Beiträge von Lucius Iunius Silanus

    Silanus bahnte sich mühsam seinen Weg durch die Menschenmassen, die sich am Hafengelände rund um Kisten, Fässer und die diversesten Verkaufsstände drängten. Er hatte mit seiner Cousine Varilia vereinbart, sie bei Ihrer Ankunft in Alexandria vom Hafen abzuholen, war jedoch nicht rechtzeitig aus dem Castellum gekommen und nun dementsprechend im Stress. Suchend blickte er in die Menge und ließ auch immer wieder seinen Blick auf die angelegten Schiffe schweifen. Irgendwo hier musste sie doch sein. Immer weiter schob er sich durch das Gedränge, bis es sich schließlich etwas auflockerte und er an einer freuen Stelle Varilia zwischen diversen Kisten erblickte. Schon von Weiten rief und winkte er ihr zu und wurde schneller. Bei ihr angekommen umarmte er sie.


    "Willkommen in Alexandria Varilia! Ich hoffe du hattest eine gute Überfahrt."

    Zwei Tage nach seiner Ankunft in Nikopolis war der Bezug des Quartiers größtenteils abgeschlossen. Silanus hatte sich in seinem neuen Tribunenhaus weitestgehend eingerichtet und diese beiden Tage auch genutzt sich im Lager ein wenig umzusehen und mit den Gegebenheiten vertraut zu machen. Nikopolis war eindeutig ein Ort, an dem er es bestimmt einige Zeit aushalten würde. Die Nähe zu Alexandria, das er bereits von seiner Jugend kannte und auch das warme Klima kamen dem jungen Iunier dabei äußerst entgegen. Der Kommandant schien nach dem ersten kurzen Eindruck zwar streng, aber auch gerecht zu sein und die Tatsache, dass er seinem neuen Tribun die nötige Zeit ließ um sich einzugewöhnen und seine privaten Angelegenheiten zu regeln zeigte auch, dass er dem Anschein nach auch äußerst Umgänglich war. Man konnte also sagen, dass der Wechsel zur Legio die beste Entscheidung seit langem war.


    Silanus hatte bereits am frühen Vormittag gehört, dass der Praefectus heute Morgen im Castellum eingetroffen war. Als Statthalter von Aegyptus musste der Mann ständig zwischen seinen Statthalterpalast in Alexandria und seiner Principia in Nikopolis pendeln. Eine Tatsache, um die er nicht unbedingt zu beneiden war. Dennoch zeigte es klar, dass dem Praefectus die Legio und seine Männer wichtig waren – bestimmt blickte er auf eine Lange Karriere im Exercitus zurück. Jeder zivil orientierte Statthalter hätte bestimmt keinen solchen Eifer gezeigt, sich bei der Legio derartig oft blicken zu lassen. Dennoch gab es bestimmt eine Menge Aufgaben, die man dem Kommandanten abnehmen konnte. Vielleicht übertrug er ihm ja das Kommando über die Legionsreiterei oder machte ihm für die Sicherheit des Königsviertels verantwortlich. Vielleicht ernannte er den Tribun sogar zu seinem Adjutanten – falls er noch keinen hatte und Silanus ihm nicht zu neu war. Viel war möglich, nichts gewiss und daher kam Silanus zum Officium seines Vorgesetzten um diese Frage zu klären. Er meldete sich beim Scriba an, der ihn kurze Zeit später in das Officium vorließ.


    "Guten Morgen Praefectus! Der Bezug meines Quartiers ist abgeschlossen. Wenn du Zeit hast würde ich gern kurz mit dir besprechen wie es weitergeht und welche Aufgaben ich in deinem Stab übernehmen werde."

    Im Laufe des Nachmittags trafen schließlich auch Silanus Sklaven gemeinsam mit seinen Habseligkeiten im Castellum der Legio XXII ein und wurden unverzüglich zu ihrem neuen Heim gebracht. Der junge Tribun wartete bereits ungeduldig im Atrium des Hauses und hatte die bisherige Zeit damit verbracht, das Gebäude und seine Räume zu besichtigen. Erfreut nahm er die Ankunft seines Haushalts zur Kenntnis und begann sofort gemeinsam mit dem Maiordomus die Räume einzuteilen und seine Wünsche bezüglich der Einrichtung und Ausstattung bekannt zu geben.


    Er selbst hatte in den nächsten Tagen bestimmt kaum die Zeit sich selbst darum zu kümmern, und so musste er sich voll und ganz auf seine Sklaven verlassen, die jedoch bereits sehr lange im Dienste seiner Familie standen. Daher machte sich der Iunier kaum Sorgen darüber und war sicher, dass die Sklaven diese Leerstehende Casa in wenigen Tagen in ein wohnliches und Gemütliches zu Hause verwandeln würden. Mit seiner Beförderung zum Tribunus Angusticlavius ging auch eine wesentliche Erhöhung seines Soldes überein und so sollte es bestimmt nicht am Geld liegen, das Tribunenhaus auch dementsprechend herrichten zu lassen. Silanus selbst machte sich auf den Weg das Castellum zu besichtigen und überließ alles seinen Angestellten.

    So wie es die Pflicht eines jeden Miles war, kam auch Silanus einen Tag nach seiner Ernennung zum Tribunus Angusticlavius dieser Legion zum Fahnenheiligtum, um seinen Schwur gegenüber dem Kaiser und der Legio XXII abzulegen. Ehrfürchtig trat er vor die Feldzeichen und kniete nieder.


    “IURANT AUTEM MILITES OMNIA SE STRENUE FACTUROS QUAE PRAECEPERIT IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS, NUMQUAM DESERTUROS MILITIAM NEC MORTEM RECUSATUROS PRO ROMANA REPUBLICA.“


    Danach hielt er eine kurzen Moment inne ehe er sich erhob, noch einmal die Feldzeichen und die Büste des Kaisers betrachtete und das Fahnenheiligtum in Richtung seines Officium verließ.

    Mit den ungeübten Reitkünsten hatte der Praefectus wohl auf jeden Fall Recht. Das musste Silanus bereits auf den Weg von Alexandria nach Nikopolis feststellen. Es war wirklich bereits einige Monate her, als er noch Zeit und vor allem Gelegenheit hatte, öfters auf dem Rücken eines Pferdes zu sitzen oder auszureiten. Während seiner Dienstzeit bei der Vigiles hatte er jedenfalls keine Möglichkeiten gehabt. Doch das würde sich nun in der Legio bestimmt ändern. Als der Praefectus seine Befehle erteilt hatte, nahm Silanus Haltung an und salutierte.


    "Zu Befehl Praefectus!"


    Dann verließ er das Officium und machte sich auf den Weg um sein neues Haus zu besichtigen bzw. das Castellum kennen zu lernen.

    Die Worte des Praefectus waren zweifellos richtig, auch wenn sie der junge Iunier doch etwas überspitzt fand. Aegyptus war zweifellos eine wichtige strategische und auch wirtschaftliche Provinz für das Reich, doch vermutlich nicht weniger problematisch, als so manche Provinz nahe des Limes. Silanus würde die Worte seinen Vorgesetzten dennoch nicht auf die leichte Schulter nehmen.


    "Nein Präfekt, getötet habe ich bisher noch nie. Aber mit dem Leben in der Legio und den Abläufen in einem Legionslager bin ich bereits einigermaßen vertraut. Ich habe Senator Decimus Livianus einige Zeit als Scriba gedient, bevor er mit der Legio I in den Krieg gezogen ist. Über die Lage hier in Aegyptus und die oftmals nicht wirklich einfache Situation als römischer Soldat in dieser Provinz bin ich mir auf im Klaren. Ich werde daher versuchen mein Bestes zu geben und mich so schnell wie möglich in meine neue Rolle als Tribunus Angusticlacius einzugewöhnen.


    Mit welchen Aufgaben wirst du mich betrauen?"

    Silanus nahm das Schreiben entgegen.


    "So ist es Praefectus. Nachdem ich bereits vor einiger Zeit das notwendige Examen auf der Academia Militaris abgelegt habe, fand ich es nun an der Zeit, den nächsten Schritt in meiner militärischen Karriere zu machen und damit auch eine neue Herausforderung anzunehmen. Für Aegyptus habe ich mich entschieden, da ich einen Teil meiner Jugend hier verbracht habe."

    "Selbstverständlich Praefectus!"


    Silanus stellte sich bequem hin und übergab seinem neuen Vorgesetzten das gewünschte Dokument.





    Q. NONIUS BALBUS PROCURATOR AB EPISTULIS PALATII
    TRIBUNO VIGILIUM L. IUNIO SILANO


    Du erbatest, Iunius Silanus, als Tribun die Versetzung von den Vigiles zur Legio XXII Deiotariana in Aegyptus. Deinem Ansuchen wurde stattgegeben und deine Versetzung durchgeführt.
    Du erhältst hiermit deinen Befehl zur Abreise. Deine Ankunft in Nicopolis, wo dich der Praefectus Legionis erwartet, hat binnen eines Monats zu erfolgen.


    --PROCURATOR AB EPISTULIS--
    ADMINISTRATIO IMPERATORIS



    Silanus wurde von der Torwache ins Castellum gelassen und nahm den direkten Weg in die Principia. Auf dem Weg dort hin merkte er, wie die Nervosität in ihm stieg. Es war schließlich nicht nur, dass er in wenigen Minuten einen Legionskommandanten gegenüberstehen würde, sondern einen der wichtigsten Männer des Reiches. Der ritterliche Stadthalter Aegyptens war in den meisten Fällen ein enger Vertrauter des Kaisers oder zumindest ein Mann, der sich um das Reich und den Kaiser in großem Ausmaß verdient gemacht hatte. Dementsprechend wichtig war dieses Amt und die dahinter stehende Person. Also jemand, auf den man keinen schlechten Eindruck machen sollte. Vor dem Officium des Praefectus richtete er noch einmal seine Kleidung zu recht klopfte an und trat ein. Militärisch Stramm nahm er Haltung an.


    "Praefectus! Tribunus Lucius Iunius Silanus meldet sich wie Befohlen!"

    Aus Richtung Alexandria kommend, erreichte Silanus am frühen Nachmittag das Tor der Garnisonsstadt Nikopolis. Er war erst vor kurzem in seiner neuen Wahlheimat Aegyptus eingetroffen und nun unterwegs, um seinen Dienst bei der Legio anzutreten. Vor dem Tor brachte er sein in Alexandria geliehenes Pferd zum stillstand und stieg ab. Es war eine große Freude wieder zurück in Aegyptus zu sein, in der Silanus bereits in seiner Jugend studiert hatte und dementsprechend freudig lächelnd trat er der Torwache entgegen.


    "Salve! Ich bin Tribunus Iunius Silanus und möchte den Praefectus sprechen."

    Einen Tag nachdem der Versetzungsbefehl eingetroffen war, kam Silanus ein letztes Mal in sein Officium in der Castra Vigilum, um sein Officium zu räumen. Sein Schreiber half beim packen der persönlichen Gegenstände und sorgte dafür, dass diese in die Casa Iunia gebracht wurden. Nicht ohne etwas Wehmut, sah sich der Iunier ein letztes Mal in seim Officium um. Seine Zeit bei der Vigiles war mit diesem Tag beendet und bald würde er in der Legio als Tribunus dienen - fern von Roma. Er ließ eine Abschrift seines Versetzungsbefehls an den Praefectus Castrorum übermitteln und verließ die Castra.

    Ein Scriba des Tribuns überbrachte dem Präfekten den Versetzungsbefehl von Silanus.




    Q. NONIUS BALBUS PROCURATOR AB EPISTULIS PALATII
    TRIBUNO VIGILIUM L. IUNIO SILANO


    Du erbatest, Iunius Silanus, als Tribun die Versetzung von den Vigiles zur Legio XXII Deiotariana in Aegyptus. Deinem Ansuchen wurde stattgegeben und deine Versetzung durchgeführt.
    Du erhältst hiermit deinen Befehl zur Abreise. Deine Ankunft in Nicopolis, wo dich der Praefectus Legionis erwartet, hat binnen eines Monats zu erfolgen.


    --PROCURATOR AB EPISTULIS--
    ADMINISTRATIO IMPERATORIS



    "Zumindest war es mir als ihr letzter Aufenthaltsort bekannt. Leider haben wir hier in Rom schon lange nichts mehr von ihr gehört. Wenn wir dort sind, dann können wir bestimmt versuchen sie zu finden."


    Im selben Moment trat einer der Haussklaven an Silanus heran und übergab ihm ein Schreiben, dass soeben von einem Prätorianer abgegeben wurde. Der junge Iunier überflog den Brief und sah seine Verwandte dann mit freudigem Gesichtsausdruck an.


    "Na bitte! Du bist heute nicht die einzige Überraschung. Hier ist mein Versetzungsbefehl. Wenn du also wirklich mitkommen möchtest, dann brauchst du nicht einmal auspacken, denn wir können in den nächsten Tagen abreisen."

    Damit war für Silanus die Entscheidung ziemlich klar. Die Leitung musste stillgelegt werden. Er rechnete jeden Tag mit dem Eintreffen der Versetzung. Eine Ablehnung seines Gesuchs, wäre bestimmt wesentlich rascher eingetroffen. Schlechte Nachrichten kamen immer schneller, als es einem lieb war. Erteilte daher dem Wassermann seine Entscheidung mit.


    "Dann soll die Leitung stillgelegt werden. Ich wüsste nichts, was gegen meine Versetzung spricht und sollte ich allen Hoffen zu Trotz wirklich in Roma bleiben müssen, dann kann ich mich ja wieder an euch wenden, um die Wasserzufuhr erneut Freischalten lassen."

    "Natürlich bist du Willkommen. Was denn sonst. Das einzige Problem das ich dabei sehe ist, dass ich vor Kurzem um meine Versetzung zur Legio nach Aegyptus angesucht habe. Sollte diese durchgehen, dann wirst du hier die einzige in Rom sein."


    Er überlegte kurz und lachte dann wieder.


    "Außer du kommst mit. Wir finden in Alexandria bestimmt ein nettes Haus für uns und im Notfall kannst du auch in meinem Tribunenhaus im Castellum wohnen."

    Silanus deutet mit der Hand auf den Eingang.


    "Dann bitte komm weiter. Gibt es eigentlich die Möglichkeit einen Anschluss still zu legen. Vermutlich werde ich nach Aegyptus versetzt und dann würde die Casa wieder Leerstehen. Es wäre daher eine unnötige Investition."

    "Nachdem die Wasserver- und Entsorgung bisher keine Probleme gemacht hat, wüsste ich nicht was ich dich fragen könnte. Du weiß ja wie das ist – gefragt wird erst bei Problemen. Solange alles seinen normalen Gang geht, interessiert sich keiner dafür. Wie viel beträgt das Wassergeld?"

    Silanus ging ihr nach, als Varilia sich in den Korbsessel setzte und stellte sich neben sie. Zuerst erzählte sie nur, doch ihre Ankündigung in Rom zu bleiben überraschte ihn tatsächlich.


    "Du bleibst hier?! Aber natürlich stört mich das nicht! In keinster Weise! Es freut mich sogar endlich jemanden hier zu haben, der wieder mehr Leben in die Casa bringt. Das ist nun wirklich eine Überraschung. Du bist herzlich Willkommen Cousinchen!"