Original von Decimus Tiberius Lupus
Das Lächeln, das Iuvenalis zeigte, kam selbst mir, der diesen Mann in seinem ganzen Leben sehr selten gesehen hatte, irgendwie unpassend vor. Es passte einfach nicht zu den Falten in seinem Gesicht, die ihn immer mürrisch und ernst aussehen ließen. Dennoch - oder vielleicht gerade deshalb? - musste auch ich noch etwas weiterlächeln. "Du kennst ihn doch; niemand ist schreibfauler als er und doch beschwert er sich bei jedem anderen, wenn er länger keine Briefe bekommen hat!" Ich lachte hämisch, konzentrierte mich dann aber wieder recht rasch auf einen meiner Grundsätze, dass ich möglichst nicht abwertend über eine bestimmte Person sprach, solange sie nicht selbst anwesend war. Besonders galt das natürlich meinem Vater Gratianus, den ich nebenbei bemerkt viel zu sehr ehrte.
"Arbeitest du immer noch so viel? Was machst du jetzt?" musste ich ihn jedoch fragen und erinnerte mich an einen Besuch vor vielen, vielen Jahren, als Iuvenalis trotzdem er zu Gast in Vaters Villa gewesen war, nie Zeit gehabt hatte und ich mich mit meiner kindlichen Neugier einer Kunst gegenüber gesehen hatte, dem Mann nicht auf die Nerven zu fallen, was mir schweren Tadel eingebracht hätte. Mir zogen sich bei diesen Erinnerungen erneut die Mundwinkel nach oben, obwohl mir die scharfen Worte Gratianus' immer noch in den Ohren klungen. "Nein, es fehlt mir an nichts. Gratianus hat sich gut gesorgt und nun ist es an der Zeit, dass ich selbst für mich sorge."