Beiträge von Publius Iunius Brutus

    "Sacerdos? Da hast du Glück, dann kann er für dich beten und opfern, es gibt nichts besseres als einen Priester in der Familie zu haben....
    Ich habe noch zwei Brüder und eine Schwester. Beide sind einfache Bauern, die das Land bestellen. Meine Schwester war zwölf, als ich sie verlassen habe, das war vor vier Jahren. Seither habe ich sie nicht mehr gesehen und nur spärlich Briefe bekommen. Aber sie soll sehr schön sein,"
    entgegnete er Vibulanus mit einem Augenzwinkern.


    Als er sah, wie sein Kamerad trank, musste er lachen, quälte seinen Wein hinunter und brüllte nach dem Wirt.
    "Wollen mal sehen, was es sonst noch zu bieten hat." Er bestellte den besten Wein, den der Wirt vorrätig hatte und wartete gespannt.

    Die Männer kamen in die Stallungen und führten ihre Pferde am Zügel hinein. Drinne war es etwas wärmer als in der eisigen Kälte draußen. Cupidus führte Stratos zu seiner Box und begann, ihn abzuzäumen. Dabei streichelte er ihm immer wieder den Kopf. Ein gutes Tier, dachte er bei sich.


    Er ging zu einer großen Amphore mit Hafer, nahm eine Schaufel und schüttete Stratos eine große Portion hin. Während er fraß, nahm Cupidus ihm den Stattel ab und begann ihn trockenzureiben. Schließlich nahm er einen Striegel und die Bürste. Als er schließlich mit der Behandlung fertig war, glänzte das Fell des Hengstes richtig. Cupidus prüfte noch kurz den Sattel und die Gurte, dann ging er zu den Unterkünften, um etwas zu essen. Wahrscheinlich würde es nur ein Bissen im Stehen werden, sein Schreibtisch quoll wohl schon wieder über.

    Die Wache auf einem der Türme schaute gerade nach Confluentes hinüber, als sie die Turma II erblickte. Es war noch sehr früher Morgen und die Tore waren noch nicht geöffnet worden.


    "Die Patrouille kommt zurück, los ihr lahmen Schnecken, öffnet das Tor, aber ein bisschen plötzlich!!! Der Wachhabende Eques scheuchte seine Männer auf. Gemeinsam öffneten sie die beiden großen Flügel der Porta Praetoria.


    Kurz darauf ritt die Turma Secunda mit Cupidus an der Spitze durch das Tor und grüßte die Wachen. Endlich wieder zu Hause.
    Cupidus ließ die Männer halten.


    "Gut Männer, das wars für dieses Mal, ich bin stolz auf euch. Wir haben Präsenz gezeigt und wollen hoffen, dass es den Germanen zeigt, dass es nichts zu holen gibt. Im Anschluss werden die Pferde versorgt und die Ausrüstung geputzt. Wenn das erledigt ist, will ich eine Liste mit den beschädigten und zu ersetzenden Ausrüstungsgegenständen.
    Vibulanus, du kümmerst dich darum, dass alles aufgeschrieben wird. Danach meldest du dich bei mir, dann werde ich veranlassen, dass die Ausrüstung getauscht werden kann. Ich denke, dass wir bis heute Nachmittag mit allem fertig sind?
    Wenn ihr eure Aufgaben ordentlich erledigt habt, ist der Rest des Tages frei. Vielleicht sehen wir uns ja in den Thermen"
    , fügte Cupidus mit einem Lächeln hinzu.
    "Fragen bis hierher? Keine? Gut, ABITE!!!!"


    Die Männer zerstreuten sich und Cupidus führte Stratos in die Stallungen.

    Mit einem entschlossenen Zug leerte Cupidus seinen Becher und hielt ihn Vibulanus hin, damit dieser in auch füllen konnte.


    "Wenn der Wirt wieder kommt, fragen wir ihn nach besserem Wein. Das Zeug hier schmeckt wie Essig", meinte er und verzog den Mund. Vielleicht hätten sie doch mit Bier Vorlieb nehmen sollen.


    "Ich wüsste zu gerne, wie der Krieg in Parthien läuft. Man hört ja bisher nur Siegesmeldungen, wollen wir hoffen, dass es so bleibt. Sag mal, hast du eigentlich noch Geschwister?"

    Cupidus nahm seinen Becher von dem Wirt entgegen, der die Schankstube mit seinem Tablett und spitzen Ellenbogen durchpflügte. Der erste Schluck war immer der schlimmste, dann ging es.
    Allmählich spürte er schon die Wirkung des Weins, den sie im Lupanar getrunken hatten, ein warmes Gefühl breitete sich in seinem Magen aus und Cupidus entspannte sich zusehens.


    "Ja, ein eigener Hof ist schon seit jeher mein Traum, dazu eine schöne Frau, dir mir ein paar kräftige Söhne schenkt...Nur weiß ich noch nicht genau, wo dieser Hof sein soll. Ich habe gehöhrt, dass es Hispania warm sein soll. Ich war noch nie im Süden, kann mir aber nicht vorstellen, dass es etwas schöneres als Germanien geben kann.

    Der kommende Tag verlief ereignislos, nach einer kalten Nacht unter freiem Himmel näherte sich die Kolonne wieder der Stadt Confluentes. Cupidus sah sich seine Männer an. Sie alle sahen abgespannt aus, die vier Tage unterwegs waren anstrengend gewesen, für Mann und Tier gleichermaßen.


    Schließlich kam das Castellum in Sicht und die Stimmung der Turma stieg merklich an.

    Ich würde sagen, dass jeder Soldat aber auch jeder Mensch in seinem Unterbewusstsein Angst vor Schmerz und Tod hat. Gottvertrauen kann dies mit Sicherheit lindern, aber ob alle Bedenken ausgeschaltet werden können, wage ich zu bezweifeln.


    Allerdings gibt es in allen Kriegen Beispiele davon, wie Soldaten "hart" wurden, will heißen, dass sie mit ansehen müssen, wie Kameraden, mit denen sie am Tage zuvor noch aus dem gleichen Kochgeschirr gegessen haben, im Kampf fallen. Die Überlebenden verfallen dann oft in eine Art Rausch, in dem ihnen Verwundung oder Tod egal zu sein scheinen. Diese Todesverachtung findet man beispielsweise in den Berichten des letzten Weltkrieges wieder, als sich deutsche Soldaten im Winter gegen die Russen verteidigten und sahen, wie ihre Kameraden im feindlichen Feuer fielen.


    Wie muss es nun dem Soldaten der Antike ergangen sein, der seinen Feind im Kampf Mann gegen Mann gegenüberstand? Keine Schusswaffe, nur das eigene Können und sein Schwert als Waffe? Ich bezweifle, dass es viele Soldaten gab, die überhaupt keine Angst hatten...

    Hier ging es ein wenig lauter zu als im Lupanar, aber das störte Cupidus nicht weiter. Mit Vibulanus im Schlepptau bahnte er sich unter Zuhilfenahme seiner Ellbogen einen Weg in den hinteren Teil der geräumigen Schankstube. Als sie schließlich ein Plätzchen für sich ergattert hatten und auf den Wirt warteten, um Getränke zu bestellen, sagte Cupidus zu Vibulanus: "Was war das jetzt vorhin mit dieser Frau, von der du erzählt hast? Sie ist mit einem Anderen zugange?"

    "Zwei Mann sollten pro Wache genügen, ich vertraue zwar auf die Männer in den Türmen, aber bei den vielen Pferden sollte schon jemand ein Auge auf die Umgebung haben. Lass uns weiterreiten, wenn die Pferde getränkt sind, dann schaffen wir heute noch eine gute Wegstrecke."
    Cupidus sah sich nach seinen Männern um. Keinem schien danach zu sein, hier mehr Zeit als nötig zu verbringen. Als dann schließlich alle ihre Pferde getränkt hatten, machte man sich bereit für den letzten Teil der Etappe. Nur noch eine Nacht würden sie im Freien verbringen müssen, danach hatten sie wieder einen warmen Herd im Castellum.


    "Aufsitzen, es geht weiter," gellte der Befehl ein paar Minuten später und die Turma machte sich auf den Rückweg.

    Cupidus führte Stratos an den Bach und ließ ihn augiebig trinken. Er selber kniete sich ans Wasser und trank aus der hohlen Hand. Dann verrieb er die Flüssigkeit in seinem Gesicht, um wieder munter zu werden.


    "Wir werden auf jeden Fall in Richtung Castellum zurückreiten, allerdings bezweifle ich, dass wir es heute noch bis dorthin schaffen. Also lagern wir wieder bei einem der Wachtürme in dessen Intervallum. Dann müssen wir selber keinen Graben ausheben und vielleicht hat die Turmbesatzung ja noch Neuigkeiten."
    Ein wenig besorgt sah er zum bedeckten Himmel, sah die Blätter an den Bäumen, die sich schon verfärbt hatten und bald abfallen würden. Hier in Germanien war der Herbst recht kurz und der Winter kam früh.


    "Das wir bis auf weiteres der letzte längere Patrouillenritt gewesen sein, vielleicht haben wir beim nächsten Mal schon Schnee... Ich hoffe du hast warme Kleider mit dabei, die Nächte sind schon eisig und wir müssen trotzdem ein paar Wachen aufstellen.", meinte er lächelnd zu Vibulanus.

    "Klar, Krieg ist nie schön, aber ich hab es gerne, wenn ich weiß, dass der Feind von vorne kommt und nicht von hinten, wie diese Räuber. Was die Sache mit der Unterstüzung betrifft, ich denke, dass das die Legionsreiterei der II. machen wird... Hab allerdings keine Ahnung mit wievielen Räubern die es da zu tun haben."


    Schließlich hatte er seinen Becher leergetrunken und sah Vibulanus an.
    "Wenn du noch ein Mädchen willst, dann nimm es dir jetzt, mir ist nicht danach. Ich kann im Moment nur an eine Frau denken. Wenn du willst warte ich in der Taberna auf dich? Mir ist danach mich zu betrinken....", fügte er hinzu.

    Brandor, ein großer, stämmiger Eques, betrachtete den Neuankömmling.
    "Wenn du dich zur Ala melden willst, dann folge der Via Praetoria, das ist diese Straße hier. Sie führt dich direkt zu einem großen Gebäude, der Principia. Du kannst sie garnicht verfehlen. Dort meldest du dich im Rekrutierungsbüro bei Decurio Tubero. Alles weitere und ob du tauglich bist, erfährst du dort."


    Der Eques hoffte, dass der Zivilist verstanden hatte und sich nicht im Lager verirrte.

    "Das habe ich auch gehört... So befriedet ist Germania scheinbar noch nicht. Aber dass es sogar noch Gefahren aus dem Inneren des Landes gibt, wusste ich nicht. Hoffentlich machen die Räuber nicht zu viel Aufhebens und werden vernichtet. Soweit ich weiß kümmert sich die Legio II um die Sache?"


    Er nahm einen großen Schluck und fuhr dann fort. "Ich wünschte es gäbe endlich mal einen Kampf... Meine Männer brennen seit Wochen auf Abwechslung, aber abgesehen von Patrouille und Wache gibt es nicht viel zu tun."

    Zufrieden sah Cupidus, wie Vibulanus dem unglücklichen Eques aus seinem Loch half.


    "Wenn ich mich recht erinnere, gibt es am Waldrand einen kleinen Bach, wo allerding die Quelle ist, weiß ich nicht. Ich würde sagen, dass wir dort unsere Schläuche füllen und einen Moment Rast machen. Hier ist nichts zu finden.... Schon merkwürdig."


    Sie kehrten schließlich zu ihren Pferden zurück, prüften die Ausrüstung und saßen auf. Der Abend rückte näher, als sie den kleinen Bach erreicht hatten.


    "Eine halbe Stunde Pause, füllt eure Schläuche und tränkt die Pferde, dann könnt ihr euch auch ausruhen. Keiner entfernt sich ausser Rufweite."

    "Genau so ist es. Dann würde ich mal sagen, dass wir uns in nächster Zeit verstärkt um die Patrouillen kümmern müssen. Sag mal, du hast doch einige Kontakte zu den örtlichen Händlern oder? Ein paar von denen gehen regelmäßig über den Limes, um mit den wilden Stämmen in Magna zu handeln und kehren nicht nur mit Ware sondern auch mit Informationen zurück. Hast du irgendetwas neues gehört? Es ist so verdammt ruhig in letzter Zeit, aber alle Leute die ich kenne, wollen davon nichts wissen."

    Schließlich näherten sie sich dem jenseitigen Waldrand. Scheinbar war alles ruhig und keine Späher zu sehen. Die Männer entspannten sich merklich, bis plötzlich ein lauter Fluch von rechts laut wurde. Als Cupidus hinüberschaute, sah er , dass der Eques rechts von Vibulanus bis zu seinem rechten Oberschenkel in einem Loch steckte.
    Als der erste Schrecken vorüber war, gab Cupidus das Zeichen zu rühren.
    "Mensch Brandor, die ganze Zeit hast du einen Bogen um die Kaninchengänge gemacht und jetzt setzt du dich mitten in ein Nest", lachte Cupidus und die Männer stimmten in das Gelächter ein.
    "Gut Männer, helft ihm da raus und dann sehen wir zu, dass wir zu den Pferden zurückkommen. Hier ist alles ruhig...."

    Ein wenig verlegen kratzte sich Cupidus am Kopf.
    "Das Problem ist, sie ist eine echte Römerin... und ich nur ein Peregrinus. Außerdem, wohin soll ich mich denn versetzen lassen? Zu den Vigiles möchte ich nicht. Mein Herz schlägt hier, für das wilde Germanien.
    Außerdem, wer kann schon sagen, ob ich nicht im Krieg falle?
    "


    Er sah sich um. Sein Interesse galt eher dem Wein als den Frauen und seine Gedanken kreisten um Clara. Wie es ihr wohl ging?

    "Ach ja, Rom..."seufzte Cupidus.
    "Vibulanus, ich habe vor kurzem eine wunderbare Frau kennengelernt... Allerdings musste sie aus gesundheitlichen Gründen aus Germanien abreisen und nun sitze ich hier, ein Herz voller Sehnsucht und kann nur noch an sie denken. Nicht einmal die Frauen hier interessieren mich."


    Er nahm einen tiefen Schluck aus seinem Becher.

    Cupidus musste unwillkürlich lachen, als er so angesprochen wurde. Gleich darauf wurde er aber wieder ernst und ein Schatten lief über sein Gesicht. "Dann wäre ich noch jung und hätte den Höhepunkt meiner Karriere erreicht. Zu mehr tauge ich nicht, da ich kein römischer Bürger bin... Nun ja, noch ist es nicht soweit."


    Er gab einer der Lupae, die gerade vorbeitänzelte einen Klaps auf den Hintern, die kichernd aus dem Raum tänzelte.