Beiträge von Lucius Iunius Silanus

    Das machte seinen Informationsstand nicht unbedingt reicher, aber es klang zumindest so, als wäre es mit der Besitzerin des anderen Sklaven abgestimmt. Zumindest wusste er nun das der andere Sklave einer Flavierin gehörte. Der Iunier nahm sich jetzt schon vor den Beiden bei passender Gelegenheit einen Besuch abzustatten und ihr Kampftraining zu beobachten. Eine kurze Kostprobe von Leas Kampfgeschick hatte er ja schon erhalten und er war gespannt darauf zu sehen, was seine Sklavin noch alles drauf hatte.


    "Dann sollte alles passen. Brauchst ihr dazu irgendetwas oder habt ihr alles? Waffen, Rüstungen? Ihr werdet schließlich nicht nur den Faustkampf trainieren nehme ich an."

    Bei den bisherigen beiden Hochzeiten seiner Großcousine hatte es Silanus immer irgendwie geschafft sich gekonnt davor zu drücken. Doch dieses Mal gab es keine Ausreden mehr. Er war in Rom, hatte keinen Dienst, den er als Ausrede vorschieben konnte und da es ihm Axilla wohl nie verziehen hätte, wenn er auch ihre dritte Hochzeit verpassen würde, schummelte er sich unauffällig zwischen die bereits eingetroffenen Gäste. Natürlich hatte er es sich nicht nehmen lassen davor noch einen ausgedehnten Rundgang durch den Domus zu machen und die Prätorianer persönlich zu inspizieren, welche zum Schutz des ebenfalls eingeladenen und angekündigten Augustus in und um den iunischen Wohnsitz postiert waren. Freilich war es eine willkommene Ausrede so spät wie möglich den eigentlichen Ort des Geschehens zu betreten. Doch wer außer der Hausherr kannte sein Haus besser und konnte so einen nicht unwichtigen Beitrag zum Schutz des Kaisers leisten, in dem er die Wachposten auf neuralgische Punkte hinwies und sich selbst davon überzeugte, dass nur die besten Männer für diesen Auftrag ausgewählt worden waren. Kaum Auszumalen welche Katastrophe es wäre, wenn dem Kaiser ausgerechnet hier im Domus eines Prätorianeroffiziers etwas passieren würde.


    Während Axilla und ihr zukünftiger Ehemann Nummer Drei damit beschäftigt waren ihre ersten Gäste zu begrüßen, hielt sich Silanus vorerst am Rand des Geschehens auf und beobachtete die für ihn ungewohnte Szenerie. Axilla sah heute wirklich sehr wunderschön aus. Sie war schon immer sehr auf ihr Aussehen und ihre Figur bedacht gewesen, doch so wie sie heute dort in ihrer einfarbige und unverzierten Hochzeitstunika stand und glücklich ihre Gäste anstrahlte, konnte sie wesentlich jüngeren Bräuten locker die Show stehlen. Der Iunier musste kurz lächeln als er sie beobachtete und war wirklich sehr angetan vom Auftreten und der Ausstrahlung, welche die Braut heute vermittelte. Sie schien wirklich Glücklich zu sein und das wiederum freute wiederum Silanus, auch wenn aufgrund ihrer gemeinsamen Vergangenheit ein Hauch Wehmut mitschwang. Als sein Offizierskollege Iulius Licinus auftauchte nickte Silanus diesem begrüßend zu, um auf sich aufmerksam zu machen und ihm zu signalisieren, dass er sich nach der Begrüßung des Brautpaares gerne zu ihm gesellen konnte.

    Hinten im Garten? Nun das klang einigermaßen Unproblematisch. Vermutlich würde das zwar wieder Axilla aufstoßen, aber besser hier im kontrollierten und intimen Bereich des Domus Iunia, als irgendwo anders, wo Silanus es nicht unter Kontrolle hatte. Und sollte es ein Besucher dann doch einmal mitbekommen, so Kämpften die Sklaven zur Belustigung der Hausherrn. In manch anderen Häusern ging es diesbezüglich ganz anders zu. So sollte niemand komische Fragen stellen. Der Iunier ließ sich also breitschlagen und nickte.


    "Also gut. Hier im Domus Iunia kannst du trainieren. Wer ist denn überhaupt der Besitzer des anderen Sklaven und ist er mit diesem Training einverstanden?"

    "Wie du es wünscht Augustus."


    Der Iunier nickte und gab somit ein deutliches Zeichen, dass er die Aufträge seines Kaisers verstanden hatte und wir gewünscht ausführen wollte. Vielleicht war es gar nicht so schlecht den Iulier weiterhin an der Klärung des Anschlags auf Tiberius Verus arbeiten zu lassen. So hatte Silanus selbst ausreichend Zeit neben seiner Tätigkeit als Kommandeur der ersten Prätorianerkohorte auch dieser Sache mit den Christen nachzugehen. Die offensichtlichen Zweifel des Kaisers hatten nun auch sein Interesse geweckt.


    "Wenn es sonst nichts mehr gibt, werde ich mich wieder an die Arbeit machen."

    Tja nach Feiern war dem Iunier nun nicht mehr zu mute und eigentlich gab es auch gar nichts mehr, dass man hier feiern konnte. Er hatte sich sehr auf dieses erneute Aufeinandertreffen gefreut und die skeptischen Vorahnungen seiner Großcousine verdrängt, doch nun machte sich eine tiefe Enttäuschung in ihm breit. Silanus sah fragend zwischen den beiden Tiberii hin und her, ehe er sich seufzend erhob.


    "Nun.. Dann gibt es wohl weder weiteren Gesprächsbedarf, noch etwas zu feiern. Ich hoffe also ihr versteht, dass ich mich unter diesen Umständen zurückziehen werde. Da noch nichts passiert ist, gibt es wohl auf keiner Seite einen Grund gekränkt oder verstimmt zu sein."


    Seine sichtliche Enttäuschung konnte er dabei jedoch nicht verbergen, auch wenn er versuchte einen möglichst Verständnisvollen und auch neutralen Eindruck auf die beiden Patrizier zu machen. Er musste seine Gefühlslage und seine Meinung zu dem Ganzen wohl selbst erst ergründen.


    "Ich bin mir sicher, dass wir uns im Guten gegenübertreten können, wenn sich unsere Wege wieder kreuzen. Ich wünsche euch noch einen angenehmen Abend."


    Er nickte den beiden zu und machte sich dann in Gedanken vertieft auf den Weg zurück zum Domus Iunia.

    Nun waren sie also nicht einmal mehr auf eine Schenkung angewiesen. Die Skepsis machte sich in Silanus immer breiter und er konnte nun gar nicht anders, als den anfänglichen Bedenken seiner Großcousine nachzugeben. Wie sagte sie so treffend. Im Geschäftsleben heißt es immer: Wenn etwas zu gut ist, um wahr zu sein, dann ist es nicht wahr. Der Iunier war bisher der Meinung gewesen die Tiberier hatten an einer Heirat aufgrund seines Vermögens oder seiner Stellung bei den Prätorianern Interesse. Die wie Axilla bei ihrem Gespräch treffend festgestellt hatte, saßen sie mit Verus selbst an wesentlich besseren Quellen innerhalb der Cohortes Praetoriae. Und seit die Kaiserin Rom verlassen hatte, war auch die Hoffnung auf seine Ernennung zum Praefectus Praetorio in weiter Entfernung gerückt. Denn irgendwie tat sich da im Moment überhaupt nichts mehr und er fürchtete bereits, dass das Versprechen der Kaiserin ins Leere verlaufen war.


    Hier konnte er also nicht mehr als Heiratskandidat punkten. Und nun war wie es schien auch sein zweiter Vorteil vom Tisch - das liebe Geld. Welchen Grund hätte Corvina nach dieser Offenbarung denn noch, um tatsächlich den Iunier zum Ehemann zu nehmen. Irgendwie lief im Moment alles sehr stark darauf hinaus, dass Silanus nach der Karrierebremse nun unweigerlich mit einer zweiten herben Enttäuschung konfrontiert werden würde, wenn das Alles erst einmal bei den Tiberiern so richtig gesickert war. Vor allem Corvina schien alles andere als dumm zu sein und würde ihren Bruder schon die Meinung sagen. Spätestens wenn Silanus gegangen war. Er entschied daher selbst in die Offensive zu gehen.


    "Ich will offen sein. Diesen neuen Entwicklungen nach zu urteilen ist mir nun nicht mehr ganz klar, welchen Vorteil eine Verbindung zwischen unseren Familien hätte. Ich möchte das lieber gleich geklärt haben, bevor wir erst im Nachgang etwaige Scherben aufkehren können. Patrizier suchen ihre Bündnisse eher im Senat und haben auch dort ihre Macht.


    Nun bin ich weder Senator, noch Angehöriger der Nobilitas und kann euch neben meinem Vermögen nur den Zugang zum Kaiser bieten. Doch Ersteres habt ihr nun offensichtlich wohl selbst und den Zugang zum Kaiser habt ihr bereits über Verus. Ich möchte daher ganz offen fragen warum eine Patrizierin einen Plebejer ohne politischen Einfluss heiraten soll, wo sie zweifellos von ihrer gewohnten Gesellschaft abgeschnitten wäre? Corvina ist zweifellos eine wunderschöne und beeindruckende junge Frau und ich wäre ein Narr sie abzuweisen. Aber ich will mich auch nicht mit einer unrühmlichen Scheidung konfrontiert sehen, wenn nach ein paar Monaten das große Erwachen kommt, dass ihr mit dieser Verbindung wohlmöglich einen Fehler begangen habt. Es würde unser aller Ruf darunter leiden."

    Silanus kam nicht umher über die pragmatische Art und Sichtweise der Amazone zu schmunzeln, die natürlich aufgrund ihrer kulturellen Abstammung ganz eigene Maßstäbe bei solchen Themen mitbrachte. Aus ihrer Sicht hatte sie ja durchaus recht. Schönheit allein half in ihrer Welt nicht viel und hatte daher auch kaum Bedeutung. In Rom allerdings brachte einem Schönheit auch die einen oder anderen Vorteile mit sich und wurde entsprechend von Männern und Frauen geschätzt. Vor allem Männern brachte eine schöne Frau an ihrer Seite durchaus einiges an Prestige ein. Es war daher wirklich erfrischend diese unverfälschte Meinung aus dem Mund der jungen Frau zu hören. Als sie ihm dann noch eine Frage stellte, zog er skeptisch die Augenbraue hoch.


    "Trainieren mit einem anderen Sklaven? Ich weiß nicht Lea.... Wo trainiert ihr denn? Ich hoffe nicht in der Öffentlichkeit. Und wenn ihr euch heimlich trefft, dann bringt das wohl auch nur Probleme mit sich, wenn ihr doch irgendwann erwischt werden solltet."

    "Ich persönlich habe weder negative Erfahrungen mit den Christen gemacht, noch sind mir besondere Auffälligkeiten zu Ohren gekommen. Die einzigen Meldungen diesbezüglich stammen aus den Reihen der Speculatores, was natürlich nicht verwunderlich ist, wenn es sich um Begebenheiten abseits der öffentlichen Wahrnehmung handelt. Ansonsten tritt diese Sekte kaum in Erscheinung oder kommt in Berichten vor, die mir vorgelegt werden. Meine Einschätzung wäre daher auch eher einer bisher harmlose gewesen."


    Der Iunier konnte dem Kaiser seine Bedenken diesbezüglich ansehen, konnte jedoch auch keine Informationen beitragen, die für die eine oder andere Tatsache sprachen.


    "Wie eingangs gesagt werden die Ermittlungen derzeit vom Princeps Praetorii geführt, da er aufgrund seines erst vor kurzem stattgefundenen Dienstantritts noch sehr unvoreingenommen an die Sache herangehen kann. Zudem halte ich ihn für einen sehr fähigen Offizier, der unsere Reihen zukünftig sehr bereichern wird. Er ist auch weitestgehend informiert. Aber wenn du es explizit wünscht, kann auch ich persönlich die Ermittlungen leiten."

    Der Iunier war sichtlich überrascht über diese plötzliche Offenbarung der tiberischen Vermögenverhältnisse, denn er hatte weder mit diesem plötzlichen Schwenk des Tiberiers, noch mit dieser doch ziemlich stattlichen Mitgift für dessen Schwester gerechnet. Ein Grundstück alleine brachte zwar Vermögen mit, aber noch kein regelmäßiges Einkommen. Doch wenn man es gut Bewirtschaften ließ, dann konnte man durchaus einen einigermaßen guten Gewinn heraus schlagen. Natürlich wurde ihm dabei aber auch bewusst, dass er die Situation wohl bisher ein wenig falsch eingeschätzt hatte. Er war der Meinung gewesen, dass es die Tiberier gerade so schafften ihre Villa zu erhalten und ihrem Umfeld einen immer noch imposanten Lebensstil vorzugaukeln, doch diese Aussage bewies nun das genaue Gegenteil. Auch wenn dies die Sorgen seiner Großcousine Axilla, dass Familienvermögen der Iunier könnte unter dieser Verbindung leiden, ein für alle Mal zerschlug, so bestärkte es ihre Skepsis über den eigentlichen Grund für diese Heirat zwischen einer Patrizierin und einem Plebejer. Silanus überlegte ob er es tatsächlich wissen wollte, oder ob er sich einfach damit zufrieden geben sollte mit dem wie es war.


    "Nun das ändert die Sachlage natürlich gewaltig und räumt alle Bedenken diesbezüglich auch aus."


    Fragend sah er auch zu Corvina und erwartete sich eine entsprechende Feststellung, ob sie mit dieser Vorgehensweise ebenso einverstanden war. Damit machte er auch klar, dass er ihr ein indirektes Mitbestimmungsrecht einräumte.

    Silanus war überrascht, dass der Tiberier gleich so schnell zur Sache kam. Er selbst hätte sich ein wenig mehr Vorgeplänkel gewunschen, doch war er selbst schuld, dass es nun so gekommen war, hatte er die Gesprächsführung aus der Hand gegeben und dem wesentlich jüngeren Caudex überlassen, für den der Grund des Treffens wohl noch ungewöhnlicher war, als für den älteren Iunier. Anders als beim letzten Mal wollte er sich diesmal bemühen auch Corvina in das Gespräch mit einzubinden und so sah er abwechselnd zwischen den beiden Tiberii hin und her.


    "Es freut mich, dass du einverstanden wärst Corvina. In der Tat gebe es da noch einiges zu klären. Da es auch meine erste Heirat wäre, habe ich mich ein wenig mit den gesetzlichen Rahmen beschäftigt, welche in einer Ehe zu betrachten sind."


    Bevor Silanus seine Bedenken weiter erörtern wollte, nahm er ebenfalls noch einen Schluck Wein und sprach dann weiter.


    "Da unsere Ehe sine manu sein wird, steht es mir, anders als beim letzten Mal besprochen, doch nicht zu auf die Mitgift zu verzichten, da diese ja nicht mir zu Gute kommt, sondern der Absicherung Corvinas dient. Außerdem würde es wohl dem Ansehen der Tiberii schaden, wenn hier eine entsprechende Mitgift ausbleiben würde und das will wohl keiner von uns. Mein Vorschlag wäre also Corvina noch vor der Ehe eine stattliche Summe als donatio ante nuptias zukommen zu lassen, welche dann als entsprechende Mitgift an mich zurück gehen kann. Dieser Vorgang ist nicht ungewöhnlich und so verliert auch keiner sein Gesicht. Ist das auch in eurem Sinne?"

    Während Lea das Schmuckstück anlegte lächelte Silanus die Sklavin aufmunternd an. Irgendwie kam es ihm vor, als dass sie eine Aufmunterung nötig hatte, die wohl gerade in Erinnerungen schwelgte, welche ihre Stimmung sichtlich trübten.


    "Er passt dir gut Lea. Ich muss gestehen, dass ich es bei unserer ersten Begegnung im Kerker nie für möglich gehalten hätte, welche wunderschöne, junge Frau unter dieser Rüstung steckt. Du hast dich sehr verändert seit du hier bei uns bist. Wie kommst du mit deinem neuen Leben zurecht? Passt hier im Haushalt alles? Kommst du gut mit den anderen Sklaven aus?"

    Silanus hatte natürlich mittlerweile gemerkt das Axilla sehr emotional mit diesem Thema umging. Er selbst konnte die Aufregung nicht ganz verstehen. Vor allem der Vergleich mit Lea hinkte seiner Ansicht nach gewaltig. Hier hatte er tatsächlich auch unter einem Zeugen gegen Gesetze verstoßen, doch wenn er seiner zukünftigen Frau das eine oder andere Mal einen prall gefüllten Beutel Sesterzen überließ, dann war dies zwar ebenso gegen das Gesetz, aber eine höchst private Angelegenheit, die man ihm erst einmal nachweisen musste. Mit einem hatte Axilla aber tatsächlich Recht. War man einige Zeit bei den Prätorianern, machte sich tatsächlich das Gefühl breit, man würde über den Gesetzen stehen. Denn es war auch mitunter Teil der Arbeit die Wünsche des Kaisers zu erfüllen oder Probleme zu lösen, die nicht immer mit der Gesetzeslage übereinstimmten. Aber Alles in Allem konnte er die Bedenken seiner Großcousine nachvollziehen und nickte daher verständnisvoll. Als sie dann sogar mehr oder minder nachgab und dem Treffen in gewisser Weise auch ihren Segen gab, der dem Iunier merkwürdigerweise wichtig gewesen war, lächelte sie Silanus freudig an.


    "Ich versichere dir, dass auf das Familienvermögen der Iunii nicht zugegriffen wird. Und ich werde auch eine Gegeneinladung aussprechen, so dass auch du sie kennenlernen kannst. Ich bitte dich nur darum ihnen eine faire Chance zu geben und nicht alles immer so Pessimistisch zu sehen. Es wird schon gut gehen und alles passen Cousinchen."

    In der Tat war dies mehr als bedauerlich und die beiden Leibwächter mussten nun mit den Konsequenzen für ihr Fehlverhalten leben. Doch dies war eine Sache, die der Tribun Einheitsintern regeln wollte. Dem Kaiser würde auch wohl kaum interessieren, mit welchen Strafmaßnahmen die beiden zu rechnen hatten. Statt darauf einzugehen, hörte er aufmerksam zu, was das Kaiser ihm offenbarte.


    "Von der Ermittlung wegen des Senatorenmordes wusste ich, aber Menschenopfer bei den Christen? Davon hätte ich noch nie gehört. Und du sagst er wollte auch Beweise dafür vorbringen?"


    Der Iunier atmete hörbar durch und ließ sich diesen Gedanken noch einmal durch den Kopf gehen. Natürlich hatte er auch nicht überhört, dass der Augustus sagte, dass ihm der Tiberier die Christen als Sündenböcke vorgeschlagen hatte. Eine Vermutung die schon längere Zeit in Silanus keimte, für die er aber nun eine endgültige Bestätigung erhalten hatte. Er wollte es jedoch nicht beurteilen, sondern nur feststellen, dass er in diese Angelegenheit nicht eingebunden war und der Geheimdienstchef des Kaisers eigenständig agierte.


    "Der Trecenarius nimmt es sehr ernst mit der Geheimhaltung seiner Aufträge - auch innerhalb der Prätorianer. Die Präfekten lassen ihm da auch ziemlich freie Hand und ich selbst werde als Kommandeur der ersten Kohorte in die Arbeiten der eigenständigen Spekulatores nur wenig, wenn überhaupt eingebunden."


    Dem Iunier fehlte einfach das Befehls- und Durchgriffsrecht. Die Speuklatores waren eine eigenständige Truppe im Hierarchiegeflecht der Prätorianer, welche wie auch die Equites singuläres aus dem Kohortenverband herausgelöst agierten, ihre eigenen Offiziere hatten und direkt den Präfekten unterstanden. Doch das alles war unnötig dem Kaiser gegenüber zu erwähnen, der als ehemaliger Militär bestens über die Strukturen der Einheiten bescheid wusste. Dennoch konnte es nicht schaden, diese Tatsache dem Augustus noch einmal in Erinnerung zu rufen, was der Iunier nun auch getan hatte.


    "Wenn er tatsächlich Beweise gegen die Christen gesammelt hat, dann wäre das ein mehr als gutes Motiv für einen derartigen Anschlag. Ich werde diese Informationen an die Ermittler weiterleiten. Sobald es Neuigkeiten dazu gut, wirst du umgehend informiert werden Augustus."

    Silanus schoss ein Gedanke durch den Kopf, der ihm kurz schmunzeln ließ. Sein Patron Decimus Livianus war auch einmal vor vielen vielen Jahren als Feldherr im Osten und geriet dabei sogar in Gefangenschaft der Feinde Roms. Das musste ungefähr genau so lange her sein, wie Lea alt war. Doch waren es damals die Parther gewesen und nicht die Thraker, daher kam er wohl als Vater nicht in Frage. Aber die Geschichte der Sklavin war schon schlüssig. Man hörte sehr oft nach Feldzügen von römischen Kindern, welche die Soldaten im Feindesland hinterließen. Die meisten davon jedoch eher ungewollt. Das Familienwappen auf der kerseite des Anhängers kannte er nicht und so gab er Lea das Schmuckstück wieder zurück.


    "Ich verstehe. Natürlich darfst es tragen, da es für dich von Bedeutung ist. Deine Messer werde ich ebenso gut aufbewahren wie den Gürtel, den du mir gegeben hast."

    "Natürlich erlaube ich dir skeptisch zu sein Axilla. Ich wäre nicht zu dir gekommen, wenn ich nicht auf deinen Ratschlag wertlegen würde. Offiziell werden sie natürlich eine Mitgift haben. Schließlich soll keiner das Gesicht verlieren. Aber alles was wir danach regeln wird inoffiziell sein und innerhalb unserer Familien bleiben. Gesetz hin oder her. Wo kein Kläger da auch kein Richter. Was soll ich sonst mit meinem Reichtum anfangen, als es in eine schöne Frau zu investieren."


    Silanus lächelte seine Großcousine beschwichtigend an. Sie wusste ja nur zu gut, dass er das Glück eines guten Soldes hatte, aber alles andere als ein ebenso guter Geschäftsmann war und daher anders als sie, sein eigenes Vermögen nicht lukrativ investierte und es so vermehrte, sondern es lieber ausgab. Und er gestand er ihr natürlich zu skeptisch zu sein. Er konnte sein Glück immerhin auch noch nicht ganz fassen. Freileich gab es bereits vor ihm die eine oder andere eheliche Verbindung zwischen Patiziern und Plebejern, aber sie waren in der Tat eher selten.


    "Ich bin demnächst zu einem Abendessen in die Villa Tiberia eingeladen und dort werde ich mir das Alles einmal anhören und werde es mit Tiberius Caudex und seiner Schwester Corvina in Ruhe besprechen. Auch habe ich dort eine gute Gelegenheit sie besser kennenzulernen."

    Bis zu letzt war sich der Iunier nicht sicher gewesen, ob Caudex selbst an der Cena teilnehmen würde. Es war irgendwie bei ihrem letzten Treffen unausgesprochen geblieben. Natürlich war es nicht sittsam einen fremden Mann mit einer jungen unverheirateten Frau alleine zu lassen, doch hätte es ja auch sein können, dass sie eine Sklavin als Anstandsdame in eine Ecke setzten. Stattdessen war nun offensichtlich der Tiberier höchstpersönlich die Anstandsdame des heutigen Abends und würde auf die Sittsamkeit und Unschuld seiner Schwester acht geben. Offensichtlich war zudem, dass der Tiberier seine Schwester nach ihrem doch recht emotionalen Abgang bei ihrem letzten Treffen wieder beruhigt und auf seine Linie gebracht hatte. Silanus war sich bis zu Letzt nicht sicher gewesen, ob es wirklich Sinn hatte hier weiter Zeit zu investieren, wenn die betroffene Frau so überhaupt nicht wollte. Das betraf zwar im Moment noch ihre Familie, würde sich aber dann in weiterer Folge auch unweigerlich auf seine Zukunft und seinen Seelenfrieden auswirken. Es sah zwischen den beiden Gastgebern hin und her, als er ihre begrüßenden Worte erwiderte.


    "Ich möchte euch noch einmal für die Einladung danken. Es freut mich hier zu sein."


    Heute schien Corvina wie ausgewechselt. Sie sah noch atemberaubender aus als schon bei ihrem letzten Aufeinandertreffen und hatte sich dem Anlass entsprechend elegant eingekleidet. Ihr Kleid und der dazu passende Schmuck unterstrichen ihre natürliche Schönheit effektvoll und auch ihr bezauberndes Lächeln, als sie Silanus begrüßte, ließ darauf hoffen, dass sie einer möglichen Verbindung nun nicht mehr ganz so abgeneigt gegenüber stand. Wobei er sich natürlich nichts vormachte. Die Wahl zwischen ihm und einem alten senatorischen Sack trug wohl ebenso einen Großteil dazu bei. Während er der Einladung des Tiberiers nachkam und sich setzte, gab er in Richtung der Sklavin seinen Getränkewunsch bekannt.


    "Für mich einen verdünnten Falerner bitte."

    Zitat

    Original von Lea
    Also wie sollte sie Anfangen. Sie musste ihm eh die Wahrheit sagen, dazu war sie verpflichtet. „Nun ich habe heute meine letzten Besitztümer geholt. Ein Freund – ein Sklave bei den Flaviern – hatte sie für mich in Verwahrung.“ Sagte sie und legte den Mantel auf dem Tisch ab. Langsam rollte sie ihn aus und zum Vorschein kamen eben jene Messer, die sie mit in die Stadt geschmuggelt hat. „Ich bat ihn an dem Tag in der Villa Claudia, also als mich deine Männer … nun ich dachte mir, das es vielleicht besser ist, wenn man die hier nicht bei mir findet.“ Sagte sie und deutete auf eben jene Messer.


    „Und ich wollte... also ich wollte dich fragen, ob ich die hier tragen darf.“ Lea reichte im ein Lederband mit einem Anhänger. „Ich bekam ihn von meiner Mutter. Sie hat sie von dem Mann bekommen, der mein Vater ist.“ Man konnte wohl unschwer erkennen, das es sich um einen römischen Anhänger handelte, auf der Rückseite war ein undeutliches Familienwappen zu erkennen.


    Silanus staunte nicht schlecht als er sah, was da aus dem Bündel zum Vorschein kam. Es waren hervorragend hergestellte Messer, die unzweifelhaft von einem Schmiedemeister angefertigt worden waren. Interessiert ließ er seinen Blick über sie schweifen und wollte gerade eines aufheben und in seiner Hand abwiegen, als Lea ihm einen Anhänger an einem Lederband entgegenhielt. Er nahm das Schmuckstück entgegen und betrachtete es. Mit seinem Daumenkuppe fuhr er über die hervorgehobenen römischen Schriftzeichen SPQR.


    "Dein Vater war Römer? Kanntest du ihn selbst nicht? Wer war er?"

    An ein abgerungenes Versprechen, dass Axilla nichts überstürzen sollte, konnte sich Silanus nicht erinnern, auch wenn er dieses gewiss für gut befunden hätte. Und so vermutlich wusste der Iunier genau so viel oder wenig über seine Zukünftige als Axilla damals über diesen Fabier, um den es in letzter Zeit ohnehin sehr ruhig geworden war. Doch dies konnte auch an Silanus liegen, der in seinem neuen Amt als Tribun der Prätorianer ziemlich eingesetzt war. Jedenfalls wollte er sich mit seiner Großcousine gar nicht auf die Diskussion einlassen, ob er diese Tiberier nun gut genug kannte oder nicht. Viel mehr irritierte ihm die Abneigung seiner Verwandten was den Stand seiner zukünftigen Verlobten betraf. Eine Abneigung die er nicht nachvollziehen, noch deuten konnte, woher diese kam.


    "Natürlich habe ich sie schon getroffen und mit ihr gesprochen. Ich werde sie bis zur Hochzeit gewiss auch noch besser kennen lernen können. Da mach dir einmal keine Sorgen. Aber was hast du gegen die Tiberier? Und woher willst du wissen wie sie ihre Sklaven behandeln? Axilla ich bitte dich hier jetzt nicht irgendwelchen Klatsch und Tratsch mit in meine durchaus ernst gemeinten Überlegungen einzubringen. Soweit ich das beurteile sind die Tiberier eine ins straucheln geratene Patziergens die gerade wieder dabei ist sich zu erfangen. Gegen einen der ihren steht nach wie vor die Anschuldigung im Raum, dass er an einem Komplott zur Ermordung eines Kaisers beteiligt war, auch wenn dieser nie verurteilt wurde und nun schon einige Jahre nicht mehr unter uns weilt. Also ziehen sie natürlich einen Vorteil aus einer solchen Verbindung.


    Wir mögen keine Patrizier sein, aber wir sind in der römischen Gesellschaft wesentlich angesehener und geachteter als die Tiberier, denen letzten Endes nur ein alter, traditionsreicher Name und ein beeindruckender Stammbaum geblieben ist. Meiner Meinung schaffen sie es mit ach und krach ihre Villa zu erhalten und ihrem Umfeld einen immer noch imposanten Lebensstil vorzugaukeln. Aber defacto schwimmen wir im Vergleich zu ihnen in Geld. Es ist offensichtlich alles weg. Es ist ihnen nichts geblieben außer die Immobilien. Und diese können sie fast nicht erhalten.


    Ich bin kein Narr. Mir ist klar das sie auf mein Geld aus sind und meine Beziehungen. Ich mag kein Senator sein, aber dennoch gehe ich beim Kaiser ein und aus und habe das Gefühl das er sehr wohl einen gewissen Wert auf meinen Ratschlag legt. Mein Stern ist derzeit im Aufgehen - so hoffe ich es zumindest - während der Stern ihres Trecenarius wohl eher am untergehen ist. Er verstrickt sich immer mehr in seine Geheimniskrämereien und seinen offensichtlichen Verfolgungswahn. Und das hat bestimmt auch schon seine Familie gegnissen. Sie brauchen daher angeheiratete Verwandte mit einem gewissen Einfluss und Ansehen und natürlich mit ausreichend finanziellen Mitteln. Eine Mitgift erwarte ich mir daher auch nicht. Mein Einfluss und mein Geld gegen eine hübsche junge Frau aus einem traditionsreichen patrizischen Hause. Ich finde das ist ein gutes Geschäft, wenn du es wirklich so vergleichen willst und mit dem Haken dabei kann ich leben."

    Der Augustus war wohl Aufgrund der Tatsache, dass ihn der Tribun aus seiner Arbeit riss und noch dazu mit derart schlechten Neuigkeiten konfrontiere sichtlich erschüttert und wirkte im ersten Moment ein wenig gedankenverloren.


    "Der Angriff passierte wie gesagt direkt vor seinem Haus. Er war zwar in Begleitung seiner Leibwächter, doch es passierte offenbar alles so schnell, dass diese nicht mehr rechtzeitig zum Schutz des Trecenarius eingreifen konnten. Leider haben sie den Täter nicht verfolgt. Der eine ist beim Verletzten Tiberius geblieben, während der andere die Castra informiert hat. Es gibt daher noch keine direkten Hinweise auf den Täter. Wir werden nun eruieren müssen, mit welchen Ermittlungen und Aufträgen der Trecenarious in letzter Zeit betraut war und hoffen, dass wir so auf einen möglichen Täterkreis stoßen.


    Soweit mir bekannt, war er in letzter Zeit sehr stark in die Ermittlungen zur Christensekte eingebunden. Aber ich kenne dazu keine Details, da er vorrangig dir und den beiden Präfekten berichtet. Gibt es vielleicht andere Geheimaufträge, die er derzeit für dich ausgeführt hat und die jemand womöglich so verhindern möchte?"

    "Ich persönlich halte diese Vermutung für haltlos, aber dennoch sollten wir sie bei den Untersuchungen nicht außer Acht lassen. Ermittle in erster Linie natürlich offensiv in Richtung des Christianer und des Schmugglerrings. Sollte die Untersuchungen hier recht rasch im Sand verlaufen, dann autorisiere ich dich auch gegen den Tribunen Ermittlungen anzustellen. Aber dies muss ausgesprochen Defensiv und mit größter Vorsicht von statten gehen. Ich hoffe wir verstehen uns da. Es darf keinesfalls irgendwie an die Öffentlichkeit dringen, dass wir Untersuchungen gegen einen Offizier einer Stadteinheit führen, solange es keine konkreteren Anhaltspunkte gibt, die für seine Verstrickung in diese Angelegenheit sprechen."


    Silanus sah den Princeps Praetorii eindringlich an, war sich aber sicher, dass dieser über die Brisanz einer solchen Ermittlung durchaus im Klaren war. Man durfte sich dabei keinen Fehler erlauben, denn immerhin stand der Ruf des bisher tadellosen Offiziers und Eques auf dem Spiel und sogar in weiterer Folge das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Stadteinheiten, wenn publik würde, dass man sich nun schon gegenseitig solch niederträchtigen Taten beschuldigte.