Beiträge von Flavia Minervina

    Ein Sklave gab den Brief ab und so schnell er gekommen war verschwand er auch wieder.


    Liebster Crassus!


    Wie du vielleicht gehört hast, schließlich ist Rom in diesen Dingen ein Dorf, ist mein Bruder Gracchus einem Ruf gefolgt und aus der ewigen Stadt gegangen. Ich sprach mit ihm, lange und ausführlich und vor allem erzählte ich ihm die ganze Wahrheit. Mein schlechtes Gewissen, das mir die Götter als Strafe gaben war wohl nicht der Anfang, nun nahmen sie mir auch meinen geliebten Bruder. Doch es half. Wie du dir denken kannst war er nicht besonders erfreut darüber, ich wage zu behaupten "erzürnt" wäre das bessere Wort gewesen. Denn, du kennst meine Pflichten und meine Wünsche, bin ich in erster Linie eine Flavierin. Doch in zweiter Linie bin ich eine Frau, die sich nur nach Geborgenheit und Ruhe sehnt. Einen Mann zu finden der Ansehen und moralische Werte vereint in einer Welt wie heute ist wahrlich nicht einfach. Wenn man nun bedenkt diesen ohne Liebe zu heiraten so ist dieser Gedanken schrecklich, doch für Frauen wie die Flavier, Claudier oder Tiberier ein Muss. Zwar kannst du den Soll des patrizischen nicht erfüllen, doch glaubt auch mein Bruder, dass du mir ein guter Mann bzw ich dir eine gute Frau sein kann. Selbst als Plebejer.


    Komm in den nächsten Tagen zur Villa Flavia,


    in Liebe
    Minervina

    Minervina zog die Augenbraue nach oben. Wahrscheinlich war es ein dummer Sklave, denn er dachte überdurchschnittlich lange nach. Naja, ihr konnte es egal sein, waren ihr leise Servi sowieso lieber. Sie legte alles für einen epistola zurecht, schließlich musste sie Crassus zu einem Essen einladen und das sobald wie möglich, denn Gracchus würde bald verschwinden. Ein Gefühl sagte ihr, dass es ein langer Abschied sein würde. Ein schlechtes Gefühl, wenn sie ehrlich war. Doch die dunklen Gedanken verdrängte sie wieder.

    Ein wenig erschrocken über seine Reaktion, sah sie ihn an. Ägyptus war wohl der Ort an dem sie am wenigsten in Gefahr weilte. Gracchus Augen zeigten Angst, ja fast Entsetzen. Natürlich war es wieder eine Schiffsreise, aber sie war ja auch von Hispania hier hergereist. Minervina verstand nicht was in ihren Bruder gefahren war. Was sprach er da von weggehen aus Rom? Fragen kreuzten durch ihre Gedanken. Antonia? Aber sie war doch hier! Und Serenus? WAS WAR HIER EIGENTLICH LOS? Dennoch nickte sie zustimmend. Wenn es dein Wunsch ist, dann werde ich noch in Rom bleiben. ...vorerst, fügte sie in Gedanken hinzu...


    Sie wartete kurz bis sie fortfuhr. Wagte kaum ihren großen Bruder zu fragen, doch sie merkte, dass die Angelegenheit in der sie hier war nur die Spitze des Eisberges seiner Probleme war.


    Was ist los Gracchus? Irgendetwas ist anders, irgendetwas ist passiert... oder irgendwer?



    aber sie hat sich gut geschlagen!

    An der Porta angelangt half ihr ein Servus in den Umhang, den sie derzeit stets trug. Aus Angst vor Feinen und Enführern. Sie legte die Kapuze über ihr Haupt und sah Crassus mit ihren blauen Augen an, nahm ihre Hand an seine Wange und wartete kurz, bis schließlich ein Kuss folgte. Ein letzter, das wusste er jedoch nicht. Ein letzter Kuss für ihre große Liebe. Die Emotionen übermannten sie fast. Trauer umschloss ihr Herz, doch sie wollte es Crassus nicht zeigen, sie wollte ihre Schwäche nicht offenbaren. Und so, bevor er noch etwas sagen konnte wandte Minervina sich ab und war auch schon in einer Sänfte auf dem Weg in die Villa Flavia Felix. Zurückgelassen hatte sie nicht nur diesen Prätorianer, sondern auch ihr Herz.

    Ja, sobald das Gespräch stattgefunden hat. Egal wie es ausgeht... Es brach ihr das Herz. Sie wusste wie es ausgehen würde. Es war Gracchus. GRACCHUS!! Sie war sich sicher Crassus nie wieder zu sehen und wie sollte sie damit leben? Konnte sie damit leben? Würde sie jemals wieder das Glück in ihrem Leben finden wenn sie ihn jetzt verlies? Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Ich werde nun langsam aufbrechen, man erwartet mich in der Villa Flavia. Sie stand auf, schweren Herzens sah sie ihn an, vielleicht in dem Bewusstsein ihn niemals wiederzusehen.

    Immernoch den Kopf geneigt nickte sie. Er hatte Recht, in allen Punkten. Es war ihre Pflicht als Patrizierin diese adelige Linie weiterzuführen und lediglich zweitrangig was sie dachte oder fühlte. Das Einzige was sie für ihre Familie tun konnte war, wenn sie nicht auch den Weg ihrer Schwester einschlagen würde, einen Patrizier zu heiraten und Erben in die Welt zu setzen. Und erst jetzt, nach all den Eriegnissen wurde ihr das klar. Nur war ihr nicht klar wie sie es schaffen würde das Crassus beizubringen. Als Gracchus sie nach ihm fragte hörte sie nur halb zu. Ja Gracchus, natürlich weiss er das... sie sah ihn mit wässrigen Augen an ... denn er liebt mich... Ein tiefer Atemzug, eine kurze Pause, zu kurz um auf eine Reaktion von ihrem Bruder zu hoffen. Erlaube mir nach Ägyptus zu reisen um mich neu zu finden. Wenn ich zurückkehre, werde ich mich meinem Schicksal stellen und einen Aurelier, Tiberier oder Claudier heiraten... jemanden, den du mir aussuchst und für passend befindest. Ich verstehe, dass ich dich entäuscht habe aber ich will alles wieder gut machen. Sie nahm seine Hand. Nie wieder werde ich dich entäuschen...

    Sie blickte ihm in die Augen. Die Wörter die über ihre Lippen kamen mochte sie kaum mehr zu beherrschen, denn die Lüge hatte sie nun schon ganz vereinnahmt. Nein, Gracchus schöpft keinen Verdacht... Sie schüttelte den Kopf, dass die Gestik und Mimik das Gesagte bestätigte. Vielleicht war es wirklich ein Teil ihrer Familie. Schließlich waren ihre Eltern Senatoren, ohne Lügen wären sie wohl nie so weit gekommen. Doch weshalb sie diesen Mann anlog verstand sie nicht. Es war als wäre ein böser Geist in ihr, es war als wäre ein Fluch auf ihr, ein Fluch der zu verhindern versuchte dass ein Plebejer zu den Flaivern gehörte. In Gedanken rang sie mit ich selbst, wollte ihm sagen was ihn erwartete, doch es kam weniger als nur ein Zucken ihres Lides hervor, eine nicht wahrnehmbare Geste... Er hat viel gearbeitet in letzter Zeit, ich denke er hat kaum darüber nachgedacht.

    Ein Grieche also. Minervina lachte auf als er Theben erwähnte. Sie lächelte. Theben wurde in der elften Dynastie schon zur Hauptstatt des Landes erhoben, und das war tausende von Jahren vor Kadmos. Langsam setzte sie sich wieder hin und sah ihn nur mit funkelden Augen an. Nein böse war sie nicht, nur über die Unwissenheit des Jungen entzückt. Kadmos gab es vielleicht, doch die einzige Stadt die von den Griechen in Ägyptus erbaut wurde war Alexandria, der Rest wurde lediglich umbenannt. Minervina hielt entgegen vieler Römer nicht viel von griechischen Sagen und Mythen. Vielleicht lag es daran, dass Ägyptus ihr sehr verbunden war und die Geschichten dieser einfach... anders... waren. Mythen sind wunderbar zum Geschichten erzählen, jedoch spielgen sie die Wahrheit nur bgrenzt wieder, Kadmos.

    Sie neigte beschämt den Kopf denn langsam rann ihr eine Träne über das Gesicht. aber ich liebe ihn doch... flüsterte sie unhörbar, bis ihr Bruder wieder eine kurze Pause einlegte um dann gleich weiter auszuholen. Der Vergleich mit Animus tat ihr weh, denn sie wusste wie sehr sie ihn hasste. Vorwürfe prasselten auf sie herab und sie schluckte es ohne ein Wort zu sagen, ohne ein Murren und ohne einen Atemzug auch nur daran zu denken... Sie nickte zwischendurch. Gracchus wusste garnicht was er alles von ihr verlangte. Sie war gerade mal zwanzig, ihre Eltern hatte sie kaum kennengelernt, eine Amme zog sie groß und Anfang des Jahres wurde sie dann ins kalte Wasser geschmissen. Große Gefühle und tiefe Furcht. Seitdem sie hier war, war ihr Leben nur turbulenter geworden. Wie sehr hatte sie sich ihre Vater hergewunschen, der ihr den Weg gewiesen hätte, seiner kleinen Tochter. Jeder in ihrer Familie hatte einen Platz gefunden, jeder hatte es geschafft Anerkennung zu ernten, nur sie war das schwarze Schaf. Das Kücken, das niemand haben wollte. So fühlte sie sich nun mal. Und auch wenn Gracchus ihr dann trotzdem noch ein Intrigenspiel vorwarf wusste sie, dass er der selbe war. Auch er spinnte ein Netz, vielleicht wusste sie jetzt noch nicht welches, doch das würde sie herausfinden. ...ich habe doch nur dich... Sie strich sich die Haare aus dem Gesicht und wusch mit dem Handrücken eine salzige Träne von er Wange. Ja, vielleicht war sie eine sehr impulsive Frau, aber auch nah am Wasser gebaut. Nachdem du Crassus eingeladen hast, denn das hast du ihm ja versprochen, werde ich wieder zurück nach Ägyptus reisen.

    Minervina sah die beiden Sklaven an. Einen der beiden kante sie vom Sehen, es war Hannibal. Der andere jedoch war ihr völlig fremd. Sie zog genervt ihre Augenbraue hoch was auch ihre Geparde ein wenig nervös machte, die immer an ihrer Seite war. Sklaven mochten zwar unverzichtbar sein, aber dennoch war es ihr nie recht wenn einer der diesen sie ansprach. Viel lieber befehligte sie herum. Nun ja, das war ihr schon von Kindesbeinen an beigebracht worden. Als der Servus Hannibal jedoch Aristides und Geschenk erwähnte besserte sich ihre Laune. Sie winkte Hannibal aus dem Raum. Wie ist dein Name Servus? und deutet auf den Neuen.

    Minervina schreckte auf, denn sie erwartete niemanden. Gedankenverloren hatte sie sich Notizen gemacht, was sie Leontia zurückschreiben wollte. Bitte? Sie legte die Tabula wieder hin, es war nicht oft, dass sie Besuch bekam...

    Sie wiegte den Kopf hin und her. Ein vorsichtiges Herantasten, das hatte sie schon öfters probiert, jedoch war es jedesmal fehlgeschlagen. Doch sie nickte. Obwohl sie es nicht versuchen würde. Sie konnte nicht, sie konnte es auch nicht schaffen nur irgentwie dieses Thema anzuschneiden... Ich werde das Essen ansprechen und Sorge dafür tragen, dass alles optimal verläuft. Dann würde er wohl in kalte Wasser springen müssen...

    Sie konnte seinen Zorn wahrlich spüren. Aber auch Minervina wurde entgegengesetzt ihrer eigenen Meinung nicht traurig sondern selbst auch verärgert. Gracchus war nicht ihr Vater und er hatte keine Macht über sie, rechtlich gesehen, seelisch jedoch schon. Sei ehrlich zu dir selbst Gracchus, du findest es schrecklich, dass ich das getan habe. Du findest es schrecklich und abstoßend, dass ich einem Mann, einem Plebejer, nachgefahren bin. Und du hättest es auch schrecklich gefunden wenn ich es dir damals gesagt hätte. Konziliant? Nein... sie schüttelte den Kopf Nein du bist nicht konziliant. Vielleicht bist du es nach außen hin, aber innerlich zerfrisst es dich, und ärgert es sich, es lässt dich nicht los... Und das wollte ich nicht. Ich wollte einfach nicht... ich wollte es dir nicht sagen um dich selbst zu schützen. Alleine die Zweifel, die dir unser Vater in den Kopf gesetzt hatte bestätigen das, was ich dachte. Als er Crassus ansprach wurde sie langsam wieder ruhiger. Sie wusste dass er recht hatte, sie wusste dass es unrecht war. eine ehe zwischen patrizier und plebejer.... Ich bin eine Patrizierin und du bist mein Bruder. Meinte sie nur seicht. Denn genau so war es. Vielleicht waren in ihm ständig Zweifel, ständig irgentwelche Gespenster die ihm Selbstzweifel einredeten. Aber so war sie nicht.

    Minervina zuckte mit den Schultern. Sie wusste nur dass derzeit Gracchus irgentetwas belastete. Er war nicht bei sich, er war unkonzentriert, seine Hände schweiss nass, seine Augen suchend nach Flüchen,... Ja wäre es wahrscheinlich. Schließlich hast du mich befreit, Es wäre eine gute Idee. Vielleicht bei einem Essen... Sie sah wieder gedankenverloren an die Decke. Auch sie hatte, wie ihr Bruder derzeit Probleme sich zu konzentrieren, denn auch an ihr nagten die Ereignisse der letzten Wochen und Monaten. Der große Unterschied war jedoch, dass sie bereit war sich helfen zu lassen, zumindest soweit man konnte.

    Eigentlich war es schon sehr herausfordernd als er wieder mit dem Patrizierthema begann. Der ewige Streit, aber nun gut... Er kannte Gracchus nicht und machte sich dennoch ein Bild von ihm. Es war schon wahr, dass er lieber einen Patrizier an ihrer Seite sehen würde als einen Plebejer, aber es gab ja andere Beispiele in anderen patrizischen Gens die das Gegenteil bewiesen. Auf die schnell fiel ihr zwar nur eines ein, aberdas tata nichts zur Sache. Das heisst du wirst es nicht probieren?

    Er verstand nicht. Sieh, niemand wird sich um mich kümmern, wenn ich in Ägyptus bin. Kein Bruder, kein Onkel oder sonst wer wird kommen, denn manche sitzen im Senat und ihnen ist die Einreise verboten, oder sie wollen in den Senat und sind zu bestrebt um nach Alexandria zu kommen. und dann noch einen Mann auszusuchen, wo jeder weiss wie stur eine Tochter der Diva Flavia Nyreti sein kann... glaube mir Liebster, es gibt nur diese eine Möglichkeit, oder... wieder zögerte sie. Befangen vom Gespräch mit Gracchus... sie war seelisch so an ihn gebunden, sie wollte ihn nicht verletzen, er war der letzte an den er sich wenden konnte... ... Gracchus willigt ein. Überredest du ihn werde ich in Rom bleiben, bei dir, für immer... Vielleicht vertand Crassus das mit Ägyptus nicht, aber man bedenke welche Strecke zwischen Rom und Alexandria lag. Selbst wenn sie musste, sie könnte sich ewig in Ägyptus verstecken, denn niemand kannte das Land so wie sie, und niemand hatte dort bessere Kontakte geknüpft wie sie. Wollte sie unverheiratet bleiben so würde das sicher einige Jahre gehen, bis zu dem Zietpunkt, an dem sie Crassus vergessen hatte...