Unweigerlich rollte ich die Augen. Das durfte ja alles nicht wahr sein. Wieso hörte sie nicht einfach auf das, was man ihr sagte? Glaubte sie denn wirklich, ihr würde Leid und Schmerz erspart bleiben, sollte sie in ihrem Loch dort bleiben? Glaubte sie wirklich, wir würden nun resignieren und von dannen ziehen, damit sie weiter flüchtig wäre und wohlmöglich noch Ärger anstellen würde? Wenn ja, so hatte sie einen falschen Glauben, denn sie würde mit uns kommen, auch wenn sie nicht wollte und sich dementsprechend wehren würde. Ich tat ja auch nur meine Arbeit, erledigte die Aufgabe, für die ich ausgebildet wurde. Ein Scriba schrieb seine Berichte, ein Priester opferte den Göttern und ich ... ja ich löschte Feuer und fing herumstreunernde Sklaven ein. Daran konnte ich nichts ändern und solange ich Optio war, würde das auch weiterhin meine Aufgabe bleiben ... aber das interessierte sie ebenso wenig, wie es mich interessierte, ob sie bei ihrem Herrn Schmerz und Leid erfahren würde. Das wäre nicht mehr Sache von mir.
“Weib, ich habe es im Guten gemeint, aber wenn du so stur bleibst ...“ ich musste grinsen, ehe ich fortfuhr: “ ... naja, mir machen deine Schmerzen nichts aus!“ Ich nickte Pictor kurz zu, der auch sofort das Gladius zurücksteckte und mir seine Fackel reichte. Noch sollte ihr unnötiges Leid erspart werden, denn wie sagten schon die alten Künster: Wegnehmen kann man immer wieder, dranmodellieren dagegen nicht. “Wie hättest es denn gerne, Süße?“ raunte der Vigil der Germanin zu, ehe er mit seinen Händen in die Halbdunkelheit griff und mit seinen starken, rücksichtslosen Händen erst die Tunika und schließlich auch die Haut darunter packte.
“Mach nicht zu feste. Sollten wir den Herrn nicht ausfindig machen können, so wollen wir doch ein makelloses Stück auf dem Sklavenmarkt haben! Du würdest nur den Verkaufspreis unnötigerweise herabsenken.“ – “Alles klar Optio“ erwiderte er, immer noch mit einem lüsternen Grinsen. Er würde sicherlich rein aus versehen eine kleine Fahrt zu ihren Brüsten unternehmen und vielleicht konnte er es sogar arrangieren, die Wache bei ihr zu übernehmen. Dann hatten sie beide ein paar ungestörte Stunden ... alleine. Bei diesen Gedanken bekam Pictor ein seltsames Funkeln in den Augen, welches seine Absichten nur allzu offensichtlich verriet. “Hr kleine, wir werden noch Spass haben!“ flüsterte er, damit es sein Vorgesetzter nicht hören konnte, eher er versuchte, sie nun gewaltsam aus der Nische zu zerren.
Mit drei Schritt Abstand beobachtete ich das seltsame Schauspiel und fragte mich, was der Vigil nur so viel mit der Sklavin sprach. Er kannte sie doch wohl nicht? Nein, das würde er mir sagen, zumindest müsste er wahrheitsgetreu antworten müssen, sollte ich ihn einmal darauf ansprechen. So aber machte ich mir nur meine Gedanken und wartete darauf, dass die Sklavin endlich aus dieser verdammten Ecke herausgeholt wurde, damit man sie zur Castra Vigilum bringen konnte. Dort wartete schon eine warme und gemütliche Zelle auf sie. Nunja ... warm und gemütlich war sie eher nicht, aber das musste sie jetzt ja auch nicht erfahren, man wollte sie ja nicht noch mehr schocken und wenn sie glaubte, dort würde sie eben ein warmer und gemütlicher Platz im Carcer erwarten, dann kam vielleicht ja doch noch die Vernunft. Man sollte schließlich optimistisch denken.