Beiträge von Publius Annaeus Domitianus

    Früh am Morgen war ich aufgebrochen. Noch ehe die Sonne mit den ersten Strahlen den neuen Tag einläutete, hatte ich die Stadt durch das westliche Stadttor ins Landesinnere verlassen. Außer mir waren noch zahlreiche Händler und Bauern aus der Umgebung mit ihren Karren unterwegs, alle stadteinwärts, um zur frühen Stunde einen guten Stand am Markt zu erhalten. Unter einer tiefen Kapuze, unter der sich mein Gesicht verbarg, erkannte man mich nicht. Ich lief am Straßengraben und entlang und als hinter dem Horizont die ersten Zeichen der Sonne sich meldeten und den Himmel direkt über der Erde in ein blutiges Rot färbte, hatte ich bereits einige Stadien hinter mir gebracht. Ein letztesmal sah ich mich um, Tarraco, o du stolze Stadt ! Umringt von deinen prächtigen Mauern ! Bald ist dein Gericht gekommen ! So fiel der Abschied nicht schwer. Ich drehte mich um und sah nach vorne, die weite Straße durch das hispanische Hinterland. Hoffentlich würde ich nicht Opfer einer dieser berüchtigten Räuberbanden, die im Hinterland vorwiegend auf Reisende sich stürzten. Aber was würde man von einem einfachen Bettler wie mir wollen. Ich vermisste die Zeiten von Caesar, dem letzten Jahrhundert der Republik, als man mit solchem Gesindel aufgeräumt hätte. Spaniens Straßen waren zu der Zeit noch sicher und kein Räuber hätte sich in die Nähe römischer Legionen gewagt. Doch die Provinzverwaltung Tarracos war diesem Problem schon seit längerem nicht mehr habhaft werden können - oder wollte sie es nicht ? Der Niedergang der Provinz und des Reiches stieg unmittelbar voran. Frevel und Lasterhaftigkeiten drangen auch bis nach Tarraco.


    Ich hatte mein Ziel schon festgesetzt, Corduba, die Alterbaute ! Seit Jahrhunderten Sitz des Annaeischen Geschlechts, einst Gründer Roms. Die Heimat rief und ich folgte. So verließ ich einmal mehr das goldene Tarraco so plötzlich wie ich es erreicht hatte.

    Pah, Speichellecker von Proconsuls Gnaden...was sollte ich hier noch ? :rolleyes:


    Widerwillig und innerlich grollend hatte ich auf den Bänken der amtierenden und ehemaligen Duumvirn Platz genommen. Als solcher stand ich über angeblichen Rittern, die mit einer perversen Machtversessenheit jedem bißchen Aufmerksamkeit und Ämterbefugnis hinterherhechelten. -.^

    Zitat

    Original von Marcus Octavius Augustinus
    Duumvir nach §18 Abs. 3 hat der Statthalter gegen alle Entscheidungen ein Vetorecht. Wie willst du also, frage ich dich, das Decretum durchsetzen? Außerdem darf der Proconsul laut §19 Abs. 4 jederzeit Mitglieder aufnehmen und entlassen.


    "Er scheint sich mit den hispanischen Gepflogenheiten nicht auszukennen, von der Iurisprudenz ganz zu schweigen, na wer will es ihm verdenken, in Germania lernt man sicher keinen civiliierten Umgang."


    Was bildete sich dieser Snob eigentlich ein ?! Dann wandte ich mich an den ehemaligen Duumvirn, ein Verwandter des ehemaligen Proconsuls, aber er schien von den genaueren Umständen damals nichts gewusst zu haben, was für ihn oder gegen ihn spricht, wie man es nehmen könnte.


    "Willst Du mich beleidigen, Matinius ? Ich lebte seit meiner Geburt in Corduba, ich bin mit dieser Region verwachsen. Doch dieser Mann da..."


    Mit gestrecktem Arm deutete ich auf den Octavier.


    "...ist kein Hispanier ! Die Provinzcurie stellt die honorierten Persönlichkeiten der Provinz da, so ist es Usus seit den Tagen des längst vergangenen und zurecht großen Publius Tiberius Lucidus. Ich frage also, was hat dieser FREMDE hier zu suchen ?? Will der Proconsul einen offenen Konflikt suchen, indem er seine Pappenheimer in wichtige Positionen steckt ?"

    Ich hatte mich vertieft in einige schwerwiegende Gesetzestexte deren Verständnis mir Kopfzerbrechen bereitete, als es plötzlich klopfte. Jäh aus den Gedanken gerissen, rief ich mit eindringlicher Stimme, nicht gerade wohlwollend,


    "Herein !!"


    Wer mochte das wieder sein, so grummelte ich. Hoffentlich nicht wieder ein Bittsteller. Ich brauchte unbedingt eine Vorzimmerdame. Es war ja unmöglich, wer hier alles hereinspazierte. Die Wachen der Vigiles sollten auch aufgestockt werden. So blickte ich erwartungsvoll richtung Tür, daß sie geöffnet wurde.

    "Du drohst mir unverhohlen. Erkläre mir wie ich mich da noch entscheiden soll ?"


    Ich grollte. Hatte ich mich so in dieser Person geirrt ? Zugegeben der vorherige Statthalter war eine Pest, er hatte Hispania herabgewirtschaftet. Doch dieser Jüngling schien vieles kaputt zu machen, getrieben durch seinen falschen Ehrgeig und seine Sturrheit. Nunja, vielleicht unterschieden wir uns dahingehend nicht viel. Aber es zeigte mir, daß man diesen Statthalter kontrollieren mußte. Den persönlichen Geheimdienst würde man aufjedenfall informieren müssen.


    "Ich brauche Bedenkzeit. Du forderst viel von mir !"


    Damit erhob ich mich...

    Ich ignorierte diesen Snob. Provinzhüpfer waren mir ein Graus. Kleine Karrieristen, die nur für billige Sesterzen ihre eigene Mutter verraten würden. So übersah ich demonstrativ diese Pest.


    "Hat noch jemand Anmerkungen ? Ansonsten schlage ich vor, daß die Curie ein Dekret erlässt, in dem sie das Verhalten des Proconsuls mißbilligt."

    Ich sah den Proconsukl unverhohlen ab. Eine derart herablassende Art hatte noch bei keinem Manne festgestellt. Es schien sich zu bewahrheiten, daß jener auch nur ein Karrierist war, der sich den schnellen Aufstieg erhoffte.


    "Nun, die Frage stellt sich doch vielmehr, was willst und kannst Du mir als möglicher Patron bieten ? Welchen Grund kannst Du mir bieten, daß die Sache mit dem Procurator Aquarum und deiner vermeintlichen Kompetenzanmaßung nicht eines Tages in Rom beim Imperator landet ?"


    So wie der Proconsul direkt werden konnte, so hatte auch ich keine Probleme, meine Forderungen direkt auszusprechen.

    Es war doch recht still in der Curie, wo scheinbar niemand was zu sagen hatte. So erhob ich erneut das Wort.


    "Collegae ! Dieses Thema bedarf einer dringlichen Erneuerung und Entscheidung durch uns, den Mitgliedern dieses ehrwürdigen Gremiums. Wir sind es, die Honorationen der Stadt und Provinz, die die Politik gestalten.


    Unter Matinius Agrippa hatten wir einen Proconsul, der sich nicht für uns interessiert hat. Er war inkompetent und zeigte seine Schwächen. Seine Ablösung war ein richtiger Schritt.


    Der neue Mann aus Rom, ein Spross des flavischen Blutes, ohne Frage ein Heißsporn, scheint begierig darauf zu sein, aufzuräumen mit dieser Provinz. Doch ich sage, wir dürfen uns das Fett nicht vom Brot nehmen lassen !


    Wir haben als Curie eine Selbstberechtigung zu existieren ! Wir können nicht zulassen, daß externe Einflüsse uns brüskieren.


    Der amtierende Statthalter hat eine vermeintliche Neubesetzung der Curie angekündigt. Er greift dem ureigensten Recht der Provinzcurie über seine Neuaufnahmen selbst zu entscheiden, vorweg. Das dürfen wir nicht hinnehmen !


    Einen unbekannten Ritter hat er in die Curie geladen, gesehen ward er in Hispania nie, angeblich kommt er aus Germania. Ich frage, welchen Nutzen soll das bringen ? Welche Klungeleien stecken dahinter ? Ein Ritter, der keine Ahnung von der Provinz hat, soll in diesem wichtigen Rat sitzen ? Mit Verlaub, das ist ein schlechter Scherz.


    Daneben gehören auch zwei Personen dem Aufgebot an, denen es an der notwendigek Würde, die sie berechtigt vor diesem Gremium zu sitzen, gar mangelt, sie gehören nichtmal dem Ordo Decurionum an.


    Der Proconsul mag sich seinen Beraterstab aufstellen wie er will, doch die ureigensten Rechte dieses Gremiums derart frivol anzugreifen, ist eklatant."

    Eine platte Aussage, so schien es, hatte ich den Eindruck und doch mußte hinter dieser kurzen Aussage mehr dahinterstecken wie ich vermutete. Undurchsichtige Kanäle, verschlungene Wege, Verrat und Geheimnisse an jeder Ecke, welche dunklen Machenschaften umhüllten diesen Mann, der im jungen Alter, immerhin war ich ihm an Jahren voraus, in die Würde eines Proconsuls gestiegen war ? Bestechungen, Korruptionen, Seilschaften, ein ganzen Netz schien dieser Flavier in Hispania aufbauen zu wollen und würde so die matinische Bande durch eine andere ablösen.
    Die Anzeichen verdichteten sich, daß auch jener besagte Procurator etwas damit zu tun hatte. Wenn ich nur wüßte, welche verruchten Taten diesen Mann von einem einfachen Regionalbeamten in dessen Hand fesselten.


    Ich schwieg und verstand. Es wäre törricht, die Büchse der Pandora jetzt schon zu öffnen. Sei eine Schlange und warte auf den Fehler deines Gegners.


    "Noch bin ich nicht Dein Klient, o Proconsul ! Und mein Patron ist auch Senator. Ich fragte mich nur, was mir ein Grundstück in Oberitalien nutze, ich war selbst nie da und werde es wohl auch nie."

    Irgendwie bekam ich langsam das Gefühl, daß ganze entwickelte sich zu seinem Verkaufsgespräch, aber dann war Flavius bestimmt kein guter Verkäufer. Ob er überhaupt schonmal was verkauft hatte ? :D


    "Du erwartest also von mir, daß ich die fides (Treue) zu meinen Patron breche, um die Deinige zu akzeptieren ?"


    Aufeinmal fiel mir dieser Satz von dem Diener zweier Herren ein, aber den Gedanken verwarf ich schnellstens.


    "Du forderst einen rigorosen Schritt von mir, ist doch die Treue zu seinem Patron wie die Treue zu den Göttern eines unserer höchsten Güter. Sie ist Tugend und Grundlage zugleich. Rom wurde auf Treue errichtet, unser Rechtssystem basiert auf der fides. Breche ich sie, vergehe ich mich nicht nur an den Göttern, als deren Diener ich mich zu ihnen gestellt habe, sondern schade dem Ansehen von mir und meiner Familie.


    Wie willst Du diese Schwere zerstreuen, Proconsul ?"

    Aus irgendeinem Grund schien der Proconsul das Thema zu verdrängen wollen. Ich beschloß, mißtrauisch zu bleiben. Die Sache stank. Irgendwas war da faul in der Provinz Hispania.* ;)
    Die Wurst kostete ich, obwohl ich noch den Geschmack des Küchleins im Munde hatte, was der Wurst einen komischen Beigeschmack verlieh und ich nur schwer erraten konnte wie sie eigentlich schmecken sollte.


    "Interessant. Sie schmeckt interessant die Wurst. - Ob ich einen Patron habe ? Ja, ein hochstehender Offizier bei der römischen Legion. Wir kannten uns seit Jugendtagen und haben uns nicht mehr gesehen, seit er damals versetzt wurde. Das war nach Sertorius, glaube ich, oder nein, kurz danach."



    Sim-Off:

    *Anm.: Anlehnung an Shakespeare's Hamlet "Da ist was faul im Staate Dänemark ;)

    "Der Praefectus Urbi ist Statthalter der Stadt Rom und als solcher offizieller Stellvertreter des Kaisers. Dein Handeln fusst jedoch allein aufgrundlage des Mandats, welches Dir der Senat erteilte, Proconsul ! Du siehst, deine Argumentation verläuft ins Leere.


    Im Gegensatz zu den Siedlungen und Städten, sowie deren Umland, denen der Imperator selbst höchsteigene Rechte zugestanden hat - so ist Tarraco wie Du sicher weißt eine Colonia - ist Wasser als ureigener Rohstoff der Erde wie überhaupt sämtliche anderen Rohstoffe perse iuristisches Eigentum des Kaisers. Nicht umsonst verkauft der Staat für teures Geld begehrte Minen- und Schürfrechte, die einen Rohstoffabbau bis zu einem gewissen Grad gestatten."


    Ich machte eine Pause.


    "Die Sache muß alsbald geklärt werden. Sie wirft ein ungünstiges Licht. Notfalls vor dem Praetor in Rom."