"Na wunderbar! Dann hat sie dir ja ohnehin schon alles erzählt."
Frustriert und resignierend hob der Iunier erneut seine Arme. Nicht nur, dass Hiera überhaupt etwas gesagt hatte, erzählte sie Axilla gleich ihre halbe Lebensgeschichte. Zuvor war er noch vor Aufregung im Kreis gelaufen, doch nun ließ er sich aufgesetzt auf sein Bett fallen und dachte einen Moment lang nach. Ehe er antworten konnte, traf auch die Sklavin Corinna mit Hiera im Schlepptau ein. Eigentlich hätte es ihm gleich sein können vor den Sklaven mit Axilla zu streiten, doch aus irgendeinem Grund war es ihm dann doch unangenehm und er versuchte sich wieder ein wenig zu beruhigen, ehe er in einem weitaus angemessenen Ton weitersprach und die Sklavinnen vorerst ignorierte.
"Du bist so klug Axilla und manchmal doch so naiv. Glaubst du denn wirklich das der Kaiser jede seiner Entscheidungen mit dir oder der Öffentlichkeit teilt? Er trifft oft hunderte Entscheidungen am Tag und nicht jede davon ist für das Volk bestimmt. Vor allem wenn es mit den Prätorianern oder der Staatssicherheit zusammenhängt. Und auch die beiden Präfekten können weitreichende Entscheidungen treffen, wenn es dem Wohle Roms dient.
Ich wollte dich nicht anlügen, aber wenn du nun schon alles weißt, dann sollte dir auch klar sein, dass ich einiges auf mich nehmen und riskieren musste, um Hiera aus der Castra zu bekommen. Sie hat nichts verbrochen außer die zu sein die sie nun mal ist und möchte niemanden einzig und alleine wegen seiner Herkunft verurteilen. Aber es gibt einige Prätorianer, die das bestimmt anders sehen werden. Diese Sache ist also bestimmt noch nicht ausgestanden. Daher möchte ich, dass so wenig Leute wie möglich über sie bescheid wissen. Sie ist einfach meine neue Sklavin und Punkt. Und das wäre sie auch für dich gewesen, wenn du es einfach gut sein hättest lassen. Aber nein, du musst ja wieder neugierig sein und die große Matrone unseres Hauses spielen. Manchmal ist Wissen auch gefährlich. Aber was erzählt ich dir da, du weißt das sehr gut selbst. Und wem bringt es nun was, dass du es weißt, außer dass ich mir nun auch noch darum sorgen machen muss, dass du als Mitwisserin unter verdacht kommst, wenn meine Vorgesetzten doch der Ansicht sind, dass mein Verhalten falsch war?"
Silanus seufzte tief und sah dann kurz zu Hiera, die nun wirklich nichts dafür konnte, aber hier sehr wohl die durchaus begründeten Bedenken ihres neuen Herrns mitbekam. Wenn der Trecenarius davon Wind bekam, dass die Amazone nicht getötet sondern aus der Castra verschwunden war, dann konnte es durchaus Stunk geben, wenn sich der Tiberier nicht sogar einbildete Jagd auf die Amazone machen zu müssen. Und das letzte was Silanus brauchte, war dass seine Großcousine dabei als Mitwisserin ins Kreuzfeuer kam. Axilla war zwar verdammt schlau - und immer noch verdammt schön wie sie hier anmutig vor ihm stand und ihm mit ihren entwaffnenden Augen anfunkelte - aber gerade das und ihre unbändige Neugierde bereitete Silanus sorgen. Wie sollte das erst gut gehen, wenn er es tatsächlich mit der Hilfe der Kaiserin schaffte und Praefectus Praetorio werden würde? Dann hatte er es mit noch mehr Geheimniskrämerei zu tun, die er unter Umständen auch mit nach Hause schleppen musste. Er sah wieder zu seiner Großcousine und seine Stimme wurde erneut ruhiger und sachlicher.
"Rom ist immer noch eine Schlangengrube und ich sitze als Prätorianer nun wieder mitten drinnen."