Während Epicharis sich herrichten ließ, lauschte sie aufmerksam den Worten ihrer Sklavin, blickte sie ab und an durch den Spiegel an und bewunderte die Leichtigkeit, mit der sie Epicharis' Haare bändigte und zu einer hübschen Frisur zusammensteckte. Sie verstand nicht recht, dass eine Priesterin das Recht hatte, eine fremde Sklavin tagelang in einen finsteren Keller zu sperren. Andererseits war sie über die Gepflogenheiten im Orient nicht sonderlich gut informiert, und vielleicht war das, was hier nicht gegeben war, dort erlaubt? Dennoch konnte die Claudierin der Beschreibung Dharas mühelos folgen und verstand sie sogar in ihren Beweggründen.
"Du hast recht. Die Sonne ist wunderbar. Allein das Gefühl, wenn du im Garten sitzt und sie dir warm dein Gesicht umschmeichelt... das tut unbeschreiblich gut. Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Götter selbst ihr befehligen, den Menschen Gutes zu tun. Immer dann, wenn sie unbehelligt scheint und nicht von Wolken verdeckt wird", bestätigte Epicharis und folgte Dharas Kämmbewegungen mit den Augen. Sie selbst hätte mindestens drei weitere Hände gebraucht, um dieserart geschickt zu hantieren und dabei noch lässig auszusehen. Nicht ein einziges Mal tat das Lösen eines Haarknotens weh. Dhara war entweder sehr geübt oder ein Naturtalent, beschloss Epicharis im Stillen. Die Bestätigung folgte auf dem Fuße.
"Oh, erzähl mir doch bitte mehr über diesen Tempel. War deine vorige Herrin Priesterin? Du wirst genügend Zeit und Raum für das Mischen der Cremes und Tinkturen bekommen, Dhara. Es klingt ganz so, als würde dir das Spaß machen, und warum nicht einmal das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden? Ich möchte allerdings bezweifeln, dass wir alle nötigen Zutaten im Hause haben. Was hältst du davon, wenn wir die Sachen gleich einkaufen, wenn wir dir etwas Ordentliches zum Anziehen besorgen? In dieser Tunika kannst du dich unmöglich wohlfühlen, und sie ist auch ganz und gar nicht angemessen für meine Leibsklavin. ich habe heute Vormittag noch nichts vor, also würde ich die Einkäufe gern gleich heute erledigen. Nach dem Frühstück, versteht sich, und wenn ich fertig bin."
Wenige Augenblicke später betrachtete Epicharis ihre Haarpracht im Spiegel. Anerkennend nickte sie. Nun fehlte noch die Schminke, und auch da war sie gespannt, was Dhara auf Lager hatte.
"Sehr schön, Dhara. Das hast du gut gemacht. Ich würde heute gern eine luftige Tunika tragen, lindgrün mit goldenen Stickereien und einer weißen Palla. Berücksichtige dies doch bitte beim Einschminken", bat sie.