Beiträge von Rutger Severus


    "Ja... was?"
    'Nachdenklich' verzog der Germane das Gesicht, beugte sich dann langsam zu Bridhe vor, und die beinahe kindliche Freude, die er an dieser Angelegenheit hatte, war kaum zu übersehen, als er ihr grinsend ins Ohr flüsterte: "Ein Geschenk?"
    Zugleich zog er aus dem Beutel an seinem Gürtel ein flaches Kästchen hervor und drückte es Bridhe in die Hand. Es war aus glatt poliertem lebhaft gemaserten Olivenholz, verziert mit Schnitzereien von Ranken und Blattwerk, und umfasst von zierlichen Messingbeschlägen, in denen sich das Muster fortsetzte.
    Schnell drückte er Bridhe noch einen Kuss auf die Wange, dann beugte er sich wieder zurück, lehnte sich aufs Fensterbrett und betrachtete lächelnd ihr Gesicht.
    "Dies ist meine Morgengabe an Dich, meine Tausendschöne. Ich hoffe sie gefällt Dir."


    Einen kleinen Riegel an der Seite musste man zurückziehen um den Deckel des Kästchens aufklappen zu können. Glänzend und gleissend offenbahrte sich sodann der Inhalt. Es war ein Geschmeide aus Gold, ein geschwungener Halsreif, von dem wie eine schimmernde Kaskade feine Kettchen herabströmten, die in tropfenförmigen, tiefblauen Saphiren endeten. Ein einzelnder, grösserer Saphir war, von filigranen Ornamenten umgeben, in den Halsreif eingearbeitet, und vielfach warfen seine geschliffenen Facetten das Licht zurück. An die Tiefe des Meeres gemahnte diese Bläue, oder an den Himmel in der blauen Stunde eines klaren Sommerabends, und Severus hatte dieses Funkeln natürlich sofort an die Augen seiner Liebsten erinnert, weshalb er nicht gezögert hatte, das Blutgeld ganz in dieses Geschmeide zu investieren.

    Der feierliche Moment verflog und Lucanus machte wieder Scherze. Etwas gequält verzog der Germane das Gesicht dabei, und hob einen Mundwinkel zu einem halbherzigen Grinsen. Als Luca und Straton dann den Raum verlassen hatten, liess er sich auf eine Bank sinken, die, wackelig wie sie war, unter seinem Gewicht gefährlich ächzte, schüttelte den Kopf und atmete schwer aus. Also sowas... Er kratzte sich im Nacken und zog die Schale zu sich. Er war hungrig und so schlecht fand er das Essen nun auch nicht.
    "Mhm", murmelte er auf Bridhes Bemerkung hin, "vor den Flaviern ist man echt nirgends sicher. Scheint ja ganz in Ordnung zu sein, nicht? Aber der andere - was für ein öliger Kriecher."
    Den hatte er ja gleich schon mal gefressen! Er stieß den Löffel in den Brei und aß schnell Bissen für Bissen.
    "Naja, diese Gezüchteten sind alle ein bisschen verdreht", lästerte er dann mit vollem Mund, "Halten sich für was besseres weil sie das Buckeln schon mit der Muttermilch eingesogen haben."
    Er tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Schläfe, schnaubte verächtlich und riet Bridhe bedeutsam:
    "Also halt Dich lieber von dem fern, min Skaz."

    Auge in Auge standen Severus und Tilla sich gegenüber, in einem der Gänge der großen Villa, und immer düsterer wurde die Miene des Germanen. Nein, dieses Mädchen sah er nicht zum ersten mal! Mochte sie auch sauber und wohlgekleidet sein jetzt, sah sie auch aus als könne sie kein Wässerchen trüben, so war er sich doch immer sicherer, in ihr eine Person zu erkennen, die ihm schon übel mitgespielt hatte! Anscheinend war er nicht der einzige Sklave, der sich ausserhalb der Villa etwas dazu verdiente.
    "Du kleines Luder...", grollte er, und die Bilder jenes unseligen Sommertages, standen ihm wieder lebhaft vor Augen....



    Die Menschenmenge macht ihn nervös. Leise murmelt er Verse aus seiner Heimat vor sich hin, flüsternd kommen sie über seine Lippen, ohne dass er selbst es bemerken würde. Er fährt herum als er einen Stoss im Rücken spürt, und stiert den Mann hinter sich ungnädig an, einen untersetzten Kerl in einer schmuddeligen Tunika. Er riecht nach Wein. Was soll das?
    Dann ist da ein Mädchen, entblösst seine Arme, weinend... Strähniges Haar, grosse dunkle Hungeraugen. Ein grober Umhang. Er mustert sie. Armes Ding denkt er, und ihr Bild prägt sich ihm ein, als ein Beispiel der anderen Seite von Rom, des Elends das man nur ein paar Strassen weit vom dekadenten Prunk der Villen so reichlich findet. Irritiert sieht er, wie das Mädchen dann auf ihn deutet. Will sie betteln...oder was hat das zu bedeuten?
    "Pass lieber auf wo Du hintorkelst, Stultissimus!", fährt er gereizt den Kerl an, als der ihm auf einmal so blöd kommt. Doch der steckt den Finger aus, richtet ihn wie einen Dolch auf die Brust des Germanen und schwingt sich zum Retter der Kleinen auf.
    "Untier! Ein kleines Mädchen grün und blau zu schlagen!"
    "Was? Aber ich hab nicht -"
    Der Finger des Mannes tippt dem Germanen auf die Brust, und "Barbar!", speit er Severus entgegen.
    "Verzieh Dich Du Säufer!"
    Der Germane ballt die Faust und macht einen Schritt auf den Mann zu, baut sich ganz nah bedrohlich vor ihm auf. Seine Augen sprühen Zorn. Doch sein Gegenüber lässt sich nichts ins Bockshorn jagen und funkelt zurück.
    " Sentina, belua, monstrum!", schimpft er und sticht bei jedem Wort mit dem Finger auf die Brust des Germanen ein.
    "Erraticus!", knurrt der, und blitzschnell entlädt sich seine Gereiztheit in Gewalt, er holt aus mit der Faust und versetzt dem Kerl einen wuchtigen Kinnhaken. Es knirscht, und der Mann schwankt zurück, keucht, hält sich das Kinn. Endlich ist er mal still, denkt der Germane und will sich schon verächtlich abwenden, um weiter seines Weges zu gehen...

    Ah, so langsam wurde man sich einig! Der Germane grinste dreckig zurück, wobei er ein kräftiges Gebiss bleckte, und spürte, wie sich in ihm das Jagdfieber regte. Viel zu lang hatte er zwischen adretten und ach so gesitteten Menschen den gezähmten Wilden gegeben, brav seinen Herrn zum Tempel und zurück eskortiert, höchstens mal einen Übungskampf gehabt, zuletzt war er gar Überbringer zarter parfümierter Liebesbriefchen gewesen (er hatte nicht dran gerochen, aber sie waren zweifelsohne parfümiert gewesen) - aber jetzt, jetzt ging es wieder ums Jagen, ums Blutvergiessen, um Beute - eben ums ganze!
    Nur - was war ein 'Beitel'? Ach so. Ein Sack wahrscheinlich.
    "Wasserdicht. Ich verstehe. Hm - nein, nicht wieder hier. Zu viele Leute."
    So kaltblütig war er dann doch nicht, dass es ihm behagen würde, einen abgeschnittenen Kopf auf einem belebten Platz mit sich herum zu schleppen. Er überlegte und machte einen Gegenvorschlag. Der Ort war ihm mal aufgefallen, weil er sich vielleicht ganz gut für ein Schäferstündchen eignen würde. Und ebenso gut wohl für ein diskretes Treffen geschäftlicher Natur.


    "Stromabwärts, vor dem Emporium, da wo die Lagerhallen beginnen" - beiläufig wies er in die Richtung - "da gibts neben der Werft so'n wüstes Stück Brachland am Flussufer, mit Gerümpel und abgewrackten Kähnen und so - treffen wir uns doch da, bei dem alten Lastkran. In einer Woche zu Sonnenuntergang. Ich mit dem Kopf, Du mit dem Geld. Allein. In Ordnung?"
    Die Waffe würde er sich selbst besorgen, beschloss er. Es gefiel ihm nicht so recht Meuchelmörder genannt zu werden. Aber eine bessere Bezeichnung hätte er auch nicht gewusst. Er könnte das Opfer ja schlecht zum Holmgang fordern.
    "Gut ich sag Dir meinen Namen. Aber ich will auch Deinen wissen, wie gesagt. Sev heiß ich. Und wie wirst Du genannt? Ach - soll ich dem Arbogastes eigentlich noch was ausrichten von Dir, vorher? Und weisst Du wo er sich rumtreibt zur Zeit? Und hat er was besonders an sich, an dem man ihn gut erkennen kann?"
    Er lächelte grimmig. Jetzt fehlten nur noch ein paar Informationen, und das Geld, und dann konnte er sich gleich auf die Jagd begeben...


    Na endlich war sie wieder vernünftig. Nein. Doch nicht. Den härtesten Schlag hatte sie sich heimtückisch für den Schluß aufgespart. Sie nannte ihn, vor versammelter Mannschaft: "Süßer".
    Sein Gesicht entgleiste. Es grauste ihn. Er wollte im Boden versinken. SÜSSER. Das musste man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Severus, der süße Germane, der süße Severus. Er schluckte und funkelte einen Sklaven, der es gewagt hatte zu lachen, so mordlustig an, dass der erschrocken verstummte. Und schon traf ihn der nächste Hieb in die Magengrube.
    "Einkaufen", wiederholte er mit erloschener Stimme.
    "Famos."
    Euphorisch war ihr Minenspiel. Hier war Widerstand zwecklos erkannte der Germane. Er nahm ihre Hand - "Na dann gehn wir doch!" - und zog sie mit sich, fort aus dem muffigen Saal, den Gang entlang, weg von den glotzenden Augen, stumpfen Gesichtern und mahlenden Kiefern des Gesindes.


    In einer Nische vor einem Fenster blieb er stehen. Durch das schlierige Glas war verschwommen die Krone eines Baumes draussen im Garten zu erkennen, dessen Laub in bunten Herbstfarben erstrahlte.
    "Lass uns doch lieber was in der Stadt essen.", beschloss er.
    "Aber Bridhta... hör mir genau zu... nenn mich nie wieder - hörst Du, nie wieder! - SÜSSER!!!"
    Er zog eine gequälte Grimasse, irgendwo zwischen Verzweiflung und Lachen über sich selbst, und dann fiel ihm das allerwichtigste auf einmal wieder ein, dass er bei diesem Schreck am frühen Morgen beinahe vergessen hätte!
    "Hmm... Aber weißt Du was?"
    Seine Augen blitzten vergnügt.
    "Ich hab auch was für Dich, meine Liebste."

    Ein gewaltiger Felsblock fiel dem Germanen vom Herzen bei dem erlösenden Wort 'Missverständnis', beinahe spiegelbildlich zu Lucanus löste sich die Anspannung seiner Muskeln, und die Härte in seinem Gesicht wich einem aufziehenden Ausdruck der Erleichterung. Frowe Hulda sei Dank - das hier hätte ganz schön ins Auge gehen können! Vor allem nachdem es ja nicht gerade die erste 'Schandtat' gewesen wäre, gegen die erhabene Gens Flavia, die man ihm hätte vorwerfen können.
    Ernst und eindringlich erwiderte er den Blick Lucanus', als der seine edelmütige Entscheidung kundtat, und es schien ihm, dass der junge Mann, obgleich noch immer halbnackt und mit den Spuren der Tränen im Gesicht, in jenem Moment tatsächlich eine Art von Noblesse offenbarte, die weder der strahlenden Toga noch des prunkenden Schmuckes bedurfte.


    Er nickte einwilligend, und erwiderte förmlich:
    "Hab Dank, Flavius Luca. - Meine Götter werden es mir nicht verwehren, so das Andenken einer hohen Frau zu ehren."
    ...obwohl sie Römerin ist. Und wenn doch, dann war es ihm gleich. Die Asen hatten ihm ihre Huld entzogen und ihn alleingelassen, denen schuldete er gar nichts mehr! Höchstens noch Freya - die war ihm wohl noch immer geneigt, wie man an der zauberschönen Irin an seiner Seite sehen konnte - doch die weissarmige Wanin war von milder Art und würde ihm kaum zürnen.
    Dass der Flavier überhaupt auf den Gedanken kam sich danach zu erkundigen, der Respekt der darin mitklang - ein Respekt, dem der Germane noch nie bei einem Römer begegnet war - nahm ihn sogleich sehr für den jungen Mann ein. Natürlich war er auch argwöhnisch - es handelte sich ja eben nun mal um einen Flavier, und deren Sippe war bekanntlicherweise unberechenbar und wechselhaft, mal die Großmut in Person, mal bösartige Tyrannen - doch er beschloss kurzerhand, Flavius Luca zu denen zu zählen, die er schützen würde wenn es darauf ankam. (Damit waren es dann schon zwei.)

    "Ich hab Dich nicht so genannt. Ich hab gefragt, verdammt. Nicht Dich beschimpft und nichts behauptet. Gefragt.", versuchte Severus sich zu verteidigen. "Wie hätte ich denn ahnen können... euereins kommt NIE hier herunter!"
    Stur erwiderte er den Blick des jungen Mannes, verbarg seine Angespanntheit hinter einer unbewegten Maske. Der Flavier schien zu schwanken. Wahrscheinlich dachte er gerade über die Vorzüge der verschiedenen Hinrichtungsmethoden nach. Verdammte Scheisse. Was sollte er denn noch tun. Sich zu Boden werfen? Nein danke. Er reckte das Kinn und entgegnete auf die Frage Lucanus' mit kühlem Stolz:
    "In meiner Heimat, Flavius, in den Landen der Chatten, war ich der Sohn eines Drichten - eines Stammesfürsten. Ich trug die Zeichen meines Standes, langes Haar und die Waffen eines Kriegers. Mit einem Unfreien hätte man mich nicht verwechseln können, und auch von einem Bastardsohn - mein Vater hat ein paar - war ich wohl zu unterscheiden."
    Naja - er blickte auf den blossen Oberkörper des Flaviers - beim Baden vielleicht weniger.
    "Meine Mutter ist eine Hohe Frau, und hätte jemand sie wissentlich eine Hure geschimpft, so hätte ich mit ihm gekämpft und ihn totgeschlagen. - Aber ich wusste verdammt noch mal nicht wer Du bist! Und. Ich. Hab. Nur. Gefragt."
    Ärgerlich wandte er den Kopf zu Straton, als der seinen Vorschlag vorbrachte, der ihm gar nicht behagte. Und Bridhe fiel auch noch mit ein. - Eine tote Flavia stören?! Die lebenden waren schon furchterregend genug. Die Sache wuchs und wuchs...
    Er schüttelte den Kopf mit fester Überzeugung.
    "Wozu eine Tote herbeirufen, wozu an das Gefüge der Welten rühren, wenn doch auch die Lebenden selbst entscheiden können! Kämpfe eben mir mir, Flavius - Du kannst ja einen Kämpfer an Deiner Statt bestimmen - wenn Du meinst, dass die Ehre Deiner Mutter nun beschmutzt sei durch mich."

    Zitat

    Original von Cnaeus Flavius Lucanus
    Severus, was - hast - Du - ge - sagt? Ich betone jede Silbe schmallippig. Bas - tard - sohn? Was möchtest Du damit sagen?
    Über - MEI - NE - MU - TTER! sagen?


    Also - so langsam fand der Germane diese Umarmung ein bisschen eng! Doch da löste Luca sich schon wieder von Bridhe, und wandte sich zornentbrannt zu ihm um. Schien die Frage in den falschen Hals bekommen zu haben, der Junge. War vielleicht auch etwas direkt gewesen.
    Was? Der war ein richtiger Flavier?! Garms Grimm! Ja wer hätte denn ahnen können...
    Die Augen des Germanen weiteten sich bei dieser Enthüllung, und er fragte sich, wie er wohl dieses untrügliche Gespür, Flavier gegen sich aufzubringen, erworben hatte. Doch er blieb ruhig stehen, unbewegt wie ein Felsklotz, und sah nur auf den aufgebrachten jungen Mann, der bereit war, die Ehre seiner Mutter mit den Fäusten zu verteidigen.
    Bloss nicht zurückschlagen. Nur ja nicht zurückschlagen. Wenn Du zurückschlägst kreuzigen sie Dich. Bleib ganz ruhig.
    "Verzeih. Ich wollte nichts gegen Deine Mutter sagen."
    Trotz der Gefahr, die "Luca" nun für ihn darstellen mochte, tat er Severus beinahe leid. Er achtete nicht auf die Worte der anderen und blickte dem jungen Flavier direkt ins Gesicht, sah dessen Wut und Tränen. In einer ehrlich entschuldigenden Geste hob er die Hände und suchte zu erklären.
    "Ich dachte, wenn Du kein Sklave bist, und doch hier bei uns unten ißt, wäre das die Erklärung. Doch weder Dich noch Deine Mutter beabsichtigte ich zu schmähen, Ju... - Flavius. Entschuldige bitte."

    "Thia-duyth min Skaz."
    Glutvoll erwiderte er Bridhes Lächeln, wandte dann wieder seine Aufmerksamkeit den Neuankömmlingen zu, und nickte als sie sich vorstellten. Strathon und Luca, beide aus Hispania, ein Land von dem er nicht viel mehr wusste, als dass es dort angeblich die rassigsten Tänzerinnen der Welt und einen Haufen verfemte Flavier gab.
    Aber was war dieser Strathon denn für einer? Wenn er beim Anblick des Speisesaales schon so pikiert war, dann würde er in Angesicht des düsteren Gewölbes, das sich Nachtlager schimpfte, wahrscheinlich gleich in Ohnmacht fallen. Severus musterte den Griechen befremdet von oben bis unten, und hob spöttisch einen Mundwinkel, weil er fand, dass der sich gewaltig aufspielte. Und hatte er nicht eben was von "seit vier Generationen" aufgeschnappt? Ein Gezüchteter also. Die waren doch allesamt ein wenig neben der Spur.


    "Mhm, der Puls ist eine Spezialität des Hauses", grinste er zu Luca, "Sehr solide, damit kannst Du Mauern hochziehen und Fundamente legen."
    Was für eine traurige Geschichte der Junge doch hinter sich hatte! Er wirkte ja trotzdem recht fidel, aber es erschütterte den Germanen schon, zu hören, dass Lucas eigene Mutter ihn anscheinend in die Sklaverei zu den Flaviern verkauft hatte! Diese Südländer waren einfach von grausamer Natur, es zeigte sich immer wieder. Ach nein - die Mutter war tot. Das war natürlich auch nicht schön. Er nickte mit Anteilnahme. Bridhe übernahm das Trösten.
    Aber etwas stimmte hier nicht. Moment - Onkel Furianus? Er sah Luca forschend an, und langsam dämmerte ihm die Erkenntnis. Kein Sklave?
    "Ach -" erkundigte er sich, "das heißt Du bist ein Bastardsohn?"

    Unverhohlen ergötzten sich die Sklaven, die verschlafen auf den wackeligen Bänken sassen, und ihr nicht gerade berauschendes Morgenmahl einnahmen, an dieser unterhaltsamen und dramatischen Szene, die ihnen da so früh am Morgen schon geboten wurde. Das war beinahe noch besser als die Geschichte neulich, als der Germane und der Vilicus sich beinahe geprügelt hätten.
    "Liebe!", krächzte die alte Nike und kicherte hämisch mit beinahe zahnlosen Mund, als wäre das ein prächtiger Witz.
    "Liebe...", seufzte verzückt eine rosige Waschmagd, und sah verträumt zur rauchgeschwärzten Decke empor.
    Und "Liebe, pah", grinste ein stämmiger Rossknecht, starrte Bridhe auf das Hinterteil und leckte sich anzüglich die Lippen.


    Ohne diesem - belanglosen - Publikum Beachtung zu schenken, stand der Germane vor seiner Liebsten und war verwirrt. Da war sie einmal völlig aufgelöst wegen ihrer Strafe und dann bitterböse, dass er versuchte ihr zu helfen?
    "Sag mir nicht was ich zu tun und zu lassen habe, Süße!", schnappte er, wütend dass sie sein Wort in Frage gestellt hatte. Das war eine Sache der Ehre, und da war er empfindlich. Dann seufzte er und sagte etwas versöhnlicher:
    "Aber ich wollte doch nicht Dein Geschenk schmälern! Und Du musst wirklich nicht leiden für mich, damit ich weiss was ich an Dir habe!"
    (Die alte Nike rollte mit den Augen. Die Waschmagd seufzte 'ach'. Der Pferdeknecht hatte schon wieder das Interesse verloren.)
    "Nämlich einen wunderbaren Schatz, den ich für keinen Albenhort der Welt hergeben würde."
    Das klang dann schon wieder sehr schwärmerisch. Kurzerhand beugte er sich vor, um das zu tun was er gleich zu Anfang vorgehabt hatte, packte Bridhe, drückte sie einfach an die Wand und küsste sie heftig und hitzig, noch durchdrungen von dem Feuer ihres scharfen Wortwechsels. Sie zu küssen hatte auch den Vorteil, dass sie währenddessen nicht widersprechen konnte.
    Das Publikum feixte.

    Zitat

    Original von Straton, Bridhe und Lucanus


    Es war an einem ganz anderen Tag, als Severus, der heute nur den Vormittag im Ludus verbracht hatte, zu Mittag in die Villa zurückkehrte und gleich hungrig in die Küche trat. Er war ein bisschen spät dran, und viel war nicht mehr in dem Kessel, aus dem die Sklaven ihre Mahlzeiten schöpften.
    Mit dem langen Holzlöffel kratzte er sich die Breireste heraus - das Gemüse war schon alles herausgefischt - bis es halbwegs die Schale füllte. Eine harte Scheibe Brot fand er noch, dann begab er sich in den Nebenraum, den schmierigen Speisesaal der Sklaven. Sogleich erblickte er Bridhe, im Gespräch mit zwei Unbekannten, neuen Sklaven anscheinend. Ein paar Fetzen ihres Gespräches auffangend trat er hinzu, und legte seiner Süßen ebenso liebevoll wie besitzergreifend die schwielige große Hand auf die Schulter.
    "Salve!", grüßte der strohblonde Germane freundlich. Sein Latein war fließend, mit rauhem nordischem Akzent.
    "Ihr seid neu hier? Willkommen. Mein Name ist Severus. Kommt ihr aus Baiae?"
    Der jüngere der beiden schien allerdings eher direkt vom Sklavenmarkt zu kommen, und gerade erst das obligatorische Bad hinter sich zu haben, die Einkleidung aber noch nicht. Etwas sympathisches war um ihn. Der andere dagegen wirkte kalt wie eine Hundeschnauze.


    Severus' Bewegung auf sie zu endete abrupt bei dem Wort 'Aquilius'. Warum sagte sie ihm das? Wollte sie ihn eifersüchtig machen? Wenn ja, dann war ihr das gelungen. Und als sie ihn auf einmal anschrie, fuhr er vollends zurück, starrte sie im ersten Moment nur verblüfft an. Was war denn nur mit seinem sanften, liebreizenden Schwanenmädchen passiert, dass sie sich auf einmal in eine wilde Furie verwandelte?!
    Dann verdüsterte sich sein Gesicht, seine Lippen wurden schmal und Zorn glomm in seinen Augen.
    "Was redest Du da?!", entgegnete er wütend.
    "Zeihst Du mich etwa des Wortbruches?! Wäge Deine Worte, Bridtha! Ziu der Einarmige, Schirmer des Things und des Eides ist Ahnvater meiner Sippe. Mein Wort ist mir heilig. Niemals hab ich so ein Versprechen Dir gegeben. Mässige Dich!
    Ja, ich war bei ihm - natürlich! Denkst Du denn ich will dass ein anderer die Strafe für meine Taten zu tragen hat? Da kennst Du mich schlecht. - Er war aber stur."

    Empört über ihre Vorwürfe schüttelte er den Kopf, achtete nicht der Zuschauer, die begierig diesen Wortwechsel verfolgten, und fixierte Bridhe finster.
    Frauen! Unverständliche, unberechenbare Wesen, so launisch wie der Westwind...

    "Severus", nannte der Germane der Baskin den Namen bei dem er gerufen wurde, nickte ihr zu und lauschte dann aufmerksam Bridtha, als sie von ihren Bräuchen erzählte. Ein Fest gemeinsam mit den Toten...
    Ja, die Welten waren einander sehr nah um diese Zeit, die Schleier zwischen ihnen zum Zerreißen dünn. Heilfroh war er, dass der Fluch des flavischen Goden nicht mehr auf ihm lastete - die Unterirdischen hätten leichtes Spiel gehabt in diesen Tagen.
    Er nickte langsam - auch bei ihm zu Hause lud man ja bisweilen die Toten zu Gast - und beugte sich zum Feuer, wo er die Kerze entzündete. Sie in den Händen haltend, starrte er in die Flammen des Opferfeuers, sah sie züngeln und zucken, sah das Glimmen der Holzscheite, und die lodernden, blitzschnell sich wandelnden Formen des Feuers. Weit fort waren seine Gedanken, zu Hause in der Halle seines Vaters, und bei dem Totenfest letztes Jahr, als er, in Mantua schwerverletzt zwischen Leben und Tod schwebend, bei seiner Familie zu Gast gewesen war, mit Sigmar... oder jedenfalls meinte er, dort zu Gast gewesen zu sein...


    Düsterrot huschte der Feuerschein über die Umgebung, schien in den Gesichtern der Frauen um ihn herum wieder, hüllte sie, die aus so verschiedenen Völkern stammten, alle gemeinsam in einem Kreis von Flackerlicht und Wärme.
    Eindringlich klangen die Worte Fyonhas, mit denen sie ihre Familie herbeirief. Ihre ganze Familie war tot? Nicht nur er hatte wohl Grund die Römer zu hassen. Als sie sprach, meinte er die Flammen heller brennen zu sehnen, und es schien ihm, dass die leisen Geräusche des nächtlichen Gartens - das Wispern der Blätter, das Rascheln im Gezweig - für einen Moment verstummten. Ja, diese Nacht war durchwebt von einem dunklen Zauber - der mit Sicherheit auch gefährlich werden konnte, wenn man die Riten nicht achtete.
    Ob er Sigmar rufen sollte? Der Germane blickte in die Flamme seiner Kerze. Doch was würde sein Bruder denken, ihn so verwandelt zu sehn? Er würde ihn, Severus ja kaum wiedererkennen. Nein, seine Sippe, ob tot oder lebendig, sollte nicht Kunde davon haben, dass er zum Sklaven geworden war.


    Mit einem Ast bohrte er ein Loch in den Boden und steckte die brennende Kerze hinein. Bridhes Umarmung holte ihn aus seinem düsteren Sinnen.
    "Meine Götter? Ach, die sind für Freie, nicht für Sklaven bestimmt...", antwortete er wegwerfend. Er war sich auch nicht sicher, ob es gut wäre, ihnen an einem Feuer zu huldigen, wo schon andere, fremde Wesenheiten angerufen worden waren. Vor allem aber grollte er ihnen, dass sie ihn so im Stich gelassen hatten.
    "Könnt ihr in die Zukunft sehen in dieser Nacht?", fragte er ernsthaft. "Oh ja, min Skaz, natürlich möchte ich wissen welches Geschick sie für uns bereithält. Unbedingt. Wie macht ihr das denn? Werft ihr auch Runenstäbe dafür?"
    Er erwiderte ihren Kuss und betrachtete neugierig, und auch mit der Scheu, die ihn angesichts fremder Götteropfer immer überkam, wie sie ihren Göttern huldigte. Als Bridhe sich dann wieder neben ihn setzte, legte er den Arm um sie, und streichelte ihre Schulter. Es gelüstete ihn sehr nach Met, inzwischen, doch er wollte nicht respektlos sein, und wartete damit lieber noch, bis die Götter ihren Anteil bekommen hatten.

    Zitat

    Original von Bridhe
    Nach einer doch recht kurzen Nacht, die einem langen, teils unterhaltsamen Abend gefolgt war, stand ich schließlich doch auf, zog mich an und eilte zur Küche, um das Frühstück für Aquilius zu holen. Mir selbst knurrte auch schon der Magen vor Hunger, was meine Stimmung an diesem Morgen wohl nicht sonderlich bessern würde. So beschloß ich wenigstens, daß ich in der Küche das Tablett mit besonders großen Portionen bestücken lassen würde, damit ich im Zweifelsfall auch noch meinen Anteil davon abbekam.
    Doch wie es der Zufall so wollte, kam ich erst gar nicht bis zur Küche.
    Als ich am Speisesaal der Sklaven vorbei gehen wollte, lief ER mir direkt in Arme.
    Ich lächelte süßlich und noch süßlicher, so daß es fast schon kleben mußte, war meine Stimme.


    Guten Morgen, leannán! Hast du vielleicht einen Moment Zeit für mich?


    Lange hatte der Germane sich am Vorabend in der Stadt herumgetrieben. Geschäftlich sozusagen. Nämlich in Hinblick auf den höchst verlockenden Auftrag des zwielichtigen Fremden.
    Vieles ging ihm durch den Kopf, als er jetzt, ein wenig übernächtigt den Gang entlang zum Speisesaal schritt. Die Summe war einfach atemberaubend. Wenn er sie erränge - ob es genug wäre sich freizukaufen? Dann könnte er sich Arbeit suchen, beispielsweise als Leibwächter, Gladiator, Türsteher, Halsabschneider oder Strassenräuber, Geld verdienen, und wenn es gut ging irgendwann auch seine Bridtha freikaufen...
    Wieviel war er überhaupt "wert"? Aquilius hatte keine Sesterze für ihn bezahlt, also konnte er es nicht einschätzen. Vielleicht sollte er sich einmal "schätzen" lassen. Und natürlich musste er den Kerl erst mal um die Ecke bringen. Sicher hatte so ein großer Fisch auch Leibwächter bei sich, irgendwie musste er also an ihn rankommen... Hmm...vielleicht versuchen Aufnahme in dessen Bande zu finden? Er brauchte auf jeden Fall mehr Informationen über das Opfer...
    Kontemplativ rieb er sich die Nasenwurzel, im Gehen, und sah, aus seinen blutigen Gedanken gerissen, erstaunt auf, als auf einmal Bridhe vor ihm stand.
    Und wie lieblich sie lächelte!
    "Guten Morgen min Skaz!"
    Sonnig strahlte er sie an, bewegte sich schnell ganz dicht an sie heran und stützte die Arme rechts und links von ihr an die Wand des Ganges, so dass sie dazwischen gefangen war.
    "Natürlich meine Liebste", sprach er, mit einem hungrigen, beinahe knurrenden Unterton, und näherte seine Lippen langsam den ihren.
    "Alle Zeit der Welt...."

    Schmunzelnd massierte er weiter, schön kraftvoll, und freute sich, dass seine Bridhta es offenbar genoss. Er fand es auch immer ganz herrlich, nach dem Training. So knetete und verwöhnte er ihren Rücken lange und mit viel Hingabe. Irgendwann konnten aber auch seine kräftigen Daumen nicht mehr, und das Wasser wurde auch schon langsam kalt. Sehr spät war es inzwischen. Er gähnte, und küsste noch einmal diesen herrlich zarten Nacken vor seiner Nase, wartete bis Bridhe sich den ganzen Schmutz des Tages vom Leibe gewaschen hatte, und reichte ihr dann das Tuch zum Abtrockenen.
    Einträchtig verschwanden die beiden schließlich in Richtung Sklavenunterkunft. Morgen, beschloss der Germane, morgen ganz früh, würde er gleich zu Aquilius gehen, und die Schuld auf sich nehmen. Wohlüberlegt. Zwar hatte er ein schlechtes Gefühl bei diesem Vorhaben - der Flavier war ja unberechenbar - aber was er tun musste, dass musste er nun mal tun. 8)

    Die Augen des Germanen wurden schmal, und die Gier nach dem Geld packte ihn heftig, als der Fremde plötzlich einen Rückzieher machte. Dummerweise hatte er ja keine Ahnung, wie hier die Gebräuche waren. Die Hälfte war möglicherweise etwas viel verlangt. Aber einfach so losziehen, dass wäre ja blödsinnig gewesen, wer sagte denn dass sich der Kerl danach noch an die Abmachung erinnerte.
    Ein abfälliges Grinsen kräuselte seine Lippen. Er besah sich sein Gegenüber kalt, und sagte, ohne die Stimme zu heben:
    "Für wie dumm hältst Du mich. Du könntest mir das Blaue vom Himmel erzählen, Fremder. Ich töte Deinen Feind, aber ich töte nicht umsonst. Einen Teil musst Du mir schon vorher geben. Sonst könnte mir der unschöne Gedanke kommen, dass Du gar nicht soviel Geld hast. Gib mir eine Anzahlung von, hm, na gut, dann eben dreihundert Sesterzen, das ist nur ein..." - Viertel? Fünftel? Achtel? - "...Bruchteil der Summe - man hat ja auch Ausgaben dabei, außerdem - und ich erledige das für Dich. Getötet hab ich oft genug. Und ich stehe zu meinem Wort. Einen besseren findest Du so schnell nicht."
    Er zuckte die Schultern um Gleichgültigkeit zu heucheln, doch der Gedanke an das Geld - das die Freiheit bedeuten könnte! - liess einen träumerischen Glanz in seine Augen treten, der diese Geste Lügen strafte.

    Wie es schien war die junge Dame dem Werben wohlgeneigt, stellte der Germane fest, und wartete mit verschränkten Armen, recht gelangweilt, bis dass sie das Geschenk begutachtet und ihre Antwort zu Papyrus gebracht hatte. Mit zartvioletter Tinte, wie ihm nicht entging. Herzallerliebst. Und sogar ein Zeichen der Gunst gewährte sie dem Flavier. Sein Blick schweifte über die Einrichtung des Zimmers, richtete sich dann auf die junge Sklavin mit dem langen braunen Haar. Etwas verschmitztes hatte sie an sich, etwas spitzbübisches, und er konnte sich des Eindruckes nicht erwehren, sie schon mal irgendwann, irgendwo gesehen zu haben... Nur wo?
    Er grübelte darüber nach. Beim Weinfest? Nein... die vage Erinnerung, die er da zu fassen versuchte, die stattete das Mädchen nicht mit einer roten Tunika aus, sondern eher mit einem... ja, einem Umhang... grob, geflickt und eher schmutzig.... Seltsam. Er runzelte die Stirn und kurz lag sein Blick unverhohlen und forschend auf ihrer schmalen Gestalt.


    Dann war der Brief geschrieben. Er war froh, dass Bridhe den Abschied übernahm, denn die huldvolle Erlaubnis nun zu gehen, tönte unerträglich herablassend in seinen Ohren, und er hätte nichts höfliches darauf zu antworten gewusst. Aber seine Süße machte das ganz wunderbar. So nickte er knapp zum Abschied und folgte Bridhe hinaus. Puh! Erledigt, und das diesmal ohne Katastrophe.
    Nahe ging er an dem Mädchen, das ihm so bekannt vorkam, vorüber, als sie die Tür aufhielt, folgte dann unwillkürlich ihrer weisenden Geste. Das Cubiculum lag schon ein Stück zurück, als es ihm wie Schuppen von den Augen fiel.
    "Wir kennen uns doch...", stellte er grimmig fest. Mit einer abrupten Drehung wandte er sich zu dem Mädchen, senkte den Kopf und starrte unheilvoll auf sie hinab, direkt in ihre großen dunklen Augen. Dass es ihm nicht gleich aufgefallen war! Oder - täuschte er sich vielleicht doch?!


    Zeit für eine:

    ~ Rückblende ~


    Hochsommer. Dichtes Gedränge. Der Germane sticht hervor aus der Menschenmenge, die sich um die Stände, Buden und Auslagen drängt, in dem Gassenwirrwarr wo heute der Buchmarkt stattfindet. Kräftig bahnt er sich den Weg, überragt die meisten Menschen um sich herum um Haupteslänge, und auch sein helles Haar fällt auf. Bleich ist er, ausgezehrt, und tiefe Schatten liegen um seine Augen, den gerade erst hat er sich wieder von seinem Krankenlager nach der langen Haft erhoben. Jetzt hat er einen Auftrag, soll für seinen Herrn ein Buch abholen, dass dieser in Auftrag gegeben hat. In einem Lederbeutel an seinem Gürtel befindet sich die Bezahlung. Ein Haufen Geld.
    Nur - wo ist nochmal dieser blöde Händler? Die Sonne und die Masse von Menschen überwältigen schier die Sinne des Mannes, der nur Einsamkeit und Halbdunkel gewöhnt ist. Gerüche aus einer Garküche ziehen über die Strasse, ein räudiger Köter schnüffelt an seinen Sandalen, als er an einer Kreuzung stehenbleibt. Er hustet, und wägt, von Menschen umdrängt, welche Abzweigung wohl die richtige sein mag. Das "Fremder, der sich nicht auskennt" steht ihm förmlich auf die Stirn geschrieben.
    Und da geschieht es....


    Sim-Off:

    Du bist dran, Tilla :D

    Im Grunde seiner Herzens war der Germane ja immer noch ein Hinterwäldler. Bei der Erwähnung der Summe klappte ihm der Mund auf, und es wurde ihm ein bisschen schwindlig. Das waren völlig andere Dimensionen, als die, in denen er gedacht hatte. Mit so einer Summe, da würde er nicht nur eine Morgengabe kaufen können, da könnte er sogar versuchen Bridtha freizukaufen! Oder sich.
    Dafür konnte man schon mal was riskieren. Er klappte den Mund wieder zu und zuckte nicht mit der Wimper, als der Fremde sich bezeichnend über die Kehle fuhr. Einen üblen Verbrecher umzulegen, der noch dazu Römer war, da hatte er nicht mal den Anflug von Skrupel.
    "Hmm...", brummte er, um Zeit zu gewinnen, und um wieder etwas professioneller zu wirken, warf er noch ein paar Floskeln ein, die er hier und dort aufgeschnappt hatte.
    "Ne nasse Sache also. Arbogastus is ja nun nich grad 'n kleiner Fisch..."
    Eine Ratte trippelte vorüber. Er folgte dem Viech mit den Augen, kratzte sich am Kinn und blickte den Fremden dann ganz direkt und offen in das verschlagene Gesicht. Entschlossenheit glomm in seinen Augen, und ein düsterer Tatendrang.
    "Ja. Ich bin Krieger. Ich kann das. Gib mir ein Sax - oder eine Sica, sag mir wo ich ihn erwischen kann, und ich bring Dir seinen Kopf. Aber ich will wissen für wen ich arbeite, und von dem Geld will ich natürlich die Hälfte vorher."
    Falls er draufging sollte seine Freundin wenigstens was davon haben. Und ganz blauäugig war er ja nun auch nicht.
    Die Frage nach dem 'Warum' verkniff er sich.

    Eine Falte grub sich tief zwischen Severus' Brauen, als er über diese Frage nachdachte. Sicher, Aquilius war stattlich - für einen Südländer natürlich - er war reich und von guter Sippe. Nötig hatte er das wahrscheinlich nicht. Aber dass er erst eine Bettgefährtin für Unsummen erstand und sie dann keusch neben sich ruhen ließ, das wollte ihm trotzdem nicht in den Kopf hinein. Irgendwas stimmte da nicht.
    "FAMILIE??!!!"
    Seine Augen weiten sich entgeistert, er lachte in seiner Verblüffung abgehackt auf, völlig perplex dass der Flavier das ernsthaft behauptete.
    "Das kannst Du nicht ernst meinen. Bei mir zu Hause, da werden die Unfreien Teil der Sippe, und Du kannst mir glauben - wir behandeln sie vollkommen anders! Sie essen mit uns am Tisch. Wir reden normal mit ihnen, nicht als wären sie Dreck oder schwachsinnig. Sie werden nicht wie Geschmeiß behandelt, oder wie Aussätzige. Bei euch ernten wir von Grund auf nur Verachtung - einfach so, weil ihr uns versklavt habt, oder man übersieht uns ganz, als würden wir überhaupt nicht existieren, als wären wir unsichtbar oder Niemand. Ein wertloses Nichts. Oder Tiere. Ein Haustier, wenn man Glück hat... ein Wachhund..."


    Düster starrte er zu Boden, stieß schnaubend die Luft aus und kämpfte gegen die Bitterkeit und die Verzweiflung die ihn immer wieder überkommen wollten.
    Nichts da, sein Schicksal unerschüttert tragen. Jetzt jammerte er schon rum. Vor Aquilius auch noch. Was war nur aus ihm geworden. Und Bridtha zu beschützen hatte auch nicht geklappt. Müde zuckte er die Schultern, dann hob er den Kopf und gab zu:
    "Ja. Dafür dass Krieg ist zwischen unseren Völkern, warst Du in Deinen Taten meistens anständig zu mir. Das weiß ich doch. Und dass du Bridtha nicht direkt zwingst ist... großzügig. Ich glaub weder dass Du grässlich noch furchtbar bist, Du bist halt ein Römer und kennst es wohl nicht anders als es hier eben läuft. Du hast einen römischen..." - wie war nochmal das kluge Wort - "...Erlebnishorizont. Wären die Dinge nicht so wie sie sind... na egal. - Gehen wir zum Tempel?"

    Leise lächelnd betrachtete er das Sinken von Bridhes Tunika, und verfolgte sie mit den Augen, als sie ins Wasser stieg. Aber dass die Arbeit in der Küche zermürbend war, das wusste er von Astraia. Der Koch war wohl ein ausgemachter Tyrann.
    Langsam schöpfte er eine Handvoll von dem warmen Wasser und ließ es über Bridhes bloße Schultern rinnen. Dann beugte er sich vor - ihr schwanenweißer Nacken war gar zu verlockend, strich eine feuchte Strähne zur Seite und berührte die zarte, vom Bad erhitzte Haut mit den Lippen. Hmm, schmeckte gut. Zärtlich versetzte er ihr einen kleinen Biss, dann legte er ihr die Hände auf die Schultern und begann, erst leicht, dann kräftiger, sie zu massieren. Rau und fest strichen seine Hände über ihren Rücken und ihren Nacken, hinauf zum Haaransatz, an den Schulterblättern und an der Wirbelsäule entlang, kreisten, kneteten und lockerten hingebungsvoll.
    "Das bekommen wir im Ludus oft nach dem Training. 'Massage' heißt es..."