An den Händler
Hageladas
- vertraulich! -
wohnhaft nahe des Wehrturm der Stadt Zeugma am Euphrat
Mein lieber, tapferer Marcus,
nichts könnte mir dieser Tage größere Freude bereiten als eine Nachricht von dir. Ist es nicht wunderbar, dass uns so wenigstens eine eingeschränkte Möglichkeit bleibt, einander zu berichten? So weit reist ein jeder unserer Briefe, durch Regen, Sturm und Sonnenschein, und ich hoffe bei jedem, den ich absende, dass er dir meine Zuneigung gleichsam der Zeilen unverblasst überbringt.
Es freut mich wahrlich zu hören, dass dein Praefectus wohlauf ist. Gewiss wird seine Gemahlin es als großes Glück empfinden, ihn nicht mehr in der Reichweite der Feinde zu wissen, doch wie ich ihn kenne, wird er denjenigen lautstark und unziemlich verflucht haben, der seinen Versetzungsbefehl unterzeichnet haben mag. Doch sag, in Rom geht die Kunde, ein neuer Legat sitze an der Spitze deiner Einheit, das Oberhaupt der Tiberier? Ich dachte zuerst, es handele sich um eine Fehlinformation, doch als die Acta schließlich die Ernennung publik machte... Ist er ein fähiger Führer? Ich habe bisher nur wenig von ihm gehört, doch das, was ich hörte, zeichnet keineswegs ein Bild, bei dessen Betrachtung ich mich für dich freue oder selbst beruhigt bin. Meine einzige Beruhigung sind deine Briefe und die Anwesenheit des Kaisers, über dessen Gesundheitszustand derzeit auch reichlich spekuliert wird. Zu lange scheint eine öffentliche Äußerung seinerseits her, und die Leute reden wahrlich viel. So manches Mal muss ich an mich halten, um ihnen nicht meine Meinung zu sagen, wenn ich in der Stadt unterwegs bin.
Nun, was gibt es sonst Neues zu berichten aus Rom und dem Reich? Stets, wenn ich einen Brief an dich verfasse, merke ich, wie praktisch es doch ist, an der Acta mitzuarbeiten und wirklich jeden Artikel - auch die Uninteressanteren - lesen zu müssen. Auf diese Weise erfährt man weitaus mehr, als wenn man nur dem Gewäsch der Tratschweiber Glauben schenkt oder hier und dort etwas Seriöses aufschnappt. Ich habe deinen Verwandten, Aquilius, leider seit einer ganzen Weile nicht mehr gesehen, doch hört man nichts Schlechtes über ihn, was definitiv für ihn und sein Engagement spricht. Gracchus scheint ebenso emsig zu sein, was er in seiner neuen Position gewiss auch sein muss, zumal die Götter derzeit etwas launisch zu sein scheinen. Neben mir auf einem Tischchen steht indes bereits ein kleiner Korb mit Leckereien für Mars, dessen Tempel ich besuchen werde, nachdem ich diese Zeilen beim Cursus Publicus abgegeben habe.
Leider gibt es auch nicht so Gutes zu berichten. Die Saturnalien begannen bedauerlicherweise mit einem Fiasko. Deine Familie hatte der unseren eine Einladung zukommen lassen. Gern wollte ich teilnehmen, doch mein Vater hütet das Bett mit einer schlimmen Erkältung, und allein durfte ich nicht gehen. Alle anderen durften deine Familie besuchen, ich sah sie das Haus verlassen. Es gab daraufhin ein arges Zerwürfnis, und doch musste ich kleinbei geben und darf ihm nicht widersprechen. Seitdem redet er nicht ein Wort mit mir und geht mir aus dem Weg. Was das für meine Pläne bedeutet, Ägypten zu bereisen, kannst du dir sicher denken. Manchmal glaube ich, er will mir nur seine Macht demonstrieren, nun, da meine Stiefmutter ihrer Gesundheit wegen wieder zurück nach Baiae gereist ist und er niemanden mehr hat, mit dem er streiten kann. Es ist grässlich, so mit ihm in einem Haus zu leben, in dem sonst nichts weiter passiert und aus dem alle flüchten, sobald sich die erste Gelegenheit bietet. Es fehlt mir an Abwechslung, und es fehlt mir auch an Gesprächspartnern, denn meine Stiefschwester scheint alles gutzuheißen, was Vater beschließt. Sofern sie einmal einen wachen Moment hat, heißt das, denn seit ihre Verlobung gelöst wurde, ist sie oft lethargisch und nicht ansprechbar. Ach Marcus, wärest du nur schon zurück!
Doch nun schließe ich besser. Wie beim letzten Brief auch, lege ich diesem die letzten Exemplare der Acta bei, sowie ein kleines Saturnaliengeschenk für dich. Versprich mir bitte, dass du es nur nutzen wirst, wenn kein allzu nahes Aufeinandertreffen mit den Parthern in Aussicht ist. Ich selbst wünsche mir nichts, nur dass du gesund und heil - und bald! - heimkehrst, damit ich dich in die Arme schließen kann, mein tapferer, mutiger Marcus. Mögen die Götter auf dich achten und unseren Legionen einen baldigen Sieg ermöglichen.
In Liebe,
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Roma, am fünfzehnten Tag der Kalenden des Februar im Jahre DCCCLVIII
Dem Brief liegt ein kleines Holzkästchen bei, in dem sich eine Opiumpfeife samt etwas Opiumvorrat in einem Lederbeutelchen befindet.
Bitte von der Wertkarte der Claudia abbuchen.