Während das Schiff sich leicht gegen die Wellen legte und nur ein flacher Wind das Segel von Alexandria aus aufplusterte, schnitt der Rumpf sanft durch das Wasser. Herius hielt sich an diesem Tag auf Deck auf. Das Wetter war herrlich, die Sonne strahlte in allen Zügen und auch wenn der schwache Wind zum Segeln einfach ungeeignet war, so fühlte sich die leichte Briese wunderbar im Gesicht an. Die Trommel hatte begonnen zu schlagen. Ein dumpfes Geräusch, das nur schwach über Deck die Laute der See übertönte. Doch unten folgte dem Schlagen des Instrumentes ein einhelliges Ein- und Auftauchen der Ruder. Ohne seemännische Erfahrung wäre ein Reisender schnell skeptisch geworden, was den Kurs anbelangte, denn das Schiff drehte sich schnell aus dem Blick der Sonne hin nach Nordosten. Dahin wo man mit Kompass und Sonnenstand Kypros vermutete. Die Insel südlich der Provincia Asia. Doch mit ein wenig seemännischer Erfahrung verstand man das System der Routenwahl schnell baute der Kapitän darauf neben den Ruderern auch das Segel zu nutzen. Ein mächtiger Baum mit einem breiten Leinentuch, das die Schiffsknotenzahl mit Leichtigkeit zu verdoppeln verstand. Das sie später auf einer Flaute hocken bleiben würden, konnte weder Kapitän noch Steuermann wissen.
So schlugen sie den üblichen Reiseweg von Ost nach West ein. Mit Segel nach dem Insel Kypros quer zum Wind und von dort gegen den Wind über Kreta zur Straße von Messina jener Meeresenge zwischen der Insel Sicilia und dem Schuh Italias. Von dort war das Segel wieder aktuell und gebräuchlich bei erneuter Querfahrt zum Wind hinauf bis Ostia. Die Route von Alexandria nach Ostia galt eben als die schwierigere, denn die im Mare Internum vorherrschenden Winde strömten mehr von West nach Ost. So konnte man auf dem Weg von Ostia nach Alexandria bei guten Stromverhältnissen eine kurze Zeit von vier Tagen brauchen. Rückwärts ging es locker bis zu zwei Monate lang. Doch sie hatten den Vorteil der Ruderer. Mit eingezogenen Segelmast schafften sie es demnach auch in sechs Tagen. Blieb die See ruhig und das thermische Wetter nicht zu erdrückend. Bei bis zu fünfzig Grad unter Deck schlug auch der kräftigste und ausdauernste Ruderer irgendwann einen langsameren Takt an.
Während das Schiff, die Batoidea also ihren ersten Abschnitt durch die Wellen glitt, schaute Herius der sich langsam verabschiedenden Küste nach. Die Wellen transportierten ein heißes Flimmern über den Horrizont und verwischten bald Land mit Einbildung, Wasser mit dem Himmel. Ihr Kurs war klar und nach einigen Stunden näherten sie sich einer verwischten Stadt am Ende des Horrizontes. Es mochte Paphos sein. Ein kleiner aber bedeutender Hafen auf Kypros, der vorallem das begehrte Marmor und Pyrit aus den Minen in den Bergen zum Einschiffen vorbereitet. Doch ihr Schiff folgte nicht weiter dieser Route, sondern es schwengte deutlich gen Westen. Die Männer an Deck schickten die jüngsten Seemänner auf den Mast. Nicht weil sie die mit der wenigsten Erfahrung waren, sondern weil ihre Körper agil wie kleine Affen hinauf huschten und das Segel mit den doch schon kräftig geformten Armen einzogen. Schwere Seile wurden um den Firstholm geschlungen und mit dem Segeltuch verknotet. Erst als sie wieder unten waren, holte man den Mast ein und fixierte den schweren Holzstamm auf Deck. Sollte es einen Sturm geben, war das Segel damit zu retten und konnte nicht durch die dann aufgetürmte, rauhe See vom Deck gehoben werden.
Sie hofften natürlich auf milder gestimmte Götter. Die Ruderer begannen einen neuen Takt zu schlagen. Er war langsamer, aber genauso stetig, wie die Zusatzkraft zum Segeln. Ihre Geschwindigkeit würde mit diesem Rudern reduziert, aber es war verständlich, das die Männer nicht von früh bis spät in die Nacht würden diesen rasenden Schnitt halten würden. Subdolus verstand diese Maßnahme auch erst, als er unter Deck ging und mit einem Offizier über dieses Phänomen redete. So war es mit dem Wind deutlich einfacher die Ruder ins Wasser zu stemmen. Jetzt da das Schiff sich gegen die Luft stemmte, drückte es sich auch gleichzeitig gegen den Weg der Wellen und damit gegen eine kaum sichtbare Strömung. Die Männer mußten härter ihre Ruder durch das Wasser kämpfen und hätten bei dem selben hohen Takt schnell keine Puste mehr.
Als Subdolus erneut an Deck erschien, verschwand die Sonne gerade im Horrizont. Die Luft war weiterhin drückend und auch das Flimmern hatte nicht nachgelassen. Erst mit der Dunkelheit kam eine Frische über Deck und die See bäumte sich etwas mehr auf. Die Befehle standen und in der Finsternis schien ihnen ein winziger Punkt als Ziel zu gelten. Auch diese Zeichen wurden Herius mit jeder Seemeile klarer. Denn das Schiff begab sich näher der Küste zu, um auch während der Nacht weitere Seemeilen zurückzulegen. Natürlich schlugen nicht alle Ruderer gleichzeitig ihre Hölzer ins Meer. Eine Schicht schien vier Stunden lang zu sein, dann wechselte die Ruderbrigade und erschöpfte Männer schlurften zum Mahl und in Kojen. Dann erneut ein Wechsel. Herius hatte keine Ahnung, aber er nahm an, das es drei Rundläufe waren, die das Schiff so stetig und ständig in Fahrt halten konnten. Er selbst war irgendwann ebenso in die enge Kabine gekrochen, welche die drei Decimer und er teilten. Es war eine unruhige Nacht. Immer wieder wachte er auf. Drehte sich unruhig herum und starrte an die Decke. Wer schlief schon gern auf einem Schiff. Die ersten Nächte waren eh immer die Schlaflosesten. Auf einem Schiff fast undenkbar ein Auge zuzutun.
Die Batoidea streifte am nächsten Morgen Rhodos und begab sich ohne zu ankern nördlich an Kreta vorbei. Die Häfen von Knosos waren weit hin sichtbar überall funkelten Segel großer Schiffe im Wind des Horizont. Vorallem Wein-, Oliven- und Obstanbau führte die Insel zu Reichtum. Mit Kisamos am westlichsten Zipfel der Insel Kreta verschwanden für viele Stunden, ja gar Tage ländliche Züge von ihrer Bildfläche. Die See hatte wenig zu bieten und die Männer, deren Dienst scheinbar gerade aus Nichtstun bestand, wurden zu Arbeiten zum Erhalt des Schiffs herangezogen. So war Schruppen des Decks genauso angesagt, wie Reparaturen von den in Alexandria beschädigten Deckdielen. Hier und da wurde auch ein Netz ausgeworfen, um den tristen Seemannsspeiseplan etwas aufzufrischen. Neben dem Fangfisch gab es so auch gebackenen, wie in einer kräftigen Suppe gegarten Seefischsud.
Die Kiste Obst, welche Herius mit an Bord gebracht hatte, war ebenso rasch verbraucht, denn die unsägliche Sonne, ihre Hitze, ihre Kraft und Unerbittlichkeit forderte mehr als in der Wüste an Land dazu auf dem Körper frisches, süßes Wasser beizufügen. Da das allgemeine Trinkwasser, der Wein sowieso und auch die wenigen Fruchtsäfte rationiert über den Tag waren, blieb nur der Griff in die Obstschaale, um sich den Durstteufel vom Hals zu halten.
Jene drei Tage zwischen Kreta und der Meeresenge bei Rhegium, die mehr unter ihrer Bezeichnung Straße von Messina bekannt war, fühlten sich selbst für einen viel gewohnten Landsoldaten äußerst grausam und Kräftezehrend an. Als sie wieder Land zu Gesicht bekamen, freute das nicht nur den Hadrianus. Auch die Seeleute drückten ihre Begeisterung emotional aus. Es mochte wohl keine Selbstverständlichkeit sein, das Meer ohne Sturm und mit solch zwar drückend heißen aber bei genaueren Hinsehen auch gesunderen Wetter zu überqueren.
Nachdem sie die Schlucht zwischen den Klippen Sicilias und der Hafenstadt Messana durchrudert hatten, begann das Spiel des Segelsetzens von Neuem, denn durch eine Kursänderung, nun wieder nördlich reisend, setzte sich die Batoidea erneut quer zum Wind und nutzte damit diese Form der Fortbewegung parrallel zum Ruderschlag. Das Schiff kam jetzt wieder schneller vorwärts und schon bald waren die Dachziegel von Hipponium sichtbar. Diese Stadt im Rücken begab sich das römsiche Kriegsschiff in geradlinigen Kurs. Das bedeutete erneut die Küstenansicht zu verlassen und jene grüne Grenze am Horizont erst wieder südwestlich Tarracina etwa hundert Kilometer landwärts, ebenfalls südlich von Ostia zu erreichen. Als dies geschah waren sie etwas mehr als sieben Tage auf dem Mare Internum, das unter Römern auch gerne als Ihr Meer, Mare Nostrum bezeichnet wurde, untwerwegs. Deutlich schneller also als jedes Handesschiff.
Nun mochte es noch etwa einen halben Tag dauern, bis sie in Ostia einfahren konnten. Wieder ein Vorteil war das Signum eines römischen Kriegsschiff zu tragen, denn vor dem Hafen Ostias türmten sich fast ganze Flotten von Handelschiffen, die auf ihr Zeichen warteten in den wohl wichtigsten Handelshafen des römischen Reiches einfahren zu dürfen, Waren zu löschen und andere Güter an Bord nehmen zu dürfen.
Die Batoidea schlängelte sich schwerfällig durch den engen Korridor und mußte einige äußerst knappe Manöver ausführen, um ihren äußerst üppigen Kurvenradius zwischen den wartenden Schiffen hindurch zu fahren. Als das Schiff dem Kai näher war als dem Dock, wurden die Ruder eingezogen und mit Hilfe des Segels in kleiner Geschwindigkeit der Liegeplatz angesteuert. Vorn und Hinten standen bereits Seeburschen bereit, die das Schiff mit Seilen am Holzsteg des Hafenbeckens festzurren würden. Schon bevor die Batoidea dem Steg zu nah kam, sprangen sie waghalsig hinüber und warfen die Taue über jeweis einen Pflock. Weitere Helfer eilten hinzu und verhinderten so, das das Schiff zu weit am Pier entlang schrammte. Stattdessen kam es zum Stehen und die Planke wurde genauso rasch ausgeschoben, wie das Segel eingezogen, um die Kraft des Windes zum Vorschub aus dem Leinen zu nehmen.
Hadrianus Subdolus hatte die Manöver auf dem Weg in den Hafen gebannt beobachtet. Doch nun da das Schiff zum Liegen kam und der Kapitän schon vor dem 'Anseilen' hektische Rufe zu einem anschließend raschen Auslaufen brüllte, sah er sich genötigt seine sieben Sachen zusammenzupacken. Doch mehr als den Sack voller Kleider brauchte er nicht schultern. Die Kisten fürs Essen waren leer geputzt und würden an Bord bleiben, bis das Schiff in Misenum gereinigt wurde. Auch sonst gab es nix zu schleppen. So war er gerade rechtzeitig zum Plankenschub auf Deck. Auch er verabschiedete sich von dem Schiffsbefehlshaber Decimus Verus und dessen Centurio Classicus, welcher ihm auf der Fahr viele intressante Fragen beantwortet hatte.
Endlich wieder Boden unter den Füßen blickte Herius nach dem Begehen der Schiffsplanke zwischen Deck und Hafenpier hielt der Hadrianus auf dem hölzernen Bankett an und blickte hin zu den Dächern seiner ihm lieb gewonnenen Heimat. Er wartete auf die beiden Decimer, die jetzt an der Reihe waren das Schiff zu verlassen. Decimus Magnus kam als erster von ihnen von der Batoidea. Subdolus nickte ihm zu. "Endlich wieder an Land und in Italia." Sagte er und wartete auf Decimus Livianus, dessen Abschiedsfloskeln familiär bedingt etwas länger ausfielen...