Beiträge von Caius Sergius Curio

    Sachte nickte ich. In gewisser weise hatte er recht. Es gab einen ein besseres Gefühl, etwas mit eigener Hand geschaffen zu haben, etwas selbst erreicht zu haben, aber es war ein sehr harter Weg und viele scheiterten schon beim Losgehen.


    “Da stimme ich dir schon zu, aber trotz allem solltest du nicht gänzlich abgeneigt sein, den Rat und die Hilfe von anderen anzunehmen und auch Bitten sind nicht etwas, wofür man sich schämen könnte. Im Gegenteil: Schau dich doch einmal um! Wo kannst du noch viel durch komplett eigene Arbeit erreichen? Spätestens bei höheren Ämtern, Posten und Stellen wird es unglaublich schwer. Naja, wenigstens würde es denke ich nicht daran scheitern, dass du dich im Militär nicht hervorheben kannst. Ich habe deine Faust ja selber zu spüren bekommen.“ grinste ich leicht und nahm dann den von Strabon gebrachten Kelch in meine Hand, um einen kleinen Schluck zu nehmen.


    “Ich danke dir für deine Glückwünsche. Ja, es macht Spass, auch wenn es ein wirklich anstrengender Beruf ist und ich muss zugeben, dass er nicht immer Spass macht, aber ich kenne sonst auch keine bezahlte Stelle, die ununterbrochen vergnüglich wäre.
    Nur zu gerne bin ich bereit, den Kontakt aufrecht zu erhalten und würde mich über einen Brief von dir freuen, denn wie du gesagt hast: Gute Freunde findet man nur selten.“

    Und unverhofft kommt oft, sagt man auch. Wer hätte gehofft oder gedacht, dass sich eine Schlägerei so wandeln könnte? Welch Scherze das Schicksal doch mit einem treibt ...

    Dass sie irgendwann einmal wieder abreisen würde, war mir klar, aber das es nun doch sobald – schon heute – wäre, nicht. Wieder ein Abschied und wieder jemand wichtiges aus der Casa verschwinden. Sie machten sich alle auf und davon und sie hatte recht: Das Domus war wirklich seltsam leer. Ich schob die Gedanken schnell beiseite und gab mich ihrer Umarmung hin.


    “Es tut mir Leid, dass wir uns so wenig gesehen haben ... ich hätte gerne etwas mit dir unternommen, aber derzeit ist es einfach alles so stressig und ich finde leider nicht genügend Zeit.“


    Eine kurze Pause entstand, die ich allerdings schnell wieder überbrücken wollte. Sie sollte nicht noch von mir von ihren Reisevorbereitungen aufgehalten werden.


    “Gut ... dann wünsche ich dir eine gute Reise und eine schöne Zeit mit Pelageos. Grüße ihn vor mir, er soll sich weiterhin gut um dich kümmern!“

    Leicht verwundert, aber nicht überrascht blickte ich den Caecilier an. Das er mehr ehrgeizig, als zurückhaltend ist, spürte ich schon bei der ersten Begegnung mit ihm, aber dieses Ziel war doch schon ein sehr großes – konnte man dem Gerede glauben schenken, dass es nicht einfach war, von den Prätorianer rekrutiert zu werden.


    “Naja, es wird ja wohl nicht ausgeschlossen sein, dass du später doch einmal zu den 'schwarze Gardisten' kommst, besonders da du dich den Präfekten als Verwandten rühmen kannst. Gut, ich kann und will dich ja nicht von deiner Entscheidung abbringen, nur mir wäre Germanien zu kalt ... so feurig die Frauen dort auch sein mögen.“


    Leicht erwiderte ich sein Grinsen und ich merkte die Ähnlichkeiten zwischen uns beiden. Wenn es eine gab, so war es wohl die, die er gerade angedeutet hatte. Meine Gedanken wurden allerdings schnell wieder von seinen Worten unterbrochen und ich hatte so anfangs Schwierigkeiten, dem Gespräch zu folgen. So dauerte es einen Augenblick, bis ich antwortete.


    “Ich bin nun der Praefectus Vehiculorum dieser Provinz, überwache und leite also den Postverkehr in Italien. Anstrengend, aber nicht schlecht bezahlt ...
    Du hast recht, es ist schade, dass wir uns diese lange Zeit über nicht mehr gesehen haben, der Start war wirklich interessant gewesen!“
    Mein Grinsen wurde nun größer und auch ein Stück frecher, ehe ich fortfuhr. “Und deine Reise nach Germanien wird das wohl auch nicht ändern ... aber der 'gute alte' Brief sollte doch eine gute Lösung sein? So bleiben wir wenigstens in Kontakt!“

    Als ich das geräuscharme Klopfen an meiner Tür hörte, war mir innerlich schon klar, dass es Aurora sein musste. Sie war die einzige, die so zaghaft anklopfte. Zumindest die einzige, die derzeit in der Casa weilte, viele andere waren ja nicht mehr anwesend. Langsam schob ich den Stapel tabulae zur Seite, legte den Stilus oben drauf und stand auf, um den bekannten Gast herein zu bitten:


    “Du kannst herein kommen!“

    Als auch mein Gast sich auf den Weg zu den Klinen machte, folgte ich ihm, um mich ebenfalls niederzulassen und lauschte gespannt seinen Worten, die mich ein wenig neugierig machten.


    “Ja ... die Cohortes Urbanae, wirklich ein seltsamer Haufen und ich bin verwundert, dass du bei ihnen bist. Oder eher warst.“


    Mit einem kleinen Grinsen dachte ich noch an die Umstände, die mich in den kühlen Carcer der Urbaner führte und das Schauspiel dort war eigentlich schon genug. An diesem Tag hatte ich ein paar wichtige Staatsmänner von einer Seite kennen gelernt, die vielleicht nicht jeder kennt.


    “Nach Germanien? Was führt dich denn in dieses kalte Land? Dann auch noch in dieser Jahreszeit ... dort ist es ja nun noch kälter!“ fragte ich irritiert. Wollte er eine weitere militärishe Karriere dort starten? Bei der Legion, der Classis oder der Ala und wie sie alle hießen? Warum man deshalb grad ins kälteste und ungemütlichste Land des Imperiums wollte, war mir schleierhaft, aber jeder hatte ja bekanntlich seine eigene Meinung.

    Verständnisvoll nickte ich nur. Diese Probleme kannte ich auch nur zu gut und wahrscheinlich waren sie überall in den Officia zugegen und kein Angestellter blieb davon verschont. Ein kleiner, wenn auch schwacher Trost: man war damit nicht allein.


    “Ich danke Dir für Deine Zeit, Artorius Corvinus.“


    Taurus schaute leicht unzufrieden drein, hatte er sich doch erhofft, einige wichtige Gesprächsfetzen auf der tabula festhalten zu können, um mich mal wieder von seiner Qualität zu überzeugen. Da machte ihm aber die ausgezeichnete Arbeit des Cursus Publicus einen Strich durch die Rechnung und so war ein feines, fast nicht merkbares Grinsen eine Antwort darauf. Ich riss mich allerdings wieder von diesen Gedanken weg und blickte wieder zum Magistraten.


    “Dir auch noch viel Erfolg in der Stadtverwaltung ... und beim Wein.“ Den letzten Teil konnte ich mir nicht verkneifen und ich fügte noch ein kleines Zwinkern hinzu, ehe ich mich mit einem “Vale, Magistratus.“ endgültig verabschiedete und mich wieder auf den Weg zur nächsten Stadt machen würde...


    Mit einem dankenden Lächeln, welches mehr seinen Unwillen bei dieser Hektik zu arbeiten ausdrückte, nahm Carus den Auftrag und das Geld entgegen. Er trug alles schön säuberlich auf das Papyrusstück ein und verabschiedete sich dann mit einem schwachen "Vale." beim Praefecten. Während er ihm noch hinterher schaute, schüttelte Carus den Kopf und wunderte sich, warum die Soldaten nur immer so ruppig waren. Gut, der Frauenmangel in ihrem komischen Kastell mag eine Verklärung dafür sein ...

    Tatsächlich marschierte Strabon stur zu meinem Officium, um mir von meinem Gast, Caecilius Fabricianus, zu unterrichten. Leicht verwundert, verließ ich den Raum und folgte dem Sklaven ins Atrium, während ich in Gedanken nach dem passenden Gesicht und dem damit verbundenen Treffen mit dem Caecilier suchte und nach kurzer zeit viel mir das auch wieder ein: Die kleine Rauferei in der urbs und dem darauf folgenden Aufenthalt im Carcer der Urbaner. Nicht sehr prickelnd – vor allem ohne Oberbekleidung – aber die Szene, die sich vor den Gittern abspielte war das alles doch schon wert. Im Atrium angekommen, beschleunigte ich meinen Gang ein wenig, um mit einem freundlichen und einladenden Lächeln Fabricianus zu begrüßen.


    “Salve, Caecilius Fabricianus. Es ist schon eine Weile her ...“ fügte ich hinzu und überlegte einen kurzen Moment weiter, ob danach noch nennenswerte Treffen mit ihm stattfanden. Auf die schnelle fiel mir abgesehen von einigen Blickwechsel hier und dort aber nichts ein. Mit der rechten Hand wies ich auf die Klinen, die etwas abseits, zwischen Atrium und Peristylum standen und machte einen kleinen, andeutenden schritt zu diesen.


    “Bitte, nimm Platz. Willst Du etwas trinken oder essen? Wein, Wasser, vielleicht einige Oliven und Trauben?“ fragte ich, bevor ich Strabon mit einem Wink zu verstehen gab, alles genannte bringen zu lassen.

    Der Sklave kniff kurz die Augen zusammen und lauschte den Worten des Caeciliers, ehe er kurz nickte. Wieder jemand, der zu Curio wollte. In letzter Zeit waren das nicht gerade wenige. Vorbei die Zeiten, als sich Strabon einmal ein kleines Mittagsschläfchen gönnen konnte, denn wenn erst einmal jemand zu Curio wollte, dann würde der Strabon auch nicht mehr so ohne weiteres gehen lassen. Dann hieß es Wein holen, etwas zum Speisen zu holen und vieles mehr. Leise seufzte Strabon auf. Ohne seine Schwester machte dies nicht halb so viel 'Spass'. “Zu Sergius Curio ... natürlich. Tritt ein!“ meinte er zum Gast und öffnete die Tür nun ein gutes Stück weiter, nachdem er zur Seite getreten war. So würde auch jemand durch die Porta passen. "Folge mir ins Atrium!"

    Strabon, der Ianitor, ließ nicht lange auf sich warten und schon nach recht kurzer Zeit wurde die Tür der Casa Sergia einen Spalt geöffnet. Viel mehr als die markanten Gesichtszüge, sowie einen Streifen roten Stoffes, der sich stramm über den leicht dicken Börper des Sklaven zog, konnte man nicht sehen. Seine Augen musterten den Fremden eindringlich, ehe er den Mund öffnete und zu einer Begrüßung ansetzte. “Salve Fremder, was kann ich für dich tun?“ Die Worte wirkten für den ersten Moment freundlich, doch bei genauerem hinhören, konnte man die leidige Routine erkennen. Selten wunderten sich Gäste aber darüber, da sie dies meist von anderen – wenn nicht von ihren eigenen – Sklaven gewohnt waren. Strabon richtete sich schließlich vollends auf und sein Blick verharrte auf dem Gesicht des Caeciliers.

    "Ja, das verwundert mich tatsächlich ... aber gut. Dann bin ich zufrieden und als Vertreter Misenums bist du sicherlich auch zufrieden"


    erwiderte ich mit einem kleinen Lächeln und lehnte mich ein klein wenig zurück. Endlich etwas, wo alles reibungslos zu verlaufen schien. Das gefiel mir. Dann blieb mir mehr Zeit, mich um die großen Problemfälle zu kümmern, wie Capua beispielsweise.


    "Gut ... dann will ich dich nicht weiter stören und verabschiede mich dann einmal. Ich wette, du hast mindestens genauso viel zu tun, wie ich."


    zwinkerte ich ihm zu, während ich mich von meinem Sitzplatz erhob und die Kleidung wieder einigermaßen zurecht strich.

    Während ich die letzten beiden Papyri auf Fehler durchsuchte, die zwar nur kleine Zahlendreher sein konnten, dessen Wirkung bei einem Fehler allerdings umso größer waren, wurde ich ein weiteres Mal von einem der Sklaven, diesmal Strabon, unterbrochen. Warum er nun ausgerechnet wegen einem Brief kam, der zudem nicht einmal an mich adressiert war, konnte ich noch nicht wissen und war deshalb auch leicht erzürnt, da die derzeitige Arbeit vollste Konzentration benötigte.
    Lautlos und vorsichtig legte Strabon den Brief auf den Tisch und ging dann einige Schritte zurück, um noch in meinem Sichtwinkel zu bleiben. Kurz überflog ich die Zeilen, las den Brief dann einmal genauer und fixierte dann den Blick auf den Empfänger.


    “Hm ... der wurde ja bereits verändert, also war er vorher schon falsch adressiert. Nach Misenum ... nunja, seit seiner Amtsabgabe, nein davor schon, lebte er ja hier und wie ich erfahren habe, hält er sich derzeit eh in Hispania auf...“


    sprach ich mehr zu mir selbst, als zu Strabon, der allerdings fleißig mithörte. Kurz überlegte ich und schnippte dann einmal mit dem Finger, worauf Strabon wieder einige Schritte herantrat.


    “Hol mir Taurus her ... sofort!“


    Der Sklave nickte wieder, auch wenn man den mürrischen Gesichtsausdruck gut erkennen konnte, und verließ dann das Zimmer auf der Suche nach meinem Leibsklaven.

    Stumm folgte ich dem Sklaven, dem aufgetragen wurde, mich zur Porta zu begleiten und so verließ ich nach einigen Momenten das Domus, warf von außen noch einen kurzen Blick darauf und marschierte dann wieder in Richtung meines Officiums, wo mich wohl wieder ein Haufen Arbeit erwarten würde...

    Auch ich erhob mich und stellte den Kelch – erst nach einer passenden Ablage suchend – ab.


    “Oh nein, ich muss Dir danken. Dafür, dass ich mich nun zu Deinen Klienten zählen darf und auch, dass ich wieder ein Stück mehr Geschichte unserer Familie erfahren habe. Solche kleinen Anekdoten sind es doch, die das Leben unter anderem interessant machen.“


    Kurz nickte ich mit einem freundlichen Lächeln, zupfte ein klein wenig meine Kleidung zurecht, die durch das Sitzen einen üblen Faltenwurf gab und richtete dann meinen Blick wieder auf den Senator.


    “Sobald ich Deine Hilfe benötige werde ich nicht zögern, Dich aufzusuchen! Ich wünsche noch einen guten Tag ... vale bene Senator Aelius Quarto.“ verabschiedete ich mich noch.

    “Da haben selbst unsere großen Siege einen leicht bitteren Nachgeschmack ... aber wie sagt man auch? Man kann nicht alles haben! Dann werde ich mich wohl demnächst wieder alleine auf den Sklavenmarkt wagen ... vielleicht habe ich einmal mehr Glück.“ erwiderte ich zuversichtlich. Irgendwann musste man ja einmal etwas Gutes einkaufen ... hoffentlich würde das nur nicht zu lange auf sich warten lassen.


    “Nun, ich will Dir nicht zu viel von der Deiner Zeit stehlen, Du hast gewiss viel zu tun.“ meinte ich mit bestimmenderen Worten und fügte noch in Gedanken hinzu: 'wie ich eigentlich auch' Ich war froh, auch einmal die Arbeit auf gute und treue Scribae abwerfen zu können.

    Mit einem kurzen Kopfschütteln verneinte ich sein Angebot, schaute dann auf seine Frage hin etwas verblüfft drein. Keine Verbesserung oder Vorschläge? Das war wirklich ... verblüffend.


    “Wirklich? Schwer vorstellbar, dass die Angestellten alle zufrieden sind, aber das vereinfacht meine Arbeit ungemein.“ grinste ich.


    “Gut gut ... und kamen von den Bürgern Misenums vielleicht irgendwelche Rückfragen? Vielleicht Beschwerden oder ähnliches?“