Ich nickte nach einem kurzen Moment des Überlegens. Ich würde zwar alle Termine, die mit dem heptai hetairai zu tun hatten, aus meinen Plänen streichen müssen, aber das liess sich sicherlich arrangieren.
Das kannst du gerne tun, ich freue mich immer über etwas Gesellschaft.
Atrium
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„Wirklich?“
Hätte Urgulania vorhin nicht so erschrocken geschaut, als Axilla sie umarmt hatte, hätte sie wohl wieder eine stürmische Umarmung über sich ergehen lassen müssen. So aber quietschte Axilla nur vor Freude, sprang auf und wirbelte einmal im Kreis. Sie war sich bewusst, wie lächerlich es wirken musste, und bekam ziemlich rote Wangen, während sie entschuldigend lächelte.
„Tut mir leid, ich bin heute wohl etwas überschwänglich. Kann ich dann bei dir bei der Stege einfach vorbeikommen?“ -
Es war immer wieder spassig die junge Axilla zu beobachten, wenn sie völlig losgelöst anfing sich zu freuen.
Ich nickte und lächelte sie an.
Ja, komm einfach dort vorbei. Und falls ich gerade nicht da bin, warte einfach bei meinen Schreibern. Ich bin sicher, die kümmern sich dann ganz rührend um dich. -
„Das werd ich. Oh, Urgulania, du hast wirklich meinen Tag gerettet. Ich glaube, ich muss dich öfter mal einfach so überfallen.“
Ja, der Tag heute schien wirklich gerettet. Noch vor einer halben Stunde war sie betrübt gewesen, und jetzt war ihr nach Tanzen zumute. -
Es freute mich sehr, dass ich die niedergeschlagene Axilla ein Wenig aufmuntern konnte. Allerdings jagte mir die Aussicht auf weitere Überfalle einen kalten Schauer über den Rücken, da ich befürchtete, dass diese wieder mit irrsinnig übertriebenen Zuneigungsbekundungen und Umarmungen aufwarten würden.
Bedenke bei deinen Überfallen aber bitte mein Alter. Nicht dass ich mich wegen eines deiner plötzlichen Überfälle zu Tode erschrecke.
sagte ich scherzend. -
Jetzt musste Axilla lachen.
„Ach Urgulania, jetzt übertreibst du aber. So alt bist du doch gar nicht. Ich frage mich sowieso, warum du nicht verheiratet bist. Du bist doch so schön.“
Als es raus war, biss sich Axilla auf die Unterlippe. Da war es wieder, ihr loses Mundwerk, das schneller war als ihr Verstand.
„Ähm, ich meine, du hättest doch sicher viel Gelegenheit gehabt. Und eigentlich geht mich das ja auch gar nichts an.“
Sie sagte besser nichts mehr, ehe sie es noch mehr verschlimmbesserte. -
Da sprach sie nun aber ein heikles Thema an. Sollte ich ihr jetzt sagen, dass eine Frau wie ich, die in einem nicht ganz ehrenhaften Gewerbe arbeitete, niemals heiratete? Oder dass niemand eine solche Frau heiraten wollte?
Leider hat es sich einfach nie ergeben. Ich war einmal verlobt, doch leider verlor jener Mann sein Leben während seines Dienstes als Offizier in der Legion.
Es war eine glatte Lüge, doch konnte ich ihr schlecht die Wahrheit sagen. -
„Oh. Das tut mir leid, das wusste ich nicht.“
Mehr sagte Axilla dazu nicht. Wann immer sie hörte, dass jemand bei seinem Dienst in der Legion gestorben war, musste sie an ihren Vater denken. Auch er war im Dienst für Rom gestorben. Und diese Erinnerung legte sich so schwer auf ihr Gemüt, dass jegliche Neugierde oder jeder Bedarf an weiterführenden Gesprächen in diese Richtung erloschen war. Sie hatte ihren Vater wirklich sehr geliebt, und auch noch nach über zwei Jahren tat es weh, daran erinnert zu werden.
„Ähm, ich glaube, ich sollte mal wieder nach dem Rechten in meinem Zimmer schauen. Ich habe vorhin Leander angewiesen, ein bisschen was umzuräumen, und sollte wohl mal schauen, was er so treibt." -
Na da war ich ja nochmal gut aus der Sache herausgekommen und konnte ein wenig aufatmen.
Das solltest du vielleicht wirklich tun. Ich hörte aus Richtung deines Zimmers einige merkwürdige Geräusche. -
Merkwürdige Geräusche? Axilla stutzte einen Augenblick und schaute dann fragend zu ihrem Zimmer hoch.
„Dann sollte ich wohl wirklich mal nachschauen. Nicht, dass noch war zu Bruch geht.“
Axilla machte sich daran, das Atrium zu verlassen. Kurz vor dem Ausgang drehte sie sich noch einmal auf den Hacken zu ihrer Cousine um.
„Ach Urgulania? Danke.“
Und damit war sie wieder verschwunden, um nachzuschauen, was Leander da so trieb. -
Ich lächelte ihr nach und als Axilla das Atrium verlassen hatte, erhob auch ich mich und verliess es kurz darauf ebenfalls.
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Der Praefectus Legionis und seine Gemahlin musste nicht lange im Atrium warten, da betrat bereits Silanus den Raum. Anders als sein Vorgesetzter, trug er keine Rüstung, sondern eine Tunika mit darüber geschlungener Toga, die den schmalen purpurnen Streifen seines Standes zeigte. Da es sich um ein privates Treffen handelte und er noch dazu der Gastgeber war, erschien ihn dieser Aufzug passender. Noch dazu hatte Silanus als Soldat kaum die Möglichkeit die meisten Tage etwas anderem als seiner Rüstung zu tragen. Mit einem freundlichen Lächeln kam er auf die beiden Gäste zu.
"Geschätzte Amatia, Praefectus! Es ist mir eine Freude euch in meinem Haus willkommen zu heißen."
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Er reichte ihm die Hand:"Tribun. Auch ich freue mich dich zu sehen und deine Verwandten ein wenig besser kennenzulernen. Besonders bin ich auf dein Mündel gespannt."
Vor allem deshalb, weil sie die einzige Person war die er noch nicht gesehen oder gar gesprochen hatte. -
Sie warf ihrem Gatten einen etwas verwirrten Gesichtsausdruck zu. Besonders auf sein Mündel gespann? Was sollte das werden?
Aber sie setzte auch gleich wieder ein freundliches Gesicht auf.
"Ich freue mich ebenso auf den heutigen Abend. Und natürlich deine Verwandtschaft."Unauffällig hatten ihre Blicke schon das Haus und die Einrichtung begutachtet. Hätte das mitgebrachte Geschenk überhaupt nicht hierhergepasst, hätte sie es wieder mitnachhause genommen.
Aber es kam zum Glück anders, das Haus war angenehm, locker, schön eingerichtet, eindeutig die Hände kreativer Frauen.Sie deutete dem Sklaven der sie hierherbegleitet hatte das Geschenk hereinzubringen.
"Wir haben euch eine Kleinigkeit mitgebracht. Ich hoffe es gefällt euch. Ich hab es sehr reizend gefunden."
Der Sklave trug etwas herein, stellte es hin und wickelte es aus dem Tuch aus.
Es war eine brusthohe geschnitzte und bemalte Figur einer Giraffe, mit schmalem Körper, langem Hals, herzigem Gesicht. -
Silanus betrachtete das Geschenk und winkte einen Sklaven herbei, der es entgegennahm. Die Figur der Giraffe würde bei Axilla und Urgulania gewiss gut ankommen und auch Silanus konnte ihr einiges abgewinnen. Er nickte daher dankend.
"Ich danke euch. Es ist wirklich eine wunderbare Handwerkskunst. Wir werden gewiss einen besonderen Platz dafür finden.
Da heute ein so wunderbar lauwarmer Abend ist, habe ich beschlossen das Abendessen im Freien stattfinden zu lassen. Ich hoffe das ist auch euch so genehm."
Sim-Off: unser Speisezimmer ist ja bereits besetzt
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Ein Sklave kam herbeigeeilt und informierte Silanus, dass die weiteren Gäste eingetroffen waren. Diese konnte der Iunier nicht lange warten lassen, dass wusste er. Immerhin handelte es sich um den Statthalter und seine Gemahlin. Er gab dem Sklaven einen kurzen Wink und sah dann zu Cyprianus und Amatia.
"Mein Sklave wird euch ins Peristylum führen. Es sind noch zwei weitere Gäste eingetroffen. Wir stoßen gleich wieder zu euch."
Mit diesen Worten wandte er sich ab und ging durch den Eingang nach draußen.
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Pflichtschuldig hatte Leander seiner Herrin den Brief gebracht, der am Morgen für sie eingetroffen war. Axilla hatte sich mit dem Schreiben ins Atrium begeben und es dort noch einmal gelesen. Sie war in Tränen ausgebrochen.
Natürlich hatte sie schon eher erfahren, dass ihr Onkel Marcus Iunius Varus verstorben war. Immerhin war er ja auch hier in Aegyptus stationiert gewesen, um seinen Brüdern zu folgen und sich der Legion anzuschließen. Und so groß war die Provinz auch wieder nicht, und Varus war noch in der Grundausbildung gewesen. Zumindest, soweit sie wusste. Aber dennoch war es für sie schwer, wenn es ihr noch einmal so deutlich vor Augen geführt wurde.
Nun waren sie alle tot. Publius Iunius Varus hatte fünf Söhne gehabt, und nun waren sie alle gestorben. Alle wollten sie ihrem Vaterland, Rom, Ehre machen, und alles waren sie gestorben dafür. Eine ganze Linie beinahe ausgelöscht. Axilla wusste, sie hatte noch einen Cousin irgendwo in Hispania. Aber sie könnte sich nicht daran erinnern, ihn jemals getroffen zu haben oder gar mit ihm geredet zu haben. Da Mutter immer schon kränklich und nach Vaters Tod auch richtig krank gewesen war, hatte Axilla auch nie besonders viel Sinn gehabt, in der Gegend herumzureisen und Verwandte zu besuchen. Und zu ihr nach Hause war er nie gekommen, daran würde sie sich erinnern.
Fünf Söhne, und nun gab es nur noch sie beide, um diese Linie fortzuführen. Nur zwei. Die ganze Last dieser Wahrheit drückte auf Axillas kleine Schultern, und sie sah nach unten. Was nur sollte sie denn machen? Sie wusste es einfach nicht, was das richtige war. Sie hatte niemals soviel Verantwortung gewollt, und nun schien es, als würde das Schicksal ihr immer mehr und mehr einfach aufbürden, ob sie wollte oder nicht. Natürlich könnte sie es sich auch leicht machen und einfach ignorieren, ihre Verwandten würden ihr daraus wohl keinen Strick drehen. Aber… nein, das war es nicht, was ihr Vater sie gelehrt hatte. Ehre war etwas wichtiges, auch wenn sie ihre hier schon zweimal einfach weggeworfen hatte. Aber sie sollte versuchen, sich ehrenvoll zu benehmen, und versuchen, ihrem Zweig der Familie wieder Ehre zu machen.Sie wischte die Tränen aus den Augen und las den Brief noch mal durch. Erbe antreten… Wenn sie wüsste, wie das ginge! Sie konnte doch nicht einfach zurückschreiben: „Ja, ich trete mein Erbe an“, oder doch? Und wenn es so ging, an wen? Tiberius Aurelius Avianus, ein Vigintivir… aber sie konnte ja nicht als Adresse nur „An den Vigintivir TAA in Rom“ schrieben und hoffen, der Cursus Publicus würde ihn schon irgendwie finden. Immerhin lebten in Rom Tausende von Menschen, da konnte Axilla doch wohl nicht erwarten, dass der CP von allen wusste, wo die wohnten? Nungut, bei einem Vigintivir war das vielleicht noch was anderes, die hatten ja sicher irgendwo ein hochoffizielles officium.
Trotzdem saß Axilla erstmal nur da und zerbrach sich ihren Kopf, was sie machen sollte. -
Nach langem Hin und Her hatte Axilla schließlich doch beschlossen, einfach einmal einen Brief zu schreiben. Urgulania wollte sie deswegen nun nicht nerven, und seit sie Silanus ihr „nein“ mitgeteilt hatte, war ihr Kontakt doch recht unterkühlt. Abgesehen davon, dass er sich bei der Legion verkrochen hatte und sie nicht „mal eben kurz“ nach Nikopolis deswegen gehen konnte. Wahrscheinlich wäre er deswegen nicht besonders erfreut. Und sein Kommandant wohl noch weniger.
Also hatte sie sich von Leander Papier und Tinte bringen lassen. Die lange Feder wog seltsam schwer in ihrer Hand, aber sie schrieb sauber und ohne zu klecksen. Der Farbmischer, den sie gekauft hatte, machte das wohl wirklich gut mit der Tinte, stellte sie zufrieden fest.
Tiberius Aurelius Avianus
Decemvir litibus iucandis
RomaSalve Aurelius Avianus,
zunächst einmal möchte ich dir danken für die tröstlichen Worte. Auch wenn wir uns nicht kennen, bedeuteten sie mir doch viel. In deiner Funktion als decemvir hast du sicherlich viel zu tun und nicht immer die Zeit, dir um solcherlei Dinge Gedanken zu machen. Daher möchte ich dir zweifach danken, dass du mir dennoch diese Worte geschickt hast.
Was das Erbe meines Onkels Marcus Iunius Varus angeht: Ich möchte es antreten. So er Vermögen oder Schulden hat, werde ich meinen Teil davon tragen.
Auch, wenn ich gestehen muss, dass es mich ein wenig verwirrt, von dir aus Rom so zu hören, wo er doch hier bei mir in Aegyptus verstorben ist. Ich dachte, seine Habseligkeiten seien uns schon überbracht worden?
Nunja, gewiss wird alles seine Richtigkeit haben. Bestimmt mache ich mir nur zu viele Gedanken und halte dich mit meinen ausschweifenden Zeilen von der Arbeit ab.Wenn es noch etwas gibt, was ich tun muss, schreibe mir bitte zurück. Ich muss gestehen, sehr unerfahren mit dieserlei Problemen zu sein.
Vale
[Blockierte Grafik: http://img509.imageshack.us/img509/3392/axillaunterschrph0.gif]
Anschließend rief sie nach Leander, damit er den frisch versiegelten Brief zum Cursus Publicus bringen konnte.
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Nach meiner Audienz beim Statthalter hatte ich mich beeilt den Weg nach Hause zurückzulegen. Kaum war ich angekommen, liess ich nach Axilla rufen und begab mich ins Atrium um dort auf sie zu warten.
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Vorsichtig trat Axilla ins Atrium ein. Sie hatte keine Ahnung, worum es ging, und nach der Standpauke von Urgulania wegen Rufus’ Übernachtung in der Casa war sie da ein wenig zurückhaltend geworden. Natürlich hatte Urgulania ja recht gehabt, aber niemand gab gerne zu, falsch gehandelt zu haben. Vor allem, da Axilla immer noch fühlte, dass es richtig gewesen war, genau so zu handeln und alles andere noch viel falscher gewesen wäre.
Schüchtern trat sie ins Atrium und schaute fragend zu ihrer Cousine. “Leander meinte, du möchtest mit mir reden?“ fing sie recht neutral an und hoffte, es war nicht wieder etwas, was sie so falsch gemacht hatte.
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