Nun fing diese störrische Sklavin auch noch an auszutreten. Ihre Tritte waren nicht unbedingt fest und zudem traf sie nur das Schienbein, welches sowieso von den gehärteten Lederbeinschienen geschützt wurde, und ich somit zwar merkte, dass sie trat, es allerdings nicht als Schmerz empfand. Ich zerrte ihre Arme auf dem Rücken noch ein kleines Stück nach oben, gleichzeitig aber auch in meine Richtung, um ihr Entgegenwirken zu verhindern. Sie sollte sich diesem Schmerz nicht entziehen, denn sonst würde sie nie nachgeben und wir müssten uns noch die ganze Nacht mit ihr rumschlagen. Mein Blick wanderte herüber zu Pictor, der noch immer leicht neben der Spur war und etwas unbeteiligt dort herumstand. Mit leicht aggressivem Ton sprach ich ihn wieder an:
“Pictor! Pictor! Bind ihre Hände hinter dem Rücken zusammen, bevor sie noch anfängt zu schlagen!“ Doch der Vigil reagierte nicht, sondern packte sich nur an die Stirn und schüttelte kurz den Kopf, ehe nach einer fast endlos erscheinenden Zeitspanne eine Antwort auf meinen Befehl gab.
“Hm ... öh .. was?“ “Pictor, das Seil!“ Er schaute erst mich und dann Nortruna leicht irritiert an, bevor seine Hand hinunter zu seinem Ledergürtel wanderte, an dessen Seite das feste Seil hing. Mit einem zaghaften Nicken entwirrte er es und trat einige Schritte näher auf uns zu. Wieder riss ich an den Armen der Sklavin und gab ein kleines Stück Haut am Handgelenk frei, damit der Kamerad das Seil darum schnüren würde, was er auch zügig tat.
Es war ein stabiles, wenn auch sehr grobes Seil, was beim engeren Zusammenschnüren, wie Pictor es tat, schmerzhaft an den Handgelenken scheuerte und man nur froh sein konnte, sollte dieses Seil wieder weg sein. Besonders widerspenstige Leute hatten sich damit schon die komplette Haut am Gelenk 'abgeschabt' und das tat dann auch weh, wenn die Fessel nicht mehr angelegt war.
“Is das so jut?“ fragte der Soldat, während er mit einem prüfenden Blick den Freiraum begutachtete und dann nur zufrieden nickte. “Jo, dat müsst so gehen.“
Ich zuckte nur mit den Schultern, da ich an meiner jetzigen Position das nicht wirklich gut ausmachen konnte und so vertraute ich schweren Herzens dem Vigil.
“Gut, wir gehen dann zurück zur Castra. Unterwegs holst du noch die beiden anderen. Zur Not treffen wir uns spätestens in der Castra Vigilum, aber ihr solltet euch schon beeilen, nicht dass ich sie alleine jagen darf, sollte sie tatsächlich abhauen können!“ Wovon ich natürlich nicht ausging. Pictor nickte nur militärisch knapp und ging dann einige Schritte in Richtung der Kreuzung von wo wir kamen. Einige Meter hinter ihm schuppste ich die Sklavin vor mich, sie an einem der Seilenden haltend, welches um ihre Handgelenke gebunden waren.
“Mit welchem Grund wir dich abführen? Na weil es unsere Aufgabe ist und das du nichts getan hast, stimmt so nicht ganz, denn allein dass du zu dieser Zeit auf freiem Fuß bist, ist ein Vergehen. Die Vermutung, dass du von deinem Herrn abgehauen bist, liegt sehr nahe!“ antwortete ich auf ihre Frage mit einer merkwürdigen Mischung aus warmen und blumigen Tonfall, der aber unterschwellig doch eine recht distanzierte Kühle aufwies.