast Du vielleicht einen Moment Zeit für mich? Es ist eine recht dringliche Angelegenheit, die finanziellen Mittel des Marstempels und Marskults betreffend." Bevor sich allzu viel Verwirrung deswegen breit machen konnte, fügte ich noch erklären an: "Ich hatte eben Besuch im Tempel, von einem Offizier der Legio ... der sich ziemlich darüber beschwert hat, wie der Tempel innen aussieht. Und Du weisst so gut wie ich, dass es da gewisse Baufälligkeiten gibt. Ich möchte eine Renovierung in die Hand nehmen."

    Es war nicht schwer gewesen, genau das Pferd für den Ritt zu finden, das ich mir vorgestellt hatte, und nachdem mir meine Tätigkeit im Tempel nun doch ein gewisses Einkommen gesichert hatte, hatte ich das Kaltblut aus den nordischen Landen kurzerhand erstanden. Das Pferd war ein Riese, eine breitschultrige und noch breitärschigere Züchtung aus der Zucht kräftiger Ackergäule, dazu sanftmütig und gleichzeitig nicht ganz dumm, das ideale Reitgetier also, um zwei Männer zu tragen, von denen einer zudem noch nicht allzu schwer war, Corvinus war nun einmal deutlich schmaler gebaut, als ich es war. Dass ich Rutger mitgenommen hatte, verstand ich immernoch nicht, aber vielleicht war es die leise Sehnsucht in seiner Stimme gewesen, als ich das Meer erwähnt hatte. Vielleicht war ich auch einfach viel zu nachsichtig mit diesem aufsässigen Stück Sklaven, und würde es spätestens bereuen, wenn sich ein wenig Zweisamkeit mit Corvinus abzeichnen würde.


    Oder hatte ich ihn unbewusst deswegen mitgenommen, damit sich genau dies nicht ereignen würde? Ich vertrieb die Gedanken daran einfach aus meinem Kopf und lenkte meinen lapsus - denn so hatte ich mein Riesentier genannt - in die Richtung meines Reisegefährten. Rutger folgte mir auf einem der schlichteren, ehemaligen Armeepferde, die bei uns im Stall standen und für größere Besorgungen dienten, ab und an mussten auch solche Tiere weiter weg bewegt werden, damit sie keinen Stallkoller bekamen. Ich hob die Hand und grüßte Corvinus mit einem Lächeln.


    "Salve, Marcus! Ich hoffe, Du hast Dich auf einen längeren Ritt eingestellt, ich denke, ich habe genau das richtige Pferd für uns beide gefunden," sagte ich grinsend, als wir ihn erreicht hatten, dann glitt ich vom Rücken des schwarzbraun gefleckten Kaltblüters und kam neben ihm auf dem Boden auf. "Am besten Du gibst Dein Gepäck an Rutger, so groß mein neuer Freund hier auch sein mag, ich will ihm nicht gleichzeitig uns beide wie auch unseren Proviant aufbürden. Das hier ist Rutger, mein Sklave. Er wird uns begleiten, zur Sicherheit. Ausserdem kennt er sich mit längerem Aufenthalt draußen gut genug aus."

    Ich lächelte kaum merklich, als seine Hand über mein Haar strich und das Gefühl einer sicheren Geborgenheit dieser Berührung folgte. So fiel es mir leicht, von der gespannten Aufmerksamkeit loszulassen, die mich irgendwie wach gehalten hatte, damit ich mit ihm sprechen konnte - und schon nach kurzer Zeit forderte mein Körper sein Recht, die Muskeln erschlafften in der Entspannung und ich sank in einen tiefen Schlaf herab, ganz ungeachtet der Tatsache, dass ich mich gerade in einem fremden Haus, in einem fremden Bett befand. Gracchus war bei mir und es konnte mir in seiner Nähe nichts Schlechtes geschehen ...

    Die Vorwürfe des Matinius Plautius nagten, obwohl sein allgemeines Verhalten wirklich nicht besonders höflich gewesen war, er hatte leider in vielem Recht gehabt. Der Marstempel war renovierungsbedürftig, und vielleicht würde mir Valerius Victor ein wenig weiterhelfen können, was die Finanzierung und Suche eines Architekten zu diesem Zweck anbelangte. So hatte ich mich zum Collegium der Septemviri begeben und klopfte energisch an die Tür jenes officiums, von dem ich wusste, dass Valerius Victor zumindest manchmal darin anzutreffen war.

    "Natürlich. Dir einen ruhigen Tag noch, vale!" sagte ich höflich und blickte ihm nach, um dann leicht den Kopf zu schütteln. Was waren denn das für Sitten, in den Marstempel kommen, ohne zu opfern, und ansonsten nur um zu stänkern? Ein wenig genervt wandte ich mich in Richtung der ehrfurchtsgebietenden Statue des Mars und blickte zu ihm hinauf.


    "Wo er Recht hat, hat er Recht, Mamarce, wir müssen für Deinen Tempel wirklich dringend einen Architekten auftreiben, sonst sieht es hier irgendwann aus wie bei den Germanen unterm Bett. Ich denke, das werde ich gleich mal in die Hand nehmen und mich erkundigen, welche Mittel dafür zur Verfügung stehen und ob wir demnächst sammeln gehen müssen .." Ich nickte der Statue noch ruhig zu und machte mich auf den Weg, jemanden zu suchen, der sich mit sowas auskennt.

    Wie trotzig mein kleines Täubchen werden konnte, wenn sie sofort nicht erhielt, was sie begehrte. Zweifellos, bei ihrer Großmutter hatte sie es gut gehabt, wahrscheinlich war sie dort auch ein klein wenig zuviel verhätschelt worden, wenn ich mir nun ihre Worte richtig interpretierte. Und sie schien recht leicht beleidigt zu sein, wenn man ihr klar vor Augen führte, wie ihre Art auch wirken konnte. Der alte, flavische Stolz - wahrscheinlich würden wir irgendwann genau daran krepieren und an den Waffen jener verrecken, denen es nicht mehr gefiel, von einer Familie so behandelt zu werden, als seien alle anderen deutlich weniger wert als sie es tatsächlich waren. Schon immer hatte ich von meinem Vater gelernt und gehört, dass ein Flavier mehr wert war als alle anderen, und man schien diese Werte auch heute noch zu vermitteln. Vielleicht war es gerade dieses Eingeständnis derselben Fehler, derselben Macken, die uns so verband, über das Blut hinaus. Der Hauch der Dunkelheit berührte jeden und ließ ihn nicht mehr los.


    "Wie stark ich bin, mein Täubchen, ist denke ich nicht Teil unserer Unterhaltung. Du weisst selbst sehr gut, wie unmöglich Dein Wunsch zu erfüllen ist, und was uns drohen würde, würde ich Dir diesen Wunsch erfüllen. Egal, wieviel es mich kostet, standhaft zu bleiben," entgegnete ich ihr und wandte den Kopf langsam in ihre Richtung um, betrachtete sie für einige Momente lang schweigend. Kein Zweifel, sie wäre eine süße Frucht, die zu kosten mich nicht nur meine Ehre, sondern auch meine Seele kosten konnte. Genauso, wie ich gleichzeitig wusste, dass ich sie niemals ganz besitzen würde, egal wie ich mich zu handeln entschied.


    "Ich habe Dir in keinem Wort unterstellt, in die Stadt hinauszugehen, um Dich einem jeden anzubieten, Arrecina, und wenn Du meinen Worten genau zugehört hättest, dann hättest Du diesen Vorwurf darin auch nicht vernommen. Ist es nicht so, dass Du mit Deinem eigenen Handeln vielleicht noch nicht im Reinen bist, dass Du diesen Vorwurf so schnell hinter einer simplen Feststellung vermutest? Die Tochter des Flavius Aristides wäre eine gute, eine begehrte Partie, vor allem, wenn sie leidenschaftlich, heißblütig und schön ist. Mach Dir nichts vor, es wird bald viele Bewerber geben, wenn sie erst erkannt haben, was für eine schöne Tochter mein Vetter hat." Nun schmunzelte ich, Arrecina als verletzte Unschuld zu sehen hatte irgendwie etwas Niedliches an sich. Dass eine junge Frau gleichzeitig so lose in ihren Sitten sein konnte und doch noch unschuldig, war eigentlich kaum zu glauben.


    "Nun geh schon, ich will mir das Wasser nicht hierher tragen lassen müssen," fügte ich schließlich noch in einem etwas versöhnlicheren Ton an und registrierte beruhigt, dass sich sämtliche Gedanken an irgendeine Form von Beischlaf irgendwo verloren hatten. Jetzt waren wir wieder Onkel und Nichte und ich hatte zumindest für mich wieder einen gewissen Abstand zwischen uns beide gebracht. "Wir werden dieses Gespräch an anderer Stelle fortführen, aber glaube nicht, dass sich mein Standpunkt wesentlich ändern wird."