Natürlich hatte sie darüber nachgedacht, sich umzuziehen, bevor sie mit Dolabella speiste, doch da war ja noch das Problem, dass ihre Sachen noch nicht da waren. Sie stand hier völlig ohne Kleidung da, ohne Hab und Gut, fast wie in einem Urlaub. Und wer weiß, vielleicht würde sie auch eines Tages wieder in die Casa Sergia zurückkehren, sofern sie völlig über den Tod ihres geliebten Gatten hinweg war... Aber das stand ja noch in den Sternen.
Nach einer Stunde etwa klopfte es an der Tür ihres vorübergehenden Cubiculums und der Oberkörper der Witwe fuhr hoch. Sie blickte ein wenig verschlafen drein, denn sie war auch kurz davor ins Land der Träume wegzuseilen.
"Herein." rief sie nach einem kurzen Augenreiben und Haarezurechtzupfen. Kurz darauf traten einige Sklaven herein, die augenscheinlich ihre Sachen aus der Casa Sergia brachten. Äußerst erstaunt war sie darüber, dass es doch so schnell ging. Einer der Sklaven kam zu ihr...
"Wir bringen Euch Eure Sachen, Herrin."
"Das sehe ich auch. Vielen Dank. Stellt sie einfach ab, ich räume sie selbst ein."
Somit verhinderte sie, dass die Sklaven noch einmal ihre Sachen durchwühlten und auch, dass sie an den Schrank gingen. Sie wusste ja immer noch nicht, dass sie beobachtet wurde. Nach kurzer Zeit standen mehrere geflochtene Körbe voll mit ihrer Kleidung und einigen ihrer Bücher und Pergamenten in ihrem Raum und sie war wieder alleine. Ein seufzen entwich der Kehle der Sergia, ehe sie sich vom lecticulus erhob und sich zu einem der Körbe bewegte.
Kurz darauf flogen einige Kleidungsstücke durch die Gegend, also auf's lecticulus hinauf. Im Augenblick sortierte sie einfach nur aus, sie suchte etwas, was gut genug war, was sie zu einer Speisung mit Dolabella anziehen konnte und was auch aussagte, dass sie noch mitten im Leben stand, dass sie sich durch nichts und niemanden einschüchtern ließ. Nach einer Weile hatte sie dann etwas gefunden. Ein Blick nach draußen verriet ihr ohnehin, dass sie sich ein wenig beeilen musste, denn die zwei Stunden schienen bald um zu sein, bald beginnt die Speisung mit Dolabella. Wieder bewegt sie sich zum lecticulus, wo sie mit einer kurzen Bewegung die vielen überflüssigen Kleider zur Seite schob, jenes, welches sie in der Hand trug sorgfältig drauflegt und ausbreitet und sich selbst daran machte, sich zu entkleiden.
Zuerst landete die palla bei den Sachen, die sie nicht mehr brauchte. Kurz darauf schnürt sie die tunika an den Schultern auf und schon fiel der Stoff zu Boden. Graziös tritt sie dieses Kleidungsstück auch weg. Nun entfernte sie mit geschickten Handgriffen das strophium und warf es auch einfach weg. Für einen kurzen Augenblick stand sie auch völlig nackt, wie Gott sie schuf, da, denn sie hatte sich auch das Unterhöschen vom Leibe gestriffen.
Nun aber ergriff sie frische Unterkleider, wofür sie sich einmal durch den Raum, hin zu ihren Körben mit der Wäsche, bewegen musste. Die Rundungen ihres Leibes sprachen besonders ihrem Mann zu und waren für ihn stets makellos, daran konnte sie sich noch wohl erinnern. Er liebte es, sie zu berühren, zu verführen... Einfach alles an ihr anzufassen. Wie sehr sie ihn doch vermisst. Doch für diesen Augenblick, für den sie sich grade verfluchte, verdrängt sie die Gedanken an ihn und zieht sich nun wieder langsam an. Die Unterwäsche war angelegt, nun folgte eine stola, die unter ihrer Brust und an der Taille gerafft war, der Stoff glänzte in einem strahlenden rot und war mit zwei weißen Streifen links und rechts an der Seite, ansetzend unter der Achsel, verziert. Auch der Bund unten an der stola war von diesem weißen Streifen geziert.
Jetzt wühlte sie aber noch einmal in einem der Körbe herum, fand auch bald schon ihre Bürste, die sie sofort an ihr Haar ansetzte, um es durchzukämmen.
Das Haar ließ sie offen über ihre Schultern fallen, dachte nicht einmal im Traume daran, es zurück zu binden. Nein. Ihr Mann liebte es so, das hatte sich allmählig so eingespielt, dass sie stets so rumlief, wie ihr Mann es mochte. Rund um die Uhr wollte sie ihm gefallen, deshalb hatte sie sich auch immer etwas neues einfallen lassen und erntete stets die Fürsprache ihres Geliebten. Nach seinem Tod soll sich das allerdings nicht ändern, denn sie war sich sicher, dass er sie von dem Ort, an dem er nun ist, sehen konnte, dass er immer noch bei ihr war... Das spürt sie deutlich. Er war noch immer bei ihr, sie war nicht allein. Sein Geist war stets um sie herum, nur sein Körper fehlte... Seine Seele genügte ihr aber.
Nach einer guten halben Stunde war sie dann fertig, nun machte sie sich ans aufräumen, nachdem sie hier ja einen solchen Saustall hinterlassen hatte. Ein wenig Zeit hatte sie ja noch.