Beiträge von Flavia Epicharis


    An den Händler
    Hageladas
    - vertraulich! -
    wohnhaft nahe des Wehrturm der Stadt Zeugma am Euphrat



    Mein lieber, tapferer Marcus,


    nichts könnte mir dieser Tage größere Freude bereiten als eine Nachricht von dir. Ist es nicht wunderbar, dass uns so wenigstens eine eingeschränkte Möglichkeit bleibt, einander zu berichten? So weit reist ein jeder unserer Briefe, durch Regen, Sturm und Sonnenschein, und ich hoffe bei jedem, den ich absende, dass er dir meine Zuneigung gleichsam der Zeilen unverblasst überbringt.


    Es freut mich wahrlich zu hören, dass dein Praefectus wohlauf ist. Gewiss wird seine Gemahlin es als großes Glück empfinden, ihn nicht mehr in der Reichweite der Feinde zu wissen, doch wie ich ihn kenne, wird er denjenigen lautstark und unziemlich verflucht haben, der seinen Versetzungsbefehl unterzeichnet haben mag. Doch sag, in Rom geht die Kunde, ein neuer Legat sitze an der Spitze deiner Einheit, das Oberhaupt der Tiberier? Ich dachte zuerst, es handele sich um eine Fehlinformation, doch als die Acta schließlich die Ernennung publik machte... Ist er ein fähiger Führer? Ich habe bisher nur wenig von ihm gehört, doch das, was ich hörte, zeichnet keineswegs ein Bild, bei dessen Betrachtung ich mich für dich freue oder selbst beruhigt bin. Meine einzige Beruhigung sind deine Briefe und die Anwesenheit des Kaisers, über dessen Gesundheitszustand derzeit auch reichlich spekuliert wird. Zu lange scheint eine öffentliche Äußerung seinerseits her, und die Leute reden wahrlich viel. So manches Mal muss ich an mich halten, um ihnen nicht meine Meinung zu sagen, wenn ich in der Stadt unterwegs bin.


    Nun, was gibt es sonst Neues zu berichten aus Rom und dem Reich? Stets, wenn ich einen Brief an dich verfasse, merke ich, wie praktisch es doch ist, an der Acta mitzuarbeiten und wirklich jeden Artikel - auch die Uninteressanteren - lesen zu müssen. Auf diese Weise erfährt man weitaus mehr, als wenn man nur dem Gewäsch der Tratschweiber Glauben schenkt oder hier und dort etwas Seriöses aufschnappt. Ich habe deinen Verwandten, Aquilius, leider seit einer ganzen Weile nicht mehr gesehen, doch hört man nichts Schlechtes über ihn, was definitiv für ihn und sein Engagement spricht. Gracchus scheint ebenso emsig zu sein, was er in seiner neuen Position gewiss auch sein muss, zumal die Götter derzeit etwas launisch zu sein scheinen. Neben mir auf einem Tischchen steht indes bereits ein kleiner Korb mit Leckereien für Mars, dessen Tempel ich besuchen werde, nachdem ich diese Zeilen beim Cursus Publicus abgegeben habe.


    Leider gibt es auch nicht so Gutes zu berichten. Die Saturnalien begannen bedauerlicherweise mit einem Fiasko. Deine Familie hatte der unseren eine Einladung zukommen lassen. Gern wollte ich teilnehmen, doch mein Vater hütet das Bett mit einer schlimmen Erkältung, und allein durfte ich nicht gehen. Alle anderen durften deine Familie besuchen, ich sah sie das Haus verlassen. Es gab daraufhin ein arges Zerwürfnis, und doch musste ich kleinbei geben und darf ihm nicht widersprechen. Seitdem redet er nicht ein Wort mit mir und geht mir aus dem Weg. Was das für meine Pläne bedeutet, Ägypten zu bereisen, kannst du dir sicher denken. Manchmal glaube ich, er will mir nur seine Macht demonstrieren, nun, da meine Stiefmutter ihrer Gesundheit wegen wieder zurück nach Baiae gereist ist und er niemanden mehr hat, mit dem er streiten kann. Es ist grässlich, so mit ihm in einem Haus zu leben, in dem sonst nichts weiter passiert und aus dem alle flüchten, sobald sich die erste Gelegenheit bietet. Es fehlt mir an Abwechslung, und es fehlt mir auch an Gesprächspartnern, denn meine Stiefschwester scheint alles gutzuheißen, was Vater beschließt. Sofern sie einmal einen wachen Moment hat, heißt das, denn seit ihre Verlobung gelöst wurde, ist sie oft lethargisch und nicht ansprechbar. Ach Marcus, wärest du nur schon zurück!


    Doch nun schließe ich besser. Wie beim letzten Brief auch, lege ich diesem die letzten Exemplare der Acta bei, sowie ein kleines Saturnaliengeschenk für dich. Versprich mir bitte, dass du es nur nutzen wirst, wenn kein allzu nahes Aufeinandertreffen mit den Parthern in Aussicht ist. Ich selbst wünsche mir nichts, nur dass du gesund und heil - und bald! - heimkehrst, damit ich dich in die Arme schließen kann, mein tapferer, mutiger Marcus. Mögen die Götter auf dich achten und unseren Legionen einen baldigen Sieg ermöglichen.


    In Liebe,


    [Blockierte Grafik: http://img160.imageshack.us/img160/5098/unterschriftepicharissouj4.gif]



    Roma, am fünfzehnten Tag der Kalenden des Februar im Jahre DCCCLVIII


    Sim-Off:

    Dem Brief liegt ein kleines Holzkästchen bei, in dem sich eine Opiumpfeife samt etwas Opiumvorrat in einem Lederbeutelchen befindet.




    Sim-Off:

    Bitte von der Wertkarte der Claudia abbuchen.

    Zitat

    Original von Artoria Medeia
    "Wir sind auf jeden Fall noch nicht zu spät. Du kennst Senator Germanicus Avarus? Das ist der groß gewachsene Mann neben unserer kleinen Auctrix. Ein sehr engagierter Mann, auch was die Schola angeht. Und der andere Mann neben Lucilla ist ihr Bruder, Senator Decimus Meridius. Er ist nicht nur vom äußeren sehr ansprechend, sondern ein ausgesprochen höflicher Mann.“
    "Und der letzte dort muss auch ein Decimer sein. Ich entsinne mich an ihn noch von der Hochzeit von Aemilia, glaube ich. Decimus Mattiacus, wenn ich mich nicht irre. Er scheint mir doch ein wagemutiger Mann zu sein. Ich habe gehört, er hätte das wilde Germania bereist.“ Ganz wie selbstverständlich hatte Medeia all die wichtigsten Anwesenden der jungen Epicharis erläutert. Sie wandte den Blick von den Männern und der Frau ab. "Oh, ich hoffe, ich habe jetzt nicht Unsinn geredet. Aber ich dachte, vielleicht sind sie Dir noch nicht bekannt.“ Medeia lächelte ein wenig entschuldigend. "Aber begrüßen wir doch lieber unsere Auctrix, ehe ich anfange, alte und vor Jahren passierte Geschichten zu erzählen, die Dich sowieso nur langweilen würden.“ Dass ihr das durchaus passieren konnte, war nicht abwegig. Ein über sich amüsiertes Schmunzeln trat auf ihre Lippen.[/COLOR]


    Aufmerksam hörte sich Epicharis an, was Medeia zu sagen hatte. EIn bisschen erinnerte sie die Artorierin plötzlich an Lucilla, denn die redete auch fortwährend und noch mehr, wenn sie aufgeregt war, aber schließlich hatte Medeia ja auch Recht mit dem, was sie sagte, und zudem war Epicharis etwas froh darüber, zum einen nicht wirklich allein hergekommen zu sein, und zum anderen war es ganz praktisch, im Vorfeld zu wissen, wer sich ebenfalls hier aufhielt. So folgte ihr Blick den Gesten und Erklärungen, schwenkte von Decimus Meridius, den sie ja bereits kannte, zu Decimus Marttiacus und schließlich baldigen Angetrauten der Auctrix, wo er einen Moment länger haftete. Also, für sie wäre er allein vom Aussehen her nichts gewesen. Avarus sah älter aus als Aristides und hatte genau die große, hässliche Nase, die Flavius Serenus den claudischen Frauen so gern nachsagte. Neben Lucilla wirkte er natürlich groß, aber das war bei ihrer Größe auch nicht schwer. Und versteckte er nicht einen kleinen Bierbauch unter dem Festgewand? Nein, Epicharis fand, dass Aristides bei weitem hübscher war. Wenn er auch vielleicht gleichalt oder älter war als der Germanicus. "Du langweilst mich nicht", entgegnete Epicharis postwendend auf Medeias Frage hin. "Mir scheint, in deiner Begleitung ist man stets aufs Beste informiert." Die Claudia schmunzelte kurz und folgte Medeia natürlich zum Bratpaar. Höflich ließ sie der älteren den Vortritt beim Gratulieren und musterte dabei Lucilla eingehend und möglichst unauffällig. Manchmal glaubte Epicharis zu erkennen, wie ein aufgeregtes Schaudern über ihr Gesicht lief, aber das konnte natürlich auch Aufregung sein. Und dann war sie an der Reihe.


    Zitat

    Original von Decima Lucilla
    Epicharis, die Lectrix der Acta Diurna, ist auch schon da, fast scheint es, als wäre sie mit Medeia angekommen. Da Lucilla nicht weiß, ob sie schon mit Avarus bekannt ist, oder umgekehrt, fängt sie einfach nochmal mit der Vorstellerei an.
    "Und salve, Epicharis. Auch über dein Kommen freue ich mich, auch ohne lange Anreise." Lucilla lächelt breit und ehrlich. "Kennst du meinen Verlobten denn schon?" Da es unschwer zu erkennen ist, welcher der Herren der Bräutigam ist, spart sich Lucilla die Benennung und fügt nur die umgekehrte Richtung an. "Medicus, das ist Claudia Epicharis, die Lectrix der Acta Diurna. Sie ist sozusagen die Person, die dafür sorgt, dass unser Geschriebenes immer perfekt aussieht. Fehler, die beim Leser ankommen, sind dann höchstens noch durch die Abschriften möglich."


    "Liebe Lucilla, hab herzlichen Dank für deine unerwartete Einladung", bedankte sich Epicharis und konnte sich doch glatt nicht verkneifen, das "Unerwartet" mit einzubringen. Schließlich galt die unendliche Verlobung zwischen Lucilla und Avarus schon fast als Legende. Naja, zumindest als Geschichte, die man kleinen Mädchen vor dem Einschlafen erzählte. Epicharis musste unwillkürlich kurz grinsen. Und sie lebten glücklich, zufrieden, und vor allem verlobt bis ans Ende ihrer Tage.... Das Geschenk würde es erst am nächsten Tag geben, aber einer der Sklaven hatte es hoffentlich sicher ins Haus gebracht und irgendwo verstaut, wo nichts kaputt gehen konnte. "Welch schöner Stoff", fügte sie an und fühlte ganz kurz den Ärmel des roten Gewandes, das Lucilla trug. Sie musste nach dem Händler fragen und sich dort umsehen, wenn ihre eigene Hochzeit bevorstand....


    Das Vorstellungsprozedere kannte Epicharis ja bereits, denn im Grunde wurde sie den meisten als Lectrix vorgestellt. Aber das verborgene Kompliment konnte sie nicht so stehen lassen. "Ach nein, ich finde selten alle Fehler", sagte sie daher und winkte ab. Strahlend war das Lächeln jedoch dann, als Lucilla ihr den baldigen Gemahl vorstellte. "Senator Germanicus, es freut mich, dich kennenzulernen. Und natürlich wünsche ich euch beiden nur das Beste." Und ganz viele Kinder, aber das sagte Epicharis natürlich nicht laut. Sie konnte sich gut vorstellen, dass die Mädchen alle wie Lucilla werden würden, und was Avarus dann auf Dauer gesehen am dringlichsten brauchen würde, wäreb vermutlich Ohrenstöpsel. :D

    Freilich trug die Freude in ihrem Herzen ihren Teil dazu bei, dass sie Gracchus' seltsame verblüffung schlichtweg nicht weiter zur Kenntnis nahm, obwohl sie ihm durchaus ansah, dass irgend etwas ihn gänzlich einnahm, ihn gar faszinierte. Etwas in ihr beharrte zwar auf der Meinung, eine Patrizierin in ihrem Alter habe sich anders zu verhalten als das bei Epicharis eben der Fall gewesen war, aber Epicharis wischte das einfach fort und ergriff mit glänzenden Augen die Arme des perplexen Flaviers, um die Hände von seinem Rücken zu fischen und nun gleichsam seine Hände zu ergreifen. Sie konnte nicht nachvollziehen, was den sonst als rege bekannten Gedankenfluss des Gracchus gerade so zu hemmen schien. Sie strahlte ihn einfach nur an und fand sein Gebaren in höchsten Maße amüsant, auch wenn sie zugleich wünschte, er würde endlich etwas sagen. Das tat er dann schließlich, auch wenn es vorerst bei einer langgezogenen und irgendwie eigenartig klingenden Begrüßung blieb, die Epicharis dazu veranlasste, ein unangebrachtes Kichern zu ünterdrücken.


    Die Claudierin konnte förmlich sehen, wie allmählich der Sinn in seine Worte tropfte und er die Fassung wieder gewann, die er scheinends verloren hatte. War sie daran schuld? Noch während sie sich dies fragte, rückte Gracchus mit der Information raus, wegen der er wohl hergekommen war. Epicharis hing an seinen Lippen, welche die Worte so unerträglich langsam formten und beständig stockten, wenn auch nur für einen flüchtigen Moment. Der Freudenvulkan in ihrem Inneren gewann neuerlich an Kraft, bis sich schließlich eine erneute Eruption anbahnte. Gracchus' Pech war, dass Epicharis seine Hände inzwischen herbeigeangelt hatte - denn so würden zumindest die Arme mitschlackern, wenn er sich schon nicht ganz gehen lassen würde: Epicharis jauchzte und tanzte mit Gracchus' Händen in festem Griff einfach um den Flavier herum, das Gesicht in kindlicher Freude strahlend. Wie schön es war, wenn man sich über etwas so freuen konnte!


    Dass Gracchus verwirrt war, war selbst Epicharis nicht eintgangen, obwohl sie sich doch ganz dem Überschwang an Energie hingab, die Gracchus ihr mit seinem Erscheinen und der vermeintlichen neuen, guten Nachricht beschert hatte. Sie empfand Gefühle als ganz und gar nicht blamabel, wenn man sie zuließ. Freilich gehörte es sich nicht in der Öffentlichkeit, aber sie waren hier zu Hause und bis auf eine Handvoll Sklaven sogar allein im Atrium, wen also kümmerte es schon, wenn sie hier mit ihrem zukünftigen Verwandten dritten Grades tanzte und sich an der Fröhlichkeit labte?


    Etwas fehl am Platze entgegnete sie, als sie zu einem Halt gekommen waren: "Aber das macht doch nichts! Ach, ich freue mich so...." Und das war nicht zu übersehen. "Unser Opfer an Mars hat ihn gewiss dazu bewogen, seine Aufmerksamkeit wieder auf Marcus zu richten. Hat er dir näheres geschrieben? Leider musste er sich in seinem Brief an mich kurz fassen, es wird wohl sehr viel zensiert und diese parthischen Barbaren machen auch vor Privatpost nicht Halt, wenn es um Informationsbeschaffung geht", sagte sie. "Möchtest du etwas trinken? Setzen wir uns doch", fügte sie beinahe nahtlos an und lächelte Gracchus zu.

    Sie hatte notgedrungen auf die erlabte Begleitung verzichtet und war allein gekommen, nur mit ein paar Sklaven im Gefolge. Eigentlich hatte Epicharis ja Deandra mitnehmen wollen, denn sie hatte das Gefühl, dass gerade Ablenkung ihr ganz gut tun würde, doch ihre ältere Schwester hatte sich weder überzeugen noch überreden lassen. Dennoch hatte Epicharis ihr gesagt, dass sie gern noch nachkommen konnte, sollte sie es sich anders überlegen.


    Als Epicharis der Sänfte entstiegen war, gewahrte sie eine bekannte Gestalt mit roten Locken, die sich gerade an der Porta befand. Konnte es sein? Sie beschleinigte ihren Schritt, und während einer der Sklaven sich bereits mit dem Ianitor befasste, wandte sich die Claudierin der allzu bekannten Person zu. "Medeia! Ach, das ist aber eine Überraschung, wie schön, dass du auch hier bist!" rief Epicharis aus und umarmte die ältere Frau kurz. Epicharis hatte die Worte des Ianitors an Medeia ebenfalls gehört und schickte ihre Sklaven mit einem Wink zu diesem Eingang um die Ecke. Alsdann folgte sie dem den Weg weisenden Sklaven ins Haus hinein. "Aufregend, nicht? Nach einer halben Ewigkeit heiraten die zwei mal", sagte sie zu Medeia, als sie die Mäntel abgaben.

    Zitat

    Original von Quintus Matinius Valens
    "Hallo, so schriebe ich.", sagte er.


    Wobei das genau genommen ja sogar falsch ist. :D
    "Hallo, so schreibe ich", sagte er. So wär das richtig, also ohne Punkt vor dem Satzende und dem Komma.


    Huk, die Lectrix hat gesprochen. :D

    Also, normale wörtliche Rede sollte irgendwie abgehoben werden. Bei Lucilla habe ich selbst beispielsweise immer Probleme, wenn ich den Text nur überfliege. Dann "muss" ich ihn entweder ganz oder gar nicht lesen, weil sie ja nur die Anführungszeichen setzt. Die Farbe, mit der ich bei Epicharis Gesprochenes schreibe, habe ich genommen, weil sie mir gefällt. Ich hätte genausogut kursiv oder fett schreiben können. Man muss doch immer relativieren. Wenn eine ID sonst das Gesagte nur fett schreibt und schreien will, dann muss sie eben die Schrift vergrößern oder alles in Großbuchstaben tippen. Jemand, der sonst nur normal (und bunt) schreibt, braucht nur fett markieren und hat dann sogar noch die Option, das Geschrei noch drastischer zu gestalten, indem man Großbuchstaben und/oder größere Schrift verwendet.


    Ich sehe niemanden als Schreihals an, nur weil er von vorn herein Gesagtes fett schreibt. Und ich würde auch nicht behaupten, dass die Wahl der Formatirung immer auf den Charakter der ID hindeutet. :)

    Der überrascht-fragende Ausdruck entging Epicharis keineswegs. Ob er sich wohl belästigt fühlte? Epicharis fand nicht, dass die Prüfung sehr schwer gewesen war, sie hatte sich im Vorfeld aber auch recht gut vorbereitet. Kurz darauf wusste sie auch, wen sie vor sich hatte - einen Aurelier. Epicharis lächelte wissend. "Du bist mit Aurelius Corvinus verwandt", entgegnete sie leicht fragenden Untertons, denn den Vigintivir kannte sie durchaus, war er doch einerseits der derzeitige Erbschaftsguru und zudem der Verlobte ihrer Adoptivschwester Deandra....


    ...der es derzeit ziemlich schlecht ging aufgrund seines Verhaltens. Aber Epicharis hatte nicht das Recht, sich einzumischen, und außerdem hatte Ursus auch gar nichts mit dem Verhältnis zwischen Corvinus und Deandra zu tun, falls da überhaupt noch eines war, denn sicher war sich Epicharis da nicht. Deandra wohnte auf eigenen Wunsch in Ostia, ließ sich kaum mehr in Rom sehen und gesprochen hatten sie auch nicht mehr als ein paar flüchtige Worte miteinander seit diesem Zwischenfall. Epicharis bedauerte dies sehr. Sie mochte Deandra und wollte ihr helfen oder sie zumindest trösten, doch da sie offiziell rein gar nichts von diesem Desaster wusste, war es schwer. Ihr spärliches Wissen belief sich nämlich in erster Linie auf die Mundpropaganda zweier claudischer Sklavinnen.


    "Ich?" fragte sie überrascht, als Ursus vom Dienst an den Göttern sprach. "Hm, nein." Ihr Vater würde dies nicht gutheißen, das wusste sie. Obwohl Epicharis schon das ein oder andere Mal darüber nachgedacht hatte, ihr Leben noch ein Stück sinnvoller zu gestalten. "Ich habe die Prüfung erst einmal nur zur Weiterbildung abgelegt", erklärte sie daher. "Ein ungebrauchter Geist rostet schnell ein. Die Arbeit an der Acta Diurna ist zwar durchaus auch fordernd - ich bin die Lectrix - aber Bildung schadet nie. Und wer weiß, vielleicht wird mir diese Probatio eines Tages wirklich noch von Nutzen sein." Epicharis schmunzelte. "Und wie steht es mit dir? Widmest du dich den Göttern oder folgst du dem Weg, den dein Verwandter mit seinem Engagement vorzeichnet?" fragte sie ihn und steuerte nun auf eine Sitzbank im Atrium des Gebäudes zu. Graziös ließ sie sich nieder, der sie begleitende Sklave nahm mit vor der Brust verschränkten Armen hinter ihr Aufstellung. Epicharis konnte ja nicht wissen, dass das Verhältnis zwischen Ursus und Corvinus nicht gerade eines der besten war.

    Mit geröteten Wangen verließ Epicharis den Prüfungsraum, nachdem sie ihre Wachstafeln zurückgegeben hatte. Während der Prüfung hatte sie ein junger Mann zugegebenermaßen etwas verunsichert. Er hatte neben ihr gesessen, und Epicharis hatte das Gefühl gehabt, dass er immer dann gerade aufsah, wenn sie ihren gedankenverlorenen Blick über ihn schweifen ließ. Hoffentlich dachte er nun nicht, sie sei unverfroren oder etwas in der Art. Abgegeben hatte sie kurz nach ihm, und auch verließ sie den Raum nicht kurz hinter ihm. Epicharis legte einen Schritt zu, um den jungen Mann einzuholen, und als sie fast zu ihm aufgeschlossen hatte, räusperte sie sich vernehmlich und sagte alsdann: "Salve! Wie lief die Prüfung denn für dich?"


    Es war immer besser, zuerst zu forschen und sich dann zu verteifigen. Vielleicht hatte er ihre Blicke auch gar nicht gemerkt oder sie anders gedeutet? Vielleicht als das, was sie gewesen waren - nachdenkliche Nebensächlichkeiten? "Die Frage VIII hatte es in sich. Was hast du da hingeschrieben? Ich bin übrigens Epicharis", sagte Epicharis und lächelte. Es tat gut, wieder unter Menschen zu sein und zu reden. Und deswegen konnte sie gerade keiner bremsen. "Ich bin mir nicht ganz sicher gewesen, ob der Flamen Dialis seine Toga Praetexta fortwährend in der Öffentlichkeit trägt oder nur bei Zeremonien...man sieht ihn ja dieser Tage so selten. Warst du auf dem Fest dr Fides Publica? Er sah ganz kränklich aus. Hoffentlich kuriert er sich gut aus. Was er wohl hat?" Sie strichen um eine Ecke herum und hielten auf den Innenhof des Schulgebäudes zu.

    Die leisen Stimmen bekam Epicharis nicht mit, zu sehr war sie mit sich selbst beschäftigt und gab sich ganz des Alps hin, der sie soeben heimgesucht hatte. Doch als Callista auf sie zu kam, verstummte Epicharis schlagartig, wenngleich es ihr auch schwer fiel, von jetzt auf gleich sämtliche Laute des Grams zu unterdrücken. Mit roten, verweinten Augen sah sie der Claudierin entgegen. Zuerst dachte sie, sie träumte noch. Wann hatte sie Calliste zuletzt gesehen? Jahre waren es, und gewachsen war Callista in all der Zeit kaum mehr. Rasch und verschämt wischte Epicharis die Tränen fort, doch die Schultern erzitterten fortwährend unter den Schluchzern. So leicht schüttelte niemand ein solches Empfinden ab, der Körper hatte mitunter seine eigenen Gesetze. Callista wirkte um so vieles erwachsener als Epicharis sich just fühlte. Beklommen knetete sie ihre Hände, unablässig und darauf hinunter starrend. "Nicht vor der Zeit schon sollst du aufgeben....du schuldest deinen Träumen noch das Leben" murmelte sie zu sich selbst und begrüßte Callista nicht einmal richtig. Hatte sie sich nicht geschworen, Aristides nicht tot zu glauben? Wollte sie nicht die Hoffnung schüren wie die Vestalinnen das Feuer?


    Da setzte sich Callista neben Epicharis, und hinfort gewischt wurde alle Contenance bei deren Frage. Erneut brach sie in Tränen aus, riskierte einen kurzen Blick ins Gesicht Callistas und lehnte sich alsdann an die Schulter der entfernt Verwandten. "Marcus", stieß sie schließlich mit tränenerstickter Stimme hervor. Ihr fiel ein, dass Callista gewiss nicht informiert war. "Flavius Aristides, mein Verlobter. Er...die Acta..." Zusammenhanglos stammelte Epicharis, unterbrochen von Schluchzern vor sich hin. Es dauerte, bis sie sich soweit beruhigt hatte, dass sie sich verständlich artikulieren konnte. Während einem Teil von ihr unsäglich peinlich war, sich derart gehen zu lassen, war der größere Teil einfach nur dankbar, dass Callista hier saß und ihr schlicht zuhörte. Es tat so gut, sich jemandem anzuvertrauen! Warum nur hatte Deandra auch unbedingt in dieser Zeit nach Ostia ziehen müssen? "Er ist Soldat. Die Legio Prima, die Legion des Kaisers...in Parthia, Callista. Und die Acta hat..." Erneut schüttelte ein Schluchzer die zarten Schultern. "Es wurde eine Meldeliste veröffentlicht. Er war darunter...unter den Verstorbenen...und ich weiß nicht, was...wie...." Ein tiefes Seufzen beendete den Satz und Epicharis schloss die Augen, sich erneut an Callista lehnend.

    Sim-Off:

    Hm, scheinbar brauchen wir nicht mehr auf Leah zu warten...?



    Das Scheppern der silbernen Platte, der panische Tonfall der Epicharis so vertrauten Stimme ihrer Leibsklavin... dies brachte die junge Frau dazu, ganz allmählich aufzusehen, bis sie Kassandra schließlich mit leerem Blick ansah. Auch, als die Sklavin sie bereits an der Schulter ergriffen hatte und sie aus der Lethargie zu rütteln versuchte, blickte Epicharis sie nur stumm an.


    Während Fiona, eine Sklavin ihres Vaters, Kassandra die Abschrift der Acta Diurna zeigte, sah Epicharis auf die unterschiedlich geformten Steine im Peristyl. Sie fröstelte, obwohl es nicht kalt war. "Unser ganzes Dasein ist flüchtig wie Wolken im Herbst. Geburt und Tod der Wesen erscheinen wie Bewegung im Tanz. Ein Leben gleicht dem Blitz am Himmel, es rauscht vorbei wie ein Sturzbach den Berg hinab...." gleichförmig kamen die Worte über Epicharis' Lippen, den Blick hatte sie in weite Ferne gerichtet, obwohl sie auf den kühlen Stein starrte. Allmählich wandte sie den Kopf und sah die Rothaarige an, neben der auch Kassandra war. "Haben die Götter nicht allen Grund gehabt, stolz zu sein auf einen Mann wie ihn? Einen Patrizier, der seine Männer nicht im Stich lässt und damit riskiert, aufgrund seines Ranges belächelt zu werden? Warum tun sie ihm das an? Warum haben sie ihm das nur angetan?" fragte Epicharis und sah abwechselnd die Sklaven an, die sich in ihrer Nähe befanden.

    Als die Sklavin Epicharis aufgesucht hatte, war diese bester Laune gewesen. Schon immer überschwänglich mit ihren Gefühlen, hatte sie kurzerhand die junge Sklavin hoch erfreut an sich gedrückt, sich einmal übermütig im Kreis gedreht und hatte erst dann das Zimmer verlassen, um den Flavier im Atrium zu begrüßen. Schnell setzte sie ihre Füße voreinander, grazil huschte sie die Treppe hinunter und in den weiten Raum hinein, in dem bereits schon ein paar Kohlebecken glommen, um die morgendliche und die abendliche Kühle zu vertreiben, die zu dieser Jahreszeit in die Häuser einzog. Wohl hatte sie davon gehört, dass Gracchus nicht nur Senator geworden war, sondern auch die Ehre eines Pontifex erhalten hatte. Aber das war, um ehrlich zu sein, für Epicharis in jenem Moment mehr als nebensächlich.


    Wie ein kleiner Wirbelwind huschte sie auf Gracchus zu, das Gesicht freudestrahlend, die Wangen gerötet. Sie ahnte, warum er hier war. Aristides hatte auch ihm geschrieben, ganz gewiss! Als Epicharis den Brief am gestrigen Abend erhalten hatte, war die Villa erfüllt von Lachen gewesen, die junge Claudierin war wie von Sinnen durch die Räume gehüpft, hatte sich Callista ohne Widerrede geschnappt und war mit ihr herumgetanzt, obwohl sie hätte schwören können, dass ihre Verwandte ihr Verhalten alles andere als angemessen empfunden hatte. Doch Epicharis war das gleich gewesen. Sie hatte all ihren Sklaven frei gegeben, zusammen mit Kassandra musiziert und mit Leckereien regelrecht um sich geworfen, so glücklich war ihr Herz. Und so war es auch kein Wunder, dass sie auch heute noch die Freude im Herzen und auf dem Antlitz trug und daher vermutlich nicht so reagierte, wie der Besucher es erwartet hatte...


    ...denn sie begnügte sich nicht damit, einfach auf Gracchus zuzueilen, sondern umarmte ihn auch gleich aufs Herzlichste, ohne überhaupt zuerst ein Wort zu sagen. Ganz fest drückte sie ihn, schnappte dann selbst nach Luft und ließ ihn los, um vor Freude zweimal in kindlicher Manier auf und ab zu hüpfen. Die Hände fasste sie dabei voller Freude zusammen. "Ich wusste es!" stieß sie schließlich atemlos hervor. Sie wollte es Gracchus nicht vorhalten, und doch wollte sie ihm verdeutlichen, dass die Hoffnung manches Mal etwas Gutes barg. "Ich hab es gewusst!" Nun, da sie wieder stillstand, fiel ihr auf, wie unhöflich sie sich verhielt. Sie errötete, was man allerdings den ohnehin schon rötlich angehauchten Wangen nicht ansah, und trat einen Schritt zurück. "Oh, salve..." Sie rettete sich in ein peinlich berührtes Lächeln. "Er hat dir auch geschrieben, nicht wahr?" Zwei funkelnde, rehbraune Augen suchten in Gracchus' Gesicht nach der Bestätigung.

    Kurz nach einem jungen Mann mit dunklem Haar traten auch Epicharis und die sie begleitende Sklavin ein. Einen flüchtigen Moment nur sah sich die Claudierin um, dann folgte sie schlicht dem hochgewachsenen Mann in der Toga zu demjenigen, der vermutlich die Prüfungen abnehmen würde. "Salvete", grüßte auch Epicharis freundlich, dann trat die Sklavin vor. "Dies ist Claudia Epicharis, sie würde gern ebenfalls die Probatio ablegen." Nach einem Besuch in der schulischen Bibliothek hatte Epicharis später noch einen Sklaven vorbeigeschickt, der ihr Abschriften von Themen anfertige, die sie besonders interessierten. Wie jeder Römer, so verfügte auch Epicharis bereits über Grundkenntnisse und teilweise darüber hinausgehendes Wissen, doch Bildung konnte niemals schaden, und deswegen war sie hier.



    Sim-Off:

    Sobald Menecrates wieder online kommt, ist die Gebühr auch entrichtet. :)

    Sim-Off:

    Wollen wir die Opferung noch ausspielen oder findest du das weniger sinnvoll? :)


    "Natürlich ist sie das", entgegnete Epicharis beinahe sanft auf Gracchus Hinweis, einem jeden Römer läge die Religio im Blut. Die Sorge um Aristides überwog nun bei weitem die Gedanken an das, was dieser Acta-Artikel suggerierte. Nicht einmal kam ihr in den Sinn, Gracchus würde tief in seinem Inneren wirklich zweifeln daran, dass sein Verwandter dem Leben entrissen worden war. Spürte er denn nicht, dass dem nicht so sein konnte? Epicharis ward, als würden die Geister der Ahnen, die Allwissenden, die sie überall umgaben, beständig das Haupt schütteln. War es Gracchus verborgen, obgleich er ein Priester des Göttervaters gewesen war? Doch da, er lächelte, wenn auch nur schwach. Epicharis hoffte, der Keim der Hoffnung würde in ihm aufgehen.


    "Nicht mir soll das Opfer gefallen", rief sie Gracchus ins Gedächtnis. Schließlich war Mars derjenige, der das Opfer genießen sollte. "Ich denke, einem Opfer an eurem Altar wird Mars ebenso viel Aufmerksamkeit zollen, wie einem in seinem Haus. Schließlich hat er ganz bestimmt sein Augenmerk schon hierher gerichtet, ist doch Marcus einer seiner Soldaten. Und ich weiß, dass er den Göttern treu ist", erzählte Epicharis und nickte bestimmt. Im Grunde hatte sie Aristides dazu nicht einmal befragt und auch sonst war seine Haltung den Göttern gegenüber niemals zur Sprache gekommen, doch konnte sich die fromme Epicharis nicht vorstellen, dass ausgerechnet ein Soldat die Götter vernachlässigte.

    Zitat

    Original von Flavia Minervina
    bitte um verständnis, wenn meine antwort mal eine woche auf sich warten lässt.


    Mir geht es ähnlich, hinzu kommt noch eine leidige Unkreativitätsphase.
    Ich bemühe mich aber, bald etwas auf die Reihe zu bekommen.
    :)

    Unvermeidlich. Wahrheit. Tatsache. Ausgeschlossen, Tod und Erkenntnis. Epicharis wollte diese Worte allesamt nicht hören, drängte Gracchus sie damit doch dazu, die Nachricht als unwiderruflich anzunehmen, und dies entsprach ganz sicher nicht dem, was sie wollte oder auch zu tun gedachte. Epicharis blickte bestürzt zu Gracchus auf, als er sie so förmlich ansprach, ehe er sich korrigierte. Sein Verhalten schien seinen Worten von eben zu widersprechen und stellte die Distanz wieder her, die sie ob der gemeinsamen Betroffenheit so flugs überwunden hatten. Epicharis hielt die Luft an, denn so waren Gracchus' Worte besser erträglich. Sie wollte sie nicht gleichsam mit der Luft einsaugen, damit sie sich nicht einnisten und ihren winzigen Hoffnungsschimmer sverderben konnten. Aus großen Augen sah die Claudia Gracchus an und begann beim Ende seiner Worte, abwehrend den Kopf zu schütteln. Sie wusste natürlich schon ihres Vaters wegen um die Beschaffenheit der Heeresorganisation, verdrängte dieses Wissen aber recht nachdrücklich und mit Erfolg. Gracchus kramte es mit seinen Worten wieder hervor. "Aber niemand ist frei von Fehlern, Gracchus!" prononcierte sie daher leise und schwieg neuerlich einen Moment, in welchem Gracchus Zeit fand, um weiterzusprechen. "Nein", erwiderte Epicharis bestimmt. "Das Leben ist nicht hart und unbarmherzig, Gracchus. Es mag dem Protagonisten zwar bisweilen so erscheinen und vermag auch großen Schmerz auszulösen, aber was ist mit all dein angenehmen Dingen des Lebens? Denke nur an die wärmenden Sonnenstrahlen an einem verträumten Sommertag, einen schmeichelnden Windhauch! Was ist mit dem Gefühl, gebraucht zu werden, mit empfundenem Stolz oder der Liebe? Es gibt so vieles, was das Leben lebenswert macht, nicht unbarmherzig und hart. Man muss die Dinge nur bewusst wahrnehmen und darf nicht in Lethargie verfallen, Gracchus!" Epicharis redete voller Elan. Fast konnte man meinen, Schmerz und Trauer über diese ungeheuerliche Nachricht seien verflogen, doch der bittere Zug um die hoffend lächelnden Lippen verschwand ebenso wenig wie die Augen zu lachen begannen, denn sie zierte immer noch die Trauer. Das Gefühl der Melancholie ergriff Epicharis. Sie betrachtete die Gesichtszüge des Flaviers, befand, dass er schon länger in Lethargie verfallen und daher ohne Hoffnung auf ein gutes Ende war. Und dennoch war genau jenes Spiel, welches Epicharis zu spielen gedachte - nämlich sich der Hoffnung aufzuopfern - gerade deswegen gefährlich, weil die Lethargie nur umso schwerer auf sie hernieder sinken würde, stellte sich heraus, dass es doch Gracchus war, der mit seinen Worten im Recht war.


    Epicharis schiweg, in Gedanken versunken. Doch von ihrem Standpunkt wollte sie nicht weichen, gleich wie viel Kraft es sie kosten mochte. Sie mochte Gracchus, einen Mann von Ehre - zumindest diesen Eindruck hatte sie gewonnen - und weil sie ihn mochte, bot sie das letzte Quentchen Kraft auf, um zumindest zu versuchen, ihn aus dieser trübsinnigen Tristesse zu fischen, soweit es ging. Was war ein Mensch schon ohne Hoffnung? Er war verloren. "Aber du hast Recht, Gracchus, wie du vom Glauben sprichst. Ein Gebet erfrischt die Hoffnung des Herzens. Sind Glaube, Hoffnung und Liebe nicht die stärksten Tugenden, die ein Römer je in seinem Herzen tragen kann?" fragte sie Gracchus und lächelte ihn so zuversichtlich an, wie es ihr möglich war, auch wenn es nicht viel war. "Warst du nicht einst Priester, Gracchus? Würdest du Mars mit mir ein Opfer darbringen, jetzt gleich?"


    Eilbrief!


    An
    Camillus Matinius Plautius
    Feldlager der Legio I
    Parthia



    Matinius Plautius,


    ich weiß nicht, an wen ich mich sonst wenden könnte außer dir, um Gewissheit über eine sehr ernste Angelegenheit zu erlangen. Ich will mich auch gar nicht lange zurückhalten mit meiner Frage, und stelle sie dir daher ohne Umschweife: Lebt mein Verlobter, lebt Flavius Aristides?


    In der letzten Acta erschien eine Liste der Gefallenen, sein Name fand sich unter zahlreichen anderen. Seine Familie ist erschüttert, ich selbst will es nicht wahrhaben, kann es nicht glauben. Ich bitte dich, sende mir schnellstmöglich eine Rückmeldung! Ich will dafür beten, dass es ein Irrtum ist, wie ich dafür beten will, dass die Zahl der Todesopfer und Verletzten in diesem grausamen Krieg gering bleibt.


    Noch ist die Hoffnung nicht erloschen.
    In tiefer Dankbarkeit,


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    Rom, ANTE DIEM III KAL OCT DCCCLVII A.U.C. (29.9.2007/104 n.Chr.)

    Zitat

    Original von Lucius Flavius Serenus
    Die Gens Claudia wird geächtet und aus der Geschichte des römischen Imperiums gelöscht, was nur die Schuld von Claudia Epicharis ist. Die hätte sich als Verlobte halt nicht zwischen mich und Papa drängen sollen.


    Du kleines, mieses Würstchen. :D
    Dir gehört mal der Hintern versohlt! 8)

    Verständnislos sah Epicharis bei Leahs Frage auf. Jemanden holen? Wen denn? Und warum? Durch einen Tränenschleier hindurch betrachtete Epicharis Leahs Antlitz. Sie wirkte besorgt, dabei ging es ihr doch gut. Um wen sie sich Sorgen machen sollte, war Aristides. Erneut schluchzte Epicharis bei dem Gedanken an seine weichen Lippen und die kräftigen Arme, die sie hoch oben auf dem windumwehten Turm gespürt hatte. Sie schüttelte kläglich den Kopf und barg das Gesicht in den Händen, um einer neuerlichen Tränenkaskade freien Lauf zu lassen. Eine Antwort bekam Leah ebensowenig wie Kassandra, die nur wenig später herbeieilte. Auch dass Leah die Acta Diurna aufhob und las, bemerkte die Claudierin nicht, hatte sie doch ihr Gesicht verhüllt, obgleich sie sich nicht schämte.


    Erst gestern hatte er um ihre Hand angehalten, wie ein wahrer Held - ihr Held, der nun im Kampf gegen die feigen Parther gefallen sein sollte? Sicherlich hatten sie ihm eine Falle gestellt, gewiss waren sie mit ganzen Hundertschaften über ihn hergefallen, um ihn zu überwältigen... Epicharis konnte nicht aufhören, solche Dinge zu denken. Vor ihrem inneren Auge lief ein schauerlicher Film ab, an deren Ende Aristides gewürgt, erstochen, verblutet, entstellt, geviertelt und verbrannt endete, und das schnürte ihr die Kehle nur noch weiter zu. Schließlich riss sie die Augen auf, und ungeachtet des schönen Pfaues starrte sie zunächst Leah und dann Kassandra voller Entsetzen an, doch der Blick ging durch beide hindurch. "Nein", flüsterte sie benommen.

    Weder war es Derangement noch Amentia, unter der Epicharis litt. Mit ihren neunzehn Lenzen war sie auch bereits aus der Phase der weiblichen Irritationen hinausgewachsen, doch Gracchus wusste gewiss nicht, wie alt Epicharis letztendlich war. Was er wusste, war was er sah: Eine weinende, aufgelöste junge Frau. Dies kombinierte er mit seinem Wissen über die äußeren Umstände, namentlich der Verbindung zwischen Epicharis und Aristides, und seiner persönlichen Annahme, dass aus einer zwanglosen Beziehung zweier Menschen durchaus etwas erwachsen konnte - bei den einen früher, bei den anderen später und bei manchen auch gar nicht. Von dieser Warte aus gesehen, war es nur logisch, was Gracchus dachte, auch wenn die Claudierin ganz anders argumentiert hätte. Aus Epicharis' Sicht hingegen war alles normal. Gracchus verhielt sich nicht seltsam oder gar kurios, sondern wie ein Verwandter, der sich in dieser Situation eben ganz normal verhielt. Hätte Epicharis Gracchus' Gedanken lesen können, wäre hier vermutlich der erste Protest samt Erklärung ihrerseits gefallen, doch da sie kein Orakel war, hatte Gracchus vorerst Glück.


    Während Gracchus sich zierte, Epicharis' aufrichtig gemeinte Worte für sich anzunehmen, schüttelte sie bereits sanft den Kopf und senkte den Blick, als er davon sprach, dass sie ein Teil der Familie sei. Die hilflose Geste, die diese Worte untermalte, fasste sie nur teilweise als solche auf, denn für sie bedeutete das Ausbreiten der Arme gleichsam eine Art Zugehörigkeit für diese Villa. Bestätigend nickte sie sodann, als er ihre Worte des Tatendrangs wiederholte. "Ja, das müssen wir. Es ist unsere Pflicht", bestätigte sie sogleich und meinte damit etwas vollkommen anderes als Gracchus. Während er Aristides vor seinem geistigen Auge bereits als kleines Paket vor sich sah, weigerte sich alles in Epicharis, daran auch nur für den Bruchteil einer Sekunde zu denken. Es war so viel einfacher, den vagen Hoffnungsschimmer tief in ihrem Inneren beständig zu schüren, auf dass er einer Blume gleich wuchs und gedieh und das scheinbar Unabwandelbare doch wandelte. Bereits formten sich hinter ihrer Stirn Formulierungen an den Praefectus Matinius, dem sie so bald wie möglich einen Eilbrief senden wollte - musste! - wohingegen Gracchus' Denken von Düsternis erfüllt war, einer Elegie gleich.


    Skeptisch wurde Epicharis erst, als Gracchus davon sprach, Aristides' Mutter zu schreiben, von welcher sie angenommen hatte, sie sei tot, da sie nicht auf der Sponsalia zugegen gewesen war. Einen Moment lang drehten sich die Gedanken nur um die Frage, warum er ausgerechnet ihr schreiben wollte, doch die Erklärung folgte auf dem Fuße und neuerlich verspürte Epicharis einen Stich in ihrem Herzen, weil er aussprach, was sie zu verdrängen suchte. Die Befangenheit, die in Gracchus' Worten mitschwang, betrübte Epicharis. Aristides hatte doch stets den Namen seines Vetters in einem Atemzug mit seinem persönlichen Idealbild eines Senators und der Selbstbeherrschung in Person genannt? Aber was dachte sie da nur, natürlich musste diese Nachricht ihn genauso getroffen haben wie sie selbst. Da sie niemand war, der leidenden Menschen Trost versagte, kam sie auch hier wieder näher und legte dem Flavier behutsam und selbst weiß wie Kalk eine Hand auf die Schulter. "Gracchus", sagte sie traurig und leise und ärgerte sich kurz darüber, dass sie seinen Praenomen vergessen hatte, denn der Cognomen kam ihr schrecklich distanziert vor - zu distanziert für eine solche Situation. Mit dem Heben der Hand war die Palla etwas von der Schulter gerutscht. Es fiel ihr schwer, ihr Gefühl angesichts derUmstände in Worte zu fassen. "Ich bitte dich: Lass uns investigieren. Ich mag nicht glauben, dass er...dass er wirklich...dass er nicht mehr wiederkehrt", schloss sie mit schwankender Stimme, doch entschlossenem Blick. Woher sie die Kraft nahm, wusste sie selbst nicht so genau.