Beiträge von Carmen

    Verres Hand an ihrer Wange, die sanft eine Träne fort strich, war so warm und wohltuend, dass Carmen ihr Gesicht an seine Handfläche drückte und die Augen für einen Augenblick schloss. Seine Nähe tat einfach gut und vertrieb den Schmerz und die Kälte die sie zuvor wegen seiner Abweisung verspürt hatte. Ihr Herz hatte darunter gelitten, wohl auch ihr Stolz, doch sie spürte auch bereits, wie es vor Zuneigung zu ihm sich wieder öffnete.
    „Du wirst es nicht verhindern können, dass ich mir Sorgen um dich mache.“ Dafür mochte sie ihn zu sehr, liebte ihn und daher war es ihr ganz persönliches Recht sich Sorgen zu machen. Was wäre das auch für eine Liebe, wenn sie es nicht tun würde?
    Carmen öffnete die Augen wieder und blickte zu ihm auf. Die zärtlichen Gefühle, die sie ihm gegenüber empfand, waren in ihren Augen klar zu erkennen und sie wollte es auch nicht verheimlichen. Wieso sollte sie auch?
    „Bevor du dich entschließt dich bei unserem Herrn zu entschuldigen... obwohl ich nicht weiß wieso...“ grummelte sie leise. „... solltest du dir dein Gesicht waschen.“ Carmen hob ihre Hand und strich mit dem Zeigefinger sachte über seine Oberlippe, an der getrocknetes Blut klebte. Die Wut und Verachtung auf Crassus wuchs mit jeder Begebenheit. Die Qualen und Schmerzen die Verres wegen diesem Mann hatte erleiden müssen und wie er mit Nadia umgesprungen war, brachten Carmen gegen ihren Herrn auf... da half es auch nichts, dass andere Sklaven, wie Seia, positiv über ihn sprachen.

    Die Zeit war recht schnell vergangen, wie Carmen anhand der veränderten Lichtverhältnisse im Raum feststellen konnte und so sah sie entschuldigend zu Seia hinüber. Eine Antwort konnte sie jetzt nicht mehr abwarten und so sprach sie:


    "Tut mir leid, Seia. Wir reden einandermal weiter, ja? Ich muss nun los und weiter arbeiten." Sie lächelte der anderen Sklavin freundlich zu und verließ dann den Waschraum.

    Carmen hatte sich bereits wieder im Bett aufgesetzt und wartete ungeduldig auf eine Antwort von Verres. Befand sich Nadia noch immer nackt im Büro des Hausherrn? Auch wenn Carmen die Frau nicht kannte, so betete sie doch für sie und bat die Götter um ihren Schutz. Doch als Verres dann sprach und dabei jedoch nicht auf ihre Frage einging, da versteifte sie sich umso mehr. Wieso beantwortete er ihre Frage nicht? Wusste er es nicht oder wollte er ihr die Wahrheit vorenthalten? Carmen stand auf, da sie nicht mehr in der Lage dazu war still liegen zubleiben. Die Anspannung ob der Antwort über die Lage von Nadia ließ sie nicht los und so schritt sie nervös im Zimmer auf und ab. Sicher man hätte sich fragen können, wieso es ihr so nahe ging, besonders da Carmen die Frau nicht kannte und ihr deshalb deren Schicksal im Grunde egal sein konnte. Doch so war Carmen nun mal nicht. Sie machte sich grundsätzlich um alles und jeden Sorgen. Insbesondere wenn es sich dabei um solch eine Situation handelt, die sie nur all zu gut und aus eigener Erfahrung her kannte.
    Doch dann vernahm sie erneut Verres Stimme und hörte mit einer gewissen Erleichterung seine nächsten Worte. Nadia war zwar immer noch im Büro des Herrn, aber sie hatte sich wieder anziehen dürfen. Das war ein gutes Zeichen, das musste ganz einfach ein gutes Zeichen sein. Carmen drehte sich zum geschlossenen Vorhang um, blieb stehen und starrte diesen an. Seine resignierende Stimme, die so traurig und selbstverloren erklang, drang tief in ihr Herz ein und ließ sie die eigenen Qualen bezügliche seiner Zurückweisung vergessen.
    „Verres...“ sprach sie leise und trat dicht vor den Vorhang. Seine Worte waren wie Balsam auf ihrer Seele. Carmen schob den Vorhang ein Stück weit auseinander und blickte in sein Gesicht. Noch immer schimmerten ihre Augen tränennass, doch stand sie aufrecht und stolz vor ihn. Sie hatte Verres längst verziehen, doch seine Entschuldigung zu hören tat ihr trotzdem sehr gut. „Danke Verres, doch auch ich muss mich bei dir entschuldigen. Ich hätte dir Zeit lassen sollen. Zeit um damit fertig zu werden und zu versuchen zu verstehen was passiert ist.“ Reumütig senkte sie den Blick und sah starr seine Brust an. „Es tut mir leid.“

    Während Carmen den Worten von Verres gelauscht hatte, war sie liegengeblieben, hatte den Kopf aber in seine Richtung gedreht und blickte den Vorhang an. Wie furchtbar musste er sich und auch Nadia während dieser Tortur im Büro des Herrn gefühlt haben. Wie erniedrigend und demütigend soetwas doch war. Carmen konnte es sich sehr gut vorstellen, insbesondere wie Nadia sich in der Situation gefühlt und wie entwürdigend es für sie gewesen sein musste sich vor fremden Menschen ausziehen zu müssen, nur um zu beweisen, dass sie gehorsam war. Und sie konnte verstehen, wie neu und unbegreiflich das Ganze für Verres sein musste. Auch sie hatte erst lernen müssen, wie das Leben als Sklavin aussah und was sie tun und vorallem was sie lieber lassen sollte.
    Schweigend hatte sie ihm zugehört und erst als er geendet hatte, da sprach auch sie:
    „Sie, unsere Herren, benutzen uns immer und zu jeder Zeit, Verres. Wir sind ihr Eigentum, ihr Besitz und wenn es sie danach gelüstet uns gegeneinander auszuspielen, so wie es bei dir und Nadia der Fall war, so tun sie es einfach. Für dich ist das alles noch neu und unvorstellbar, doch so ist nun einmal das Leben eines Sklaven. Es hängt jedoch auch immer vom Charakter eines Besitzers und auch des Verhaltens eines Sklaven ab, wie das Leben für jedermann verläuft. Ich hatte auch schon eine sehr nette und liebenswerte Herrin und bei ihr war das Leben erträglich und sehr beschaulich, auch wenn ich trotzdem nicht freiwillig bei ihr war.
    Doch mit diesem Herrn hier wird das Leben wohl nicht angenehm verlaufen. Es tut mir leid was du seinetwegen erleiden musstest und ich hege größtes Mitgefühl für Nadia und für das was sie erdulden musste. Ich hoffe, sie muss nun nicht...“ Carmen hielt inne und richtete sich im Bett auf.
    „Verres, wo ist diese Nadia derzeit? Noch immer im Büro des Herrn?“ fragte sie besorgt und hoffte, dass dies nicht der Fall war.

    Noch immer lag Carmen auf ihrem Lager und blickte zur Decke hinauf. Ihre Gedanken rasten und immer wieder kehrten sie zu Verres zurück. Einige Tränen sammelten sich in ihren Augen und rannen ihr über die Wangen. Doch hier in der Abgeschiedenheit des Frauenbereichs ließ sie die salzigen Tropfen ungehindert fließen, es war eh keine der anderen Frauen anwesend. Und dann vernahm sie Verres Stimme und wie er nach ihr fragte. Carmen reagierte nicht sofort. Sie wusste nicht zu sagen, ob sie derzeit mit ihm sprechen wollte oder nicht. Es schmerzte noch immer, dass er sie fortgeschickt und sich geweigert hatte mit ihr zu reden. Dabei hatte sie ihm doch nur helfen, ihm beistehen und ihm ihren Trost anbieten wollen.
    "Ja, ich bin hier." antwortete sie nach einigem Zögern leise und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. "Wo sollte ich auch sein? Dies ist unsere Unterkunft und die Tür hinaus befindet sich in deinem Teil des Raums." fügte Carmen eine Spur bissiger hinzu, als sie beabsichtigt hatte und murmelte sogleich reumütig: "Tut mir leid... "
    Dann verstummte sie und wartet auf seine nächsten Worte.

    Carmen war neben dem Bett stehen geblieben, hatte auf ihn hernieder geblickt und gehofft, ja im stillen gebetet, dass er sie zurückrufen möge, doch er tat es nicht. Er stieß sie vielmehr von sich und wollte allein gelassen werden. Sie hatte seinen Worten gelauscht, versucht zu verstehen. Doch wie konnte sie etwas verstehen was sie nicht selbst erlebt und erfahren hatte? Sie wusste nicht wie es war, wenn man sein Gedächtnis verlor und von heut auf morgen vergaß wer man war und woher man kam. Carmen konnte nicht nachvollziehen wie er sich gerade fühlte, doch sah sie seine innere Verzweiflung, den Kampf den er ausfocht und dessen Ausgang offen war. Außer ihm beizustehen und für ihn dazu sein, wusste sie keinen Weg ihm zu helfen. Da er jedoch genau das nicht wollte und ihr Stolz es ihr verbat sich ihm aufzudrängen, blieb ihr keine andere Wahl als seinem Wunsch nachzukommen.


    Carmen entfernte sich einige Meter vom Bett, schritt zum Vorhang und blieb davor stehen. Langsam drehte sie sich zu ihm um, hielt den Stoff des Vorhangs umklammert und fragte mit leiser und trauriger Stimme: "Besser, Verres? Für wen?" Für Carmen sicher nicht.
    "Du fühlst dich verletzt, wegen dem was im Büro des Herrn geschehen ist und du fühlst dich verletzlich, wegen dem was du vergessen hast. Für letzteres weiß ich kein Mittel und auch keinen Rat, doch für erstes rate ich dir: beginne dein Schicksal zu akzeptieren. Du bist nun ein Sklave, das Eigentum eines anderen Menschen und er kann mit dir umspringen wie es ihm gefällt. Entweder du akzeptierst es oder er wird deinen Willen langsam aber sich brechen und glaube mir, dass ist schlimmer als sich in das Los eines Sklaven zu fügen und damit zu leben."
    Sie wandte sich von ihm ab, trat durch den Vorhang und ließ den Stoff los. Geräuschlos fiel der Vorhang, trennte den Teil der Männer von dem der Frauen und ließ sowohl Verres als auch Carmen allein zurück.


    Gerade erst hatte Carmen sich eingestanden ihn zu lieben und nun bereute sie es bereits. Sie hatte Verres erlaubt ihr Herz zu erobern.. nein, das stimmte nicht. Er hatte es ohne ihre Erlaubnis und ohne Vorwarnung erobert, für sich gewonnen und nun musste sie mit dem Schmerz leben, ausgerechnet von ihm zurückgestoßen worden zu sein. Carmen legte sich auf ihr Lager und starrte gedankenversunken zur Decke. Sie fühlte sich verletzt und ihre harten Worte taten ihr leid, doch leider entsprachen sie der Wahrheit. Entweder er würde sich fügen oder er würde noch schlimmere Strafen ertragen müssen.

    "Verres... du tust mir weh." flüsterte sie leise und bezog diesen Ausspruch nicht nur auf ihre Hand, die er fest hielt. Seine Worten taten ihr auch im Herzen weh, verletzten sie und brachten sie dazu, sich innerlich vor ihm zurückzuziehen. Eine Schutzfunktion, die sie schon oft hatte anwenden müssen, wenn ihr jemand sowohl seelisch als auch körperlich weh getan hatte. Und sie wandte sie jetzt wieder an, nicht bewusst
    Carmen entzog ihm ihre Hand und rieb die schmerzenden Stellen, während sie zu ihm sprach: "Vielleicht warst du jemand anderes, vielleicht auch nicht... ich weiß es nicht. Doch weiß ich, dass du derzeit nicht der bist, der du warst als du dieses Haus das erste Mal betreten hast. Ich kann verstehen, dass du nicht darüber reden willst was vorgefallen ist, doch bestrafe mich nicht dafür, weder für deinen Gedächtnisverlust, noch für das was unser 'Herr und Meister' dir angetan hat. Ich will dir nichts böses, ich will dir nur helfen damit klar zu kommen."
    Carmen erhob sich langsam. Diesmal würde sie nicht bleiben, denn seine Worte hatten sie getroffen und auch sie verfügte noch über etwas Stolz, um nicht bei jemandem zu verweilen, der sie nicht brauchte oder ihre Anwesenheit wünschte.

    Einen Augenblick lang hatte Carmen gedacht, dass er sie nicht gehört hatte oder das sein Name, den sie leise und vorsichtig ausgesprochen hatte, nicht zu ihm vorgedrungen war, doch dann reagierte Verres auf ihre Stimme und ihre Gegenwart. Er blickte sie an, gequält, und versuchte mit einem Lächeln über seinen wahren Zustand hinwegzutäuschen. Der Versuch von ihm, so zu tun als wäre alles in Ordnung obwohl es bei Leibe nicht so war, und der gequälte Blick dazu schnitten ihr ins Herz. Körperlich mochte ihm nicht so viel passiert sein, doch was war mit ihm und seiner Seele, seinem Herzen, seinem Wesen? Was hatte ihr Herr dem Mann angetan, den sie so sehr mochte... den sie zu lieben glaubte? Mit anderen Worten konnte man die Gefühle die sie für Verres hegte nicht beschreiben und so gestand sie sich ein, dass sie ihn liebte... das sie es nicht nur glaubte, nein, sondern es auch wirklich tat. Als er fort war und im Büro ihres Herrn Qualen erlitt, von denen sie nichts wusste, hatte Carmen Zeit gehabt sich über ihre Gefühle für ihn bewusst zu werden. Sicher, es war alles so plötzlich passiert und doch konnte sie sich nicht dagegen wehren. Sie dachte ständig ihn, sorgte sich um ihn und wollte nur noch bei ihm sein. Und es machte sie unglaublich wütend, wie sehr ihr Besitzer den Verres veränderte, zerstörte, den sie so liebte. Den scherzenden und lachenden Mann, der sie neckte und mit charmanten Worten um den Finger wickelte.


    Carmen schmiegte ihr Gesicht gegen seine Handfläche, schloss für einen Moment die Augen, ehe sie seinem Blick mit einem warmen und zärtlichen Lächeln begegnete.
    "Ja, du hast es überlebt." Sie hauchte einen Kuss in die Innenfläche seiner Hand und umfasste diese dann mit ihren Händen. "Möchtest du mir erzählen was passiert ist?" fragte sie zögernd, da sie nicht ahnen konnte ob er es lieber vergessen oder sein Erlebnis mit teilen wollte.

    Carmen kehrte irgendwann im Laufe des Tages in die Unterkunft der Sklaven zurück und durchschritt den Raum, um zu ihrem Lager und ihrer Truhe zu kommen. Sie ließ sich auf ihrem Bett nieder und holte einige persönliche Erinnerungsstücke aus der Truhe. Lange betrachtete sie diese versonnen, bis sie Geräusche aus dem 'Nebenraum' hörte. Schnell legte sie ihre Sachen zurück in die kleine Kiste und streckte sich auf dem Lager aus. Doch niemand kam in den hinteren Teil des Zimmers und so erhob sie sich alsbald, um durch den Vorhang in den vorderen Teil des Raums zu blicken.
    Sie entdeckte auch recht schnell Verres, der apatisch auf dem Bett lag und vor sich hinstarrte. Carmen trat auf ihn zu und ließ sich neben seinem Bett auf die Knie nieder. Getrocknetes Blut klebte an seinen Händen und auch sein Gesicht wies Spuren davon auf, doch ansonsten schien er äußerlich unversehrt zu sein. Das er jedoch so ruhig war, irritierte und verunsicherte sie. Was war im Büro ihres Herrn vorgefallen?
    "Verres?" sprach Carmen ihn leise an und wartete auf eine Reaktion von ihm.

    Doch noch ehe Carmen eine Antwort von Mimithe erhalten konnte, betrat die Köchin wieder ihr Reich und blickte zu den beiden schwatzenden Frauen. Mit einem tadelnden Blick zu Carmen beschwerte sie sich über die Verantwortungslosigkeit derselben, da diese sich nicht wie abgesprochen um den Inhalt des Topfes gekümmert hatte.
    Carmen seufzte leise auf und murmelte schnell einige entschuldigende Worte. Nachdem sich die Köchin wieder beruhigt hatte, stellte Carmen Mimithe vor und erhob sich von ihrem Platz.
    Ihre Arbeit hier in der Küche war nun erledigt und sie würde andernorts weiter ihren Pflichten nachkommen. "Entschuldige Mimithe, doch ich muss nun los. Lass uns unser Gespärch zu einem anderen Zeitpunkt fortführen. Sicher wartet deine Herrin auch schon auf ihr Essen." Carmen lächelte ihr noch einmal zu und verließ dann die Küche.

    Auch wenn dich meine Glückwünsche erst jetzt erreichen, so kommen sie doch nicht minder von Herzen. :)


    Alles Gute Gabriel und möge dein neu angebrochenes Lebensjahr glücklich und einfach nur wunderbar verlaufen. Ich wünsche dir viel Erfolg auf deinem weiteren Lebensweg und das du deine Ziele problemlos erreichst. *knuddel*

    „Nein, das wusste ich bisher nicht.“ Erwiderte Carmen tonlos. Ihr Herr war der Prätorianerpräfekt? Na wunderbar! Das wurde immer besser. Carmen rieb sich unbewusst über die Stirn und zog diese kraus, während sie den Blick senkte. Ihr Herr hatte eine gewichtige Stellung innerhalb der Stadt inne und so wie sie die Männer kannte, würde er seine Stellung auch ausnutzen und bis zu den Grenzen ausreizen. Im Gegensatz zu Seia konnte Carmen sich gut vorstellen, dass ihr Herr aus reiner Willkür einen Sklaven bestrafte, befand sie die gebrochene Nase von Verres, wegen einer Vase!, schon als hart, zu hart.


    Carmen blickte wieder auf und zu Seia: „Mein Herr ist aber nicht dein Herr, wenn ich dich vorhin richtig verstanden habe. Dein Herr heißt... „ sie dachte nach. „Fabricianus, richtig? In welchem Verhältnis steht er zu meinem Herrn? Ist er sein Bruder? Und lebt er auch unter diesem Dach? Ahh, das muss er wohl, wenn du hier lebst und arbeitest. Was macht er denn und vor allem, wie ist er so?“

    Carmen trat auf eine der vielen Waschschüsseln im Raum zu und tauchte ihre Hände in das kühle Nass. Schweigend hörte sie Seia zu, sah nur einmal kurz auf, als sie den Namen ihres Herrn erwähnte und wusch sich dann weiter.


    „Ich weiß es nicht.“ Antwortete Carmen auf Seias Frage. „Ich wüsste es selbst gern...“


    Carmen hielt inne und blickte, während sie ihr Haar neu ordnete und zusammenband, gedankenverloren vor sich hin.


    „Verres hat auf der Straße eine Vase des Herrn fallen gelassen und wurde dafür eigentlich schon an Ort und Stelle bestraft. Aber anscheinend ist noch mehr vorgefallen, vielleicht mit oder wegen dieser Nadia... ich weiß es nicht. Was meinst du, wie ist der Herr so? Also wie würdest du ihn einschätzen. Neigt er zur Gewalt?“ Carmen drehte sich, nun da sie fertig war, zu Seia um und lächelte sie freundlich an.


    „Ich bin noch nicht sehr lange hier und kenne unseren Herrn nicht, somit kann ich ihn auch nicht einschätzen.“

    Carmen hörte Mimithe aufmerksam zu und konnte sich bei ihrer Antwort bezüglich ihrer Herrin ein Lächeln nicht verkneifen. Doch das Lächeln verging ihr sogleich, als die Jüngere über ihren Bruder sprach. Bilder von ihrem eigenen Bruder kamen ihr in den Sinn, die mit dem schmerzlichen Gefühl des Verlustes und der Trauer einhergingen. Doch wie schon all die Jahre zuvor stiegen bei der Erinnerung an ihn keine Tränen mehr in ihr auf, hatte sie schon zuviel um ihn geweint und getrauert, sodass sie dazu nicht mehr in der Lage war.


    „Bestimmt geht es deinem Bruder gut. Du sagst ja selbst, dass du ihn in guter Obhut gelassen und ihm alles wichtige beigebracht hast. Sicher weiß er mit dem Erlernten umzugehen und schlägt sich erfolgreich durch.“ Erwiderte Carmen und hoffte, dass ihre Stimme zuversichtlich klang. Und dann schob sie die Bilder an ihren eigenen Bruder beiseite, verbannte sie wieder tief in ihrem Herzen und lächelte Mimithe fröhlich zu.


    „Du hast recht, meine Heimat liegt von hier aus betrachtet im Westen und es ist die meiste Zeit des Jahres recht warm dort... und ich vermisse diese Wärme.“ Carmen tat so, als wäre ihr kalt und rieb sich wärmend über die Arme.


    „Und wie ich hierher kam? Nun, der neue Mann meiner letzten Herrin verkaufte mich und einige andere Sklaven nach der Hochzeit, weil er genug eigene Sklaven im Haus hat. Du musst wissen, ich war die Leibsklavin meiner früheren Herrin und ich glaube das passte dem Mann nicht. Er wollte nicht, dass sie sich zu sehr an ihr Leben vor der Hochzeit klammerte und deshalb mussten wir gehen. Ich freue mich jedoch für dich, dass du soviel Spaß mit der Herrin Marcella hast und das ihr soviel Blödsinn anstellt. Sie muss sehr nett sein.“

    Eben noch gefangen in dem herrlichen Gefühl von Verres gehalten zu werden und das zarte Erwachen von tieferen Empfindungen zu fühlen, wurden sie abrupt durch das Auftauchen einer anderen Sklavin zurück in die Gegenwart geholt. Carmen blickte die andere Frau zwar freundlich an, war sie jedoch innerlich alles andere als erfreut über die Störung. Aber das konnte sie der Frau nicht vorhalten, schließlich hätten sie sich ja auch ein abgeschiedeneres Plätzchen suchen können.
    Seufzend und mit einer Hand ihre Kleidung haltend erhob Carmen sich. „Du wirst die Begegnung mit unserem Herrn überleben!“ sagte sie zuversichtlich und betete im Stillen, dass sie recht behalten möge. „Er wird dich nicht umbringen...“ leiser und mit einer gehörigen Portion Sarkasmus in der Stimme fügte sie hinzu: „... das wäre ein Verlustgeschäft für ihn, denn immerhin hast du seine Ausgaben, die nötig waren um dich zu erwerben, noch nicht abgearbeitet.“ Carmen schenkte ihm, nachdem er ihr zugezwinkert hatte, ein aufmunterndes und ehrliches Lächeln und behielt dieses Lächeln auch solange bei, bis sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte. Erst danach verblasste es und sie machte sich daran, ihre Kleidung wieder zu richten. Dabei schickte sie stille Stoßgebete zu den Göttern ihrer Heimat, damit diese Verres beistanden und sprach, als sie fertig war, die andere Sklavin an:
    „Dein Name ist Seia, nicht wahr? Tut mir leid, bei den ganzen neuen Gesichtern und Namen bin ich mir nicht mehr sicher. Sag mir bitte in welcher Stimmung der Herr war, als er dich losgeschickt hat um die Beiden zu ihm zu schicken.“

    Carmen ließ sich von Verres widerstandslos in seine Arme ziehen und schmiegte sich an ihn. Wusste dieser Mann eigentlich was er mit ihr anstellte oder bereits angestellt hatte? Sie war verwirrt. Verwirrt über sein Verhalten, verwirrt wegen ihm und verwirrt über ihre eigenen Gefühle. Was spielten die Götter doch für ein unverständliches und unerklärliches Spiel mit den Menschen? Wieso hatten sie ihr all die Jahre die Stärke gegeben sich nicht zu verlieben, niemanden zu nahe an sich heranzulassen, nur um ihr jetzt diese Stärke von heut auf Morgen einfach so wieder zu entziehen? Doch wieso beschwerte sie sich eigentlich? Carmen lächelte verliebt vor sich hin, während sie sich an Verres kuschelte. Es gab keinen Grund sich zu beschweren. Es war ein herrliches, unbeschreibliches und einfach nur wundervolles Gefühl einen Menschen gefunden zu haben, zu dem man sich von Anfang an sofort hingezogen fühlte und der diese Empfindungen ebenso erwiderte.
    Doch dann schoben sich Zweifel in ihre Überlegungen. War sie zu weit gegangen als sie ihn geküsst, sich ihm geradezu aufgedrängt hatte? Wieso hatte er so plötzlich die zarte Annäherung zwischen ihnen unterbrochen und ihr seine Lippen entzogen? Irritiert hob sie den Kopf und blickte Verres fragend an: „Weshalb hören wir auf uns zu küssen?“ fragte sie leise.

    Aufseufzend schmiegte Carmen sich wieder an Verres und erwiderte seinen Kuss. Seine Worte waren so süß und liebevoll, dass es ihr Herz nicht nur erwärmte sondern auch die letzten Barrieren darum einriss und sie umso empfänglicher dafür machten. „Oh Verres...“ flüsterte sie leise und mit weicher Stimme. Hatte sie je so schnell und vor allem soviel für einen Mann empfunden? Nein, und sie war froh darüber. Denn diese besonderen Gefühle wollte sie nur mit ihm teilen und mit niemand anderem. Ja, diese Gefühle sollte nur er in ihr auslösen. So wie in diesem Augenblick. Carmen strich ihm zärtlich über die Arme und über seine Brust, ehe sie ihre Hände unter seine Tunika gleiten ließ, um seine Haut darunter erspüren zu können.

    "Oh hier bin ich nur eine einfache Haussklavin." antwortete Carmen und war nicht unbedingt unglücklich darüber. Sie wollte nicht noch einmal eine Leibsklavin von irgendwem sein und sich womöglich auch noch mit der Person anfreunden, um kurz danach doch wieder verkauft zu werden. Nein, das hatte sie gerade erst hinter sich und von einer Wiederholung wollte sie vorerst nichts wissen. Es schmerzte noch immer und sie vermisste ihre frühere Herrin, die ihr zugleich eine liebe Freundin gewesen war. "Verstehst du dich gut mit der Herrin?"


    "Und du hast recht, mein Name ist kein römischer Name. Ich bin eine Ibererin oder wie die Römer sagen würden: ich stamme aus der Provinz Hispania. Carmen ist ein alter iberischer Name. Hier in diesem Haus lebe ich seit 2 oder 3 Tagen, also noch nicht sehr lange." erklärte sie und rief sich für einen Moment ihre Heimat ins Gedächtnis. Wie sehr sie es doch vermisste!


    "Wie kommt es, dass du jetzt hier bist?"

    Carmen blickte auf Mimithe Hände, erfasste die hochgehaltenen Finger und nickte verstehend. "Du bist also seit sieben Tagen schon hier. Hmm, ich muss in deinen Augen ja ständig geschlafen haben, wenn wir uns noch nicht begegnet sind und du mich immer nur schlafend angetroffen hast." Sie lachte leise auf und setzte sich ebenfalls an den Tisch. "Ob das im Topf jedoch wirklich für uns ist, weiß ich nicht. Das kann uns nur die Köchin sagen, sobald sie wieder zurück ist. Normalerweise bekommen wir die Reste der Herrschaft zu essen und zusätzlich noch Brot. Frische Sachen wie Obst, Gemüse und vorallem Fleisch bleiben jedoch die Ausnahme, es sei denn die Herrschaften lassen davon eine Menge zurück in die Küche gehen. Wenn deine Herrin dir jedoch gesagt hat oder vielmehr erlaubt hat zu essen was du möchtest, dann: Glückwunsch! Lass es bloss nicht die anderen Sklaven hören, besonders nicht die neuen." Carmen war es relativ egal was sie zu essen bekam, hauptsache sie bekam genug und musste nicht hungern. Doch ab und an da sehnte auch sie sich nach einem richtigen Mahl, eines das schmeckte und nur für sie gekocht worden war. Sie schüttelte mit einem traurigen Seufzer den Kopf und blickte Mimithe wieder freundlich an. "Bist du die Leibsklavin der Herrin Marcella oder eine Haussklavin?"

    "Na wunderbar und wieso rühre ich dieses Zeug dann um?" fragte Carmen angewidert, bis sie wieder vor sich hingrinste und ihre Frage selbst beantwortete: "Ahh, weil es unser Essen ist. Du siehst, es ist nicht für die Römer.. die geben sich nicht mit soetwas ab, weder freiwillig noch unfreiwillig. " Sie legte den Löffel beiseite und drehte sich nun zu Mimithe um. "Die Tiere, die du meinst, nennen sich Schweine.. klein, rosa und mit einem geringelten Schwanz ausgestattet." Carmen reichte ihr mit einem freundlichen Blick ein Leinentuch, damit sie sich den Finger daran abwischen konnte und deutete dann auf den Tisch in der Mitte des Raums.
    "Setz dich am besten dort hin. Die Köchin muss jeden Augenblick zurückkehren und kann dir dann etwas zu Essen geben oder soll sie dir etwas für deine Herrin zusammenstellen. Ohne ihre Oberaufsicht verlässt hier nämlich nichts Essbares den Raum." Sie lächelte, als ihr eine frühere Begebenheit einfiel, in der sie diese Regel in aller Deutlichkeit kennengelernt hatte. "Du kommst also aus Germanien? Bist du noch neu hier, also hier in diesem Haus? Ich kann mich nicht entsinnen, dich schon einmal gesehen zu haben. Allerdings kann das auch an der Tatsache liegen, dass ich selbst noch nicht sehr lange hier.. lebe."