Beiträge von Caius Flavius Aquilius

    Ich hatte mich in mein Arbeitszimmer zurückgezogen, zu den Schriften, den Wachstafeln und der Stille, in der ich die besten Gedanken zu fassen und zu finden wusste. Es musste etwas geschehen mit meinem Sklaven, so konnte es nicht weitergehen, zumindest nicht mit diesem latenten Geschmack der Auflehnung, den seine Worte mir gegenüber stets besaßen. Auf Dauer würde sich ein solcher Sklave im Haus als Gefahr erweisen und mir lag nichts ferner, als mir einen Wolf in die Schafsherde zu holen. Also musste es irgendeine Basis geben, auf der ich mit ihm umgehen konnte, oder aber es würde eine Entscheidung herausfordern, die ich noch nicht zu treffen bereit war. Er war stark, hatte die Reflexe eines gestählten Kriegers und in den Augen brannte das Echo der Klugheit - einen solchen Mann sollte man sich nicht zum Feind machen, wenn es nicht unbedingt nötig war, als Freund war er mir nützlicher.


    Ich hatte einen der Haussklaven ausgesandt, dass er mir Rutger finden und herbeibringen sollte, weil ich mit ihm sprechen wollte, und erwartete ihn nun, selbst am Schreibtisch sitzend. Es gab noch einige schriftliche Dinge der letzten Wochen aufzuarbeiten und ich zog es vor, keine Zeit zu verschwenden, seit ich im Tempel arbeitete, konnte ich mir allzu viel Säumigkeit nicht mehr erlauben. Und als besondere Verlockung erwartete mich eine neue Ausgabe der Ars Amatoria von Ovid nach meinem Tagwerk, die letzte Acta hatte mich darauf gebracht, dass ich mir jene so skandalumwitterte Schrift des Dichters wieder einmal anschaffen könnte. Ich griff mir den Stilus und begann, mich in die ersten Briefe zu vertiefen, die Nefertiri auf meinem Schreibtisch gestapelt hatte ...

    "Du fragst Dich, wie es so weit kommen konnte? Diese Erklärung spricht doch für sich selbst, werter Vetter: Er hat nicht die vollständige Erziehung eines Patriziers erhalten, und wie sollte er da auch all jene Dinge leisten, die man von einem solchen erwartet? Es ist kein Wunder, dass sich sein Geschmack und sein Herz auf eine Sklavin richteten, und er ihr gegenüber viel zu weich agiert," sagte ich mit einem nicht zu überhörenden, verärgerten Unterton im Klang der Stimme, während ich den Kopf schüttelte. Es war edelmütig von ihm, dass er die Verantwortung der Familie von mir nahm, aber ich kannte uns beide zu gut, dass es mit Worten niemals getan sein würde. "Der Besuch der Prätorianer vor einigen Wochen war enervierend genug, und ich hoffe, sie bleiben unserem Haus noch lange genug fern, um sich hier nicht dauernd einzunisten. Sie mögen den Kaiser beschützen, aber ich empfinde ihre Gegenwart dann doch als etwas unangenehm." Wie dieser Offizier sich hier aufgeführt hatte, das war schon nahe an der Grenze zur Unverschämtheit gewesen, und solche Dinge vergaß ich nicht, auch nicht von einem Prätorianer.


    "Nun, er schien mir sehr beherrscht. Sein Haus zeugt von seinem schnellen Aufstieg, überall nur das Beste - aber dennoch mit einem gewissen Geschmack. Dumm ist er nicht, der Praefectus, und er war ungefähr so verschlossen wie eine Auster, ließ sich kaum mehr als das nötigste an Information entlocken. Er scheint zumindest nicht wegen der Sache zu zürnen, und da er sich an der Sklavin schadlos halten kann, dürfte er sein Recht - oder sein Vergnügen - schon noch bekommen, wenn er es will." Als mich sein Blick traf, atmete ich leise ein und räusperte mich etwas. "Nun ... wie beschreibe ich es am Besten? Diese Sklavin ist recht widerspenstig und eigenwillig bisweilen. Sie schrieb mir von ihrem neuen Unterbringungsort aus, so habe ich die Sache erst erfahren - und so wie sich ihre Zeilen lesen, war sie verzweifelt. Verzweifelte Menschen haben des öfteren die Angewohnheit, Dummheiten zu begehen."

    Zitat

    Original von Rutger
    Achtlos warf er den Krug beiseite, wo er zerbrach, wischte sich mit dem Handrücken über den Mund, und trat mit fest zusammengepressten Lippen direkt auf seinen "Herrn" zu.
    Kalte Wut schwelte in seinen Augen als er ihn erbittert anfuhr:
    "Ich bin kein Hund, Flavier!"


    "Dann benimm Dich nicht wie einer." Das war meine einige Reaktion zum Benehmen meines Sklaven - und was ich insgeheim befürchtet hatte, bewahrheitete sich in diesem Moment. Dass er noch nicht bereit genug für die Ehre war, mich auf ein solches Fest zu begleiten, aber ich hatte ihn nun mitgenommen, jetzt würde ich damit auch zurecht kommen müssen. Ich neigte den Kopf etwas zu ihm und sagte leise mit fester, beherrschter Stimme: "Ich warne Dich ein einziges Mal, Rutger, bei der zweiten Verfehlung dieser Art wirst Du die nächsten zehn Tage weder sitzen noch liegen können: Sprich in einem angemessen höflichen Ton mit mir." Mochte er zuhause seine widerspenstigen Gedanken äußern, aber in der Öffentlichkeit war ich nicht bereit, dies zu dulden, weder von ihm, noch von irgend jemandem sonst.


    Innerlich seufzend blickte ich in Richtung Medea, mit der ich mir ein Wiedersehen sicherlich auch ganz anders vorgestellt hatte. Die Erinnerung an Athen war in diesem Moment irgendwo ganz weit fort erloschen, und ich musste feststellen, dass mich die gesamte Festivität mit den lärmenden, teils schon betrunkenen Menschen plötzlich seltsam anekelte. "Er ist sehr aufmerksam, das ist wahr," sagte ich beifällig zu ihr und nickte meinem Sklaven leicht zu. Aufmerksam und leider auch ein wenig vorlaut. "In seiner Gegenwart bin ich auf jeden Fall vor Spaßvögeln sicher, die meinen, die herausragend gestaltete Feier mit einigen Fruchtwürfen garnieren zu müssen ... ich hoffe, das war nicht eine missglückte akrobatische Einlage, sondern die Dummheit einiger Rabauken?" Ich schenkte ihr ein leichtes Lächeln, das sowohl sie als auch mich beruhigen sollte, auch wenn ich den Früchtewerfer am liebsten erwürgt hätte, inzwischen war jener sicher im Schutz der Menge untergetaucht.

    Es war viel zu warm für die verdammte Tunika, und ich fühlte mich, als müsse mir sofort der Schweiß aus allen Poren hervorbrechen, als ich sie über meinen viel zu erhitzten Leib streifte, aber anders hatte ich mir nicht zu helfen gewusst. Wenigstens blieb sie auf meinem Bett sitzen, bewegte sich nicht zu mir, vielleicht wäre ich in ausgerechnet diesem Moment ihr anheim gefallen, aber je länger sie mir Zeit ließ, mich wieder zu fassen, desto sicherer wurde ich mir, ihr wenigstens heute widerstehen zu können. Mit einiger Gewalt kontrollierte ich meinen Atem, versuchte ruhig und langsam zu atmen, um auch den Herzschlag wieder auf ein erträgliches Niveau zu bekommen, aber eines war sicher: Solange meine Tunika auf Lendenhöhe ein Zelt bildete, würde ich mich nicht umdrehen, schon gar nicht zu ihr. Ich trat stattdessen zum Fenster, schob den Vorhang etwas beiseite und blickte hinaus, um mir irgendeine Beschäftigung zu geben, die mich vom Arrecina-Anblicken abhalten konnte.


    "Es ist kaum zu glauben, dass ich Dich das letzte Mal in einer Kindertunika sah, noch darauf bedacht, mir irgendein Leckerwerk abzuschmeicheln, und heute ... nun, Dein Geschmack hat sich wohl ein klein wenig gewandelt. Sag mir, Arrecina, wie kommt es dazu, dass Aristides' wohlbehütete Tochter mit ganzem Leib und brennenden Lippen nach einem Mann verlangt? Ich kann mir kaum glauben, dass Deine Großmutter Dir dies lehrte." Der Gedanke allein war schon zum Lachen - Aristides' geschätzte Mutter, die seine Tochter in die Freuden der körperlichen Liebe einführte, seine Welt würde einstürzen bei diesem Gedanken. Nein, das war recht unwahrscheinlich, aber vielleicht hatte es im Haushalt der alten Dame den ein oder anderen schmucken Sklaven gegeben, der meiner Nichte das Brennen beigebracht hatte. Eine Hand stützt ich an den hölzernen Fensterrahmen und neigte mich ein klein wenig vor, abermals tief einatmend. Noch immer prickelte mein ganzer Leib vor Begierde, aber besonders die Lendengegend, und ich ahnte, dass ich früher oder später bei diesem Spiel der Verlierer sein würde. Denn dass sie aufgeben würde, erwartete ich nicht, sie war immerhin eine Flavierin.

    Wenigstens stieß ich bei meinem Vetter auf ein gewisses Verständnis, aber wahrscheinlich wäre auch meine Welt zusammengebrochen, hätte er mich nicht verstanden, er, dem ich mich in diesem ganzen Haus neben Aristides noch am nähesten fühlen konnte. Mit einer gewissen Erleichterung registrierte ich, dass Sciurus den Raum verließ, die Schande unseres Vetters musste nicht vor jedem ausgebreitet werden, ich hätte sie auch vor Nefertiri nicht ausgesprochen.
    "Ihr Götter, nur weil er mit diesem Mädchen geschlafen hat oder was auch immer, ist das doch noch lange kein Grund, ihr alles durchgehen zu lassen, was sie anstellt. Gerade Sklaven muss man sinnvolle Grenzen stecken, oder man hat nie seine Ruhe, weil sie immer wieder irgendeinen Schwachsinn veranstalten!" Grimmig schnaufte ich den Atem aus, mein kleines Sorgenkind Rutger für den Moment so gut beiseite drängend wie nur möglich.


    "Ach, Gracchus, sage das nicht. Mein Familienzweig lud seine Schande auch kollektiv auf dem Rest der Flavier ab, also geht mich Furianus' Verhalten ebenso etwas an wie Dich. In sofern ist es eine Sache, mit der wir uns beide wohl oder übel auseinandersetzen müssen. Der Praefectus scheint zumindest nicht wütend über die Umstände, dass er nun eine weitere Sklavin in seinem Haushalt beherbergt, aber wenn diese Sache an die Öffentlichkeit kommt und irgendwer erfahren sollte, dass Furianus diesem Mann mehr zu trauen scheint als seiner eigenen gens, dann stehen wir wieder einmal da wie die hinterletzten Idioten," kopfschüttelnd lehnte ich mich zurück und blickte starr geradeaus. Dass Felix zumindest diesem Sohn keinerlei Vorsicht beigebracht zu haben schien, dauerte mich doch nicht gerade wenig. Nur wie brachte ich ihm jetzt bei, dass diese kleine Sklavin höchstwahrscheinlich dabei war, irgendeine Dummheit zu begehen. "Ich fürchte, es könnte nicht bei diesem einfachen Ärger bleiben."

    Ich griff mir kurzerhand einen der Stühle und ließ mich darauf nieder, mich gerade noch gut genug beherrschend, mich nicht wie einen nassen Sack darauf plumpsen zu lassen - wobei es weit mehr meiner Stimmung entsprochen hätte als ein elegantes Platznehmen. Ich streckte die Beine aus und versuchte, nicht allzu missmutig zu wirken, auch dass Sciurus anwesend war, schmeckte mir nicht unbedingt, man musste schließlich nicht ständig und dauernd Sklaven um sich haben wie ein Haustier oder irgendein Spielzeug. Nefertiri war ein süßes Ding, aber ich hätte sie nicht dauernd um mich haben wollen, auch nicht, wenn sie bei mir jede Nacht schlief.


    "Es steht nicht in der Acta, und wahrscheinlich wird es nie dort landen, wenn Furianus es nicht an irgendeine Hauswand schmiert," gab ich zurück, ärgerlicher klingend, als ich es gewollt hatte. "Erinnerst Du Dich an diese blonde Sklavin, die er einmal hatte, Nadia? Sie ist wohl mit dem Praefectus Praetorio aneinander geraten, und er hat sie ihm kurz vor seiner Abreise nach Hispania überlassen, damit dieser auf sie aufpasst. Der amüsante Punkt ist jedoch, dass mir der Praefectus sagte, Furianus habe sie ihm überlassen, weil sie in der Villa nicht angemessen bestraft werden könne - ja bitte, wie stellt dieser bucco uns denn dar? Und das vor diesem Karrierecaecilier!" Meine Rechte hatte sich zur Faust geballt und viel fehlte nicht, dass ich sie auf meinen Schenkel hätte knallen lassen.

    Kurz glitt mein Blick über das Gesicht meines Vetters, tranken sein Lächeln mit meinem Blick, als wäre es der Regen, nach dem die Wüste in mir gedürstet hatte, dann trat ich in die Mitte des Raumes und atmete tief ein, versuchend, den Zorn über Furianus in irgendeine geregelte und vor allem auszusprechende Bahn zu lenken. Als sich Sciurus erhob, um sich um den Wein zu kümmern, strich ich die einzige Haarsträhne, die dorthin immer fiel, wenn sie mich ärgern wollte, aus derselben und suchte nach geeigneten Worten. Es schien nicht zu der Arbeitsidylle passen zu wollen, dass ich nun dorthin eingedrungen war, und für einen Moment fühlte ich mich wie ein Fremder.


    "Es geht um Furianus, und ich fürchte, es wird weder Dir noch mir den Abend versüßen, so gern ich dies auch getan hätte, werter Gracchus," entgegnete ich ihm schließlich und suchte seinen Blick. "Er kann es wieder einmal nicht lassen und zieht den Namen unserer Familie erneut durch den Schmutz."

    Jo jung und schon so hitzig, dachte ich unwillkürlich bei ihren Worten und mochte kaum glauben, dass sie diese wirklich aussprach. Wie konnte das sein, dass sie ausgerechnet den Mann begehrte, den sie nicht begehren sollte, und wie konnte es sein, dass ich ihr dieses Begehren am liebsten erfüllt hätte? "Ich wüsste es, und das ist der entscheidende Punkt," versuchte ich meinen irgendwie so sinnlos scheinenden Grenzposten gegen den Ansturm der übermächtig wirkenden Armee einstweilen zu verteidigen. "Ein süßes Geheimnis, mein Täubchen, aber auch eines, das uns vernichtet, wenn uns auch nur ein falsches Augenpaar sehen würde und vermuten müsste, dass mehr zwischen uns liegt als die natürliche Liebe zwischen einem Onkel und seiner jungen Nichte." Zart berührten meine Lippen bei dem Wort 'Liebe' das Ohrläppchen Arrecinas, schmeckten die weiche Haut ebenso wie ihren ureigensten Duft.


    Ihr Körper schien auf dem meinen zu beben, und ich musste tief einatmen, um sie nicht sofort zu küssen. Ob sie schon einen Mann gehabt hatte? Oder zwei? Oder etwa mehr? Sie benahm sich zumindest so, als hätte sie Erfahrung, eine unschuldige Jungfrau hätte sich nicht derart an mich geschmiegt, sich fast an mir gerieben, dass ich genau fühlen musste, welche weichen Rundungen ihre Gestalt inzwischen angenommen hatte. Und wie recht sie hatte. Sie schien mir in diesem Moment die süsseste, verbotenste Frucht von allen, aber ich wusste ebenso gut, dass daran zu naschen schmerzhaft, wenn nicht tödlich sein konnte. Dafür kannte ich sie noch nicht gut genug, und sie durfte auch nicht über mich die Oberhand behalten, das hatte ich schon bei Nefertiri nicht zugelassen und ich würde es meiner Nichte erst recht nicht zugestehen. Nicht so, nicht jetzt. Und schon gar nicht würde ich sie jetzt küssen, auch wenn ihre Lippen so greifbar nahe waren, dass es schon fast ein Unding darstellte, sie nicht zu berühren, vor allem bei dem zarten, feuchten Schimmer, der auf ihnen lag.
    "Ich weiss, dass ich es nicht bereuen würde, Arrecina, schließlich bist Du eine Flavierin, und uns liegt es im Blut," murmelte ich an ihre Wange hin, bevor ich mich mit einer Hand abstützte, sie sanft, aber durchaus nachdrücklich von mir schob, um mich über sie zu wälzen, bis ich es war, der auf sie herabblickte, den Körper halb auf den ihren gelegt, aber sicher nicht vollends, damit sie nicht durch mein Gewicht niedergedrückt würde.


    "Ist es das, wonach es Dir verlangt?" Meine Oberschenkel spreizten langsam ihre Beine, sodass die Schenkel vom Stoff ihrer viel zu dünnen Tunika befreit wurden, nur noch diese dünne Schicht zwischen unser beider Körpermitten lag, denn mein Laken hatte sich bei der Bewegung recht schnell verflüchtigt. "Dürstet es Dich wirklich so sehr nach ein klein wenig Erleichterung, mein süßes Täubchen?" raunte ich ihr zu, mich nun über sie neigend, dass mein Körper fast auf dem ihren zu liegen kam, es ihr unmöglich machte, mir zu entkommen - und sie musste spüren, dass ich sie begehrte, es war kaum zu übersehen im Augenblick. "Solche Spiele sind gefährlich, Arrecina, auch wenn sie süßer schmecken als alles andere." Einen Augenblick, in dem ich meine Lust fest zwischen ihre Schenkel presste, dass sie die Hitze des Fleisches fühlen musste, gönnte ich ihr - und löste mich dann von ihr, erhob mich aus dem Bett, trat an den Tisch und fischte meine Tunika heraus, die ich mir überstreifte, ihr den Rücken zuwendend.

    Ich erhob mich und nickte ihm höflich zu. "Das ehrt Dich, andere Männer hätten dem wohl nicht so viel Aufmerksamkeit zugewandt. Vale, Caecilius Crassus und einen angenehmen Tag noch." Damit wandte ich mich ab und steuerte die Tür an, wo hoffentlich ein Sklave warten würde, der mich hinaus führen sollte. Was für ein Tag! Das würde jetzt ein längeres Gespräch geben müssen, ein sehr eingehendes Gespräch.

    Sie erkannte mich. Und ich wusste, wer sie war, vielleicht besser und genauer als so mancher Mann in diesem Raum. Aber wie hätte sie auch vergessen können, was wir einmal geteilt hatten, auch wenn es nur eine flüchtige Leidenschaft gewesen war, die sie sich hatte überreichlich entlohnen lassen? Medea, die Hetäre - und nun war sie hier, in Rom, inmitten dieser lauten, lärmenden Menschenmenge, inmitten diesem förmlich nach Paarung stinkenden Leuten, die nur hergekommen waren, um ihren Lastern zu fröhnen, weil es an diesem Tag erlaubt war, genauso, wie ich hergekommen war, um mir eine Frau oder einen Mann für die Nacht zu holen. Dass es zu einem solchen Wiedersehen kommen würde, hätte ich nicht geahnt - und auch nicht zu glauben gewagt, dass sie sich überhaupt hier in Rom befand. Wie konnte das möglich sein? Gab es in Athen nicht mehr genug Männer, die sie für ihre Dienste, ja sogar für ihre Anwesenheit fürstlich bezahlt hätten? Aber dies alles, diese hervorragende Kline, das gesamte Fest, es sprach von Geschmack und einer sicheren Hand, die dies alles ausgewählt hatte. Auch der Unterton im Klang ihrer Stimme entging mir nicht, sie schien nicht wirklich erfreut, mit mir einen Teil ihrer Vergangenheit vor sich zu sehen, so wie sie einer der meinigen war.


    "Ich habe mich hier derzeitig niedergelassen und diene im Cultus Martialis als Sacerdos .. URLP!" Meine Erklärung wurde durch einen wuchtigen Hieb in meinen Rücken unterbrochen, ich sah mich zu Boden stürzen, fing mich mit beiden Händen irgendwie ab und hörte Rutger brüllen - die Stimme meines Sklaven kannte ich inzwischen gut genug, um ihn in der Masse herauszuhören. Reflexartig wandte ich mich um, versuchte die Lage zu sondieren, um die Fruchtstückchen zu registrieren, auch den wütenden, fruchtverschmierten Rufus - dann meinen wütenden Sklaven, der auf irgendeinen Fettsack einhieb. Was für ein Chaos, man hätte meinen können, die Theatervorführungen seien von der Straße in den Ludus Magnus verlegt worden. Wenigstens war dieser Moment nicht von Prügeln beendet worden, beziehungsweise, die Prügel trafen diesmal nicht mich. "Rutger! Lass es gut sein und komm zurück!" rief ich ihm scharf zu, als der Dicke seine Unschuld zu beteuern versuchte, bevor ich mich Medea zuwandte und sie musterte. "Ist Dir etwas geschehen?" Ich blickte sie forschend an, vielleicht etwas zu lange als nötig, um dann abzuwarten, dass mein Sklave dem Befehl Folge leistete.

    Ob erwürgen nicht eine doch zu gnädige Strafe für Furianus darstellte? In kleine Scheibchen schneiden gefiel mir in diesem Moment deutlich besser als Vorstellung, vor allem, wenn man sich überlegte, dass er dann in keinem Fall mehr wie ein Schaf glotzen konnte. Grimmig nickte ich, nahm noch einen Schluck des gewässerten Weins und stellte den Becher dann behutsam vor mir ab, anzeigend, dass ich wohl gewillt war, dieses Gespräch zu beenden, allzu viel zu sagen hatten wir uns nicht und ich hatte auch nicht vor, mehr Zeit als unbedingt nötig mit diesem Mann zu verbringen.


    "So löst sich denn alles in verständliches Wohlgefallen auf," sagte ich, auch wenn ich innerlich weit von Gefühlen entfernt war, die auch nur ansatzweise etwas mit Wohlgefallen zu tun hatten. Nadia, oh Nadia, was hatte sie nur angestellt? Es gab Männer, denen man sich einfach nicht in den Weg stellte, und dieser Caecilier gehörte zu ihnen. "Leider hatte mein Vetter es verabsäumt, dieses Arrangement dem Vilicus mitzuteilen, sodass doch einige Fragen offen geblieben sind, aber jene hast Du dankenswerterweise soeben ausgeräumt. So danke ich Dir für Deine Zeit, praefectus."

    Er hatte zweifellos trainiert! Wenn ich geglaubt hatte, auf einen weicher gewordenen Gracchus zu treffen, so hatte ich mich in diesem Augenblick absolut einer falschen Vorstellung hingegeben und würde wohl heute Lehrgeld für meine Fehleinschätzung bezahlen müssen. Gracchus entwand sich meinem Griff - viel geübter, als ich es in Erinnerung gehabt hatte - und da kam schon der nächste Angriff. Ich musste wirklich absolut außer Form sein, oder er hatte sich so entschieden verbessert, ich wusste es nicht zu sagen, denn in diesem Moment war ich viel zu sehr damit beschäftigt, nicht auf dem Boden zu landen. Sein Gewicht traf mich unvorbereitet, ich suchte mit einer Hand nach Halt, griff seinen Schenkel damit, dann wurden wir zu einem wackeligen Konglomerat flavischen Fleisches, schwankten, rangen abermals.


    Schon fühlte ich den Boden unter mir, unter meinen Schultern, wölbte instinktiv den Rücken durch, damit er mich nicht sofort auf den Sand pressen und damit besiegen würde, den Blick zu ihm hinauf gerichtet. Seine Augen funkelten wild, wilder als üblich, viel lebendiger, als er sich sonst unter anderen Menschen gab, und diese Lebendigkeit ließ mich mit einem Mal lächeln. "Das ... bist Du .. ohnehin," gab ich keuchend zurück und wagte noch einen letzten Angriff, indem ich mein rechtes Bein um seine zu schlingen versuchte, um ihn so aus dem Gleichgewicht zu bringen.


    Sim-Off:

    [SIZE=7]Sorry, ganz übersehen .. *hust*[/SIZE]

    Man sollte eigentlich nicht jene aufsuchen, die man zu schätzen wusste, wenn man wütend war, aber heute war es mir einerlei. Immerhin war ich nicht auf Gracchus wütend, sondern auf unser beider stumpfsinnigen Vetter Furianus, und so würde er hoffentlich meine Gemütslage verstehen und nachvollziehen können. Gleich nach dem Besuch in der Casa Caecilia war ich schnellen Schrittes durch die Villa Flavia Felix geeilt und hoffte, meinen liebsten Vetter anzutreffen, und sei es nur für ein Gespräch und einige verstohlene Blicke auf seine Gestalt. Selbst der Gedanke, mich mit ihm zu unterhalten und ein wenig seine Nähe atmen zu können, brachte mich nicht von meiner Wut ab, aber ein guter Teil jener lag wohl auch darin begründet, dass sie so nutzlos war wie ein Regenschauer auf einen Sumpf, denn Furianus würde sich wohl nie ändern in seiner Kopflosigkeit ...
    So klopfte ich an und räusperte mich energisch. "Gracchus? Bist Du zu sprechen?"

    Wie konnte ich nur auf den Gedanken kommen, in meiner süßen, ach so unschuldigen und harmlosen Nichte noch eine Jungfrau zu vermuten? Sie war definitiv keine mehr, und dennoch reizte mich der Gedanken ungemein, sie vielleicht eines Tages auf die Probe zu stellen. Wie verdorben musste man eigentlich sein, um das eigene Fleisch und Blut zu begehren? Zuerst Gracchus, dessen geschmeidiger, sehniger Körper mir nicht nur eine schlaflose Nacht bereitet hatte und noch immer bereitete, konnten wir einander doch nicht haben, und jetzt Arrecina, deren Vater mich nicht nur umbringen, sondern auch vierteilen und frittieren würde, sollte er jemals herausfinden, was wir hier taten und was ich mir vor allem dazu dachte. Wenngleich - beide entstammten einer anderen Linie der Flavier ... nein, ich durfte nicht daran denken und schon gar nicht überhaupt mit diesem Gedanken spielen.


    "Was immer Du sehen willst, mein süßes kleines Täubchen," antwortete ich ihr, nicht minder zweideutig, aber in diesem Moment wollte ich es auch nicht anders. Die Hitze ihres Körpers war dem meinen so fühlbar nahe, dass es mir fast schien, dass sie schon auf mir lag. "Aber sie muss sein, das weisst Du so gut wie ich. Ich bin Dein Onkel, Arrecina, nicht Dein Liebhaber oder sonst irgendwer, der Dir nahe sein dürfte ..." Jetzt war es ausgesprochen, die Grenze war gezogen, sie hatte gezogen werden müssen und gleichzeitig war der Gedanke, ihr Liebhaber zu sein, verlockend und erschreckend zugleich. Wie eng musste der Schoß einer so jungen Frau sein, wie köstlich die Umklammerung ihrer Lenden, ihrer Schenkel? Das dünne Laken über meiner Körpermitte zuckte, genau wie ich und ich war dankbar dafür, dass meine Hand nun ihre Finger hielt, auch wenn sie zuckten und sich gegen diesen Griff zumindest sanft wehrten.


    Wer immer mir diese Versuchung in mein cubiculum geschickt haben mochte, der kannte meine schwachen Stellen leider zu gut. Es war schon schwer genug gewesen, sich bei der blondhaarigen, süßen Nadia zu beherrschen, bei meiner Nichte, die mir im Wesen nach noch viel näher war als jene Sklavin, war es fast unmöglich. Einen unartikulierten Laut von mir gebend, zog ich sie nun doch an mich, ihren fraulichen und mädchenhaften Körper zugleich an den meinen pressend, um sie meine Stärke fühlen zu lassen, aber auch mein Begehren. "Was mich hindert, Arrecina? Das Wissen, dass es verboten ist, dass wir es beide nicht überleben würden ... und dass ich Dich leben sehen will, meine kleine Versuchung, verstehst Du das?" Ich raunte ihr die Worte in ihr kleines, zartes Ohr, genau wie sie es bei mir getan hatte, ebenso den warmen Atem über ihre Haut schickend, wie sie es bei mir getan hatte.

    Es gab Momente, in denen ich meinen Vetter Furianus am liebsten erwürgt hätte. Eigentlich waren es recht viele Momente, vorzugsweise, wenn er mir gegenübersaß und mich mit diesem dümmlichen Plebejerblick maß, den er immernoch nicht losgeworden war, aller Erziehung und allem geistigen Erbe seines patrizischen Vaters zum Trotz. Was für ein Idiot, er hätte Nadia in der Villa lassen können, aber nein, stattdessen postulierte er ein Misstrauensvotum gegenüber seiner Familie, indem er seine Sklavin einem Familienfremden übergab. Wirklich, Furianus würde noch eine Menge zu lernen haben, vor allem, das Ansehen der Familie nicht in aller Öffentlichkeit zu beschädigen. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Hatte er überhaupt gedacht? Langsam wagte ich das zu bezweifeln.


    "Im Augenblick nicht," erwiederte ich schließlich und nahm noch einen Schluck des durchaus gut schmeckenden Weins. Seinen Kellermeister hatte er wohl mit Bedacht gewählt, was für eine gewisse Voraussicht sprach. "Kannst Du mir zumindest sagen, wie es zu alledem kam? Mein Vetter gibt nicht allzu häufig seinen Besitz in fremde Hände, ich muss gestehen, ich bin etwas durch seine Handlungen überrascht." Gracchus musste davon erfahren - in allen genüsslichen Einzelheiten.

    Wenigstens hatte ich einen Teil meines immerwährenden Hungers heute schon stillen können, sonst wäre ich ihr wohl allzu schnell auf den Leim gegangen - aber dass mir ihre Nähe keineswegs unangenehm war, musste ich ebenso eingestehen wie die Tatsache, dass sie für mich inzwischen alles Kindliche verloren hatte. Sie hatte zwar diesen Anstrich der Unschuld, der jugendlichen Frischheit, aber gleichzeitig war sie auch eine Flavierin, Aristides' Tochter, und ich konnte mich an die Abende, die wir gemeinsam mit irgendwelchen Frauen und sehr viel Alkohol verbracht hatten, nur zu gut erinnern. Wenn auch nur ein Bruchteil ihrer Persönlichkeit ein Erbe ihres Vaters, meines Vetters, darstellte, dann war in ihr in etwa soviel Unschuld wie in einer vierzigjährigen lupa. Nicht, dass mir das nicht gefallen hätte, vielleicht machte dies alles noch viel reizvoller, als es sein sollte, als es sein durfte. "Wir könnten einmal gemeinsam in die Stadt gehen. Wenn Du willst, zeige ich Dir, wo ich arbeite - die Tempel des Mars sind sehr eindrucksvoll und immer einen Besuch wert." Konversation. Wem normale Worte ausgingen, der musste sich eben auf weniger brisante Themen verlegen.


    Dieser feuchte Schimmer auf ihren Lippen, ihr Götter! Sie war mir so nah, dass ich sie nur mit der Hand im Nacken würde packen müssen, um sie ganz zu mir herab gezogen zu haben, bis sich unsere Körper berühren würden, war es nur ein kleines Stück, ein schnell zu überbrückender Abstand. Schon kitzelten mich einige ihrer Haarsträhnen auf der nackten Haut und verstärkten den Reiz, den ihre Fingerspitzen ausübten. Meine Bauchmuskeln begannen zu brennen, als sie ihre Finger darüber führte, dann spürte ich das Zucken unter der dünnen Leinendecke, das wohl auch kaum zu übersehen sein mochte, als meine Lust deutlichere Formen annahm. "Es ist immerhin mein cubiculum, wenn hier einer darauf ein Recht hat, sich hier unbekleidet aufzuhalten, bin ich das," flüchtete ich mich in gesprochene Worte, wohl wissend, wie wenig es mir helfen würde.


    "Ich fürchte, dass Deine Art der Heilung mir früher oder später nur weitere Schmerzen bescheren würde, mein süßes kleines Täubchen, spätestens wenn Dein Vater erfahren sollte, dass Du hier bist und mir Deine Anwesenheit ganz und gar nicht unangenehm ist." Sanft legte ich meine Hand auf die ihre, hielt sie so fest, stieß sie aber noch nicht weg. Ich hoffte, es würde ihr deutlich genug zeigen, wie weit ich bereit war, unser kleines Spielchen in diesem Moment gehen zu lassen. Sachte bebten meine Nasenflügel, als ich ihren verlockenden Duft einatmete, der so viel ihrer ganz privaten Duftnote mit sich trug - und ertappte mich gleichzeitig bei der Überlegung, wie sie wohl schmecken würde.

    Nach den missglückten Vinalia hatte ich mir zum Ziel gesetzt, wenigstens zu den ludi romani wieder auf die Beine zu kommen, und die hingebungsvolle Pflege so mancher Hand in der Villa Flavia hatte es wieder geschafft, mir sowohl meine Kraft als auch ein passables Aussehen zurück zu bringen. Nefertiri hatte mich am Abend noch einmal rasiert, sodass nicht auch nur die Andeutung eines Barts meine Wangen umwölkte, an diesem Abend wollte ich einfach nur eindrucksvoll aussehen, denn bei der cena liber musste ein Mann erst einmal hereingelassen werden, wenn er teilnehmen wollte - als verlottertes Subura-Gezücht standen die Chancen enorm gering, also musste eine ordentliche Aufmachung her. So hatte ich mich auch für eine dunkelrote Tunika entschieden, die einen Teil der Oberschenkel noch zeigte, und natürlich die Toga, denn über dieses antiquierte Modeunglück ging nichts, wenn man Eindruck machen wollte, und genau das hatte ich an jenem Abend vor. Mit meinem Sklaven Rutger im Schlepptau, dem ich ebenso eine neue, dunkelrote Tunika gegönnt hatte, damit er mir an diesem Abend keine Schande bereiten würde und optisch zu mir passte, hatte ich mich mit einer Sänfte durch die Straßen Roms tragen lassen - noch einmal wollte ich das Risiko eines Überfalls nicht eingehen, selbst mit Bewachung nicht - und so erreichten wir den ludus magnus zur angemessenen Stunde.


    "Halte Dich vorerst an meiner Seite," sagte ich zu meinem widerspenstigen Germanen, der mit etwas Glück und dank seiner Statur vielleicht heute abend auch ein wenig Glück haben würde - man hielt Männer eben am besten bei Laune, wenn man ihnen ab und an etwas Entspannung gönnte, und die Menge an schönen römischen Frauen würde heute abend enorm groß sein. Aber auch die muskulösen Männer, die morgen um ihr Leben kämpfen würden, beflügelten meine Phantasie nicht unbeträchtlich, am liebsten wäre ich hier mit Gracchus hergegangen und hätte mich mit ihm irgendwann in eine einsame Zelle zurückgezogen ... aber jetzt mussten wir erst einmal in das Innere gelangen. Schon die breitschultrigen Schwarzen mit der ölig glänzenden Haut boten ein verlockendes Bild, und ich schritt kurzerhand voran, als hätte ich ein Recht dazu, mich hier aufzuhalten, Rutger direkt hinter mir - und tatsächlich, das Kunststück klappte, man hielt mich nicht auf, was mich wieder zu der Überlegung brachte, dass man mit ausreichend Dreistigkeit fast überall hin gelangen konnte. Oder aber die Türsteher waren gerade zu sehr damit beschäftigt, einer Gruppe Frauen mit wackelnden, ausladenden Hinterteilen nachzustarren, ganz sicher war ich mir nicht - aber nur ein Dummkopf hinterfragte sein Glück zu sehr, denn irgendwann würde er vielleicht keines mehr haben.


    Zwei ausgesprochen zart aussehende junge Frauen, die einander so ähnlich sahen wie ein Ei dem anderen, mit blondem Haar und heller Haut, gekleidet in so dünne Gewänder, dass es mir fast schien, als könnte man ihre Brustknospen unter dem cremefarbenen Stoff ausmachen, schlüpften an mir und Rutger vorbei und unterhielten sich kichernd miteinander. "Was meinst Du, werden wir heute einen Mann für uns finden?" - "Aber ganz bestimmt. Welcher Mann kann schon zwei Frauen widerstehen, die ihn gleichzeitig verwöhnen?" - "Meinst Du, wir finden einen, der lange genug durchhält?" - "Schau doch, der dort drüben, wie hiess er doch? Quadratus, genau. Sieh Dir diese Muskeln an, der hält bestimmt mindestens viermal durch." - "Nur vier Mal? Du bist heute bescheiden!" Während einigen Männern, an denen sie vorbei gekommen waren, angesichts dieses Dialogs sowohl Augen als auch Zungen hervorquollen, kicherten die beiden nur und machten es sich gemeinsam auf einer der freien Klinen bequem, Rutger und ich wurden von der sich hier drängenden Menge weiter in das Innere gespült, vorbei an lachenden und scherzenden Menschen, die bester Laune schienen.


    Ich blickte mich hingegen ein wenig um und erreichte schließlich einen Teil des Geschehens, in dem die prominenteren Besucher sich aufzuhalten schienen, hier schwirrten auch die meisten Sklaven herum, die sich um die Bedienung der Gäste kümmern sollten. Während ich versuchte, mich zu orientieren, fiel mein Blick auf einen roten Lockenschopf und ich sah unwillkürlich genauer hin, hatte ich diese Farbe in ihrem natürlichen Zustand doch schon lange nicht mehr gesehen, das letzte Mal war es in Athen gewesen, die Haarpracht einer ganz besonderen Frau. Ich wartete ab, bis sie mir ihr Profil zeigte, dann machte mein Herz unvermittelt einen Sprung, setzte im Schlag aus und mit einem Mal verblasste der Trubel der cena liber um mich herum, ließ mich wie einen Trottel inmitten Weiser stehen. Das konnte nicht wahr sein, was machte sie hier? Ohne darüber nachzudenken, schob ich mich näher an diese Kline heran, auf der gerade ein Gladiator dabei war, einen hellhäutigen, schlanken und formvollendeten Schenkel mit dem Gesichtsausdruck eines Genießers eines seltenen, erlesenen Weins küsste, und blieb dort stehen, diese Frau ein weiteres Mal betrachtend. Ohne Zweifel, sie musste es sein. "Medea. Wie schön, Dich einmal wiederzusehen," sagte ich und blickte in das Gesicht der amtierenden Aedilis Plebis, Artoria Medeia.

    Seine Reaktion war faszinierend, denn er reagierte fast gar nicht. Das war für mich auch ein novum, denn die meisten Sklaven schätzten Schmeicheleien und Komplimente, die ihnen glauben machten, dass sie von ihren Herren geschätzt wurden. Aber Sciurus benahm sich, als hätte ich über das Wetter oder die nächsten Pferderennen gesprochen, erstaunlich. Fast gefiel mir der Gedanke, die besonderen Vorlieben dieses jungen Mannes herauszufinden, irgendwann, wenn mein Körper sich wieder wie der meinige anfühlen würde, und nicht wie ein Bündel volle Schmerzen, das explodieren konnte, sobald ich mich bewegte. Dass Gracchus zurückkehrte, ließ ein vages Lächeln auf meinen nun endlich wieder sauberen Lippen erscheinen, auch hier hatte Sciurus das Blut weggetupft und mir wieder ein erträgliches Aussehen verliehen, zumindest vermutete ich das recht stark.


    "Es geht wieder. Dein Sklave hat ruhige Hände, Manius," antwortete ich meinem Vetter und blickte zu ihm auf, bevor ich kurz meine Hand auf seinen Unterarm legte und diesen drückte. "Mach Dir nicht zuviele Gedanken. Ich lebe noch und ich habe nicht vor, diesen Zustand in den nächsten Stunden in irgendeiner Form zu verändern. Du würdest Dich nur langweilen in dieser riesigen, furchtbaren Villa, und das kann ich doch nicht zulassen." Ich blinzelte ein paar Mal, aber das Lächeln blieb auf meinen Lippen dabei. Gracchus' Gesicht zu sehen tat gut, und wieder einmal dankte ich im Stillen den Göttern dafür, dass sich unsere Wege auch in Rom wieder gekreuzt hatten. "Ist das Opfer gut verlaufen?" Wieder drückte ich seinen Arm leicht, und für einige Momente lang wünschte ich mir im Stillen, er könnte nun neben mir liegen und ich mich in seine Umarmung fallen lassen, wie wir es früher ab und an gegenseitig getan hatten.

    Sie war bestimmt keine Jungfrau mehr! Nicht mit diesem Blick, der so vieles verhieß, so viele Sehnsüchte und Möglichkeiten in sich trug, mehr, als ich fassen konnte und wollte. Diese zarte Röte auf ihren Wangen erinnerte mich an eine nicht minder verlockende junge Frau, aber diese war nicht nahe und ich verbannte die Gedanken an ihr helles Haar aus meinem Kopf, wie ich auch versuchte, sämtliche Verlockungen meiner Nichte aus meiner leider allzu kreativen Gedankenwelt zu verbannen.
    "Du würdest die ganze Zeit nur von den Soldaten angestiert werden, mein kleines Täubchen, und am Ende erfüllst Du ihre abendlichen Träume und nächtlichen Phantasien so sehr, dass sie alle hinter Dir herschleichen und davon träumen, Dich zu haben ... glaube mir, die erste Zeit ist es vielleicht schmeichelhaft, aber irgendwann werden diese dringenden Wünsche, Dir nahe zu sein, zu einer Menge Ärger führen und Dein Vater muss sich am Ende noch mit der halben legio wegen Dir prügeln ...würdest Du das riskieren wollen?"


    Wobei ich mir sehr gut vorstellen konnte, dass Aristides dabei einiges an Spaß haben würde, so wie ich ihn bisher kennengelernt hatte - aber auch an Aristides und seine fliegenden Fäuste wollte ich jetzt nicht wirklich denken. Meine Haut prickelte unter ihrer Berührung und ich entdeckte den Wunsch in mir, dass sie weitermachen sollte - nur noch ein wenig, ein ganz klein wenig, auch wenn es so herrlich verboten war. Ich würde ihr Einhalt gebieten müssen, aber noch nicht jetzt.


    "Etwas zu heilen?" wiederholte ich, ohne verhindern zu können, dass meine Stimme nun etwas kratzig und belegt klang. "Meinst Du, ich bedarf noch so sehr der Heilung, wenn ich mich doch im Schoß meiner Familie befinde, und dort sicher sein kann - meine müden Glieder ausruhen darf und erholsam schlafen? Oder welcher Art wäre jene Heilung, die Du mir anbieten könntest, mein süßes Täubchen?" Sie kam mir so nahe, viel zu nahe, ich konnte schon ihren Duft wahrnehmen und überlegte automatisch, was sie wohl als Parfum verwendete und wie ihre Haut schmecken würde, wenn ich sie mit meiner Zunge kostete. Meine Lippen formten ein vages, amüsiertes Schmunzeln, als ich fortfuhr: "Oder gefällt Dir der Gedanke etwa, mit einem nackten Mann in seinem cubiculum zu weilen? Gefiele es Dir, genau zu wissen, dass diese Soldaten den Leib unter Deiner dünnen Tunika ersehnen wie der Verdurstende das Wasser?"

    Ob sie noch Jungfrau war? Gleichzeitig hätte ich mich für diesen Gedanken schlagen können, denn es war da allerletzte, woran ich in diesem Augenblick denken durfte. Glücklicherweise lag dieses weiße Laken über meiner Lendengegend, dazu meine Hand, und verdeckte die Tatsache, dass der Gedanke allein schon ein leichtes Pulsieren meiner Lust hervorgerufen hatte. Wo blieb nur Nefertiri? War sie auf dem Weg zum Abtritt von wilden Germanen überfallen worden oder wieso ließ sie mich so lange alleine? Es war doch nicht zu fassen, da brauchte man diese Sklaven einmal, und sei es nur, um den nötigen Abstand zwischen Onkel und Nichte durch bloße Anwesenheit zu schaffen, und sie erschienen nicht. Aber zumindest eines überzeugte mich davon, dass sie auch mit mir verwandt sein musste, nicht alleine nur mit dem Rest der römischen Flavier - sie schien gern zu spielen, und vor allem mit den Dingen, an denen man sich allzu leicht die vorwitzigen Finger verbrennen konnte.


    "Dein Lächeln hat sich auch nicht verändert, mein kleines Täubchen," entgegnete ich ihr und suchte ihren Blick - hatte sie gerade wieder auf meinen nackten Leib geblickt oder bildete ich mir das nur ein? "Und ich fände es schade, Dich so schnell wieder missen zu müssen, auch wenn ich natürlich auch Deinen Vater verstehen könnte, wenn er Dich in seiner Nähe behalten will. Viel hattet ihr ja auch nicht voneinander." Ich bewegte mich auf dem Bett ein wenig, drehte mich ihr zu, sodass ich auf meiner Hüfte zu liegen kam und eine eventuelle Erhebung nicht mehr so leicht zu sehen sein würde. "Ich habe sie nur vage erkannt, und selbst wenn, Rom ist groß. Diese Bastarde zu finden dürfte ein Ding der Unmöglichkeit sein - sie haben die günstige Gelegenheit genutzt, Arrecina, und ich bin durchaus froh, dass es so glimpflich abging."


    Was tat sie da, ihr Götter! War nun Venus gekommen, um Mars zu versuchen? Eine sichtbare Gänsehaut folgte der Berührung ihrer Finger, und ich musste mit aller Gewalt den Wunsch unterdrücken, dieses reizende Wesen zu mir herab zu ziehen. Waren die Weiber denn nur dazu geschaffen, mir möglichst viele qualvolle Stunden zu bescheren? "Was ich verstecke, ist sicher keine Blessur, mein Täubchen, ausser meine Gespielin wäre so eng gebaut wie ein Weizenkorn ..." In dem Moment, in dem mir die Worte über die Lippen geglitten waren, hätte ich am liebsten den Schädel an die Wand geschlagen. Aristides würde mir die Haut über die Ohren ziehen, würde er jemals erfahren, wie ich mit seiner Tochter sprach!