Verres glaubte, bereit zu sein, aber war er es auch? War er bereit und wenn, wofür eigentlich? Würde er nun ewig als ein Sklave sein Leben fristen? So, wie es tausend andere taten?
Auf einmal hielt er inne und ging in sich. Er hatte rebelliert, so gut er konnte, doch nun war es unabwendbar. Kein Wunder war geschehen der ihn aus diesem Albtraum gerissen hatte, niemand war da, der ihm eine Hand reichte und ihn über seine Vergangenheit aufklärte. Weiter war da dieses unermesslich grosse Loch: Wer war er, woher kam er?
Wie oft hatte er sich folgende Fragen gestellt: Wer war seine Familie, Vater und Mutter? Hatte er Geschwister oder sogar eine Frau und Kinder? Wer nur war er in seinem vorherigen Leben gewesen? Ein Soldat, der in Dakien diente, dem römischen Imperium? Oder war er ein Söldner gewesen, oder gar nur ein Dieb oder Mörder, der nach Dakien geflüchtet war?
Auf alle diese Fragen hatte er einfach keine Antwort und von Tag zu Tag machte es ihn fertiger. Von Tag zu Tag wurde er verbitterter, weil niemand, nicht einmal die Götter, ihm bei seinen unendlichen Fragen eine Antwort geben konnten und es schmerzte ihn mehr als die Wunden, welche er sich bei dem Kampf in Dakien gegen die Römer zugezogen hatte.
Ihr Götter, warum legt man mir eine solch schwere Bürde auf? Was habe ich getan, dass ich solche Buße tun muss! Sagt mir, was muss ich tun? ich habe nichts, was ich euch opfern kann, ausser Versprechen oder mein Augenlicht oder mein Gehör oder meine Sprache. Aber wollt ihr das? Wollt ihr solche Opfer?
Auch darauf bekam Verres keine Antwort und so blieb ihm erst einmal nichts anderes übrig, als sich seinem Schicksal zu fügen, und doch schmerzte es ihn immer wieder zu tiefst, nicht zu wissen, wer er war und ob er eine Familie hatte ...
Und die Vorstellung, vielleicht eine Frau und Kinder zu haben, die von ihm dachten, dass er tot war, oder sie im Stich gelassen hatte, schmerzte ihn um so mehr.
Was würde er alles geben dafür, um endlich mehr Klarheit zu erfahren.
So aber musste er sich in Geduld fassen oder sich damit abfinden, dass er nicht mehr der war, der einst war und ein neues Leben anfangen. Doch als Sklave? Er seufzte innerlich. Doch dann blickte er Titus offen an und sagte noch einmal und recht stolz: »Ich bin bereit!«
Er straffte seine eh recht kräftigen Schultern und blickte den Mann vor sich, der auch nicht untrainiert wirkte, offen und aufmerksam an.