Ein Sklave trat in das Büro des Iuniers und überbrachte ihm ein Schreiben, dass von seinem Haus in Alexandria nach Nikopolis weitergeschickt wurde. Silanus nahm es entgegen und entrollte es. Sein Gesicht spiegelte große Verwunderung wieder, als er den Absender las - Iullus Iunius Piso, ein entfernter Verwandter aus Achaia. Er hatte ihn schon ewig nicht mehr gesehen. Rasch überflog er die Zeilen, übersprang dabei diverse Freundlichkeitsfloskeln um schneller zum eigentlichen Inhalt zu kommen und las halblaut vor sich her.
"Geschätzter Silanus,
ich entsende dir die herzlichsten Grüße aus Achaia und hoffe, dass es dir im entfernten Alexandria gut geht. …..………Du wirst dich bestimmt darüber wundern, warum ich dir schreibe und ich möchte auch gleich zu Beginn meines Briefes sagen, dass es dich keineswegs besorgen muss. Es handelt sich um keine traurige oder negative Nachricht, ganz im Gegenteil."
Er wunderte sich tatsächlich und überflog wieder weitere Zeilen, um endlich herauszufinden, was passiert war.
"……Leider sind wir zu weit von einander entfernt, sonst hätte ich viel Lieber das persönliche Gespräch mit dir gesucht, doch da dies nicht möglich ist, habe ich mich für diesen Weg entschieden………."
Bei den Göttern! Warum kam der Mann nicht endlich zum Punkt. Silanus überflog wieder einige Zeilen die berichteten, wie es Festus Familie ging und was sich in Achaia tat und wie sehr er Silanus schätzte und seinen Aufstieg bewunderte. Schließlich kam er zu einem Satz, bei dem ihm fast die Kinnlade hinunterfiel.
"….. Ich möchte dir eine Heirat mit meiner Tochter Narcissa vorschlagen."
Der Iunier konnte nicht glauben was er da las. Eine Heirat mit Pisos Tochter Narcissa? Er hatte sie zuletzt im Kindesalter gesehen und konnte sich nur schemenhaft an sie erinnern. Damals war sie seines Wissens eine ziemlich verwöhnte Göre, mit der er sich nicht wirklich verstanden hatte. Sie musste ungefähr in seinem Alter sein. Rasch las er weiter.
"….. Sie freut sich bereits darauf dich kennen zu lernen und sie wird nach einer positiven Antwort sofort ihre Reise zu dir antreten……… Mir selbst ist es aus gesundheitlichen Gründen derzeit nicht möglich mit zu kommen. Meine Ärzte sagen das es ernst um meinen Gesundheitszustand ist und daher ist es mir wichtig, meine Tochter in guten Händen zu wissen…….. Mit der Hochzeit währe selbstverständlich ein großzügige Mitgift verbunden, die ich bereits vorbereiten lasse…..
……. Ich hoffe du nimmst mein Angebot an und freuen uns darauf, bald von dir zu hören……."
Silanus legte den Brief vor sich auf seinen Schreibtisch und starrte auf den Absender. Er hätte mit allen gerechnet, allerdings nicht damit. Iunius Piso bot ihm seine Tochter zur Heirat an. Sie waren zwar verwandt, aber entfernt genug um das möglich zu machen. Um Geld ging es Silanus dabei nicht. Eine Mitgift war zwar eine positive Nebenerscheinung, aber er hatte mittlerweile einen Status erreicht, bei dem er sich keine Gedanken mehr um Geld machen musste. Als Tribun verdiente er genug. Doch diese Gedanken wischte er rasch wieder beiseite und kam zum wesentlichen zurück. Nicht nur, dass ihm dieses Angebot vollkommen unvorbereitet traf, hatte er erst die letzte große Enttäuschung hinter sich und wusste nicht, ob er bereits bereit war, etwas Neues zu beginnen. Er lehnte sich zurück und schloss die Augen.