Beiträge von Marcus Helvetius Cato

    Nicht lange dauertes es, bis die große Tür geöffnet wurde und ein angeketteter Sklave erschien, um mich nach meinem Begehr zu fragen. Kurz spähte ich an ihm vorbei, in die Casa hinein, versuchte einen kleinen Blick zu erhaschen, ließ dann aber meinen Blick wieder auf den Sklaven ruhen, dessen grollende Stimme noch immer in meinem Schädel zu beben schien. Wieso konnte man sich denn nicht einmal einen vernünftigen, anpassungsfähigen Sklaven aneignen? Das würde mir nie in den Kopf gehen, aber jede Gens hatte bekanntlich seinen eigenen Geschmack und so hörte ich auf, mir Gedanken zu machen und antwortete:


    “Salve Sklave. Ich bin Marcus Helvetius Cato und möchte mit meinem Patron, Flavius Furianus sprechen!“ Meine Stimme war schneidend kalt, eine Angewohnheit, die man sich als Vorgesetzter irgendwann automatisch gegenüber 'niederen' Personen angeeignet hatte, und mir machte es auch nichts aus, diese Tonlage bei fremden Sklaven zu benutzen.

    Wie lange saß Cestianus nun schon in dieser Zelle? Verdammt es kam ihm vor wie ein paar Stunden, aber es waren nicht einmal fünf Minuten hier. Da war sie wieder, diese Beklommenheit und nun, als im klar war, dass er wirklich in einer Zelle steckte, am Ort seiner Albträume, bekam er es fast schon mit der Angst zu tun und hämmerte von innen gegen die schwere Tür. Seine Stimme dagegen versagte vollständig und er brachte kein einziges Wort heraus. Nur ein unliebsames Krächzen war die Reaktion auf das Gelächter zweier unbekannter Männer vor der Tür. Er konnte sie nicht sehen, weil die Klappe des Gitterbewerten Gucklochs in der Tür von außen versperrt war und so kam auch abgesehen von dem winzigen Türspalt und noch ebenso kleinen Schlüsselloch so gut wie kein Licht in die Zelle. Alles was er sah waren unterschiedliche Abstufungen von Grau. Hellgrau in der Nähe der Lichtquelle, dunkleres Grau zwischen Licht und Dunkelheit und ein extrem dunkles Grau bis schwarz in den entlegensten Ecken der Zelle. Alles was er hörte war sein eigenes Krächzen, sein pochendes Herz, welches fast noch das Lachen der Männer übertönte, wie es unablässig und laut in seinem Ohr pulsierte und nicht langsamer werden wollte. Und alles was er fühlte war der nackte und kalte Stein an der Wand. Kalt, fremd und unbarmherzig. Er hatte das Gefühl, dass er nie mehr hier heraus kommen würde und diese Steine auf ihn niederprasseln würden und er auf ewig dort begraben wäre.


    Mit einem Schlag änderte sich die Situation aber, als das Gelächter verstummte. Für einen Augenblick dachte Cestianus, er wäre nun völlig allein. Allein in dieser Dunkelheit und er wünschte sich nichts sehnlicher, als dass Naso damals ihm ein Ohr geschenkt hätte und gesagt hätte: 'Ja, wir teilen wem anderen die Aufgabe zu. Aber nichts dergleichen war geschehen. Nun, aber war es still. Totenstill. Nicht einmal die Mäuse machten Geräusche, das Pochen des Herzens hatte aufgehört, sein Krächzen verstummte und es schien auch wenn er seine Hände gegen das Holz schlug, als wäre das Geräuschergebnis gleich Null. Wieder änderte sich alles, von einem Wimpernschlag auf den anderen. Die Klappe vor dem Guckloch wurde weggerissen und helles, blendendes Fackellicht drang an seine Augen vor und er dachte, jeden Moment zu erblinden, bis sich ein Schatten auf sein Haupt niederlegte. Ein Gesicht, nein, nur das Auge eines Gesichtes erschien vor dem Guckloch und musterten Cestianus eindringlich.
    “Man, lasst mich raus. Ihr hattet euren Spaß ... lasst mich hier heraus! Bitte!!!“ wimmerte Cestianus, während er mit seinen kurzen Fingernägeln am dicken Holz lang schabte, was unnatürlich grässliche Töne von sich gab. „Du ...“, ertönte eine raue Stimme, die ihm ganz und gar nicht geheuer vorkam. Waren das wirklich seine Kameraden? Er kannte niemanden mit einer solchen Stimme, das war ja unmenschlich. „... du glaubst wirklich, wir machen das zum Spaß?“ Ein böses Lachen ertönte und der Schatten verschwand, um wieder dem hellen Fackelschein Platz zu machen. Mit zusammengekniffenen Augen konnte Cestianus den Umriss von zwei, in dunklen Gewändern gekledeitete Männer erkennen. Es war nicht solch ein pseudo-böses schwarz, sondern ein unauffälliges dunkles Braun, wie es viele Bauern trugen. Das ließ sie in seinen Augen noch gefährlicher wirken, denn sie verstanden etwas von Tarnung. Verdammt was wollten sie? Was wollten sie von ihm? “Aber was wollt ihr dann?“ sprach er nur seine Gedanken aus und wartete auf eine Antwort, die allerdings eine quälend lange Zeit ausblieb...

    Quer über den Kastellplatz gingen wir zu den Unterkünften, wo ich ihn wahlos eines der Contubernia einteilte. Zusammen betraten wir das von mir bestimmte und schauten uns um. AH gut, das war das neue, mit anderen Rekruten. Hier würde er sich schneller einfinden, als in einem voller Veteranen, abgesehen davon, dass dort eh nie ein Platz frei war.


    "Milites state!" rief ich und wartete, bis alle 'Einwohner' still standen, ehe ich fortfuhr: "Das hier ist Quintilius Caecus, ein Neuer. Er wird von nun an hier wohnen und mit euch leben. Ich hoffe, ihr wisst, was das heißt! Also gut ..."


    Ich nickte sachte und drehte mich dann zum Neuen: "Das wäre erst einmal alles gewesen. Ruh dich noch einen Tag lang aus, polier deine RÜstung oder laber mit den anderen hier. Das ist mir ziemlich egal. Morgen allerdings, will ich dich auf dem Trainingsplatz sehen, damit wir mit der Ausbildung anfangen können!" sagte ich und verließ dann die Soldatenunterkunft, um mich wieder anderen Dinge nzuzuwenden.

    Ich musterte den Neuen etwas skeptisch, ließ meinen Blick über die Rüstung schweifen und nickte dann nur schwermütig. Danach verließ ich die Rüstammer und gab den Soldaten ein Handzeichen, dass er mitkommen sollte.


    "Folg mir zu deinem Contubernium!" befahl ich und marschierte einige Schritte vor, damit er mir folgen konnte.

    Die paar Runden waren wirklich nicht anstrengend, eher eine Art Zeitvertreib waren sie gewesen und so hielt ich auch locker beim Zeichen des Centurios an, ohne völlig außer Atem oder ähnliches zu sein.
    "MILITES CONSISTITE! STATE!" rief ich, worauifhin alle Männer stehen blieben und sich in Reih und Glied aufstellten.


    Ich ging einige Schritte näher zum Centurio und machte dann Meldung: "Ich, Optio Marcus Helvetius Cato, und die 2. Centurie ist bereite für neue Befehle, Centurio!"

    Cestianus hasste es, hier herunterzukommen. Er hasste die Kälte, er hasste den Schmutz, die stickige Luft und die Feuchtigkeit. Den Fackelschein, der merkwürdige Schatten an die Wand warf und auch das Gefühl der Beklommenheit. Er hasste ganz einfach den Carcer und jede einzelne Cella in diesem. Was würde er nur dafür tun, nicht mehr hier herunter zu müssen. Wie oft hatte er schon einen Centurio gefragt, ob nicht jemand anderer diese Arbeit verrichten konnte, aber nein, er sagte immer, dass er sich an den Centurio Statorum wenden sollte. Dieser senile alte Sturrbock hatte wohl nicht mitbekommen, dass sie seit zwei Monaten keinen Centurio Statorum mehr hatten. Aber nein, das interessierte ihn gar nicht. Er brauchte nicht einmal den Mund zu öffnen und Naso schäubte nur einmal und gab Cestianus einen Wink mit der Hand, der ihm bedeutete, zu gehen.


    Nun denn, so betrat er wieder einmal den Carcer, fühlte diese eklige Kälte, die Feuchtigkeit, sah den Schmutz, die merkwürdigen Schatten und spürte in sich wieder diese Beklommenheit ... wie jedes Mal. “Reiß dich zusammen Cesti ... reiß dich zusammen. Irgendwann ... irgendwann gibt’s wieder einen Centurio Statorum, der wird hoffentlich Gnade walten lassen ...“ flüsterte er sich zu und ging die steilen Treppenstufen hinab, um jede einzelne Cella zu kontrollieren.
    Das hatte man ihm aufgetragen, das machte er seit nunmmehr einem halben Jahr und bisher war nie etwas ungewöhnliches. Die Inhaftierten saßen alle am rechten Platz, die leeren Cellae blieben leer und die Beklommenheit blieb. Er wusste nicht einmal, was er wirklich als ungewöhnlich einstufen sollte. Natürlich wenn auf einmal ein Häftling weniger dort war, aber was noch? Langsam und mit einem unbarmherzigen Geräusch kreischte die schere hölzerne Tür der ersten Cella, als Cestianus den Eisenschlüssel ins Schloss steckte, diesen umdrehte und die Tür dann langsam öffnete.
    “Verdammt, was soll hier schon sein. Mal ne tote Maus oder so ... mehr auch nicht ...“ murmelte er wieder und betrat die Cella. Nein, nichts ungewöhnliches. Nicht einmal eine tote Maus. Nur der Strohsack, der Hocker und die beiden Holzschalen. Eine für den Unrat und eine für das Essen. Wachen machten sich oft einen Spass daraus, diese untereinander zu tauschen und einem Häftling beispielsweise zwei 'Unratschalen' zu geben, aber mehr als einmaliges, dreckiges Gelächter passierte auch nie.


    Cestianus schüttelte leicht den Kopf und ging einen Schritt nach hinten, als er wieder dieses Gekreische der Tür hörte, wie die ungeölten Türangeln diesen grässlichen Ton auslösten und im Inneren einer Cella eine noch stärkere Beklommenheit auslöste. Ein dumpfer Schlag gab bekannt, dass die Tür ins Schloss viel und das Kratzen von Metall ließ darauf zurückschließen, dass dieses nun versperrt wurde. Verdammt ... Cestianus war gefangen ... in der eigenen Castra, als unschuldiger am Ort seiner Albträume. “Hallo ....?“ wimmerte er leise und stolperte nach einer halb eleganten Drehung rücklings auf den Strohsack. Verdammt, was ging hier vor? Machten seine Kameraden mal wieder einen Streich? Wenn ja, war das ein ganz mieser ... das konnte doch alles nicht wahr sein ...

    ~ Carcer Cella I ~
    leerstehend


    Der Carcer war ein kalter und dunkler Raum unter Tage. Da hier nicht allzu oft 'Gäste' sind, und wenn, diese nicht als sehr wichtig eingestuft werden, ist es hier auch dementsprechend staubig und an dieser Situation sollte sich auch nichts ändern. Ein schmaler Gang führt durch die Mitte des Raumes, dessen Seiten von mehreren Zellen gesäumt sind. Jeweils noch einmal einzelne Räume mit einer schweren Holztür verschlossen. Der Ausgang liegt am Ende einer steilen Treppe und einer schweren, metallbeschlagenen Tür.


    Die Zelle an sich ist sehr klein und ungemütlich, bietet abgesehen von einem dreckigen Leinsensack - mit Stroh gefüllt -, einem kleinen Hocker und zwei Holzschalen nicht wirklich viel Komfort. Licht dringt nur durch das vergitterte Fenster in der Zellentür herein und auch dies ist nichts weiter als ein schwacher Fackelschein.

    Eigentlich war ich eher selten im Trainingsraum. Wenn ich trainierte – was natürlich Pflicht war – machte ich dies meistens draußen auf dem Exerzierplatz mit meinen Männern und nicht hier drin. Krafttraining war wohl der einzige Grund, weshalb es mich ab und an doch hier herzog. Als Optio musste man stets mit gutem Beispiel voran gehen und so müsste ich wohl etwas häufiger hier hingehen müssen. Nur um die anderen zum Training zu motivieren, was wiederrum eine gute Leistung der Männer bringt und letztendlich, natürlich nicht ganz uneigennützig, auf mich zurückfallen würde.


    So betrat ich also den kleinen, recht ungemütlichen Raum und suchte mir eine Stelle mit viel Platz. Zwar waren seltsamerweise heute keine Soldaten im Trainingsraum, allerdings hatte man sich zuvor wohl einen feuchten Dreck darum gekümmert, die Trainingsgeräte auch wieder ordentlich weg zuräumen. Mit einem kleinen Kopfschütteln beurteilte ich dies und machte mir innerlich eine Notiz, nachher zwei Männer zum Aufräumen hier her zu schicken. Aber nun wollte ich mich ja um mein Training kümmern, so fing ich an, einige Liegestütze und Hampelmänner durchzuführen, dazu ein paar Dehungsübungen, um mich aufzuwärmen und zu lockern.


    Das Hauptprogramm würde später drankommen ...

    Es musste ein ziemlich skurriles Bild gewesen sein, wie acht uniformierte Männer mit Steinsäcken von einem neunten, ohne, im Laufschritt durch die Straßen Roms gehetzt wurden. Tatsächlich hörte man am Wegesrand Getuschel, Germurmel und manchmal auch Gelächter. Sollten sie nur lachen, ich dagegen wusste, wie anstrengend das war und es war mir nur recht, dass es Bürger gab, die lachten. Das würde die Soldaten noch ein klein wenig mehr Erniedrigen. Gut, mein Ziel lag nicht darin, die Soldaten zu erniedrigen – es war mehr ein Mittel, um Disziplin durchzubringen. Denn ich erinnerte mich ebenso gut an die Zeit bei der Cohortes Urbanae und wie gering die Vigiles im Ansehen bei dieser Einheit waren und mit Sicherheit waren sie auch nicht so hoch bei den Legionen geschätzt, von den Prätorianern wollte ich gar nicht erst anfangen. Natürlich lag es wohl mit daran, dass auch Liberti und Peregrini aufgenommen werde durften, aber ich denke, dass es auch ein Teil ihres Auftretens war.
    Als Urbaner hatte ich selbst über die Vigiles gelacht, denn sie kamen mir nicht sehr diszipliniert und trainiert durch, auch wenn sich das letztendlich als Fehleinschätzung entpuppte. Ein Lauf um die Tiberinsel hatte allerdings zweierlei zur Folge: erstens wurden die Männer noch mehr trainiert, dieser Lauf war unglaublich stählernd für den Körper und wurde er erst zur Gewohnheit, fiel es einem fast schon leicht, dann hatte man ein ganzes Stück erreicht und man konnte mit Lob davon reden, ein gut trainierter Soldat zu sein und zweitens ... die Urbaner, die hier ebenfalls täglich waren, würden sehen, wie auch die Vigiles trainierten. Beides waren meine Ziele und ich hatte vor, beides zu erreichen.


    “Milites! Ihr wollt doch nicht etwas schlapp machen? Wir sind doch gerade erst angekommen!“ rief ich den Männern zu, als wir an der Tiberinsel ankamen. Ein wenig grauste mich es schon, musste ich schließlich mitlaufen. Zwar hatte ich keine Steine auf dem Rücken, aber trotz allem sollte man diesen Lauf keineswegs unterschätzen.


    “MILITES CONSISTITE!“ Auf mein Wort hinten machten alle Soldaten halt und schauten erwartungsvoll zu mir. Ich glaubte, dass sie wohl noch nicht ganz wusste, was auf sie zukam. Sicherlich „Lauf um die Tiberinsel“ ... der Umfang der Tiberinsel war nicht zu verachten und die Steine erst ... aber trotzdem, sie wusste nicht, was sie erwartete. “MILITES STATE!“ Und wieder auf mein Wort hin, standen sie nun alle stramm, mit Blick nach vorne gerichtet. “Ich habe euch erzählt, um was es geht? Ihr werdet mit diesen Steinen auf den Rücken einmal komplett um die Tiberinsel laufen. Der Start beginnt hier bei der Brücke, bis zur anderen Brücke – das ist die Hälfte – und dann den Rest zu dieser Brücke wieder. Mir ist es egal, ob ihr zusammenbrecht, aber jeder kommt ins Ziel und jeder macht die letzten einhundert Meter einen Sprint!“


    Kurz machte ich eine Pause. Das Geschrei ging mit der Zeit auf die Stimmbänder und obwohl es bei dieser Nähe nicht notwendig war zu schreien, tat ich es dennoch. Es würde den Worten mehr Nachdruck verleihen und sie würden sich besser ins Gehirn brennen.


    “Das ganze einmal pro Woche ... und jetzt: MILITES MOVEMINI!“ Die Soldaten rührten sich und gliederten sich schon ohne ein Wort in eine Reihe ein, um zu starten, Zweien von ihnen stand nun schon der Schweiß tropfnass im Gesicht, aber nicht mehr, wie bei einem Brand auch. Ich hob den Optiostab und ließ ihn ruckartig bei den nächsten Worten sinken: “MILITES CURSIM!“ Im Laufschritt; das Kommando zum Start ...

    Pictors Hand schlug schneller auf die Wange der Sklavin ein, als ich reagieren konnte. Hätte ich dies nämlich gekonnt, so hätte ich dem Einhalt geboten, aber es war zu spät. Noch hatte sie nichts wirklich schlimmes verbrochen, bis auf die Tatsache, dass sie eine flüchtige Sklavin war. So schmerzhaft, wie Pictors Schrei geklungen hat, konnte es allerdings nicht sein, wenn er schon wenige Augenblicke später so zielsicher seine flache Hand ins Ziel führen konnte. “Hast du den Verstand verloren? Ich warne dich: Missachte niemals mehr meine Befehle! Ich sagte, so wenig anrichten, wie möglich!“


    Leicht verdutzt drehte sich der Miles um, den Arm der Sklavin noch immer haltend. Sie hatte ein lächerliches Gewicht für ihn und so gab es auch keine Probleme, als sie am Boden lag und er ihren Arm nach oben zerrte. Das würde wieder nur ihr Schmerzen bereiten, nicht dem Optio oder dem Vigil. Es interessierte ihn einfach nicht, ob es Nortruna in diesen Momenten gut ging, oder nicht. Dementsprechend viel auch die Antwort des Soldaten aus: “Hast Du nicht gesehen, was sie gemacht hat? It ihren Fingern hat sie in meine Augen gestochen! In meine AUGEN!“ brüllte er das letzte Wort noch einmal deutlich, als hätte ich ihn nicht bereits beim ersten Mal verstanden. “Gehts dir noch gut? Schon mal was von korrekter Anrede gehört? Ich bin Optio und kein Probatus mit dem du so umspringen kannst! Und wage es nicht, mich noch einmal so anzubrüllen, sonst brüll ich einmal zurück ... allerdings jeden Morgen, bevor du aufstehst genau neben deinem Ohr!“ blaffte ich zurück. Diese Sklavin musste ihm völlig den Verstand vernebelt haben, so wie er sich verhielt.


    An die Sklavin gewandt, die ein absolut grässliches Latein sprach – sie war wohl neu in Italien und kam aus einem dieser barbarischen Ländereien – blaffte ich im gleichen Ton wie zuvor zu Pictor zurück: “Willst DU uns belehren, was wir dürfen und was nicht? Überdenke deine Lage Mädchen, wir sind dafür ausgebildet das zu tun, was wir hier machen! Außerdem ist es in deiner Situation wohl eher unangebracht, solche Sprüche von sich zu geben, also schweig!


    Ich wandte mich von den beiden ab und löschte eine der beiden Fackeln, in dem ich sie auf den Boden schmiss und erstickte. Ich wollte nicht zwei tragen und außerdem wäre es immer besser, eine freie Hand zu haben, denn man konnte ja nie wissen, was noch passieren würde. Gerade, als ich aufschauen wollte, hörte ich einen weiteren kleinen Aufschrei und ein weiteres Mal war er nicht von der Sklavin, sondern von meinem ach so tollen Miles. Kurz darauf waren auch wieder wutentbrannte Rufe zu hören, die ich allerdings früh ersticken konnte. “Hör auf hier herumzubrüllen und pack die Sklavin endlich anständig, oder soll ich das erledigen?““Herr, diese Sklavin zwickte mich mit aller Kraft in die Hand, dieses Miststück und““Sie hat dir in den Arm gezwickt? Hallo? Du bist Soldat, verdammt! Mars wird sich über dich schlapplachen ... komm her!“ rief ich und ging einen Schritt auf Pictor zu, drückte ihm die zweite Fackel in seine freie Hand und nahm den Arm der Sklavin.


    Pictor rieb sich an der Stelle, wo Nortrunas Finger ins Fleisch packten und schüttelte die Hand schließlich, in der Hoffnung, der Schmerz würde vorbeigehen. Sollte der Optio doch selbst einmal erleben, wie das wäre!
    “So, so ... du kleines Gör machst hier einen loyalen und tatkräftigen Soldaten nieder?“ Grob zerrte ich sie an ihrem Arm näher zu mir, drehte sie auf den Rücken und schnappte mir ihren zweiten Arm, um sie beide unsanft und nicht ganz schmerzfrei auf den Rücken zu drehen. “Wir werden noch sehen, wer hier wen nieder macht!“ flüsterte ich in ihr Ohr und rief dann zu Pictor: “Los jetzt, wir gehen!“ ....

    Nachdem ich von der Ankunft meines Patrons erfahren hatte, oder besser gesagt: Nachdem ich meinen Patron an der Rostra gesehen und gesprochen hatte, beschloss ich, tags darauf, in einen Besuch abzustatten. So verließ ich die Castra Vigilum und machte mich auf den Weg zur Villa Flavia Felix, an der ich nun in gewohnter Manier zweimal gegen die Tür klopfte und auf den Ianitor wartete.

    Es ging doch relativ zügig, bis die Männer in voller Montur und den mit Steinen beladenen Taschen an der Porta, jetzt schon fast keuchend an die Porta kamen. Acht Vigiles an der Zahl und keinem stand ein Lächeln im Gesicht geschrieben. Sie wollten wohl gar nicht laufen, aber daran würden sie sich irgendwann gewöhnen, denn ich hatte so eben beschlossen, dass jede Woche durch zuziehen. Zwar müsste ich dann auch mitlaufen, aber immer nur so schnell, wie der langsamste, dazu natürlich ohne Gepäck.
    “Ich lasst euch aber reichlich Zeit! Etwas hurtiger, sonst ist Marcellus nicht der einzige, der nachher beim Exerzieren etwas vorführen darf!“ blaffte ich ihm fast schon unmenschlichen Kommandoton, aber mit geregelter Lautstärke die Soldaten an. „Optio ... wir sollen nun wirklich zur Tiberinsel gehen und dort eine Runde umher laufen, zusätzlich zur normalen Ausrüstng noch mit diesen Steinen?“ fragte einer der Vigiles, sichtlich erschüttert über meinen Vorschlag. “Nein nein, du hast mich falsch verstanden ...“, erwiderte ich, musste aber sogleich wieder das erleichterte Lächeln des Vigil zunichte machen: “Wir gehen nicht zur Tiberinsel, sondern wir rennen!“


    Ich pfiff einmal in meine Pfeife, ein Privileg, welches man als Vorgesetzter erhielt, und rief den Befehl zum marschieren: Milites pergite! Ohne Verzögerung marschierten die Soldaten los und ich als neunter Mann hinterher. Es durfte sich ja keiner heimlich aus dem Staub machen.

    Nur leidig erinnerte ich mich an den Lauf um die Tiberinsel, in meiner Grundausbildung als Urbaner. Diese fast endlose erscheinende Lauferei, dazu noch den Sack Steine auf dem Rücken und als wäre das alles nicht genug, noch einen Sprint am Ende. So qualvoll, wie das war, als Ausdauertraining war dies einfach perfekt und so würde ich das bei 'meiner' Centurie wohl auch einführen. Ich musste zugeben, dass diese leicht sadistische Erkenntnis erst nach längeren Überlegungen als Mann mit Befehlsgewalt kam. Als Miles wäre ich sicherlich nie zu einem Vorgesetzten gegangen und hätte vorgeschlagen, mal um die Tiberinsel zu rennen. Hätte wohl kein Miles gemacht ... außer vielleicht ein ebenso sadistisch veranlagter Miles Immunis, aber die wurde rechtzeitig ihres Kommandos enthoben, oder mundtot gemacht. Zwar starben sie nicht, aber bei einer ordentlichen, unfairen Schlägerei konnten viele auch eine längere Zeit lang nichts mehr sagen und als netter Nebeneffekt sei zu erwähnen, dass er es in der Aussicht auf eine weitere schlägerei auch nicht mehr sagen wollte.
    Aber was interessierte mich das alles? Ich war dafür da, die Männer auf Vordermann zu halten und so würde ich nun meine Soldaten um die Tiberinsel hetzten. Zwar nicht meine ganzen Centurie auf einmal, aber auf die Woche verteilt, würde das gehen. Ich betrat also das erste Contubernium und schrie erst einmal die Soldaten zusammen – ich hatte richtig gefallen daran gefunden:
    "Milites state!" Sofort sprangen alle von ihren Pritschen oder ihren Höckern auf, legten sämtliche nebensächlichen Dinge beiseite und standen alle in Reih und Glied, wie sich das gehörte ... fast zumindest. “Du dort! Ja genau du! deutete ich auf einen der Miles, der mit gesenktem Haupt auf den Boden schaute. Schnell trat ich an ihn heran und hielt den Optiostab an sein Kinn, um es langsam auf die gewünschte Höhe hochzudrücken. “Blick geradeaus! Eine Bestrafung wirst du nachher beim exerzieren bekommen ... vor der ganzen Centurie. JETZT allerdings, habe ich etwas viel lustigeres für euch zu tun!“ Ich marschierte vor den Soldaten hin und her und musterte sie noch immer genau, vielleicht fiel einem ja etwas auf, was einem nicht passte. “Heute, werden wir einmal um unsere schöne Tiberinsel laufen. Vor den Unterkünften stehen acht, mit Steinen gefüllte, Taschen. Die nehmt ihr und dann treffen wir uns in voller Montur beim Tor. Milites, abite!"


    Und so verließ ich das Contubernium und ging langsam in Richtung Kastelltor ...

    “Oho, haben wir da etwas auch noch jemand widerspenstiges erwischt? Na das lob ich mir, ich steh auf Frauen, die's hart wollen!“ erwiderte Pictor, noch immer lüsterne Grinsen aufgesetzt. Der Halbschatten ließ seine Augen nur noch tiefer in den Höhlen aussehen, wie sie es sonst schon waren, und verleihten ihm gespenstisches Aussehen und seine Absichten ließen ihn zusätzlich einfach nur abstoßend aussehen. Ihn allerdings kümmerte es nicht, solange er für genügend Sesterze die Lupae kaufen konnte. Die beschwerten sich äußerst selten über ihn und wenn doch, dann war seine erste und meist auch einzige Reaktion die flache Hand. Schon viele hatten diese von ihm zu spüren bekommen und mehr als ein leises Wimmern war dann meistens nicht mehr zu hören. Das dieser Kerl niemals einen Erben haben wird, war jedem, außer ihm selbst, klar und er bildete sich immer ein, der absolute Frauenschwarm zu sein. Schließlich bekam er die Frauen, die er will ... nur falsch.


    “Bei Mars, was reden die denn da?“, murmelte ich in mich hinein, rief dann aber wesentlich lauter: “Pictor verdammt, was machst du? Hol sie endlich da raus, ich hab noch einen Becher Wein im Castellum ... der wartet nur darauf, getrunken zu werden!“ Hätte ich nun keine Fackeln in der Hand gehabt, hätte ich nun die Hände genervt auf die Hüfte gelegt, so verlagerte ich aber nur das Gewicht von einem Bein auf das andere. Wenn das noch länger dauern würde, müsste ich wohl noch selbst Hand anlegen und das wollte ich eigentlich vermeiden, schließlich hatte man dazu seine Vigiles. Nicht umsonst wurde ich befördert!
    “Je, Optio sof ...“ Die Antwort des Miles endete abrupt und für einen kurzen Moment wurde es völlig lautlos. Interessierte lugte ich mit dem Kopf nach links, um eventuell etwas mehr erkennen zu können, aber mehr als den breiten Rücken Pictors ließ sich einfach nicht sehen. Plötzlich wurde die gesamte Gasse von einem lauten Schrei erfüllt, aber wider erwarten nicht von der Sklavin, sondern vom Vigilus.


    “Du kleine Schlampe!!“ fügte Pictor seinem Schmerzensschrei hinzu und riss dann völlig blind an der Tunika der Sklavin herum, stolperte leicht nach hinten und riss sie mit. Endlich waren sie aus der Nische raus, aber noch immer war im Kopf des Vigil nichts weiter als Schmerz. Wie konnte es diese Sklavin nur wagen? Einen gutaussehnden, kräftigen Mann so mit Füßen zu treten ... beziehungsweise die Finger in die Augen zu stecken?
    “Pictor ... Pictor .... PICTOR" rief ich mehrmals, bis dieser endlich zur Besinnung kam, während er nun mit verschwommenen Blick bemerkte, dass diese Sklavin immer noch bei ihm war. Wie konnte sie nur? Mit vor Zorn geröteten Wangen, ließ er eine Hand von ihrem arm ab, nur um Sekunden später diese mit einem lauten Knall auf ihre Wange nieder rasen zu lassen. “Wage das nie mehr!“

    Natürlich ging auch ich einmal wieder zur Rostra, um den Reden der angehenden Politiker zu lauschen, wie sie um jede Stimme kämpften und die Fragen der Zuhörer mit bestem Gewissen zu beantworten versuchen. Ich hielt mich mehr im Hintergrund, überließ ich die Politik doch lieber denen, die etwas zu sagen hatten.


    Aus der Menge allerdings hörte ich schließlich eine Stimme heraus: Die meines Patrons. Sofort suchte ich mit meinem Blick die Richtung ab, aus der ich die Stimme vermutete und drängte mich dann durch die Menge zum Patrizier, als ich ihn gefunden hatte. Er war für den Tiberius Durus, er klatschte; also tat ich es auch.


    :app:


    Zu Flavius Furianus gewandt sprach ich ihn an: "Salve Patron, darf ich erfahren, seit wann du wieder in Roma bist? Ich hoffe, du hattest eine angenehme Reise!"

    Vom Officium des Praefetcus Vigilum, folgte ich dem neuen Vigilus zur Rüstkammer, wo er sich seine neue Ausrüstung abholen würde. Ich war schon ein wenig gespannt, wie er auf die seltsamen Typen da reagieren würde. Die Saufnase und den Tollpatsch.


    "Quintilius Caecus ... rein da und Ausrüstung holen!" befahl ich und betrat nach ihm die Rüstkammer, um ihn dabei zu beobachten.