Beiträge von Publius Iunius Brutus

    Brutus nahm die Liste entgegen und überflog sie grob. Der übliche Verschleiß im Feld, einige Bronzeteile und Pferdegeschirre waren beschädigt, nichts aufregendes.


    Er nickte den beiden Männern zu. "Danke, ihr könnt den anderen Männern sagen dass sie den Rest des Tages dienstfrei haben, bis auf die Wachen. Erholt euch, morgen früh werden wir wieder trainieren."

    Brutus nahm wieder Platz, doch seine Augen stahlten immer noch. Endlich konnte er die große Stadt sehen, die Urb Aeterna, den Nabel der Welt, die Hauptstadt des allumfassenden Reiches.
    Dann lächelte er Silanus an. "Herzlichen Glückwunsch, das ist wahrlich eine große Ehre, dich in der Verwaltung des Kaiserhofes zu sehen... Gibt es schon einen Nachfolger? Und wann soll die Reise beginnen?"

    "Equites state!!!" gellte der Befehl von Brutus über den kleinen Platz vor den Unterkünften. Die Männer nahmen Haltung an und Brutus ging durch die drei Reihen, die vor ihm standen. Er betrachtete die Männer von oben bis unten und besah sich die Ausrüstung.
    Scheinbar zufrieden trat er wieder vor die Formation. "Equites movemini! Das war ein guter Patrouillenritt heute, die Befehle wurden klar und deutlich ausgeführt, es gab keine Feindberührung und keine Verluste. Wir werden nun den restlichen Tag unsere Ausrüstung auf vordermann bringen und beschädigte Teile austauschen. Wer Ersatz oder Reparaturen benötigt, kann sich in der Fabrica melden.
    Apollonius und Scarpus, ihr übernehmt die Vollzähligkeit des Materials und macht mir Meldung, wenn alles abgeschlossen ist. Abite"


    Dann machte er sich auf den Weg in seine eigene Unterkunft, um sich ein wenig den Schweiß abzuwaschen. Er hatte vor, die beiden Equites in den nächsten Tagen zu beobachten, ob sie sich für weitere Führungsaufgaben eigneten.

    Als die Männer der Castellum erreicht hatten, war Brutus fast sofort zum Praefectus verschwunden und hatte die Männer ihre Pferde versorgen lassen. Nun kam er zurück, um das Reinigen der Ausrüstung zu überwachen und die Vollzähligkeit des Materials festzustellen.
    "Turma Prima, vor den Unterkünften antreten," donnerte es über den Platz.

    Ein wenig wehmütig lächelte er Romanus an.
    "Ich glaube es ist das dritte Mal. Aber ich denke, aller guten Dinge sind drei. Ich wünsche dir eine gute Reise."
    Dann nickte er Eburnus zu, der ihn scheinbar erkannt hatte. "Auch dir eine gute Reise, Eburnus."


    Dann brachen die Männer auf und ihre Pferde setzten sich in Bewegung. "Wir sehen uns in Rom, Praetorani!!", rief er hinterher. Schon bald, dachte er, schon bald. Vielleicht eher als ihr denkt.
    Dann riss er den Blick von der Reisekolonne los.
    "Weißt du Merowech, so langsam werden die Freunde weniger. Einige werden versetzt, andere scheiden aus dem Dienst, andere sterben... Lass uns in die Thermen gehen, damit der Tag ein wenig erfreulicher wird."

    Ein wenig ungläubig blickte Brutus drein, als er das Gehörte versuchte zu verarbeiten. Dann begann er zu strahlen, er war erfüllt von Dankbarkeit.


    "Du hast mich dem Kaiserhof empfohlen? Mich als kleinen Decurio? Und die wollen mich als Praefectus Castrorum? Das... Das ist ja....Einfach überwältigend. Wie kann ich dir nur danken mein Freund?" stammelte er.
    "Und dann auch noch deine alte Legion? Wenn das kein gutes Zeichen ist, dann weiß ich auch nicht." Brutus malte sich die Landschaft und die Menschen in Aegytpus aus, dort mochte es jetzt bestimmt noch warm sein und nicht kalt und regnerisch wie hier in Germanien.
    Er hatte sich erhoben und ging aufgeregt hinter seinem Schreibtisch hin und her. Ihm war als könnte er die ganze Welt umarmen. Dann wurde er wieder ernst. "Ich weiß wirklich nicht, wie ich dir deine Hilfe jemals danken könnte, Silanus. Mögen die Götter dich segnen. Wann werde ich den neuen Posten antreten können und woher bekomme ich meinen Marschbefehl?"

    Brutus blickte auf, wer denn da einfach durch seine Türe gestapft kam und lächelte, als er seinen Verwandten sah. Um die Etikette zu wahren erhob er sich, um dem Praefectus Respekt zu zollen.
    "Salve Silanus, bitte, nimm Platz. Möchtest du etwas Wein?" Er deutete auf einen Krug mit Wein und einen kleineren mit Wasser, zusammen mit zwei Bechern. "Was hast du denn für Neuigkeiten? Du strahlst ja richtig." Dann wartete er, bis Silanus saß und nahm dann ebenfalls Platz.

    Brutus betrachtete eingehend die Szenerie, die sich vor ihm ausbreitete. Von den verkohlten Leichen war kaum noch etwas zu erkennen, nur das fehlen von Waffen ließ auf einen Überfall hindeuten. Er kniete sich hin und besah sich die Spuren genauer. Er kam zum selben Ergebnis wie Scarpus, es konnte noch nicht lange her sein, seit die Männer das Weite gesucht hatten. Er ging ein paar Schritte weiter, um in Ruhe seine Entscheidung zu überdenken.
    Die Verfolgung wäre möglich gewesen, aber weiter nördlich kannte er sich nicht aus, das Terrain war ähnlich wild, wenn es auch einige Behausungen gab. Trotzdem hatten sie nicht die Befugnisse, weiter in die Stammesgebiete verzudringen als nötig. Da die Getöteten keine Römer waren, ging es die Männer auch nichts an. Mochten sie ihre Stammesfehden austragen wie sie wollten... Wenngleich es verdächtig nahe an der Grenze war.
    Brutus gab seine Befehle. "Sammeln und aufsitzen, wir reiten zurück!" befahl er und sah an den Gesichtern der älteren Männer Zustimmung. Auch ihnen war nicht wohl bei der Sache, eine Turma war für solch einen Einsatz zu wenig. Mit einem Blick zurück ritten die Männer wieder aus dem Wald heraus, um sich am Waldrand wieder zu entfalten und ihren Ritt fortzusetzen. Brutus machte sich eine kurze Notiz, er würde später einen Bericht abgeben müssen und die Sachlage dem Kommandanten schildern.

    Vom Waldrand her hörten die Männer das Horn, das dröhnend durch die Geräusche der Natur drangen. Sofort riss Brutus sein Pferd herum und drehte es Richtung Wald.
    "Vorwärts, Formation öffnen und hinein in den Wald!" befahl er und ritt an der Spitze in den Schatten der Bäume. Das Unterholz war recht dicht, doch sie konnten einen kleinen Bachlauf ausmachen, der weniger stark bewachsen war. Nach einigen Minuten erreichten sie die Pferde, die die Vorausabteilung zusammen mit zwei Mann zurückgelassen hatte. Ein kurzer Befehl und die Männer führten die Tiere an den Zügeln hinterher, immer in die Richtung, aus der das Signal gekommen war. Alle waren angespannt und die Männer hatten ihre Waffen gezogen. Nun konnte überall der Feind lauern. Die Turma bestand zum größten Teil aus Germanen, die auch zu Fuß recht flink waren, also befahl Brutus abzusitzen, als sie die Lichtung schließlich unbeschadet erreichten.


    Er erblickte Apollonius und den Rest der Truppe, die hier warteten.

    Noch vor wenigen Stunden waren die Krieger auf ihrem Raubzug hier vorbeigekommen, hatten die zwei alten Frauen, die hier in einer kleinen Waldhütte lebten, überfallen und endlich zum schweigen gebracht. Die Menschen nahe der Grenze waren schon viel zu verweichlicht und nun wurden sie bestraft. Die Körper der Erschlagenen hatte man liegen lassen und die kleine Torfhütte angezündet. Dann waren die Männer verschwunden, hatten sich beinahe in Luft aufgelöst.
    Sie waren sich sicher, lange würde der Rauch nicht unentdeckt bleiben.

    Brutus blickte zum Wald, der mit dichtem Unterholz bewachsen war. Kein einfaches Terrain für Pferd und Reiter, aber vielleicht konnte die Vorhut ja das Feuer finden, das hier mitten im Wald brannte.
    Brutus ritt der Vorhut hinterher und holte sie noch vor dem Wald ein.
    "Wenn es zu dicht wird, sitzt ab und schleicht euch zu Fuß weiter, das macht weniger Lärm. Der Rest wartet am Waldrand, bei Feindkontakt soll der Trompeter das Cornu blasen, dann sind wir bei euch. Los jetzt!"


    Dann sah er hinterher, wie die Männer im Wald verschwanden und wünschte ihnen den Segen der Götter.

    Eingehend sprach Brutus mit Lentulus, der immer wieder beteuerte, dass die Beobachtungen bereits gemeldet worden waren. Stirnrunzelnd rieb sich Brutus das Kinn, wo sich in den letzten Jahren ein schmales Mal gebildet hatte, vom scheuern des Kinnriemens. Er nickte seinem Kameraden zu und trat wieder an die Brüstung heran, wo er sich am Geländer festhielt. Nur dem scharfen Beobachter fiel auf, dass sich seine Fingerknöchel weiß färbten, als er das Holz umklammerte. Sein Blick schweifte über die Wipfel der Bäume, über denen noch ein wenig Nebel hing. Die Vögel sangen und alles wirkte ruhig, wie schon immer. Aber Brutus wusste, dass es jenseits dieses Waldes gärte, die Stämme hatten längst Nachricht erhalten, dass der neue Kaiser nicht in Rom weilte und es mit seiner Gesundheit nicht zum Besten stand. Also warteten sie ab und beobachteten. Hin und wieder schickten sie kleinere Aufklärungstrupps, ließen es aber nie auf eine Kampf ankommen. Sie tauchten unter wie Schatten und waren nicht mehr zu finden.


    Dann wandte sich Brutus um. "Wir brechen auf, kommt ihr beiden," sagte er zu Scarpus und Apollonius. Gemeinsam kletterten sie die Leiter hinunter und traten in den kleinen Hof. "Alle Mann aufsitzen!!" befahl er und schwang sich selber in den Sattel. Als schließlich alle Männer angetreten waren, richtete er sich ein wenig auf. "Wir werden nun das Gebiet weiter östlich aufklären. Halten die Augen offen und meldet jedes Ereignis. Die Übungen sind vorbei, jetzt wird es ernst. Reihen auseinanderziehen, Abstand zwischen den Männern 80 Schritte, wir durchkämmen den Wald dort drüben mit 5 Mann. Scarpus, Batrax, Harluf, Apollonius und Einar, ihr übernehmt den Wald, Viridovix und Gorn, ihr bildet die Vorhut. Turma pergite!" Dann ging es los, immer näher an den Wald heran und entlang seines Randes. Schließlich betraten die eingeteilten Equites den Wald.

    Die Turma ritt zügig über die Straßen nach Osten, wo in einigen Stadien Entfernung die Grenze lag, die das wilde Germanien von der zivilisierten Welt der Römer trennte. Brutus ritt an der Spitze und genoss die frische Luft und den Wind, der ihm ins Gesicht schlug. Hinter sich ritten der Feldzeichenträger und der Cornicen, dahinter die anderen Equites.
    Schon nach kurzer Zeit kam der erste Wachturm in Sicht und dann noch einer, etwas weiter südlich. Brutus lenkte die Schritte seines Pferdes zum ersten Wachturm und ließ halten. "Absitzen, Pause bis ich wiederkomme. Scarpus, Apollonius, ihr kommt mit mir," befahl er und trat in den kleinen Vorhof des Turmes ein. Hier waren Palisaden rings um den Turm errichtet worden, da an diesem Teil des Limes noch keine durchgehenden Befestigungen errichtet worden waren, wie bei der Legio II weiter südlich.
    Der Kommandant der Turmbesatzung, ein grauhaariger Veteran begrüßte die Männer. "Salve Decurio Brutus, wie geht es dir?" "Danke Lentulus, ganz gut. Dass du immer noch hier bist? Ich dachte deine Dienstzeit wäre längst zu Ende?" Der Soldat winkte ab. "Drei Jahre hab ich noch, aber das hast du mich letztes Mal schon gefragt... Nur wollte ich eigentlich lieber einen ruhigen Posten in der warmen Principia haben, hier draußen wachsen dir die Pilze aus den Ohren, das kannst du mir glauben," meinte er augenzwinkernd.
    Brutus lachte. "Nun, ich habe gehört waschen soll da helfen." Dann wurde er wieder ernst. Er zeigte auf Scarpus und Apollonius. "Diese beiden sind zum ersten Mal mit dabei, ich wollte ihnen die Aussicht zeigen... und wir beide müssen reden," sprach er weiter. Lentulus nickte nur und deutete auf den Eingang des Turmes und ging dann voraus. Über eine Leiter gelangten sie schließlich in den oberen Raum und traten auf die Plattform hinaus. Brutus legte eine Hand an das Geländer und zeigte nach Osten. "Dort drüben müssen wir hin, seht euch das Land an..." Er deutete auf die großen, fast undurchdringlichen Wälder.
    Dann nahm er Lentulus zur Seite und beide unterhielten sich leise über ihren Auftrag.

    Schließlich gaben alle Equites das Zeichen, dass sie bereit waren und saßen auf. Einer der Calones brachte Stratos am Zügel zu Brutus, der noch einmal den Sitz des Sattels prüfte und sich dann hinaufschwang. Er kontrollierte noch einmal das Gepäck am Sattel und hängte sich die Parma über die Schulter. Das Zaumzeug klirrte leise, als der schwarze Hengst mit den Hufen scharrte und freudig den Kopf hob und senkte. Endlich wieder ein wenig Bewegung. Mit der flachen Hand klopfte Brutus den Hals des Tieres und setzte sich bequem hin.
    "In agmen venite!!!" donnerte der Befehl über die Köpfe der Männer und sie formierten sie zur Kolonne. "Pergite!!" Dann setzte sich die Turma in Bewegung und ritt auf die Porta Praetoria zu.

    Brutus betrat den Platz, in voller Rüstung und den Helm mit dem Helmbusch unter den Arm geklemmt. Er war ein kühler morgen, der Nebel hing noch in den Tälern fest und würde sich erst am späten Morgen auflösen. So schon diese Landschaft auch war, der Herbst stand vor der Türe und der Winter würde mit großen Schritten folgen. Mit unbewegter Miene nahm er die Meldung des Duplicarius entgegen, dass die Turma wie befohlen angetreten war. Dann nahm er wieder seinen Platz an der rechten Seite der Formation ein.


    Brutus erhob die Stimme. "Guten Morgen Turma Prima!!" hallte seine befehlsgewohnte stimme über den Platz. Aus dreißig Kehlen schlug ihm die Antwort entgegen. "Movemini!" Die Männer nahmen eine etwas entspanntere Haltung ein.
    "Heute geht es an den Limes, genauer gesagt sogar noch ein Stück darüber hinaus. Wir müssen weiterhin Präsenz zeigen, in letzter Zeit hat es vermehrt Schmuggelversuche mit Waffen und Waren gegeben, zumindest dort, wo der Palisadenwall noch nicht erreichtet wurde. Wir werden uns ein wenig umsehen und auf dem Rückweg noch einige Übungen abhalten für unsere Neuen." Er ließ seine Blicke über die Männer schweifen und blieb bei Apollonius und Scarpus hängen. "Haltet euch an die erfahreneren Männer, dann kann nichts schiefgehen. Ich erwarte volle Aufmerksamkeit von allen. Ausrüstung überprüfen und dann aufsitzen!!"