Beiträge von Theodoros Alexandreus

    Theodorus meint schon, den Mann wieder zu erkennen, aber anscheinend hat er keinen bleibenden Eindruck in seinem Gedächtnis hinterlassen. Deswegen beschließt er, in dieser Hinsicht erst einmal reserviert zu bleiben und abzuwarten, woran sich der Mann erinnert. Nicht dass es am Ende jemand ist, an den man sich erinnern sollte.


    "Mag schon sein. Auf jeden Fall will auch ich herzlich für die Rede gratulieren. Sie war sehr ergreifend und vor allem voller Engagement für die Sache eurer Stadt und unseres Basileus."


    Dann schaut er zu Minor hinüber, der sich gerade mit irgendjemand anders zu unterhalten scheint.

    Theodorus betritt den Raum und prüft gleich alles nach: Gut, das Fenster in den Garten gibt eine schöne Arbeitsatmosphäre und sonnig ist es auch, so dass man hier lange ohne Licht schreiben kann. Auch Schreibtisch und Utensilien sind da.


    "Vielen Dank. Ich denke ich kann hier arbeiten. Hast du vielleicht irgendwelche besonderen Vorstellungen?"

    "Ob ich dir helfen will? Na, mit dem größten Vergnügen! Gib mir ein Officium und ein paar tapfere Scribae und ich werd mich gleich daran machen, was zu organisieren!"


    Und schneller als erwartet hat sich das Wort "Bezahlung" in Theodorus Bewusstsein eingenistet. Aber beschließt, diesen Punkt erst dann anzusprechen, wenn klar ist, wie das ganze überhaupt laufen soll.

    "Merkwürdig, dass der Basileus einen Privatzoo verbietet. Vor allem weil dein Paulchen sicherlich schnell ein weltbekanntes und lukratives Schaustück geworden wäre :D"


    Aber gleich kommt Theodorus ins Schwärmen.


    "Das mit dem Palastschiff ist aber echt eine interessante Idee, Detritus. Ich glaube, so was hat mindestens seit 300 Jahren keiner mehr versucht. Damals gab es eine Menge von Riesenschiffen, die die heutigen schweren Transporter um einiges an Längen übertrafen. An Luxus sowieso. Wenn ich da an das Schiff denke, das Archimedes für Hieron II. von Syrakus hat bauen lassen - oder die Prachtflotte der ersten Ptolemäer... Selbst die Thelemagos, das schönste Schiff aller Zeiten liegt seit fast 150 im Hafen von Alexandria - unter Wasser..."


    Dann wendet er sich aprupt wieder zu Detritus:


    "Ich glaub, wenn du das Schiff baust, baust du das größte Wunder unserer Zeit!


    Ich kenne auch einige Techniker und Mechaniker, die sowas bauen können. Nur mit dem Rumpf wirds vielleicht etwas schwierig. Das Zeitalter der großen Schiffe ist eben schon seit Jahrhunderten vorbei..."

    "Den Nemisee?"


    Theodorus hält den Octavier nun langsam für einen echt seltsamen Kauz, der sich Riesenreptilien hält und wirres Zeug vor sich her redet. :D


    Aber als er das mit dem Schiff erwähnt, wird er neugierig:


    "Ein Riesenschiff? So eine Art Palastschiff?"

    Theodorus versteht nicht genau, warum der Diebstahl für alle Leute hier so wichtig ist. Schließlich passiert es doch jeden Tag in jeder Stadt, dass Geldbeutel illegalerweise ihre Besitzer wechseln. Vor allem in Rom, der größten aller Städte. Naja, die praktisch Denkendsten sind die Rhomäer nicht gerade. 8)


    "Ah, Verus- Der Karrierist? Das trifft sich ganz gut, denn eigentlich wollte ich Minor noch zu seiner Rede gratulieren. Die beiden haben mich ziemlich erheitert."

    Theodorus merkt auf. Mit scharfem Blick mustert er den verwirrten Kauz, der da aus seinem Fass gekrochen war. Ein bisschen enttäuscht ihm der Fassbewohner. Er hat wirklich überhaupt nichts gemeinsam mit dem großen Sinoper, dem wohl einzigen Menschen, der den großen Makedonen jemals besiegte. Eher meint, dass Theodorus es mit einen Nacheiferer zu tun hat. Auch der Zynismus, den der Rhomäer an den Tag legt, hat wenig mit der Philosophie des Diogenes zu tun.


    Ein anderes Problem ist, dass der Mann immer Theodorus Fragen entschlüpft. Trotzdem übt sich der Alexandriner weiter in sokratischer Dialektik:


    "Sag, warum wohnst du in diesem Fass?"

    Theodorus schaut immer noch total verdattert drein. Das ist nicht das erste Mal, dass jemand ihm den Geldbeutel klaut, wahrscheinlich ist ein Mensch wie er einfach nicht für das Großstadt gemacht.


    "Nein, mit mir ist alles in Ordnung. Ich hatte eh nur ein paar Drachmen dabei. Ich finde es nur immer wieder schlimm, zu sehen, wie verkommen manche Menschen sind. Nur schade, dass ich jetzt wieder nach Hause muss, weil eigentlich wollte ich gerade Mittag essen. Auf den Trajansmärkten ist ein guter Fischimbiss. Magst du Fisch...?"


    Kaum hat er das ausgesprochen, hat er das Verlangen, sich an die Stirn zu hauen. Wenn man kein Geld hat, kann man doch niemandem einladen...

    Zerstreut antwortet Theodorus: "Ach, aus Pelusium? Das ist ja witzig. Weil da habe ich mal einen indischen Seefahrer getroffen, der eine Kiste voller kleiner serpentes dabei hatte. Er hat mir erzählt, die würden riesengroß werden und er hat sie von den fernen Gewürzinseln - Typischer Seemannsgarn eben..." wobei er eine abwehrende Handbewegung macht. Man soll ja nicht alles glauben, was man erzählt kriegt. Vor allem als Wissenschaftler. 8)


    "Danke der Nachfrage, aber mir ist nichts passiert... Wahrscheinlich hat es dein draco das hier gewollt..." Dabei zieht Theodorus einen gebratenen Fisch aus seinem Beutel, den er sich als Wegzehrung gekauft hat und der mittlerweile schon etwas in eigener Soße und einer guten Portion "Baelo Claudia"* aufgeweicht ist.


    "Eigentlich bin ich hier, um mir die Arbeitskraft deiner Handwerker auszuleihen. Ich konstruiere gerade eine hydraulische Orgel.."


    ___________
    *Baelo Claudia: Eine weltbekannte Garum-Marke aus Hispania Baetica. Die Manufakturen von Baelo Claudia sind ein uraltes und reiches Traditionsunternehmen, das sein Garum in die gesamte Welt exportiert. Es gibt Millionen von Leuten im ganzen Reich, die beschwören, dass nur Baelo Claudia den echten Garum-Geschmack hat und kaufen nichts anderes. Das Rezept ist eines der bestgehüteten Geheimnisse des Reiches und man munkelt, dass nur vier Leute die Formel kennen. Ansonsten muss man noch erwähnen, dass das Unternehmen des öfteren wegen unlauterem Wettbewerb und mangelnde Arbeitsrechte in der öffentlichen Kritik steht.

    Auch die verwahlloste Gestalt, die in einer Wolke aus unangenehm harzig-süßlichem Gestank in den Tiefen ihrer Tonne kauert, erinnert Theodorus an die Philosophen der Heimat. Zum Glück weiß Theodorus als echter Hellene, wie man mit solchen Leuten umgehen muss. Allerdings muss man erst rauskriegen, welcher Schule sich der Kerl zugehörig fühlt
    (Theodorus hat einen schweren Verdacht auf Epikuräismus, könnte aber auch irgendeine platonische Strömung sein. Dank der Lebensweise kann man zumindest Peripathetiker, dank der Frage, Stoiker ausschließen) 8)


    Frage Nr. I ist aber eigentlich, ob es sich wirklich um einen Philosophen handelt, oder nur einen geistig Verwirrten oder Betrüger...


    Deswegen fragt Theodorus theatralisch und auf Griechisch in die Tonne hinein:


    "Weswegen meinst Du denn, dass ich dich aufgesucht habe?"

    Basilides... irgendwie kommt ihm der Name dieses Sklaven tatsächlich bekannt vor. Allerdings gibt es auch tausend Leute auf der Welt, die auch diesen Namen haben.


    "Schon erstaunlich, wie klein diese Welt manchmal ist-


    Dann registriert er Plotinas hektischen Themawechsel und langsam bohrte es sich auch in seinem normalerweise mit allen möglichen anderen Dingen als Realität und Alltag vollgestopften Schädel, dass es irgendwas mit ihm zu tun haben muss.


    Äußerst befremdet, aber mehr von der Situation als von der Sergierin, schaut er Plotina an:


    "Mein Geldbeutel, warum, was soll mit dem-"


    Er tastet die Stelle ab, an der sich normalerweise seine Börse befindet und findet nichts! Entsetzt blickt er sich um


    "Er ist weg!"


    Und in einem kurzen Augenblick des intuitiven Geistesblitzes schreit er:


    "Mein Geldbeutel! Haltet den Dieb!"

    Während Theodorus mit dem draco rangelt, fallen ihm allerlei Möglichkeiten ein, einen solche Kreatur zu bekämpfen:


    Diese Kreatur, da war sich Theodorus ganz sicher, musste ein Geschöpf aus dem langen Stammbaum Phorkys und Ketos sein, eines jener Ungeheuer in einer Reihe mit Ladon, der die Äpfel der Hesperiden bewachte, die Hydra, Skylla, Charybdis oder all die anderen schuppigen, krieuchenden, stinkenden und sabbernden Ungetüme, von denen die Alten zu berichten wussten.


    Allerdings stellte das natürlich ein Gewisses Problem dar, denn die Helden, die die Drachen erledigten, Herakles, Iason oder Kadmos waren stets groß, jung, muskulös, hatten ebene Gesichter und wehendes, blondes Haupthaar. Theodorus hingegen war klein, dick, alt und schwächlich. Und dazu hatte er noch einen anderen gewichtigen Nachteil: Die anderen hatten Waffen. Er nicht.


    Außerdem konnte Theodorus sich erinnern, einmal in irgendeiner ars naturala vom Verhalten des draco[7i] gelesen zu haben, dass er pflegt, des Nachts Elephanten zu jagen und zu verspeisen. Und oft genug gewann der Elephant. Auch keine sonderlich nützliche Information eigentlich.


    Die Antwort auf das Problem stellt sich dann aber ganz einfach heraus: Detritus pfeift und Theodorus steht auf. Nachdem Detritus den [i]draco entfernt hat, grüßt Theodorus:


    "Ah! Chairon, Detritus! Wie geht es dir?


    Ein echt imposantes Tier, dieser draco da. Wo hast du den denn her?"

    "Eine Bibliothek suchst du? Nun, Bibliotheken gibts in Rom eine Menge. Obwohl, ganz offen gesagt: Gut sind die alle nicht.


    Die Bibliothek in der Schola Atheniensis, ein netter Versuch des Kaisers, eine griechische Philosophenschule zu kopieren, wird zur Zeit von mir und meinen Mitarbeitern geordnet. Aber auch die Agrippathermen auf dem Marsfeld - du kommst direkt dort hin, wenn du gerade aus gehst, haben eine große öffentliche Bibliothek.


    Woher kennst du eigentlich meine Familie? Meine Vorfahren waren große Generäle unter den Königen, aber heute sind wir ganz normale jüdische Händler..."


    Jüdische Händler mit viel Geld müsste man natürlich wahrheitgemäß hinzufügen.


    Da Theodorus so geschmeichelt ist von dem Komplimenten der Sergierin und dazu gerade wieder einmal dabei, sich gedanklich in die süßen Wonnen des Bibliothekswesens zu begeben, bemerkt er auch nicht, dass jemand an seinem Geldbeutel herumfummelt.

    Auch Theodorus, der natürlich sehr interessiert daran ist, wie sich der neue Rector denn didaktisch so macht und darüber hinaus auch noch mehr über die Geheimnisse der römischen Redekunst erfahren will, trägt seinen Namen in die Liste, als er das nächste Mal am Aushang vorbei kommt...

    :huh: Jetzt ist Theodorus wirklich überrascht! Hier in Rom gab es jemandem, der seinen Namen kannte! Ihm war bisher nicht einmal bewusst, dass er in Alexandria bekannt war, zumindest außerhalb des Judenviertels und der Museionsmauern. Zumindest schmeichelt das Theodorus' heimlichen Laster, der Eitelkeit. Lächelnd meint er:


    "Na ja, man braucht ja auch mal einen kleinen Tapetenwechsel. Ich bin in meinem Leben nicht oft auf Alexandria rausgekommen. Die Leute kommen eher von überall aus der Welt nach Alexandria rein als dass sie es verlassen würden, wenn du verstehst...


    Und als Gelehrter kann ich mir die berühmte rhomäische Redekultur ja kaum entgehen lassen, oder? ;)


    Wie dem auch sei, Sergia Plotina, was treibt dich denn nach Rom?"


    Sim-Off:

    Nein, Theodorus trägt den Beinahmen "der Alexandriner" :D

    Gracchus war es eigentlich ganz egal welche Pläne seine Freunde hatten und welche nicht. Benommen lag er auf dem Boden. Seine Sicht war nicht klar, sie flimmerte unerträglich und sein Gleichgewichtssinn widersprach dem Körper, denn er meinte, sich in einem endlosen, taumelnden Fall zu bewegen, während letzterer festen Boden meldete. Von weit her kamen Stimmen, Rufe und das Hasten von Menschen. Wofür eigentlich? Er richtete sich auf und versuchte, sich umzuschauen. Jede Bewegung verlief unsagbar langsam und dumpf. Er machte einen Schritt nach vorne, knickte aber sofort wieder zusammen und schrie laut auf vor Schmerz, denn sein rechtes Bein funktionierte offensichtlich nicht mehr. So viel er wieder auf den Boden.


    Muss weg...! Muss... hier weg!" sagte er sich immer wieder vor, eine dünne, wispernde Stimme, und kroch nach vorne. Mühsam und ungeplant. Die Richtung war eh nicht klar, denn es gab keine Konturen, nur Schatten...


    Die ankommenden Prätorianer, die sich an den fallenden Ziegelsteinen vorbeimanövrierten, erblickten auf dem Boden liegend einen jungen Mann mit hässlich verdrehtem Bein und einer ordentlichen Gehirnerschütterung...

    Natürlich erkannte Plotina, dass der Ausländer es gewesen sein musste, der sie angesprochen hatte, denn obwohl Theodorus ein recht gutes Latein spricht, kann man doch den unverkennbaren Singsang des griechischen Akzentes aus seinen Worten heraushören, welcher zweifelsohne in der Menge der herumstehenden Römer nicht ein zweites Mal vorzukommen scheint. :D


    Dennoch ist Theodorus ein bisschen verwundert, schließlich hat er seine Frage schon wieder ganz vergessen. Ein Gellehrter wie er hält sich in Gedanken recht wenig bei Kurzweiligkeiten auf. Deswegen antwortet er etwas schroff (Kenner seines Gemütes würden sagen, dass die Schroffheit nur Ausdruck seiner Verwirrung ist)


    "Euch angesprochen.. Nö.."


    Da fällt es ihn aber wieder ein und er lächelt sie freundlich an und ergänzt beschwichtigend:


    "Oh Nein, Verzeih meine Unhöflichkeit! Natürlich habe ich dich gerade angesprochen, aber das hat sich schon wieder erledigt. Ich war nur etwas verwundert über die Intention des Redners der ersten Rede.


    Um ehrlich zu sein hat sie mir besser gefallen als die zweite, welche ich doch, wenn auch engagiert, ein bisschen - merkwürdig - fand. Aber der Redner ist ein Bekannter von mir und ich wollte ihn nicht kränken. Mein Name ist übrigens Theodoros, Sohn des Iosephos der Alexandriner. Erfreut, deine Bekanntschaft zu machen."