So langsam ging mir diese Frau wirklich auf die Nerven. Versuchte sie immer mehr, ihre Unschuld zu beweisen, deutlich zu machen, dass sie doch keine Sklavin war, desto weniger schenkte ich ihr Glauben. Wer, wenn nicht eine flüchtige serva oder ein flüchtiger servus, würde sich in einer solchen Dunkelheit durch die gefährlichen Straßen Roms wagen? Zudem so 'abgemagert' und in solch minderwertige Kleidung gehüllt? Für mich gab es keinen Zweifel und wenn ich doch falsch liegen sollte, so wäre es zumindest bis zum Carcer meine Aufgabe, dies herauszufinden ... und zwar nicht, indem ich nur auf ihr Wort hörte. Dem konnte man nämlich einfach nicht glauben.
“Das ist mir ziemlich ... egal!“ erwiderte ich leicht arrogant und einem merkwürdigen Funkeln in den Augen, welches allerdings in der Dunkelheit untergehen würde. War vielleicht auch besser so, denn das würde sie nicht noch mehr verschrecken und sie würde nicht grad wie ein aufgescheuchtes Huhn durch die Gegend rennen. Einen kurzen Moment hielt ich mit meinem Gang inne, musterte sie ein weiteres Mal ihre schemenhafte Gestalt in der Finsternis, packte sie wieder grob an der Schulter und trieb sie wieder vor mich her, nachdem ich sie gewaltsam in die andere Richtung gedreht hatte. Wenn sie das noch öfter machen würde, kämen wie nie mehr in die Castra. Warum musste so etwas bei meiner Patrouille passieren? Warum konnte ich nicht einfach die gewohnte Runde abgehen, nichts finden und dann wieder in die Unterkunft des Kastells gehen, um dort den Rest des Tages, oder der Nacht, zu verbringen. Aber nein! Eine Sklavin aufgegriffen, die dann auch noch in eine Zelle gesperrt werden musste, man würde sie verhören, was sicherlich wieder an mir hängen blieb und vieles mehr. Da war der Rest vom Tag mal wieder gerettet, dachte ich voller Ironie vor mich her und schupste Nortruna immer mal wieder ein kleines Stück nach vorne, wenn sie wieder ihren Gang verlangsamte.
“Eigentlich solltest du dich glücklich schätzen! Du bekommst eine schöne Zelle ...“, auch wenn diese eiskalt war und einen leicht moderigen Geruch hatte, der fast schon pervers mit dem Pechgeruch der Fackeln harmonierte. Dazu gab es dann eine schöne Vollkost in Form von Brot und Wasser, manchmal auch eine Suppe, die allerdings mehr Wasser, als Suppe war. Das verschwieg ich aber, denn das würde sie nicht gerade dazu bringen, freiwillig mitzukommen. “... und Essen gibt es. Schau dich doch mal an! Was glaubst du, wie lange du es alleine hier draußen durchhalten würdest? Ich gebe dir maximal eine Woche, aber wirklich maximal. Eher drei bis vier Tage.“
Vielleicht war das ein Weg, sie zur Vernunft zu bringen...