Beiträge von Lucius Iunius Silanus

    Sie kam also aus Hispania. Ein weiterer Zufall, denn auch der Iunier hatte den Bürgerkrieg fernab der Schusslinie in Hispania Taracconensis verbracht, um sich von seinem Lungenleiden zu erholen. Doch mit solchen Details wollte er die junge Frau nicht langweilen. Stattdessen verfolgte er interessiert ihre weiteren Erzählungen. Sie war also nach Rom gekommen, um zu bleiben. Natürlich entging ihm auch nicht ihre quirlige Art, die sie kaum einen Moment stillstehen lies. Einmal dachte Silanus sogar, dass sie gleich nach vorne auf ihn zu kippte und machte sich schon bereits sie aufzufangen. Doch es war falscher Alarm. Gekonnt schaffte sie es wieder sich auszubalancieren. Schließlich sprach sie seine Zeit in Alexandria an und bereitwillig erzählte ihr der Iunier davon.


    "Nein, ich stamme nicht aus Alexandria. Ich war dort einige Zeit als Tribunus Angusticlavius bei der Legio XXII in Nikopolis stationiert. Es war eine sehr schöne und auch interessante Zeit, wenn ich mich so daran zurück erinnere. Die Kultur dort. Überhaupt das ganze Alltagsleben. Ganz anders als hier in Rom und kaum zu vergleichen. Die Reise selbst ist weniger spannend, da das Schiff hier in Ostia ab und in Alexandria wieder anlegt. Außer eine Menge Wasser sieht man da nicht viel. Aber kurz vor dem Ziel, wenn Alexandria dann am Horizont erscheint und über allen hinweg der große Leuchtturm von Pharos thront. Das ist schon ein sehr beeindruckender Anblick. Ich denke der Leuchtturm hat mich immer am meisten fasziniert. Vorallem wenn in der Nacht das gewaltige Pechfeuer an seiner Spitze lodert. Ich hatte auch das Glück ihm einmal besichtigen zu können, um mir das ausgeklügeltes System von Hohlspiegeln anzusehen, dass Tagsüber das Feuer ersetzt. Eine unvorstellbare Ingenieurskunst."


    Silanus, der mit leuchtenden Augen sichtlich ins Schwärmen geraten war, musste sich wieder aus seinen Erinnerungen reißen, um sich nicht noch weiter darin zu verlieren. Schließlich kam er wieder auf Rom zurück, dass für die neue Bewohnerin dieser Stadt bestimmt interessanter war als irgendwelche langen Erzählungen von all zu fernen Orten. Und ihm kam in diesem Zusammenhang eine Idee, die er der jungen Frau unverbindlich vorschlagen wollte.


    "Aber natürlich hat auch Rom zahlreiche Sehenswürdigkeiten zu bieten, die nicht minder prunkvoll und interessant sind. Wenn es dein Tutor erlaubt könnte ich dir ja bei Gelegenheit den Palast zeigen. Als kleine Entschuldigung für meine Ungeschicktheit."

    "Keine Sorge, dass was man über uns sagt, stimmt meist auch und ich bin einem Besuch in den Thermen oder einem üppigen Festmahl keineswegs abgeneigt. Aber ich brauche es nicht jeden Tag. Zudem hätte ich auch keine Zeit dafür, denn deine Frage sollte nicht lauten was mich in Atem hält sondern vielmehr wer. Die Antwort darauf wäre schneller formuliert. Der Kaiser! Ich habe das manchmal zweifelhafte Vergnügen am Kaiserhof zu arbeiten."


    Er verschwieg welchen Posten er dort genau einnahm, lachte dafür aber herzhaft, da ihn der Gedanke daran selbst sehr belustigte, denn das Vergnügen war wirklich manchmal zweifelhaft. Das war natürlich nicht auf den Kaiser oder sein Amt an sich bezogen, sondern mehr um die Vielzahl an Aufgaben und den hohen Zeitaufwand, welche dieser Job mit sich brachte. Und auch wenn bestimmt die meisten anderen Römer es als mehr als wünschenswert empfanden, den Kaiser jeden Tag so nahe sein zu können oder eine solch hohe, einflussreiche und gut bezahlte Stellung im Zentrum der Macht einzunehmen, war der Iunier nicht jeden Tag über seine Entscheidung froh, diesen arbeitsintensiven Posten übernommen zu haben.


    Auch das dieses Mädchen zum ersten Mal in Rom war und ihre Aussage über die „Größe“ der Stadt, fand er belustigend, zeigte dies aber eher durch ein freundliches Lächeln, als durch ein Lachen. Schließlich sollte sie nicht das Gefühl haben ausgelacht zu werden. Doch er konnte ihre Reaktion durchaus verstehen. Viele Menschen reagierten bei ihren ersten Besuch in Rom ähnlich.


    "Das erste Mal in Rom? Wirklich?! Dann wirst du in den nächsten Tagen noch einiges zu besichtigen haben. Es gibt kaum eine andere Stadt die mehr Abwechslung und Sehenswertes bietet als Rom. Dass kannst du mir ruhig glauben. Ich bin schon etwas herumgekommen im Reich. Besuchst du hier in Rom deine Familie?"

    "Die Freude ist ganz meinerseits Iulia."


    Eine Iulia… soso…. Eine Iulia mit einem bezaubernden Lächeln, wie er feststellen konnte. Da die Gens sehr groß und weit verzweigt war, ersparte er sich die Frage, ob sie vielleicht über Ecken mit seinem neuen Klienten Iulius Crassus verwandt war. Wie alt sie wohl war? Bestimmt noch keine Zwanzig. Doch trotz ihrer jungen Jahre sehr weiblich und hübsch anzusehen. Der Iunier bemühte sich nicht all zu sehr davon ablenken zu lassen. Sein Name schien ihr nichts zu sagen. Ihm wiederum war der Name ihres Tutors nicht bekannt. Er war daher sehr froh als sie das Thema wechselte und auf seinen Einkauf einging. Neugierig und vorlaut war ihre Frage bestimmt, doch keinesfalls ungebührlich. Silanus konnte sich daher auch ein schmunzeln nicht verkneifen, als er ihr, trotz der nachgereichten Entschuldigung, auf ihre Frage antwortete und dabei die Tüte in seiner Linken begutachtete.


    "Das ist wohl war, aber um ehrlich zu sein, bin ich seit meinem Aufenthalt in Alexandria vernarrt in diese Früchte. Und sie sind genau das richtige, um sich den Bauch zu füllen, und dennoch nicht all zu schwere Kost zu sich zu nehmen."


    Zumindest ging er davon aus und klopfte sich dabei mit seiner Rechten auf den leichten Bauchansatz, der unter seinen Gewändern zwar kaum zu erkennen war, aber der seinem Ego in letzter Zeit doch ein wenig zu schaffen machte.


    "Außerdem komme ich derzeit vor lauter Arbeit ohnehin kaum dazu, mir lange für Mahlzeiten wirklich die nötige Zeit nehmen zu können. Und was führt dich auf die Märkte, wenn du mir die Frage erlaubst?"


    Immerhin sah sie nicht so aus, als ob sie Haushaltseinkäufe erledigen wollte. Auch ihre Sklaven trug keinen Korb oder Tüten, die auf einen Einkauf Rückschlüsse zuließen.

    Da war also doch eine Sklavin, die wohl zu dem Mädchen gehörte, sich aber die ganze Zeit über dezent im Hintergrund gehalten hatte. Die Reaktion ihrer Sklavin, oder vielmehr die unterlassene Reaktion, sagte viel über die junge Römerin aus. Da die Sklavin nicht sofort herbeigeeilt war, um ihrer Herrin zu helfen, deutete dies auf eine recht selbstbewusste und keinesfalls hilflose junge Dame hin, die dem Iunier hier gegenüberstand.


    "Schon gut. Wichtig ist, dass es dir gut geht."


    Silanus Zeit beim Exercitus war zwar bereits einige Zeit her, doch er hatte sich darüber hinaus recht fit gehalten und immer noch, vor allem im Vergleich zu dieser zierlichen jungen Frau, einen durchaus muskulösen Körperbau mit einem recht stattlichen Kampfgewicht. Er wandte sich noch einmal ganz kurz ab, um den Händler zu signalisieren, dass alles in Ordnung war.


    "Ich danke dir. Wir kommen nun alleine klar, denke ich. Bis zum nächsten Mal!"


    Der Händer nickte lächelnd, da ihm der Procurator wohl nichts nachzutragen schien und trottete wieder hinter seinen Marktstand. Silanus sah hingegen wieder zu der jungen Frau, die nun seine ungeteilte Aufmerksamkeit hatte. Wer sie wohl war? Um dies herauszufinden, sollte er wohl den Anfang machen und sich vorstellen.


    "Mein Name ist übrigens Lucius Iunius Silanus. Damit du weißt, wem du dieses Missgeschick zu verdanken hast. Und mit wem habe ich das Vergnügen?"

    Noch ehe Silanus reagieren konnte, kam der sichtlich erschrocken dreinblickende Händler hinter seinem Stand hervorgeschossen. Natürlich war ihm sein Stammkunde bestens bekannt. Das junge Ding hingegen, das nun auch noch frech zu werden schien, sah er zum ersten Mal. Dementsprechend barsch reagierte er, als er versuchte den hohen Palastbeamten zu verteidigen. Man wollte schließlich doch nicht wegen eines solchen Vorfalls einen derart prominenten Kunden verärgert wissen. Schließlich ließ sich mit seinem Namen ganz gut Werbung betreiben. Welche römische Matrone würde nicht bei einem Stand einkaufen, von dem sogar die rechte Hand des Kaisers Waren bezog und manche dieser exquisiten Früchte vielleicht sogar in einer Schale im Officium des Kaisers höchst persönlich landeten. Verärgert fauchte er daher die junge Frau an.


    "Du dummes Ding! Entschuldige dich gefälligst bei dem hohen Herrn. Weißt du denn nicht wer hier vor dir steht? Und dann schau gefälligst, dass du weiter kommst!"


    Dann wandte er sich entschuldigend an Silanus, als wäre es sein Fehler gewesen, dass der Iunier mit dem Mädchen zusammengestoßen war.


    "Entschuldige bitte Herr! Ich hätte mehr acht geben müssen. Ich schicke dir meinen Burschen mit, damit er dir deinen Einkauf in den Palast tragen kann."


    Noch ehe der Händler einen der Sklavenjungen herbeiwinken konnte, die ihm für gewöhnlich am Stand zur Hand gingen, bremste ihn Silanus mit einer abwinkenden Geste wieder ein.


    "Schon gut, schon gut. Es war ja meine Schuld. Die junge Dame kann überhaupt nichts dafür."


    In diesem Moment wandte er sich auch endlich der jungen Frau zu und …. war sichtlich überrascht und auch ein wenig von ihrem Erscheinungsbild angetan. Ohne Zweifel stand er vor einer jungen Römerin und ihrer Kleidung nach zu urteilen, stammte sie nicht unbedingt aus der Unterschicht, auch wenn sie ohne Sklaven oder Wächter unterwegs zu sein schien. Nach der kurzen Störung durch den Händler musste er noch einmal kurz überlegen, was ihr letztes, recht selbstbewusstes Kommentar gewesen war, ehe er ihr freundlich lächelnd darauf antwortete.


    "Dann entschuldige ich mich noch einmal. Es tut mir wirklich sehr leid. Ich hoffe dir ist nichts passiert."


    Man konnte Silanus dabei aus dem Gesicht ablesen, dass er sich seiner Schuld mehr als bewusst war.

    Sein Amt und seine Stellung im Palast kostete Silanus mehr Zeit, als ihm eigentlich lieb war. Zu tun gab es eigentlich immer etwas und an manchen Tagen spielte er sogar schon mit dem Gedanken, den Kaiser um ein eigenes Schlafzimmer im Palast zu bitten, damit er sich nicht zur späten Stunde noch von einer Prätorianereskorte nach Hause begleiten lassen musste. Doch heute war einer der Tage, an dem die Sonne wieder einmal kräftig strahlte und einen wirklich ausgesprochen warmen Frühlingstag für die Römer herbeizauberte. Da hielt auch den Iunier nichts mehr im Palast und so hatte er sich in seiner Mittagspause selbst zu den Märkten aufgemacht, anstatt wie immer einen Sklaven los zu schicken, um dort etwas zwischen den Ständen zu flanieren und nach einigen exotischen Früchten Ausschau zu halten, die er während seiner Dienstzeit in Aegyptus kennen und lieben gelernt hatte. Bei einem Händler seines Vertrauens wurde er auch recht rasch fündig, suchte sich einige geschmackvolle Stücke aus und bezahlte. Als er den Stand schließlich wieder mit einer vollen Tüte in den Händen verlassen wollte, machte er ohne vorher zurück zu schauen einen Schritt nach hinten und stieß dabei recht unsanft mit einer anderen Person zusammen, die wohl eben hinter ihm gestanden war oder vorbeigehen wollte. Fast wäre auch die Tüte dabei zu Boden gefallen, doch er konnte sie gerade noch ausbalancieren.


    "Ich bitte vielmals um Verzeihung!" sagte er sofort, ohne sich noch zu der betreffenden Person umgedreht zu haben.

    Vor kurzem war der iulische Primicerius der Klient des Iuniers geworden und hatte den Wusch geäußert, den ritterlichen Cursus Honorum zu beschreiten. Natürlich konnte Silanus diesen Wunsch sehr gut nachvollziehen und hatte sich daher Gedanken darüber gemacht, wie man Crassus Karriere einen entsprechenden Schub verpassen konnte. Zu aller erst galt es den Kaiser zu überzeugen, in Crassus mehr sehen, als den kleinen Abteilungsleiter am Palatin. Es musste also eine Aufgabe her, die auch die weiteren Eigenschaften des Iuliers hervorkehrte und ihn so für einen Ritterposten empfahl. In einem vor kurzem stattgefundenen Gespräch mit dem Kaiser, fand schließlich Silanus die passende Möglichkeit und machte sich so heute zu seinem Klienten auf, um ihn in seine Pläne einzuweihen.


    "Salve Crassus! Hast du einen Moment für mich?"

    Silanus deutete salopp auf einen der Stühle, die vor seinem Schreibtisch standen und bot dem Gast einen Platz an, ehe er seine Frage beatwortete.


    "Soweit mir bekannt, sind keine großen Veränderungen am Kaiserhof vorgesehen. Ich kann auch nur für meine Abteilung sprechen und da bin ich doch sehr auf das Wohlwollen und den täglichen Gemütszustand des Kaisers angewiesen. Also werde ich auch hier nicht viel Spielraum für eigenständige Veränderungen haben. Schließlich entscheidet der Kaiser selbst, wie viele Besucher er jeden Tag empfangen möchte oder wann er sich in die Öffentlichkeit begibt. Dementsprechend wird sich auch das Protokoll und meine Arbeit an die Wünsche des Kaisers anpassen müssen.


    Dennoch habe ich vor, den Kaiser dazu zu bewegen, sich ein wenig mehr dem Volk zu zeigen. Der erste Auftritt nach fast über einem Jahr am Festtag der Concordia hat mir gezeigt, dass er dem auch nicht abgeneigt ist, wenn die Vorbereitungen ordentlich gemacht wurden.


    Wie sieht es in der Finanzabteilung aus?"

    "Meine Verwandte schreibt dir, dass sie dem Reich bereits zwei Söhne geschenkt hat. Titus Pompeius Atticus, der zu den nächsten Liberalia das passende Alter erreicht haben wird, um die Toga eines römischen Bürgers zu tragen, und Cossus Pompeius Largus, der nun das Alter von sechs Jahren erreicht hat. Sie habe damit die Voraussetzungen der Lex Iulia et Papia von Kaisers Augustus mehr als erfüllt. Daher bitte sie dich in aller Demut, ihr auch offiziell das ius liberorum zu verleihen."


    Es wunderte Silanus doch etwas, dass Axilla mit ihrem Anliegen nicht zu ihm gekommen war, sondern stattdessen einen Brief an den Kaiser verfasst hatte. Immerhin wusste sie nur zu gut, dass dieser Brief letztendlich ja doch auf Silanus Schreibtisch landete. Doch zu ihrer Entschuldigung musste er sich eingestehen, in der letzten Zeit mehr im Palast, als in der Casa gewesen zu sein.

    Ja, genau so hatte Silanus sich das vorgestellt. Der erste öffentliche Auftritt des Kaisers nach seinem Einzug in Rom vor über einem Jahr, sollte gebührend gefeiert und den Leuten in Erinnerung bleiben. Es war auch gut, wenn sie sich daran erinnerten, wem sie diesen allumfassenden römischen Frieden zu verdanken hatten, der eben noch von Consul Decimus den Göttern gegenüber so theatralisch bekundet wurde. Es schadete daher auch nichts, wenn das Volk etwas Dankbarkeit gegenüber seinem Retter zeigte und bestimmt würde es auch das Wohlwollen des Kaisers finden, wenn er sah, wie sehr im das Volk zugetan war. Keinesfalls würde der Iunier zugeben, dass diese kurze Einlage eingefädelt war, geschweige denn, dass er etwas mit der Sache zu tun hatte. Immerhin kamen die ersten Rufe aus dem Pöbel und die Leute fingen dann ganz von alleine an ihrem Kaiser zu huldigen. Jeder konnte dabei deutlich sehen, dass er die ganze Zeit ruhig neben den Kaiser gestanden war und nun ebenso überrascht dreinschaute, wie man eben in einer solchen Situation dreinschauen konnte. Doch letztendlich wandte er sich zufrieden lächelnd an den Kaiser und flüsterte in sein Ohr.


    "Mein Kaiser, möchtest du vielleicht ein paar Worte an die Menge richten? Ich denke sie warten darauf. Oder soll ich mich in deinem Namen bedanken und wieder um Ruhe bitten?"

    Gleich war es soweit. Während auf dem Opferplatz die letzten Stoßgebete vom Consul in Richtung Himmel geschickt wurden, hoffte auch Silanus innständig, das seine Vorbereitungen nicht umsonst gewesen waren. Nicht nur der Consul hatte offensichtlich hervorragend dafür gesorgt, dass auf diesem Festtag alles nach seinem Wunsch verlief, auch der Procurator hatte Überlegungen angestellt, wie dieser öffentliche Auftritt dem Kaiser zu seinem Vorteil gereichen konnte. Bei seinem morgendlichen Besuch auf dem Forum hatte er nicht nur die Prätorianer und den Festplatz inspiziert, sondern hier und da auch einige Münzen und Anweisungen verteilt. In froher Erwartung ließ er nun den Blick lächelnd über das Forum schweifen um jene zu erspähen, die hoffentlich nun auf ihren Posten waren und sich nicht mit den Münzen aus dem Staub gemacht hatten. Es dauerte nicht lange, da hatte er sie auch schon in der Menge gefunden. Sie waren alle auf ihren Posten und bereit.

    Mit den ritterlichen Ambitionen des Iuliers hatte er bereits gerechnet. Doch Silanus musste schmunzeln, als er den präferierten Zweig hörte, war es doch genau das Gegenteil von seinen bisherigen Karrierestationen. Doch es war keinesfalls verwerflich, noch sah der Iunier darin einen Makel, friedlichere Lebensziele zu verfolgen. Nicht jeder war für die Krieg oder das Abenteuer geschaffen, dass eine militärische Karriere oftmals mit sich brachte. Und selbst wenn das Schicksal einen doch dort hin verschlagen sollte, so wuchs man meistens in die Aufgabe hinein, wie der Iunier aus eigener Erfahrung wusste. Als junger Mann hatte er sich selbst kaum Träumen lassen, eine derartige Karriere zu machen, als er als einfacher Privatsekretär bei dem damaligen Legatus Legionis Decimus Livianus seinen Dienst antrat. Und nun war er bereits zum zweiten Mal hier, als einer der obersten Beamten des Kaiserhofs. Mit einem aufmunternden Lächeln nickte er seinem neuen Klienten zu.


    "Dann würde ich vorschlagen, wir bemühen uns deine Karriere in die entsprechende Richtung zu lenken. Ich werde den Kaiser in den kommenden Tagen bei einer passenden Gelegenheit ansprechen. Ich gehe davon aus, dass du dir Nichts zu Schulden kommen hast lassen, was dem Kaiser verärgert haben könnte oder dich in ein schlechtes Bild gerückt hat? Verzeih mir bitte die recht indiskrete und direkte Frage, aber ich gehe lieber auf Nummer Sicher und frage nach, bevor mich der Kaiser selbst erbost über mein Anliegen aus seinem Officium wirft, wenn du verstehst."

    Ein älterer aber durchaus fit wirkender Mann betrat das Officium des Iuniers und stellte sich als Primicerius Decimus vor. Vielleicht sogar ein Verwandter von Silanus Patron Decimus Livianus? Freundlich lächelnd erhob er sich daher aus seinem Stuhl und nahm die Begrüßungsworte des unerwarteten Besuchers entgegen. Beim letzten Satz zog er jedoch leicht verdutzt eine Augenbraue nach oben, sah in ihr jedoch, trotz des leicht zynischen Wortklangs, keineswegs eine böswillige Unterstellung, was seine zukünftigen Karriereabsichten betraf. Ganz im Gegenteil hatte er im Laufe seines Lebens schon häufiger erlebt, dass Männer diesen Alters, ganz gleich ob Soldaten oder Beamte, sehr ähnlich auf jüngere Vorgesetzte oder Höherrangige reagierten, die sie vor die Nase gesetzt bekamen. Es war sicher nicht einfach, sein Leben lang brav seinen Dienst zu versehen, selbst aber immer noch einen mittelmäßigen Posten inne zu haben und mitanzusehen, wie wesentlich Jüngere, oft auch auf Kosten der Älteren, Karriere machten und die Posten bekamen, in denen man sich nur zu gerne selbst sehen wollte. Vorzugsweise versuchten Männer wie dieser Decimer dann auf ihre zynische oder manchmal auch störrische Art und Weise anzuecken und aufzufallen. Silanus nahm es jedoch gelassen und sogar mit etwas Humor in der Stimme, als der dem Primicerius die Hand entgegenstreckte.


    "Sei auch mir gegrüßt Primicerius. Es freut mich dich kennen zu lernen. Ich kann dir versichern, dass ich mein Amt so lange ausführe, wie es der Kaiser von mir wünscht. Und so weit mir bekannt, hat mein Vorgänger doch einige Jährchen hier in diesem Officium residiert. Da wir beide uns nicht kennen, nehme ich an, du bist während des Bürgerkriegs unter dem Ursupator in die kaiserliche Finanzabteilung berufen worden?"

    Mit dieser Lösung war Silanus mehr als einverstanden. Dies würde auch die Suche nach geeigneten Kandidaten um vieles erleichtern. Zum einen, weil es den Suchradius bis auf das Maximum ausweitete und zum anderen, weil er so nicht fürchten musste, jemanden auf die Füße zu treten, der sich dieses Mal nicht im Kreis der Vorgeschlagenen wiederfand. Immerhin konnte die große Chance bestehen, dass er beim nächsten Mal dabei war. Er nickte daher zufrieden und machte sich wieder entsprechende Notizen auf seine Wachstafel. Das der Kaiser seinen Vorschlag noch einmal zusammenfasste und es fast so klang, als wäre es seine eigenen Ideen, nahm er dabei ebenfalls wohlwollend zur Kenntnis.


    "Eine sehr weise Entscheidung Princeps." unterstrich Silanus sogar noch einmal ermutigend die Entscheidung des Kaisers. Nichts war in einer Position wie seiner besser, als die Entscheidungen und Vorhaben in entsprechende Bahnen lenken zu können, ohne dabei den Kaiser vor den Kopf zu stoßen. Es war immer gut und oft hilfreich, wenn der Chef glaubte, die Idee kam von ihm selbst.


    "Ich werde dementsprechend vorgehen und dir in den nächsten Tagen die Liste der möglichen Kandidaten vorlegen. Ich hoffe bis dahin meldet sich auch der neue Consul bei mir mit seinen Vorschlägen. Er wird von mir noch heute ein entsprechendes Schreiben erhalten.


    Wenn es zu diesem Punkt von deiner Seite sonst nichts mehr gibt, dann würde wir nun zum Anliegen meiner Verwandten Iunia Axilla kommen."

    "Was Kandidaten aus den Provinzen betrifft, so habe ich da weniger Bedenken. Wie oft wird es vorkommen, dass dieses Consilium Ulpianum tagt? Ich denke, wenn es einmal pro Jahr ist, dann ist das schon recht hochgegriffen und ich würde es aus dem Bauch heraus für zu viel des Guten halten.


    Man darf schließlich nicht vergessen….Das erste Consilium wird vermutlich einiges an Arbeit vor sich haben, da es die Vergangenheit aufzuarbeiten hat, aber der Kreis derer, die in Zukunft mit einer Aufnahme in das Ulpianum rechnen dürfen, ist doch sehr überschaubar. Hinzu kommt, dass sie gestorben sein müssen und es passiert nicht jeden Tag oder jedes Jahr, dass so bedeutende Persönlichkeiten unseres Reiches der Tod ereilt. So gesehen würde uns bis zur nächsten Einberufung des Consiliums bestimmt genug Zeit bleiben eine andere Verfahrensweise anzudenken.


    Für diesen einmaligen Termin könnte man die Mitglieder dann auch aus den Provinzen anreisen lassen. Sie fühlen sich gewiss geehrt, wenn sie der Kaiser persönlich in ein solches Gremium beruft und werden der Einladung daher gerne nachkommen. Bei dieser ersten Einberufung werde ich daher eine Liste mit möglichen Kandidaten erstellen, dir vorlegen und dabei durchaus auch Bürger aus den Provinzen in meine Auflistung miteinzubeziehen, wenn du damit einverstanden bist. Zudem möchte ich vorschlagen, dass dieses Consulium noch vor der Eröffnungsfeier tagt. Die ersten Aufnahmen in die Ehrenhalle bei dieser Gelegenheit würden der Feier noch mehr Aufmerksamkeit und Würde verleihen."

    Silanus nickte verständnisvoll. Der Kaiser würde sich vermutlich tatsächlich selbst seine Gedanken machen und eher einen engen Vertrauten auf die Position des Praefectus Praetorio setzen, als das er die Abteilung des ab Epistulis nach geeigneten Kandidaten suchen lies. Er überlegte dabei kurz sogar, ob er selbst vielleicht Chancen auf diesen Posten hätte. Vermutlich nicht, dazu war er erst zu kurz wieder in Rom und in seinem derzeitigen Amt. Aber zumindest verschaffte ihm dieses die Möglichkeit, sich selbst in den Kreis der kaiserlichen Vertrauten einarbeiten zu können. Vielleicht bot sich ja irgendwann eine ähnliche Gelegenheit, die er dann nutzen konnte.


    Seine Gedanken wurden jedoch mit einem Schlag unterbrochen, als sein Gegenüber plötzlich ein ganz anderes, höchst interessantes Thema anschnitt. Er fragte Silanus nach seiner Patronage. Man konnte die Überraschung des Iuniers deutlich aus seinen Gesichtszügen lesen. Damit hatte er nicht gerechnet, doch es war eine freudige Überraschung. Natürlich hatte er mit seiner Position am Kaiserhof und einem frischgebackenen Consular als Patron eine gewichtige Rolle eingenommen. Es war daher zu erwarten, dass solche Anfragen in nächster Zeit unter Umständen häufiger vorkamen. Freundlich lächelte Silanus seinen Gesprächspartner an.


    "Dein Angebot ehrt mich Iulius und ich bin geneigt es anzunehmen. Wenn du es tatsächlich möchtest, so kannst du mich ab heute deinen Patron nennen. Selbstverständlich wird ein treuer Klient auch immer mit meiner Unterstützung rechnen können.


    Dieser Schritt war gewiss gut durchdacht. Ich nehme an, du hast dir im Zuge dessen auch über deinen weiteren Karriereweg Gedanken gemacht. Wie stellst du dir diesen vor?"


    [SIM-OFF]Patronageangebot ist im Control Panel eingegeben[/SIM-OFF]


    Ad
    Consul
    Lucius Pleminius Laevus*
    Casa Pleminia
    Roma, Italia



    Geschätzter Consul,


    zuallererst möchte ich dir die Glückwünsche unseres Kaisers und der gesamten Administratio Imperatoris zu deiner gewonnenen Wahl übermitteln und dir ein gesegnetes Amtsjahr wünschen.


    Wie dir bekannt sein wird, hat dein Vorgänger, Consular Decimus, die schon lange überfällige und vom Volk bereits sehnsüchtig erwartete Fertigstellung des Ulpianums geschafft. Die Administratio plant nun im Auftrag des Kaisers eine feierliche Eröffnung abzuhalten und möchten den Senat, der sich maßgeblich an den Kosten des Ulpianums beteiligt hat, gerne zur gemeinsamen Planung und Ausrichtung derselben einladen. Es würde mich freuen, wenn sich der Senat in einer seiner kommenden Sitzungen diesem Thema widmen und gemeinschaftliche Entscheidungen und Vorschläge an mich übermitteln würde. Gerne können aber auch einige aktive und ideenreiche Senatoren für eine Art Planungskomitee bestimmt werden, die sich persönlich als Vertreter des Senats der Planung annehmen wollen. In letzterem Fall übermittle mir bitte ihre Namen, damit ich sie zwecks weiterer Vorbesprechungen in den Palast einladen kann. Die Entscheidung überlasse ich aber natürlich deinen erfahrenen Einblick in die bevorzugte Arbeitsweise des Senats.


    Weiters darf ich diese Gelegenheit auch gleich nutzen, um eine Bitte unseres Kaisers an dich heranzutragen. Zwecks der Einsetzung eines Consilium Ulpianum bittet der Kaiser den Senat um die Nominierung fünf seiner Senatoren. Der Kaiser wird aus dieser Liste, wie in den gesetzlichen Richtlinien vorgesehen, zwei Kandidaten auswählen, die schlussendlich den Sitz in dem Gremium einnehmen und dann gemeinsam mit den Vertretern anderer Stände über die Aufnahmen in die Ehrenhalle des Ulpianums entscheiden werden. Ich könnte mir gut vorstellen, dass es ein Höhepunkt der geplante Eröffnungsfeier sein könnte, bereits die ersten Namen für die Aufnahme in das Ulpianum präsentieren zu können.


    Ich freue mich bereits auf die gute Zusammenarbeit und hoffe bald von dir zu hören.


    Vale bene,


    LUCIUS IUNIUS SILANUS
    ~~Procurator a libellis - Administratio Imperatoris~~




    Sim-Off:

    * Ich habe mir erlaubt einen Namen für den neuen NPC-Consul auszuwählen. Hoffe das geht in Ordnung! :)

    Zitat

    Original von Titus Decimus Varenus
    Trotz des Unbehagen klopfte er an die Tür.


    Silanus saß gerade hinter seinem Schreibtisch und bereitete sich auf die heutige Besprechung mit dem Princeps vor, als es an der Türe klopfte. Er richtete daher seine Aufmerksamkeit auf den Eingangsbereich.


    "Herein!"

    Zitat

    Original von Tiberius Iulius Crassus
    ,,Um mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen zu wollen, würde ich aber sagen, dass es dabei in letzter Zeit auch an engagierten Procuratoren gemangelt hatte. Welche für eine solche Dezentralisierung der Verwaltung unabdingbar sind. Doch scheinen wir mit dir ja einen Gewinn diesbezüglich gemacht zu haben.", endete Crassus seine Aussage noch mit einer kleinen Schmeichelei.


    Natürlich ging die letzte Aussage des Primicerius runter wie Öl, doch Silanus sah in sich keinesfalls den großen Heilsbringer, der nun im Alleingang die Administratio reorganisierte. Noch dazu wo die meisten seiner Ideen den anderen großen Bereich der kaiserlichen Bürokratie betraf und nicht seinen eigenen. Er machte also eine beschwichtigende Handbewegung.


    "Warten wir einmal ab. Zuerst muss ich mich um dringendere Angelegenheiten kümmern. Die Prätorianer bereiten mir in der letzten Zeit Sorgen. Letztens haben sie es sich erdreistet den Consul nach Waffen zu durchsuchen. Und das obwohl ich sogar einen Befehl gefunden habe, ich glaube sogar von dir verfasst, dass Senatoren von diesem erniedrigenden Vorgang auszuschließen sind. Den Consul! Kannst du dir das vorstellen?


    Außerdem gab es vor einiger Zeit kaiserfeindliche Schmierereien in der ganzen Stadt. Sogar auf der Palastmauer haben wir eine entdeckt. Ich habe die Prätorianer mit einer Untersuchung beauftragt. Bisher gab es keine Rückmeldung. Ich weiß nicht was die dort treiben, seit sie keinen Präfekten mehr haben. Apropos… weißt du irgendwas? Gibt es schon Kandidaten?"


    Hinter der letzten Frage stand mehr als nur die bloße Neugierde. Ein Posten wie der des Praefectus Praetorio war wohl schlussendlich das Ziel eines jeden Eques. Da schloss sich Silanus nicht aus. Seine Zeit dafür war noch nicht gekommen, da hatte ihm der Bürgerkrieg einen Strich durch die Rechnung gemacht. Doch sich am Laufenden zu halten schadete nicht.

    Innerlich seufzte Silanus, auch wenn er äußerlich die kaiserlichen Wünsche mit einem lächelnden Nicken quotierte. Also blieb es doch am Palast hängen, sofern der neue Consul einen ebenso großen Arbeitseifer an den Tag legte, wie die Consuln vor Decimus Livianus. Doch Jammern half nichts und so machte sich Silanus seine zur Gewohnheit gewordene Aktennotiz. Aus den Worten des Kaisers zum Consilium war nicht zu entnehmen, wie dieser den Gesetzestext auslegte, also ob es ein beständiges oder anlassbezogenes Gremium werden sollte, doch zumindest wollte er nun konkrete Vorschläge für die Mitglieder des Consiliums vorgelegt bekommen. Der Procurator nickte erneut und machte sich danach kurz Gedanken über die Rückfrage des Kaisers, ehe er antwortete.


    "Gesetzlich ausgeschlossen ist es meiner Ansicht nach nicht, doch würde ich der expliziten Aufzählung der einzelnen Stände doch entnehmen, dass es sich dabei eher um Privatpersonen bzw. Personen aus dem Volk handeln sollte. Es würde vielleicht auch keinen all zu guten Eindruck erwecken, wenn wir das einfache Volk in dieser Frage übergehen und schlussendlich wieder nur Senatoren und Ritter in diesem Consulium sitzen hätten.


    Natürlich obliegt die letztliche Entscheidung darüber dir, doch wenn du wünscht könnte ich versuchen, auch für die Mitglieder aus den beiden anderen Ständen eine Liste möglicher Kandidaten zu erstellen."